Arzneistoffporträt

R. KaulHamamelisblätter – Eine wichtige Gerbs

Hamamelisblätter (Hamamelidis folium) sind im Europäischen Arzneibuch 1997 monographiert [34], nachdem sie zuvor im Deutschen Arzneibuch enthalten waren. Auch Hamameliszweige und -rinde werden in einigen Arzneibüchern erwähnt (z. B. im DAC). Alle Pflanzenteile von Hamamelis virginiana sind reich an Gerbstoffen. Aus ihnen werden Infuse, Dekokte, Extraktzubereitungen, Tinkturen und Wasserdampfdestillate hergestellt, die vor allem bei Verletzungen und Entzündungen der Haut und Schleimhäute angewandt werden. Sie wirken adstringierend, entzündungshemmend und lokal hämostyptisch. Seitdem man sich wieder verstärkt auf die traditionelle Anwendung von Heilpflanzen besinnt, erfreuen sich auch Hamamelispräparate wachsender Beliebtheit.

Traditionelle und moderne Anwendung

Die Virginische Zaubernuss (Hamamelis virginiana L.) wurde schon früh von den nordamerikanischen Indianern als Heilpflanze zur Behandlung einer Vielzahl von Beschwerden wie Blutungen, Entzündungen, Wunden, Fieber, Erkältungen, Zahnschmerzen und Durchfall genutzt. Die Indianer verwendeten dazu den Aufguss frischer Blätter, die Abkochungen von Zweigen und Rinde oder auch die gekaute Rinde [1, 33].

Konstantin Hering (1800 - 1880), ein deutschstämmiger Arzt, führte Hamamelis in die ärztliche Therapie der in den USA lebenden Weißen ein. Zu seiner Zeit existierte bereits ein "Pond's Extract of Hamamelis", den T. Pond, ein Einwohner von Utica im Staat New York, von den Oneida-Indianern 1840 übernommen hatte. Dabei handelte es sich um einen einfachen Auszug, der als "Golden Treasure" vertrieben wurde. Im Laufe der Zeit änderte sich das Herstellungsverfahren: Es wurde ein wässriges Destillat aus Hamameliszweigen, genannt "Hazaline", hergestellt, das fälschlicherweise als Extrakt bezeichnet wurde. Hering prüfte "Hazaline" zum ersten Mal systematisch; darauf wurde es, ohne dass es ein homöopathisches Prinzip darstellt, ein Standardpräparat der amerikanischen Homöopathen. 1882 fanden Hamamelisrinde und -blätter Eingang in das amerikanische Arzneibuch (als Extrakt bis heute) [1, 2, 33]. 1864 wurde das Destillat, eingearbeitet in eine Salbe, in Deutschland als Arzneimittel eingeführt [1].

In der Monographie der Kommission E des ehemaligen BGA werden als Zubereitungen von Hamamelisblättern das Wasserdampfdestillat (Hamameliswasser), Extraktzubereitungen und Dekokte genannte. Als Anwendungsgebiete sind dort leichte Hautverletzungen, lokale Entzündungen der Haut und Schleimhäute, Hämorrhoiden und Krampfaderbeschwerden angegeben [2]. Zu diesen Indikationen sind in Deutschland zur äußeren Anwendung verschiedene wirksame Präparate erhältlich.

