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- DAZ 4/1998
- Pharmakoepidemiologie
Klinische Pharmazie
Pharmakoepidemiologie
Klinische Prüfung vor und nach der Zulassung
Diesem Sachstand hat der Gesetzgeber in den entwickelten Industriestaaten dadurch Rechnung getragen, daß eine Nachmarktbeobachtung neu eingeführter Arzneimittel (Post Marketing Surveillance) vorgeschrieben wird, die in Deutschland als Phase IV der Klinischen Prüfung Eingang in das Arzneimittelgesetz gefunden hat und als Domäne der Pharmakoepidemiologie gilt.
Auf Grund der historischen Entwicklung der Pharmakoepidemiologie und des nunmehr gesetzlich fixierten Auftrags, pharmakoepidemiologische Methoden einzusetzen, wenn ein begründeter Verdacht vorliegt, daß ein Arzneimittel unerwünschte Wirkungen (Adverse Drug Reactions, ADRs) beim Anwender auslöst, hat sich die inhaltliche Ausrichtung der Pharmakoepidemiologie zunächst auf die Messung und Bewertung des Risikopotentials von Arzneimitteln konzentriert. Erst in jüngerer Zeit bemüht man sich auch darum, ihren potentiellen Nutzen bei bereits auf dem Markt befindlichen Arzneimitteln aufzuzeigen.
Pharmakoepidemiologische Studien erfordern gewöhnlich einen hohen Zeit-, Personal- und Kostenaufwand sowohl bei der Vorbereitung des Studiendesigns als auch bei der Erhebung und anschließenden Auswertung der Primärdaten. Ihre Durchführung wird dabei um so effektiver verlaufen, je höher der Wissensstand bei den Angehörigen der Heilberufe ist, die häufig als Studienleiter für die Primärdatenerfassung rekrutiert werden. Gleichzeitig muß der allgemeine Wissensstand zum Anliegen und zum methodischen Instrumentarium der Pharmakoepidemiologie verbessert werden, um diese für die Entscheidungsfindung in einem sich wandelnden Gesundheitswesen mit hoher Effizienz einsetzen zu können.
Definition der Pharmakoepidemiologie
In enger Anlehnung an die zwei am häufigsten zitierten Definitionen (Hartzema, Spitzer) kann deshalb die Pharmakoepidemiologie folgendermaßen beschrieben werden:
Die Pharmakoepidemiologie untersucht mit epidemiologischen Methoden die erwünschten wie die unerwünschten Effekte einer breiten Arzneimittelanwendung in definierten Bevölkerungsgruppen mit dem Ziel, kausale Zusammenhänge zwischen Exposition und Wirkung zu erkennen, den therapeutischen Nutzen zu erhöhen und unerwünschte Arzneimittelwirkungen möglichst prophylaktisch auszuschließen.
Damit bildet die Pharmakoepidemiologie die wissenschaftliche Basis für die Beurteilung der Arzneimittelsicherheit auch im Rahmen der Arzneimittelanwendungsforschung. Darüber hinaus ergeben sich unmittelbare Beziehungen zur Arzneimittelevaluation, der Bewertung von Arzneimitteln auf der Basis ihres Nutzen-Risiko-Profils. Die Pharmakoepidemiologie kann deshalb einen wichtigen Beitrag zum rationalen Einsatz von Arzneimitteln leisten, was sowohl die therapeutische Wirksamkeit als auch wirtschaftliche Effizienz betrifft.
Methodische Grundlagen und Ansätze
Welche Methoden im Einzelfall zur Anwendung kommen, wird dabei durch die Art der Fragestellung bestimmt und vorab durch das Studiendesign festgelegt, wobei die jeweilige Entscheidung nach dem aktuellen Stand des Wissens getroffen wird.
