Feuilleton

300 Jahre sächsische Kaffeekultur: "Sieße muss d'r Coffe sein"

Nach vierjährigen Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten wurde Anfang dieses Jahres in Leipzig das historische Kaffeehaus "Zum Arabischen Coffe Baum" wiedereröffnet. Restaurants und Cafés laden zum Verweilen ein. In den oberen Stockwerken erzählt eine Abteilung des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig die 300-jährige Geschichte sächsischer Kaffeekultur.

Nachgewiesenermaßen seit 1729 sagt man auch "Blümchenkaffee", wenn der "Muntermacher" so rein und klar ist, dass man die Blume am Grund der Porzellantasse sehen kann. Ein Anekdötchen aus dem 18. Jahrhundert berichtet uns, dass ein sparsamer Gastgeber für fünfzehn "Schälchen Heeßen" vierzehn Bohnen röstete und mahlte.

Wie der Leipziger "Coffe Baum" zu seinem Namen kam

1717 erwarb der Wirt Johann Lehmann das Anwesen. Er ließ das Haus um ein Stockwerk erhöhen und mit einer barocken Fassade versehen, erlebte aber die Eröffnung des neugestalteten Kaffeehauses nicht mehr. Die Portalplastik symbolisiert die Begegnung des christlichen Abendlandes mit dem islamischen Orient: Ein Osmane mit einer großen Kanne reicht Amor eine Tasse Kaffee. Dahinter wächst ein Baum und füllt mit seiner Krone die Öffnung eines gesprengten Giebels, dessen Fries die Inschrift "Zum Arabischen Coffe Baum" trägt. Heute noch flüstern sich die Leipziger hinter vorgehaltener Hand zu, dass kein Geringerer als August der Starke die Plastik als Dank für die Liebesdienste der Wirtin gestiftet haben soll. Diese bewirtete nach dem Tod ihres Ehemannes die Gäste bis 1744.

Berühmte Stammgäste

Klavierfabrikanten Blüthner waren Stammgäste der Witwe Lehmann und ihrer Nachfolger. Im ebenfalls parterre gelegenen "Schumann-Zimmer" verkehrte der romantische Musiker aus Zwickau zwischen 1828 und 1844. Seinem Tagebuch entnehmen wir, wieviel Geld er hier verzecht hat. Neben dem Replikat eines verschollenen Schumann-Porträts von Alexander Reimer erinnern weitere Bilder an prominente Gäste wie Richard Wagner, Edvard Grieg, August Bebel und Heinz Rühmann.

Der "Kaisersaal" wurde nach einem Leipziger Bürger gleichen Namens benannt, der hier sein Vermögen vertrunken haben soll. In den 1920er Jahren war hier der Treffpunkt des Literaten- und Künstlerstammtischs "Die Eierkiste", von 1933 bis Kriegsende war der Stammtisch "Hau ruck" im "Kaisersaal" regelmäßig zu Gast. Ein humorvoller Schriftsteller gab in den zwanziger Jahren der "Gemütvollen Quetsche" im Zwischengeschoss ihren Namen. Das Restaurant "Lusatia" im ersten Stock war im 19. Jahrhundert das Domizil der gleichnamigen Studentenverbindung.

Im zweiten Stock laden ein "Wiener Café" sowie ein "Café Franais" zur Pause bei internationalen Kaffeespezialitäten und erlesenen Patisserien ein. Faksimiles dokumentieren die Geschichte des "Café Franais", das 1835 durch den Konditormeister und Schokoladenfabrikanten Felsche am Augustusplatz eröffnet und 1943 bei einem Bombenangriff zerstört wurde. Ein "Arabisches Café" mit Originalinventar erweckt schließlich Lust, in den oberen Stockwerken die dreihundertjährige Geschichte sächsischer Kaffeekultur zu entdecken.

Sprichwörtliche Kaffeesachsen

Kaffeehausmusiker Deutschlands die Gäste unterhielten: Georg Philipp Telemann musizierte mit dem 1701 gegründeten Collegium musicum in den Kaffeehäusern am Markt. Über zwei Jahrzehnte lang besuchte Johann Sebastian Bach zweimal wöchentlich das Zimmermannsche Kaffeehaus in der Katharinenstraße. Seine Kaffeekantate, deren Text der Leipziger Schriftsteller Christian Friedrich Henrici mit dem Künstlernamen Picander 1732 verfasst hatte, gilt als Höhepunkt der sächsischen Kaffeemusik des 18. Jahrhunderts. Das gleiche Libretto wurde übrigens noch von drei weiteren, heute unbekannten Komponisten aus Sachsen vertont.

Sogar der Kanon "C-a-f-f-e-e" wurde im Kaffeeland Sachsen erfunden: Ein besorgter Musikpädagoge aus Zittau wollte seine Schüler mit Gesang vom schädlichen Genuss des "braunen Türkentranks" abhalten. Anfang des 19. Jahrhunderts standen nämlich an der Grenze zu Böhmen geschmuggelte Kaffeebohnen hoch im Kurs.

Im Museum können die Besucher ganz legal erleben, wie "dieses nachgemachte Blut so balsamisch abgekocht" wird: Unter Tischröstern und Kaffeemühlen aus verschiedenen Epochen ist ein hochmoderner Probenröster die Attraktion. Mit Lizenz des Hauptzollamts wird hier Rohkaffee aufbereitet und nach dem Aufbrühen verkostet.

Anlässlich des Deutschen Apothekertages in Leipzig stellen wir ihnen das historische Kaffeehaus "Zum Arabischen Coffe Baum" vor. Darin befinden sich mehrere Cafes und Restaurants sowie ein Museum zur Geschichte der sächsischen Kaffeekultur.

Museum "Zum Arabischen Coffe Baum", Kleine Fleischergasse 4, 04109 Leipzig, Tel. (0341) 9614507. Geöffnet täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr. Anmeldung zur Führung unter Tel. (0341) 9651321 oder 9651323.

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