Botanik

Hamamelis virginiana L. ist im östlichen Nordamerika heimisch: von Neuschottland (Kanada) südwärts bis Florida und westwärts bis Minnesota und Texas. Sie wurde 1736 nach Europa eingeführt und ist hier eine beliebte Zierpflanze. Hamamelis virginiana gehört zur Familie der Hamamelidaceae (Zaubernussgewächse), Unterfamilie Hamamelidoideae. Sie ist ein 2 bis zu 7 m hohes Gehölz von baum- oder strauchartiger Wuchsform, das sich stark verästelt (Abb. 1). Die den Haselnussblättern ähnlichen Laubblätter sind dünn, kurz, gestielt, verkehrt-eiförmig und weisen einen grob gekerbten Blattrand auf; oberseits sind sie dunkelgrün, auf der Unterseite heller. Die Blätter weisen auf der Blattunterseite einen starken Mittelnerv mit fünf bis sieben hervortretenden, an Blattzähnen endenden Seitennerven erster Ordnung auf. An der Blattoberseite sind die Nerven eingesenkt (Abb. 3). Die fast geruchlosen Blätter schmecken herb, zusammenziehend und bitter. Die Blüten besitzen vier sehr schmale goldgelbe Blütenblätter, die erst nach dem Blattfall im September bis Dezember erscheinen (Abb. 2). Die Früchte reifen dann im folgenden Spätsommer [3, 4]. Die Rindenstücke sind 1 bis 3 cm breit und bis 2 cm dick, rinnenförmig gebogen, außen rötlichbraun bis grau, innen frisch grünlich bis gelblich und längsgestreift. Der Kork ist mit zahlreichen weißlichen Lentizellen bedeckt. Die Schnittdroge setzt sich aus splittrigen Rindenstückchen zusammen [3, 4].

Inhaltsstoffe

Polyphenole, organische Säuren und ätherische Öle sind pharmakologisch wichtige Inhaltsstoffgruppen von Hamamelis virginiana. Dabei sind die Inhaltsstoffspektren der Pflanzenteile qualitativ und quantitativ recht unterschiedlich. Die große Substanzgruppe der Polyphenole kommt in allen Hamamelis-Pflanzenteilen mit zahlreichen Formen vor.

Flavanoide und Flavonoide

Typisch für Hamamelidaceen ist der hohe Gehalt an Shikimisäure-Derivaten wie Ellagsäure, Gerbstoffen sowie Flavanoiden und Flavonoiden mit trihydroxyliertem Benzolring (z. B. Leucodelphinidin, Gallocatechin, Myricetin; Abb. 4). Bei Hamamelis virginiana befinden sich diese Stoffe hauptsächlich in den Blättern.

In hydrolysierten Blattextrakten von acht Hamamelidaceen-Arten wurden auf unterschiedliche Weise Leucodelphinidin, Leucocyanidin, Kaffeesäure, p-Cumarsäure, Ellagsäure, Kämpferol, Quercetin und Myricetin nachgewiesen [5]. In einer weiteren Arbeit wurden in den Blättern von Hamamelidaceae ebenfalls Kämpferol, Quercetin, Myricetin sowie Leucodelphinidin und Leucocyanidin gefunden [7]. Kämpferol, Quercetin und Myricetin kommen hauptsächlich als Glykoside Afzelin (= Kämpferol-3-rhamnosid), Astragalin (= Kämpferol-3-glucosid), Isoquercitrin (= Quercetin-3-glucosid), Quercitrin (= Quercetin-3-rhamnosid), Myricetin-3-glucosid und Myricitrin (= Myricetin-3-rhamnosid) vor.

Die Blüten weisen ein anderes Flavonolglykosidspektrum auf: Spiraeosid (= Quercetin-4'-glucosid), das in den Blättern fehlt, wurde in den Blüten von vier untersuchten Hamamelis-Arten als Hauptflavonoid aufgefunden [3, 6-8].

Gerbstoffe

Hamamelisrinde gilt als besonders gerbstoffreich (> 12%). Aus der Rinde von Hamamelis virginiana wurde Hamamelitannin (= 2-(Hydroxymethyl)-D-ribofuranose-2',5-digallat = 2,5-Di-O-galloylhamamelose = ß-Hamamelitannin) als erster kristallin dargestellter und strukturell definierter Gerbstoff isoliert, in dem die Hamamelose (Hydroxymethylribose) im Verhältnis 1 : 2 mit Gallussäure verknüpft ist (Abb. 5) [9].

