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Reizmagen: Wenn das Leben unverdaulich wird ...

Oberbauchbeschwerden bzw. funktionelle Dyspepsien zählen derzeit mit zu den häufigsten Ursachen eines Arztbesuches in Deutschland Ų dies ergab die soeben vorgestellte epidemiologische PRESTO-Studie.

Epidemiologie von Magen-Darm-Beschwerden

Zwischen 20 und 30% der Bevölkerung leiden unter chronischen oder wiederholt auftretenden Beschwerden im oberen Magen-Darm-Trakt. Die Ursachen der Beschwerden können sehr vielfältig sein: Sie reichen vom Magengeschwür über Gallensteine, Pankreatitiden, chronisch entzündliche Darmerkrankungen bis hin zur diabetischen Neuropathie und zu Tumoren. Bei mehr als 50% dieser Patienten aber können die Symptome wie Schmerz, Übelkeit, Erbrechen, Völlegefühl nach dem Essen, Blähungen u.a. mit den verfügbaren Untersuchungsverfahren wie Endoskopie, Röntgen, Labordiagnostik auf keine definierte Ursache zurückgeführt werden. In einem Umkehrschluss wird daher von einer funktionellen Störung bzw. einer funktionellen Magen-Darm-Erkrankung ausgegangen. Jüngste Forschungen ergaben einen neuen Erklärungsansatz: Dyspeptiker haben eine andere Reizwahrnehmung als Gesunde. Wirkt z.B. ein Dehnungsreiz auf den Magen ein, so empfindet der Reizmagenpatient diesen Reiz als Schmerz, während ein Gesunder ihn nicht als schmerzhaft wahrnimmt.

Der "Reizmagen" ist die häufigste Form der Magen-Darm-Erkrankung. Nicht selten sind diese Patienten zusätzlich noch von einem Reizdarmsyndrom mit Diarrhöen oder Verstopfung geplagt. Trotz der medizinischen und wirtschaftlichen Bedeutung dieses Krankheitsbildes – der dadurch verursachte Arbeitsausfall ist beträchtlich – gibt es dazu bisher nur sehr wenige objektive Daten. Im Rahmen der PRESTO-Studie wurde in den Jahren 1998/99 in 983 niedergelassenen Praxen in Deutschland über 3000 Patienten mit Verdacht auf funktionelle Dyspepsie über einen Zeitverlauf von zwei Jahren beobachtet.

Abgefragt wurden u.a. sozioökonomische Daten (Vorgeschichte, berufliche Situation, Stress, Arbeitsunfähigkeiten), die Symptomausprägung, therapeutische und diagnostische Interventionen und der Einfluss der Beschwerden auf das alltägliche Leben und die Lebensqualität. Diese epidemiologische Studie gibt ein Abbild der derzeitigen diagnostischen und Behandlungsstrategien im niedergelassenen Bereich, ohne die Ergebnisse der verschiedenen Behandlungsstrategien miteinander zu vergleichen.

Die PRESTO-Studie belegt, dass die funktionelle Dyspepsie zu erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität der Patienten führt und über Krankheitszustände und Arbeitsunfähigkeit erhebliche sozioökonomische Kosten verursacht. Zudem ergab sie, dass bei einem Viertel der Patienten, trotz aller diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, keine wesentliche Verbesserung von Symptomen und Lebensqualität zu erzielen ist.

Symptomatische Therapie

In Ermangelung einer kausalen Therapie zielt die Behandlung auf die Verbesserung der Symptome. Neben diätischen Maßnahmen und Veränderungen in der Lebensführung – vor allem Stressabbau und Entspannung sind oberste Gebote – werden Medikamente eingesetzt, die gastrointestinale Funktionen beeinflussen: Säuresekretionshemmer, Spasmolytika, Abführmittel und Prokinetika. 50 bis 60% aller Patienten mit funktioneller Dyspepsie sprechen auf Prokinetika an, die die Magen-Darm-Passage beschleunigen und somit eine Reizabnahme bewirken. Trizyklische Antidepressiva in niedriger Dosierung (1/3 der Normdosis) sind als Reservetherapeutika anzusehen.

Auch bestimmte Phytopharmaka, die spasmolytisch oder prokinetisch wirken, werden bei funktioneller Dyspepsie eingesetzt. Jüngste Studien mit den Präparaten Enteroplant® (enthält Kümmel- und Pfefferminzöl) und Iberogast® (enthält Iberis amara, Pfefferminze, Kamille, Süßholz u.a.) zeigten, dass sie einer Placebomedikation überlegen sind und synthetischen Prokinetika wie Metoclopramid oder Cisaprid (außer Handel) ebenbürtig sind, aber weniger unerwünschte Wirkungen aufweisen.

Quelle: Nach einer Pressekonferenz des Komitee Forschung Naturmedizin e.V. in München am 30. Mai 2001 mit Prof. Dr.med. Hans-Dieter Allescher, Klinikum rechts der Isar der TU, München, Prof. Dr. med. Wolfgang Rösch, Medizinische Klinik Krankenhaus Nordwest, Frankfurt, und Prof. Dr. med. Gerald Holtmann, Abt. für Gastroenterologie und Hepatologie des Universitätsklinikums, Essen. Alle erwähnten Studien unter: www.phytotherapie-komitee.de

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