Arzneimittel und Therapie

Stress und Brustkrebs: Doch kein Zusammenhang?

In einer englischen Studie wurde untersucht, ob der Ausbruch von Brustkrebs mit belastenden Lebensereignissen und Schwierigkeiten im Zusammenhang steht. Nach dem heutigen Kenntnisstand spielen Lebensbelastungen wohl keine wesentliche Rolle bei der Krankheitsentstehung.

Die Annahme, dass der Ausbruch einer Krebserkrankung mit einer belastenden Erfahrung zusammenhängen könnte, ist weit verbreitet. So vermuteten in einer Umfrage in Südaustralien 40% der befragten Frauen, Stress verursache Brustkrebs.

Widersprüchliche Untersuchungsergebnisse

Die bisherigen Untersuchungsergebnisse zum Zusammenhang zwischen Stress und Brustkrebs sind widersprüchlich. Eine 1995 im British Medical Journal veröffentlichte Studie zu dieser Thematik erregte viel Aufsehen. Sie ergab für Frauen mit belastenden Lebenserfahrungen ein 11,6-fach erhöhtes relatives Risiko, an Brustkrebs zu erkranken.

Neue Fall-Kontroll-Studie ...

In einer englischen Fall-Kontroll-Studie wurde kürzlich der Zusammenhang zwischen belastenden Lebensereignissen bzw. Schwierigkeiten und dem Ausbruch von Brustkrebs erneut untersucht. Die Teilnehmerinnen waren Einwohnerinnen der Stadt Leeds im Alter von 40 bis 79 Jahren, die wegen eines verdächtigen Knotens eine der drei Brustkliniken im Westen von Leeds zur Gewebeentnahme aufsuchten. Ausgenommen waren Frauen, bei denen schon einmal ein Mammakarzinom festgestellt worden war. Jede Frau, die zur Teilnahme an der Studie bereit war, wurde von einem der beiden Interviewer zu den vergangenen fünf Jahren befragt.

Neben belastenden Lebensereignissen und starken Schwierigkeiten, die mindestens vier Wochen andauerten, wurden starke Schwierigkeiten, die nichts mit der eigenen Gesundheit zu tun hatten und mindestens zwei Jahre anhielten, sowie starke Schwierigkeiten mit der eigenen Gesundheit, die mindestens zwei Jahre anhielten, erfasst. Weitere mögliche Risikofaktoren für eine Brustkrebserkrankung wurden dokumentiert, und die Patientinnen wurden gebeten, ihre Diagnose vorherzusagen. Das Interview fand meist statt, bevor die Frauen das Ergebnis der Biopsie kannten.

...zeigt kein erhöhtes Risiko

Von 399 Frauen, die die Kliniken wegen eines verdächtigen Knotens aufsuchten, nahmen 332 an der Studie teil. 106 (32%) hatten ein Mammakarzinom, 226 (68%) eine gutartige Erkrankung der Brust. 46 Frauen (32 mit bösartiger, 14 mit gutartiger Erkrankung) kannten ihre Diagnose zum Zeitpunkt des Interviews. Belastende Lebensereignisse waren häufig: Von den Frauen mit gutartiger Brusterkrankung hatten etwa zwei Drittel in den letzten fünf Jahren mindestens ein solches Ereignis oder eine starke Schwierigkeit durchgemacht.

Bei Frauen mit Brustkrebs war die Wahrscheinlichkeit, dass sie ein oder mehrere belastende Lebensereignisse erlebt hatten, nicht höher als bei Frauen mit gutartiger Brusterkrankung (relatives Risiko 0,91). Dasselbe galt für starke Schwierigkeiten (relatives Risiko 0,86). Das relative Risiko für starke, mindestens zwei Jahre anhaltende Schwierigkeiten, die nichts mit der Gesundheit zu tun hatten, war bei Brustkrebspatientinnen nicht signifikant verringert (0,53). Das Risiko für starke, mindestens zwei Jahre anhaltende Schwierigkeiten mit der persönlichen Gesundheit war bei Brustkrebspatientinnen nicht signifikant erhöht (2,73).

Brustkrebspatientinnen hatten also keine der abgefragten Belastungen signifikant häufiger erlebt als Frauen mit gutartiger Brusterkrankung. Frauen, die ihre Diagnose kannten oder zumindest ahnten, berichteten ebenso häufig von belastenden Lebensereignissen wie alle übrigen. Die Hypothese, dass belastende Ereignisse mit dem Ausbruch von Brustkrebs im Zusammenhang stehen, wird durch diese Studie nicht gestützt.

Kritikpunkte

Allerdings gibt es auch einige Kritikpunkte an der Studie:

  • 30%der Krebspatientinnen kannten ihre Diagnose bereits zum Zeitpunkt der Befragung.
  • Eine prospektive Studie wäre aussagekräftiger als das retrospektive Ins-Gedächtnis-Rufen der Lebensereignisse aus fünf Jahren.
  • Die Studie ist eher eine Querschnitts- als eine Fall-Kontroll-Studie. Fälle und Kontrollen sind nicht miteinander vergleichbar, da die Fallpatientinnen im Durchschnitt über 10 Jahre älter sind als die Kontrollen. Das Alter beeinflusst einerseits direkt das Brustkrebsrisiko, andererseits auch die Wahrscheinlichkeit bestimmter Lebensereignisse. Die Hypothese über den möglichen Zusammenhang zwischen Stress und Brustkrebs sollte genauer und in einer biologisch plausiblen Form formuliert werden. Beispielsweise wirken krebsverursachende Faktoren mitunter schon viele Jahre vor dem Krankheitsausbruch. Zur Überprüfung der neuen Hypothese sollten prospektive Langzeitstudien durchgeführt werden.

    Literatur: Protheroe, D., et al.: Stressful life events and difficulties and onset of breast cancer: case-control study. Br. Med. J. 319, 1027 – 1030 (1999). McGee, R.: Does stress cause cancer? Br. Med. J.319 ,1015 – 1016 (1999).

  • In einer englischen Studie wurde untersucht,ob der Ausbruch von Brustkrebs mit belastenden Lebensereignissen und Schwierigkeiten im Zusammenhang steht. Nach dem heutigen Kenntnisstand spielen Lebensbelastungen wohl keine wesentliche Rolle bei der Krankheitsentstehung.

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