In der Rindendroge sind außer ß-Hamamelitannin noch alpha- und gamma-Hamamelitannin enthalten, in denen Hamamelose und Gallussäure in einem anderen Verhältnis vorliegen, z. B. als Monogalloylhamamelosen [10]. Ferner findet man auch Gerbstoffe wie Ellagitannine, die bei Hydrolyse Ellagsäure abscheiden.

In den Blättern, der Rinde und den Zweigen liegen reichlich kondensierte Gerbstoffe und ihre Bausteine vor (4 bis 8%): Flavan-3-ole, (+)-Catechin, (+)-Gallocatechin, (-)-Epicatechingallat, (-)-Epigallocatechingallat sowie Proanthocyanidine des Cyanidins und Delphinidins [11 - 13]. Das Vorliegen von Hamamelitannin, Gallussäure und Proanthocyanidinen vom vorgenannten Typ wurde auch in einer neueren Arbeit belegt [14].

In einer noch neueren Arbeit konnten aus der Rinde von Hamamelis virginiana folgende neue phenolische Inhaltsstoffe isoliert und strukturell aufgeklärt werden [15, 16]: Epicatechin-(4≠ '8)-catechin-3-O-(4-hydroxy)-benzoat; oligomeres Flavan-3-ol; 2',4-Di-O-galloyl-D-hamamelopyranose; 1,2',5-Tri-O-galloyl-ß-D-hamamelofuranose; 2',5-Di-O-galloyl-ß-D-hamamelofuranosyl-1-O-(4-hydroxy)-benzoat; 2',5-Di-O-galloyl-alpha-D-hamamelofuranosyl-1-O-(4-hydroxy)-benzoat; 2',3,5-Tri-O-galloyl-alpha-/ß-D-hamamelofuranosyl-1-O-(4-hydroxy)-benzoat.

Organische Säuren

In den Blättern von Hamamelis virginiana wurden Chinasäure (Gehalt 0,15% bezogen auf die Droge; über 1% in jungen Blättern [17,18]), die Hydroxyzimtsäuren p-Cumarsäure und Kaffeesäure, Gallussäure [8] sowie Fettsäuren [19] nachgewiesen.

Flüchtige Stoffe

Aus Blättern von Hamamelis virginiana lassen sich ätherische Öle und andere wasserdampfflüchtige Substanzen (0,01 bis 0,5% bezogen auf die Blattdroge) gewinnen. Das destillierte ätherische Öl besteht aus aliphatischen Alkoholen (40%), aliphatischen Estern (15%) und Carbonylverbindungen (25%).

Zur Carbonylfraktion zählen n-Hexen-2-al (9,7%), Acetaldehyd (3,2%) und die Ketone alpha-Ionon (3,5%), ß-Ionon (1%) und 6-Methylheptadien-3,5-on-2 (< 0,5%). Als einzige aromatische Komponente konnte Safrol (< 0,2%) isoliert werden [20 - 23].

Im Blattöl von Hamamelis virginiana, gewonnen durch zweimalige Wasserdampfdestillation und Kohobation des Destillates, wurde zu 7% ein Gemisch eines Alkohols und eines Esters sowie als Hauptbestandteil ein Sesquiterpen (Sdp. 250 - 263 Grad Celsius) gefunden. Der Rückstand enthielt zu 72% ein stark riechendes chlorophyllhaltiges Wachs [24].

Die Untersuchungen zeigten, dass ein auf gleiche Weise gewonnenes Blattöl 0,6% Säure (berechnet als Essigsäure), 7,3% Ester (Summenformel C10H17CO2CH3), kleine Mengen langkettiger Fettsäuren, ein "Eugenol-artig" riechendes Phenol, ein Sesquiterpen (Sdp. 259-260 Grad Celsius), ein Gemisch von festen Paraffinen und "Safrol-artig" riechende Substanzen enthielt [15, 19, 25].