Arbeitsfelder der Pharmakoepidemiologie
Nachmarktbeobachtung und Pharmakovigilanz
Die Spontanerfassung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen ist ein wichtiges Instrument in diesem Prozeß, das gegenwärtig im europäischen Rahmen unter dem Oberbegriff der Pharmakovigilanz unterschiedliche logistische Ansätze zusammenfaßt und verbindliche Regeln für die Meldung und den länderüberschreitenden Austausch von unerwünschten Arzneimittelwirkungen formuliert und umsetzt. Da die Spontanerfassung in erster Linie der Generierung und Stützung von Hypothesen dient, hat sie eine wichtige Funktion für die Initiierung pharmakoepidemiologischer Studien.
Eine wichtige Zielrichtung künfti- ger pharmakoepidemiologischer Forschung könnte darin liegen, daß Risikopotentiale nicht nur erkannt und quantitativ bestimmt werden, sondern daß auf der Basis der ermittelten Daten gezielter als bisher nach den Faktoren gesucht wird, die die Ausprägung bestimmter unerwünschter Arzneimittelwirkungen verursachen oder begünstigen, seien sie genetischer Natur oder durch demographische bzw. verhaltensabhängige Faktoren bedingt.
Arzneimittelbewertung (Drug Evaluation)
Qualitiätssicherung der Arzneimittelanwendung
Zunehmend sind Daten aus dem Verordnungsgeschehen und in begrenztem Umfang auch aus der Selbstmedikation verfügbar, die rechnergestützt mit vertretbarem Aufwand analysiert und mit Hilfe pharmakoepidemiologischer Methoden erschlossen werden können. Als geeignete Datenbestände stehen sowohl die Daten der Krankenkassen (Arzneiverordnungs-Report) als auch die in einigen Ländern in Apotheken geführten patientenbezogenen Medikationsdateien zur Verfügung. Auch wenn über Rezeptdaten allein kein Bezug zur jeweiligen Diagnose hergestellt werden kann, sind in der Zwischenzeit Methoden entwickelt worden, die gewisse Aussagen unter Nutzung von Rezeptdaten zulassen. Auf jeden Fall tragen pharmakoepidemiologische Methoden zur Verbesserung der Anwendungsqualitiät bei, insbesondere wenn sie mit der Entwicklung von Standardempfehlungen verbunden sind.
Pharmakoepidemiologie und Pharmazie
- Die Wissensvermittlung auf dem Gebiet der Pharmakoepidemiologie ist essentieller Teil der universitären Ausbildung und sollte deshalb obligatorisch sein.
- Die Apotheker sollten eine aktive Rolle bei der Erfassung von Daten für pharmakoepidemiologische Studien spielen, z.B. für die Arzneimittelbewertung (Drug Evaluation), die Nachmarktbeobachtung (Post Marketing Surveillance), für Pharmakovigilanz und Qualitätssicherungsprogramme.
- Die pharmakoepidemiologische Forschung erfordert eine spezialisierte Ausbildung in Zusammenarbeit mit
anderen Fachwissenschaftlern, qualifizierten Forschungszentren und Netzwerken.
JDatenschutzbestimmungen dürfen die pharmakoepidemiologische Forschung nicht grundsätzlich behindern, die ihrerseits ethischen Prizipien verpflichtet ist und Vertrauensschutz gewährleisten muß.
Die Einbeziehung von Apothekern in die individuelle pharmazeutische Therapiebegleitung durch Pharmaceutical Care wird auch eine stärkere Nutzung pharmakoepidemiologischer Methoden mit sich bringen.
Literaturhinweis
der Klinischen Pharmazie
Herausgegeben von Dr. Ulrich Jaehde, Berlin; Dr. Roland Radziwill, Fulda; Dr. Stefan Mühlebach, Aarau; Prof. Dr. Dr. Walter Schunack, Berlin. 400 Seiten, 115 Abb., 89 Tab. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1998.
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Literatur bei der Verfasserin. Anschrift der Verfasserin: Prof. Dr. Marion Schaefer, Institut für Pharmazie, Goethestraße 54, 13086 Berlin
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