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Infektions- und Tropenmedizin: Mit vereinten Kräften gegen die Erreger
Der Kongress wurde von zehn medizinischen Fachgesellschaften ausgerichtet. Auf der Eröffnungspressekonferenz stellten die Münchner Experten Prof. Dr.Thomas Löscher, Privatdozent Dr.Hans Nothdurft und Prof. Dr. Dr. Dieter Adam einige dieser Kongressschwerpunkte vor.
Problem Resistenzen
Infektionskrankheiten werden häufig mit Antibiotika behandelt. Dabei entwickeln die Mikroorganismen zahlreiche Strategien, um gegenüber den Antibiotika resistent zu werden. Resistente Erreger etwa von tiefen Atemwegsinfektionen stellen ein zunehmendes Problem nicht nur auf Intensivstationen, sondern auch beim niedergelassenen Arzt dar.
Seit 1996 ist ein deutlicher Anstieg resistenter Bakterien außerhalb des Krankenhauses zu beobachten. Insbesondere die methicillin-resistenten Staphylokokken sowie polyresistente Stämme von Pseudomonas aeruginosa, Acinetobacter species oder Burkholderia cepacia verursachen erhebliche Probleme bei der Therapie von tiefen Atemwegserkrankungen.
Doppelte Strategie
In der Strategie gegen resistente Erreger hat man zur Zeit zwei verschiedene Möglichkeiten. Zum einen will man den Ärzten "viele Freiheiten bei der Verordnung von Antibiotika" einräumen. Gibt es nämlich zu jeder Indikation mehrere Therapieoptionen, lässt sich die noch "günstige Resistenzsituation in Deutschland" langfristig erhalten. Je mehr unterschiedliche Wirkstoffe für die Therapie von Infektionen zur Verfügung stehen, desto geringer ist der Selektionsdruck und damit das Potential für die Entwicklung von Resistenzen.
Die andere Möglichkeit besteht darin, neue Antibiotika zu entwickeln. Im Moment gibt es etwa zehn neue Antibiotika, die gegen beinahe alle resistenten Bakterien wirken, insbesondere gegen die grampositiven methicillin-resistenten Staphylokokkus-aureus-Stämme, die in Altenheimen weit verbreitet sind. In der Gruppe der Chinoline kommen neue Substanzen zum Einsatz. In klinischer Prüfung sind auch Ketolide und Oxazolidinone wie zum Beispiel Linezolid. Die Wirkung dieser vollsynthetischen Substanz beruht darauf, dass die Proteinsynthese in den Bakterien frühzeitig gehemmt wird.
Tuberkulose in Russland
Infolge der zunehmenden Mobilität der Menschen können Erreger nach Deutschland eingeschleppt werden, die Krankheiten verursachen, die hier als "besiegt" gelten. Ein Beispiel dafür ist die Tuberkulose. Vor allem die multiresistente Tuberkulose, die in Russland bereits 50 bis 60 Prozent aller dort auftretenden Tuberkuloseerkrankungen ausmacht, stellt eine Gefahr für Reisende dar. Nicht nur Menschen mit Immunschwäche sind bedroht, denn die Tuberkulosebakterien sind auch für Menschen mit "normaler" Immunabwehr pathogen. Die Therapie der multiresistenten Tuberkulose ist schwierig, weil teilweise fünf verschiedene Medikamente gleichzeitig eingesetzt werden müssen.
Neue Impfstoffe
Die Fortschritte auf dem Gebiet der Molekularbiologie und der Immunologie haben neue Erkenntnisse geliefert, wie die Erreger bei Infektionen vorgehen. Diese Erkenntnisse führen zu neuen Vorbeugestrategien, wobei Impfstoffe eine große Rolle spielen. Zum einen gilt es, vorhandene Impfstoffe so zu verbessern, dass man bereits durch eine einmalige Impfung lebenslangen Schutz erreicht.
Zum anderen arbeitet man intensiv an neuen Impfungen, so etwa an einem nasal zu applizierenden Influenza-Impfstoff, der klinisch erprobt wird. Erhältlich wird demnächst auch ein Kinderimpfstoff gegen Mittelohrentzündungen sein, die schwerwiegend verlaufen können.
DNA-Impfstoffe in Sicht
Intensiv arbeitet man an DNA-Impfstoffen zur Prophylaxe und auch zur Therapie von Krankheiten wie zum Beispiel der Immunschwächekrankheit Aids. Gespritzt oder transdermal appliziert werden Genabschnitte der Erreger, die für ein bestimmtes Protein kodieren. Der Vorteil eines DNA-Impfstoffes liegt darin, dass man verschiedene DNA-Abschnitte beliebig kombinieren und damit auf einfache Weise Multikombinationsimpfstoffe entwickeln kann. Ein weiterer Vorteil der DNA-Impfung ist die Induktion nicht nur von Antikörpern, sondern auch von zytotoxischen Zellen, die den Erreger auf zellulärer Ebene bekämpfen. Derzeit gibt es keine Hinweise darauf, dass die applizierten Genabschnitte in das menschliche Genom integriert werden.
Malariaprophylaxe nicht vernachlässigen
Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO erkranken pro Jahr weltweit 200 bis 300 Millionen Menschen an Malaria. In Deutschland werden jährlich etwa 1000 importierte Malariafälle gemeldet. Im letzten Jahr starben 25 Menschen in Deutschland an Malaria. Neu ist, dass Reisende in Gambia und der Dominikanischen Republik an Malaria erkranken. Die Expositionsprophylaxe gegen die Überträgermücken ist angesichts der Resistenzentwicklung gegen Malariamittel zwar wichtig, aber nur begrenzt wirksam.
Eine Chemoprophylaxe ist nach wie vor notwendig. Denn trotz der Zunahme von resistenten Plasmodium-falciparum-Stämmen, welche die gefährliche Malaria tropica verursachen, kann eine Chemoprophylaxe das Risiko einer Erkrankung deutlich reduzieren. Auf eine Chemoprophylaxe kann unter Umständen nur dann verzichtet werden, wenn man sich kurzfristig in einem Malariagebiet aufhält, wenn man in ein Gebiet reist, wo das Malariarisiko gering ist oder wenn die Chemoprophylaxe aus gesundheitlichen Gründen nicht vertragen wird. In diesen Fällen muss man jedoch ein Notfallmittel zur Selbstbehandlung mitnehmen.
Bewusstsein allein reicht nicht aus
In den letzten Jahren ist das Bewusstsein der Reisenden für die Notwendigkeit einer Prophylaxe gewachsen. Das Wissen über die im Reiseland vorherrschenden Gesundheitsrisiken ist häufig recht gut. Dennoch wird dieses Wissen oftmals nicht in Präventionsmaßnahmen umgesetzt. Der Reisende muss daher aktiv auf notwendige Impfungen hingewiesen werden.
Das Internet bietet eine gute Informationsquelle, weil die Daten schnell aktualisiert werden können. Zum Beispiel berät das Tropeninstitut München seit März dieses Jahres Reisende im Internet. Unter www.fit-for-travel.de findet der medizinische Laie ausführliche Gesundheitsinformationen zu über 235 Reisezielen sowie praktische Tipps für die Reisevorbereitung.
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