In einer noch neueren Arbeit wurden aus der Hamamelisrinde 0,09% (V/m) Wasserdampfdestillat gewonnen. Es wurden insgesamt 158 Komponenten dieses Destillates beschrieben, von denen 131 anhand ihrer massenspektroskopischen Charakteristika und ihres Retentionsverhaltens eindeutig, weitere 7 mit hoher Wahrscheinlichkeit identifiziert wurden. Nach ihrer biogenetischen Herkunft und Struktur lassen sich die identifizierten Komponenten einteilen in vier unterschiedliche Gruppen:

  • aliphatische, alizyklische Kohlenwasserstoffe und abgeleitete Strukturen (Alkane, Alkene, Aldehyde, Ketone, Carbonsäuren, Carbonsäureester; 58,5%),
  • Isoprenoide (Mono-, Sesqui-, Di- und Triterpene; 29,96%),
  • Phenylpropane (6,17%) und
  • sonstige Verbindungen (0,5%).

Hauptbestandteil des Wasserdampfdestillates ist das Sesquiterpen alpha-Ylagen (11,1%). Bemerkenswert ist das bisher selten beschriebene Auffinden von Di- und Triterpenen [15].

Pharmakologische Untersuchungen

Hämostyptische Wirkung

An Schnitt-Traumen des Kaninchenohrs wurde die Verkürzung der Blutungszeit durch Hamamelisblatt-Destillat (0,015% ätherisches Öl) und das daraus gewonnene ätherische Öl untersucht. Verglichen wurde der intraindividuelle Unterschied der Blutungszeit von Schnittverletzungen (Seitenvergleich) 24 h vor und nach i. v. Gabe des Destillates bzw. ätherischen Öls. 2 ml und 4 ml des Destillates (frei von Ethanol) verkürzten die Blutungszeit um 33 bzw. 37%. 2 ml und 4 ml einer 1%igen Lösung des ätherischen Öls (in physiol. NaCl-Lösung) reduzierten die Blutungszeit um 19 bzw. 30%. Der Effekt war mit der Wirkung eines Hämostyptikums, das partielles Thromboblastin enthielt, vergleichbar [26].

Klinische Untersuchungen

Antiphlogistische Wirkung

Die Abnahme der Hautdurchblutung bzw. des Sauerstoffpartialdrucks der Haut gilt als ein Messparameter zur Erfassung einer antiphlogistischen Wirkung [3, 27].

Eine Hamamelissalbe (Destillat aus frischen Blättern und Zweigen (1 : 1,6), eingestellt auf 0,75 mg Hamamelisketone) wurde an 22 gesunden Probanden und fünf Patienten mit atopischer Neurodermitis und Psoriasis im Vergleich zur wirkstofffreien Salbengrundlage (Plazebo) mittels Fluvographie untersucht. Hamamelissalbe und Plazebo wurden bei den Probanden und Patienten zur gleichen Zeit und unter gleichen Bedingungen auf die Haut appliziert.

Die Hamamelissalbe führte bei 17 von 22 Probanden zu einer Minderung der Hautdurchblutung nach einer Latenzzeit von 31 min (Mittelwert -15%); bei 20 von 21 Probanden führte der Plazebo zu einer Zunahme der Hautdurchblutung nach einer Latenzzeit von 24 min (Mittelwert +23%). Unter Anwendung der Hamamelissalbe kam es auch bei den fünf Patienten mit atopischer Neurodermitis und Psoriasis zu einer Abnahme der Hautdurchblutung (Mittelwert -24%).

Zusätzlich wurde der Sauerstoffpartialdruck perkutan polarographisch bei zwei Patienten - ein Patient mit Verum-Applikation (Hamamelissalbe), ein Patient nach Applikation des Plazebo - bestimmt. Auch hier bewirkte die verwendete Hamamelissalbe eine Abnahme des Haut-pO2, während der pO2 nach Anwendung des Plazebo zunahm.

