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Arzneimittel und Therapie
Neues Therapiekonzept für Typ-II-Diabetes: Prandiale Glucoseregulation mit Repa
Repaglinide wurde von Boehringer Ingelheim entwickelt, seit 1990 besteht eine Kooperation mit Novo Nordisk, das die weltweiten Vermarktungsrechte besitzt. Als Warenzeichen ist NovoNorm® vorgesehen. Derzeit befindet sich Repaglinide in Phase III der klinischen Prüfung, in 13 Ländern laufen 51 Studien mit 2122 Patienten. Die Zulassung für Repaglinide wurde im Juni 1997 bei der europäischen Behörde EMEA und bei der US-amerikanischen FDA beantragt, die Einführung in Deutschland wird für Ende 1998 erwartet. In den USA ist Repaglinide bereits zugelassen.
Einnahme vor den Mahlzeiten Das Benzoesäurederivat Repaglinide ermöglicht als erstes orales Antidiabetikum eine Regulation des Glucosespiegels in Abhängigkeit von den Mahlzeiten. Repaglinide wirkt schnell und besitzt eine kurze Halbwertszeit. Es kann vor jeder Hauptmahlzeit eingenommen werden und senkt dann den postprandialen Blutzuckerspiegel auf normale Werte. Auf diese Weise kann die Medikation flexibel dem Bedarf mit den Mahlzeiten angepaßt werden. Auch das Auslassen einer Mahlzeit ist problemlos möglich, ohne daß es zu Hypoglykämien kommt, wie dies beispielsweise bei Glibenclamid der Fall ist. Durch diese flexible Anwendungsweise erhöht sich die Lebensqualität der Diabetiker: Repaglinide wird nur dann eingesetzt, wenn es tatsächlich benötigt wird. Zwischen den Mahlzeiten kann die Betazelle zu ihrer basalen Insulinsekretion zurückkehren. Nach jeweils 2 bis 3 Stunden erreichen die Plasmainsulinspiegel wieder ihre basalen Ausgangswerte, und die Patienten weisen eine stabile normoglykämische Stoffwechselsituation auf. Auch nachts sind deshalb Hypoglykämien im Gegensatz zur Therapie mit Glibenclamid selten.
Wirkungsmechanismus Die blutzuckersenkende Wirkung von Repaglinide ist mit derjenigen der Sulfonylharnstoffe Glibenclamid, Gliclazid und Gliburid vergleichbar. Im Vergleich zu Glibenclamid sind jedoch die postprandialen und mittleren Blutglucosespiegel signifikant niedriger.
Wie Sulfonylharnstoffe stimuliert Repaglinide die Insulinsekretion der Betazelle. Die Substanz greift wie die Sulfonylharnstoffe am ATP-sensitiven Kaliumkanal der Betazelle an. Als Folge depolarisiert die Zellmembran, der Calciumeinstrom wird erhöht und die Insulinsekretion gefördert. Repaglinide besetzt am ATP-sensitiven Kaliumkanal jedoch eine andere spezifische Bindungsstelle als die Sulfonylharnstoffe. Im Gegensatz zu den Sulfonylharnstoffen hemmt Repaglinide die Proteinsynthese und damit auch die Insulinproduktion der Betazelle nicht. Repaglinide wirkt ausschließlich über seinen Rezeptor und verursacht keine unspezifische direkte Insulinfreisetzung in Abwesenheit von Glucose. Insgesamt wird daher weniger Insulin freigesetzt als bei der Behandlung mit Sulfonylharnstoffen, und vielleicht wird dadurch das "Ausbrennen" der Betazellen verlangsamt und deren Lebenserwartung verlängert.
Pharmakokinetik Repaglinide soll in Dosen von 0,5, 1,0 oder 2,0 mg kurz vor den Mahlzeiten eingenommen werden. Es wird rasch resorbiert, maximale Blutspiegel sind nach einer halben Stunde erreicht. Die Halbwertszeit liegt zwischen 0,6 und 1,4 Stunden (Glibenclamid 5 h, Glipizid 3,5 h). Die Substanz wird in der Leber über das Cytochrom P450 3A4 abgebaut, aktive Metaboliten entstehen nicht. Repaglinide wird zu mehr als 90% biliär (Glibenclamid 50%, Glipizid 90%) eliminiert. Nur ein geringer Anteil von etwa 8% (Glibenclamid 50%, Glipizid 10%) wird über die Nieren ausgeschieden.
Nebenwirkungen und Wechselwirkungen 16% der Patienten unter Repaglinide berichteten im Phase-III-Programm über Hypoglykämien im Vergleich zu 20% der mit Glibenclamid behandelten Patienten. In der Glipizid-Gruppe traten bei 19% Hypoglykämien auf, in der Gliclazid-Gruppe waren es 15%. Die Hypoglykämien unter Repaglinide traten meistens im Tagesverlauf und nur selten in der Nacht auf. Bei den Sulfonylharnstoffen zeigte sich eine umgekehrte Verteilung.
Bis jetzt hat sich kein Hinweis auf eine lebertoxische Wirkung ergeben, die Leberenzyme wurden nicht er- höht. Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln sind bis jetzt nicht bekannt.
Quelle Presseseminar "Meet-the-company: Novo Nordisk", Kopenhagen, 11. bis 12. Dezember 1997, veranstaltet von Novo Nordisk, Kopenhagen. Dr. Bettina Hellwig, Stuttgart
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