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Biologie
Zuckerfreie Alternativen: Lebensmitteltechnologische Eigenschaften von Zuckeraus
Zuckeraustauschstoffe stellen aufgrund ihrer ernährungsphysiologischen und technologischen Eigenschaften eine gute Alternative zu Zucker dar. Ihr Einsatz entspricht der steigenden Nachfrage nach zuckerfreien, zahnfreundlichen und kalorienreduzierten Lebensmitteln. Zusätzlich erweitern sie das Angebot für Diabetiker.
Zuckeralkohole Die heute bekannten Zuckeraustauschstoffe lassen sich nach ihrem molekularen Aufbau als Zuckeralkohole definieren und stellen enge Verwandte des Rohrzuckers (Saccharose) dar. Von den Disacchariden (Saccharose, Lactose, Maltose) leiten sich Disaccharidalkohole (Isomalt, Lactit, Maltit) ab, von den Monosacchariden die Monosaccharidalkohole (Sorbit, Xylit, Mannit). Technisch lassen sich alle Zuckeralkohole durch Hydrierung, also Anlagerung von Wasserstoff, aus natürlichen Zuckerarten gewinnen. So wird beispielsweise Isomalt aus Isomaltulose, einem Folgeprodukt des Rohrzuckers, Sorbit aus Glucose und Lactit aus Lactose hergestellt. Im Gegensatz zu den seit langem verfügbaren Monosaccharidalkoholen sind Disaccharidalkohole erst seit einigen Jahren auf dem Markt ("Zuckeraustauschstoffe der zweiten Generation"), haben aber die Möglichkeiten der Herstellung zuckerfreier Lebensmittel entscheidend verbessert [1]. Da die Zuckeralkohole sehr spezifische technologische und geschmackliche Merkmale aufweisen, kann die Qualität zuckerfreier Produkte häufig durch ihren kombinierten Einsatz optimiert werden.
Technologische und geschmackliche Eigenschaften Hygroskopizität Die Einsetzbarkeit von Zuckeraustauschstoffen hängt u.a. von der Hygroskopizität, d.h. von der Tendenz, Feuchte aus der Luft aufzunehmen, ab. Gemessen wird diese Eigenschaft durch Bestimmung der Wasseraktivität. Je höher der aw-Wert liegt, desto niedriger ist die Hygroskopizität. Isomalt ist nur wenig hygroskopisch. Es läßt sich somit leicht verarbeiten und liefert gut lagerfähige Produkte, wie z.B. Hartkaramellen [2] oder Kaugummidragees [3]. Aufgrund ihrer guten Lagerstabilität können diese Bonbons in einfachen umweltverträglichen Verpackungen vermarktet werden und machen eine aufwendige Wicklung der einzelnen Bonbons überflüssig [3]. Sorbit wird dagegen vorteilhaft als Feuchthaltemittel gegen das Austrocknen von Lebensmitteln, z.B. Marzipan, eingesetzt [8]. Bei der Herstellung von Diabetiker-Schokoladen erweist sich der Einsatz von weniger hygroskopischen Zuckeraustauschstoffen wie Isomalt, Lactit und Maltit als vorteilhaft.
Lösungswärme/Kühleffekt Beim Auflösen kristalliner Zuckeralkohole in Wasser (oder Speichel) wird unterschiedlich viel Wärme verbraucht. Die relativ große negative Lösungswärme einiger Zuckeraustauschstoffe bewirkt einen kühlenden Effekt im Mund, der nur bei bestimmten Produkten ("Mentholcharakter") erwünscht ist [1]. Dagegen besitzen Isomalt und Lactit wie Saccharose nur eine geringe negative Lösungswärme und sind daher vielseitig verwendbar.