In zwei randomisierten Doppelblindstudien wurden auf der Rückenhaut von 48 gesunden Probanden durch UV-Bestrahlung (vorwiegend UV-B) oder durch Klebeband-Stripping ein Erythem induziert (zwei gleich große Gruppen von je 24 Probanden). Auf die geröteten Hautstellen wurden dann verschiedene Cremezubereitungen aufgetragen. Getestet wurden u. a.:

  • Hamamelis-O/W-Cremes (pro 100 g Creme 5,35 g Destillat aus frischen Blättern und Zweigen, eingestellt auf 0,64 mg Hamamelisketone bzw. 2,56 mg Hamamelisketone), Cremegrundlage mit > 85% Phosphatidylcholin (Hamamelis-PC-Cremes),
  • Hamamelis-O/W-Creme (pro 100 g Creme 5,35 g Destillat aus frischen Blättern und Zweigen, eingestellt auf 0,64 mg Hamamelisketone), Cremegrundlage ohne Phosphatidylcholin (Hamamelis-Creme),
  • reine Cremegrundlagen, mit bzw. ohne Phosphatidylcholin,
  • 1%ige Hydrocortison-Creme.

Das in einigen Cremegrundlagen inkorporierte Phosphatidylcholin (PC) soll die lokale Verfügbarkeit der Wirksubstanzen bessern. Nach 24 h (UV-Erythem) bzw. nach 4 h und 8 h (Klebeband-Erythem) wurde die antiinflammatorische Wirkung der Präparate visuell und chromatometrisch (Ermittlung der Hautrötung) im Vergleich zu einer unbehandelten erythematösen Hautstelle (Kontrolle) ausgewertet.

Im UV-Erythem-Test ergab die statistische Auswertung nur für die Hydrocortisoncreme und die wirkstoffarme Hamamelis-PC-Creme eine gegenüber der Kontrolle deutliche Erythemhemmung (0,05 < p < 0,1). Die Hydrocortisoncreme war in der Wirkung der Hamameliscreme ohne PC (0,05 < p < 0,1) und den reinen Cremegrundlagen mit und ohne PC (0,01 < p < 0,05) überlegen.

Im Klebeband-Test wurde mit der Hydrocortisoncreme (p < 0,05), der wirkstoffarmen Hamamelis-PC-Creme und der wirkstoffreichen Hamamelis-PC-Creme (0,05 < p < 0,1) deutliche Erythemhemmungen gegenüber der Kontrolle erzielt. Die niedrig dosierte Hamamelis-PC-Creme war wirksamer als die PC-Cremegrundlage (p < 0,1); die Hydrocortisoncreme übertraf beide Hamamelis-PC-Cremes und die reinen Cremegrundlagen (mit und ohne PC) in der Wirkung (p < 0,1).

Diese Untersuchungen zeigen,

  • dass Cremezubereitungen mit Hamamelisdestillat und Zusatz von Phosphatidylcholin (Hamamelis-PC-Cremes) stärker entzündungshemmend wirken als Hamamelis-Cremes ohne Zusatz von PC und
  • dass die wirkstoffreiche Hamamelis-PC-Creme dabei keine stärkere Aktivität zeigt als die wirkstoffarme Hamamelis-PC-Creme [3, 28].

Antiallergische Wirkung

Die Wirksamkeit zweier Hamamelis-Salbenpräparate aus Hamamelisdestillat, die sich lediglich in der Salbengrundlage unterschieden, wurde mittels dreistufiger Bewertungsskalen bei der Behandlung

  • der Neurodermitis in zwei parallelen Gruppen (n = 36) und
  • des toxisch-degenerativen Ekzems im intraindividuellen Vergleich (Halbseitenversuch; n = 40)untersucht.

Beide Präparate zeigten in allen Bewertungskriterien Besserung der Beschwerden (Referenzpräparat bei 11/17, Prüfpräparat bei 19/19 Patienten). Über den Namen des Referenzpräparates und das Prüfdesign der Studie liegen keine Angaben vor.

Bei der Behandlung der Neurodermitis erwies sich das Prüfpräparat in der Gesamtbeurteilung sowie in den Kriterien "Hautinfiltration" und "Juckreiz" dem Referenzpräparat überlegen, während bei der Behandlung des toxisch-degenerativen Ekzems die Wirksamkeit beider Präparate etwa gleich war. Die größten Unterschiede zwischen beiden Verumpräparaten zeigten sich beim toxisch-degenerativen Ekzem bezüglich des Kriteriums "raue Haut", wo die Behandlung mit dem Prüfpräparat in der Verumgruppe in 17/23 Fällen, in der Kontrollgruppe in nur 14/23 Fällen zu einer Besserung bzw. Heilung des Symptoms führte [1, 29].

Förderung der Wundheilung

Die Wirkung von Hamameliswasser (British Pharmacopoeia 1973) auf die Wundheilung nach Episiotomie (Dammschnitt) wurde in einer randomisierten Studie an 266 Patientinnen untersucht. Als Referenzpräparat wurde eine Creme, die 1% Hydrocortison und ein Lokalanästhetikum in einer Schleimhaut-adhärenten Grundlage enthielt, verwendet, und drittens wurde eine Eisbehandlung durchgeführt. Zusätzlich wurden je nach Bedarf Paracetamol p. o. und Salzbäder angewendet.

Eine Vergleichbarkeit der drei Behandlungsgruppen war nach Meinung der Autoren sowohl bezüglich der Einschlusskriterien als auch der fakultativen Zusatztherapie gegeben.

Prüfkriterien waren

  • Schmerz (Beurteilung durch Patienten anhand eines 3er-Scores),
  • bläulich-livide Verfärbung ("brushing") und
  • ödematöse Schwellung am jeweils 1., 3. und 5. Tag.

Alle drei Behandlungsformen waren ähnlich gut wirksam. Die Therapie mit Hamameliswasser erhielt tendenziell am 1. postoperativen Tag von den Patienten die beste Bewertung, ansonsten nahm sie bei geringen Unterschieden innerhalb der insgesamt drei Therapieformen eine Mittelstellung ein [1, 30].

Wirksamkeit bei anorektalen Beschwerden

Die Wirksamkeit einer Hamamelis-Salbenzubereitung (Destillat aus frischen Blättern und Zweigen von Hamamelis virginiana) wurde an 70 Patienten mit anorektalem Symptomenkomplex untersucht. Zur Beurteilung des Behandlungserfolges wurde die Beeinflussung folgender vier Symptome und Befunde nach einer Therapiedauer von 28 Tagen herangezogen:

  • "Pruritus ani": 42,1% der Patienten waren symptomfrei, 36,8% gebessert und 21,1% unverändert (n = 19).
  • "Brennen und Schmerzen im Bereich des Afters": 61,1% der Patienten waren geheilt, 33,3% gebessert und 5,6% unverändert (n = 18).
  • "Schmerzen bei der Defäkation": 56,5% der Patienten waren geheilt, 34,8% gebessert und 8,7% unverändert (n = 23).
  • "Schmerzen bei der Defäkation": 60,0% der Patienten waren geheilt, 35,0% gebessert und 5,0% unverändert (n = 20).
  • "Helles Blut im Stuhl": 71,4% der Patienten waren geheilt, 14,3% gebessert und 14,3% unverändert [31].

Wirksamkeit bei Neurodermitis

In einer randomisierten Doppelblindstudie waren 22 Patienten mit Neurodermitis (mittlerer Ausprägung an beiden Unterarmen) gleichzeitig mit einer Hamamelissalbe (Destillat aus frischen Blättern und Zweigen (1 : 1,6), eingestellt auf 0,75 mg Hamamelisketone) und Bufexamac-Salbe (50 mg Bufexamac je 1 g Salbe) drei Wochen lang behandelt worden. Die Salben wurden, getrennt auf je eine Unterarmsalbe, dreimal täglich aufgetragen. Als Prüfparameter wurden die Hautsymptome der Neurodermitis, Schuppung, Rötung, Infiltration, Pruritis und Lichenifikation herangezogen.