Süßkraft/Geschmacksprofil Mit Ausnahme von Xylit weisen alle Zuckeraustauschstoffe eine geringere Süßintensität auf als Saccharose. Die relativ geringe Süßkraft von Sorbit, Isomalt oder Lactit kann durch Zugabe von Süßstoffen verstärkt werden. Geringe Mengen genügen, da sie eine vielfach höhere Süßkraft als Zuckeraustauschstoffe haben und in der Mischung noch verstärkende synergistische Wirkung aufweisen [6, 8]. In Produkten mit einem feinen Aroma (z.B. Melone oder andere Fruchtaromen) erweist sich die geringe Süßintensität einiger Zukkeraustauschstoffe sogar als vorteilhaft, da so das Aroma besser hervortreten kann. Monosaccharidalkohole liefern einen an Glucose erinnernden Süße, während die Disaccharidalkohle eine Süße wie Saccharose aufweisen [1, 6]. So haben beispielsweise isomalthaltige Schokoladen ähnliche sensorische Merkmale wie zuckerhaltige [7], wobei in Schokoladen eine etwas reduzierte Süßintensität als angenehm empfunden wird. Löslichkeit/Kristallisation Mannit und Isomalt sind in deutlich geringerem Maße in Wasser löslich als Saccharose. Hustenbonbons auf der Basis dieser Zuckeraustauschstoffe lösen sich daher im Mund nur langsam auf, so daß die Wirkstoffe länger verweilen und besser zur Geltung kommen. Bei Fruchtbonbons bleibt auf diese Weise das Aroma länger erhalten.
Schmelzverlauf/thermische Stabilität Während Saccharose beim Erhitzen unter Zersetzung und Braunfärbung karamelisiert, schmelzen die Zuckeraustauschstoffe weitgehend unzersetzt und können ohne Verfärbung verbacken und extrudiert werden [5, 9]. In zuckerfreien Backwaren verläuft die Aromabildung deshalb etwas abgeschwächt, zuckerfreie Konfitüren werden wegen der schwächeren Bräunungsreaktion meist fruchtiger und frischer beurteilt als zuckerhaltige [8].
Physiologische Eigenschaften Zuckeralkohole weisen aufgrund ihrer hohen Stabilität gegenüber enzymatischem oder bakteriellem Abbau wichtige physiologische Eigenschaften auf. Sie werden z.B von den Mikroorganismen der Mundhöhle nicht oder nur sehr langsam zu kariesfördernden Säuren abgebaut und sind daher zahnfreundlich. Zuckeraustauschstoffe werden im menschlichen Körper nicht vollständig verwertet; sie sind gegenüber Zucker um ca. 40% brennwertreduziert, haben aber aufgrund des unvollständigen Abbaus eine laxierende Wirkung, wenn zu große Mengen auf einmal genommen werden. Zuckeralkohole erhöhen den Blutglucosespiegel nicht und erfüllen daher, ebenso wie Fructose, die Anforderungen an Lebensmittel für Diabetiker.
Ausblick Das durch die Verwendung von Zuckeraustauschstoffen entstandene Spektrum an zuckerfreien Produkten umfaßt heute Hart- und Weichkaramellen, Frucht-, Erfrischungs- und Hustenbonbons, Kaugummis, Fruchtgummis, Geleeartikel, Pralinen, Schokoladen, Fondants, Marzipan, Backwaren, Konfitüren, Eiscremes, Komprimate und Dragees. Mit wachsendem technologischem Know-how und optimierten Kombinationen aus Zuckeraustauschstoffen können Produkteigenschaften gewissermaßen maßgeschneidert werden, so daß das Angebot an hochwertigen zuckerfreien Süßwaren weiter steigen wird. Literatur [1]Krüger, C., O'Doherty, M.: Mono- und Disaccharid-Alkohole - Zuckeraustauschstoffe der ersten und zweiten Generation? Süßwaren 36, 10-15 (1992). [2]Bollinger, H., Lieser, A.: Zuckeraustauschstoffe. Süßwaren 32, 232-237 (1988). [3]Willibald-Ettle, I.: Ein Rohstoff für zuckerfreie Dragees. Ernährungsindustrie, Nr. 10, 30-32 (1995). [4]Krüger, C.: Zuckerfreie Pralinen, Füllungen und Schokoladenmassen. Süßwaren 31, 506-516 (1987). [5]Willibald-Ettle, I.: Isomalt/Palatinit. Süßwaren 35, 87-90 (1992). [6]Baltes, W.: Lebensmittelchemie, 4. Aufl., S. 176-184. Springer-Verlag, Berlin 1995 [7]Willibald-Ettle, I., Keme, T.: Isomalt in verschiedenen Anwendungen. Zucker Süßwaren Wirtschaft 44, 320-328 (1991). [8]Fachgruppe Lebensmittelchemie der GdCh: Zusatzstoffe, S. 125-139. Behrs Verlag, Hamburg 1986. [9]Pütz, J., Niklas, C.: Süßigkeiten mit und ohne Zucker, 5. Auflage. vgs Verlag, Köln 1992.
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