Nach dreiwöchiger Behandlung wurde mit beiden Salben eine deutliche (mindestens 5%) Besserung einzelner Symptome bei 36 bis 59% der Patienten erzielt. Die Therapie mit Hamamelissalbe war derjenigen mit Bufexamac-Salbe gleichwertig und entsprach der eines schwachen Glucocorticoids [3, 32].

Toxikologie

Hamamelis virginiana ist toxikologisch unbedenklich. Es wird in Handbüchern der Toxikologie nicht erwähnt. Die orale Gabe von 10 bis 20 g (single dose?) einer Kombination mit Hamamelis-Extrakt zeigte bei der Maus und Ratte keinen toxischen Effekt. Eine LD50 (Ratte) bei oraler Applikation war für Hamamelis virginiana nicht nachweisbar.

Die tägliche orale Zufuhr von 100 mg/kg KG während drei Monaten führte bei der Ratte zu keinen Auffälligkeiten. In einem Versuch an 30 Ratten, denen über 72 Wochen einmal wöchentlich wässrige Extrakte von Hamamelis virginiana i. v. appliziert wurden, war die Tumorrate unauffällig [1].

Zusammenfassung

Für Hamameliswasser-Präparate konnte bei vielen Patienten wiederholt nachgewiesen werden, dass sie erfolgreich gegen Hautirritationen, Juckreiz, raue Haut, Quetschungen, Verstauchungen, kleine Schnitte, Kratzer, juckende Ekzeme, Muskelschmerzen, Schmerzen und Schwellungen durch Stiche, Sonnenbrand und äußere Hämorrhoiden eingesetzt werden können. Darüber hinaus sind Zubereitungen aus Hamameliswasser im Gegensatz zu einigen anderen äußerlich angewendeten Phytopharmaka ausgesprochen verträglich.

In der Monographie der Kommission E und der amerikanischen FDA [35] liegen positive Beurteilungen vor. Hamamelis virginiana ist nach bisheriger Kenntnis toxikologisch unbedenklich.

Kastentext: Warum Zaubernuss?

Ihren Namen "Witch Hazel", d. h. Hexen- oder Zauberhasel, verdankt die Virginische Zaubernuss vermutlich den ersten englischen Siedlern in Nordamerika. Die Blätter ähneln denen der englischen "Wünschelrutenulme" (Witch Elm, Ulmus montana, Bergulme) und denen der Haselnuss, die in England mit Hexen in Verbindung gebracht wurde. Die Zweige der Zaubernuss wurden von den Siedlern in gleicher Weise benutzt wie die der Bergulme, als Wünschelrute zum Auffinden von Wasser, Erzen, Salzen usw. [33].

Kastentext

Dr. Ravindernath Kaul studierte Pharmazie, Chemie und Mathematik in Indien ("Master of Pharmacy") und promovierte 1969 bei Prof. Dr. F. Korte an der Universität Bonn. Anschließend arbeitete er als wissenschaftlicher Angestellter bei der Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung mbH München (GSF) in Bonn. Seit 1972 leitet er die biochemische Abteilung der Fa. Robugen GmbH. Die Firma legt ihren Forschungsschwerpunkt auf die Entwicklung von Phytopharmaka und Virustatika, dadurch Mitwirkung an zahlreichen Arbeiten über Metabolismus und Pharmakokinetik. Sein weiteres spezielles Arbeitsgebiet sind Untersuchungen der antibakteriellen und antimykotischen Wirksamkeit von Arzneiwirkstoffen. Insgesamt 42 Veröffentlichungen. Er ist Autor der Bücher "Der Weißdorn" und "Johanniskraut", WVG, Stuttgart.

Abbildungen und Tabelle s. Printausgabe der DAZ.

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Die Blätter der aus Nordamerika stammenden Hamamelis virginiana sind reich an Gerbstoffen und Flavonoiden. Darauf beruhen die hämostyptischen, antiphlogistischen, antiallergischen und wundheilungsfördernden Eigenschaften der Hamameliszubereitungen. Diese sind darüber hinaus ausgesprochen gut verträglich, weshalb sie nach wie vor ihren Platz in der dermatologischen Therapie haben.

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