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Ernährung aktuell
Ernährungstherapie: Empfehlungen bei akuter und chronischer Pankreatitis
Die akute Pankreatitis ist eine plötzlich auftretende Erkrankung, ausgelöst durch eine vorzeitige Aktivierung von intrapankreatischen Verdauungsenzymen. Eine Reihe von Noxen (z. B. Alkoholmissbrauch, Gallensteine) können über bisher noch unvollständig bekannte Mechanismen die Verdauungsenzyme aktivieren und einen Selbstverdauungsprozess des Organs einleiten. Die Schwere des Verlaufs ist abhängig vom Ausmaß der Autodigestion.
Das klinische Bild der akuten Pankreatitis ist geprägt von akut auftretenden, heftigen Oberbauchschmerzen, die von Übelkeit und Erbrechen begleitet werden. Der schwere Verlauf ist gekennzeichnet durch eine hämorrhagisch-nekrotisierende Entzündung mit hoher Sterblichkeit. Heilt die akute Pankreatitis aus, normalisiert sich die exokrine Funktion vollständig, sodass keine Verdauungsinsuffizienz zurückbleibt.
Therapie der akuten Pankreatitis
Ziel der Behandlung ist die sekretorische Ruhigstellung des Pankreas durch Hemmung der Enzymsynthese und -sekretion. Zu Beginn der Behandlung sollte auf eine orale Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr verzichtet werden. Nach Abklingen der Schmerzen, weitgehender Normalisierung der Darmperistaltik und der Amylase- und Lipaseaktivität erfolgt ein langsamer stufenweiser Kostaufbau.
Je nach Ausmaß der abdominellen Beschwerden wird im Abstand von wenigen Tagen beginnend mit Tee eine überwiegend aus Kohlenhydraten bestehende Kost verabreicht. Bei guter Toleranz werden eiweißreiche, weitgehend fettfreie Lebensmittel zugesetzt. Werden diese ohne Beschwerden vertragen, erfolgt die Fettzugabe, beginnend mit geringen Fettmengen, die langsam gesteigert werden. Treten erneut abdominelle Beschwerden auf oder kommt es zu einem Enzymanstieg, wird meistens wieder eine Phase oraler Nahrungskarenz eingelegt. Nach dem Ausheilen einer akuten Pankreatitis sind weitere diätetische Maßnahmen nicht erforderlich; es kann wieder alles gegessen und getrunken werden. Zu beachten ist lediglich eine Alkoholkarenz.
Stufenplan der Ernährung bei akuter Pankreatitis
Stufe 1: Keine orale Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme. Je nach Dauer dieser Phase parenterale Wasser- und Elektrolytzufuhr und/oder parenterale Ernährung mit hoher Energiezufuhr. Stufe 2: Orale Flüssigkeitsaufnahme, bestehend aus kleinen Mengen ungesüßtem Tee und parenterale Ernährung. Stufe 3: Gesüßter Tee (Haushaltszucker, Traubenzucker, Maltodextrin) und parenterale Ernährung. Stufe 4: Verabreichung von überwiegend kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln, beispielsweise Hafer- und Reisschleimsuppen, Stärkemehlsuppen und -breie aus Wasser und verdünnten Obstsäften (mit Traubenzucker abgeschmeckt), Faden- und Sternchennudeln in Gemüsebrühe gegart, Geleespeisen, geschlagene Banane, Zwieback, Honig, Biskuitkekse und parenterale Teilernährung. Stufe 5: Kohlenhydrat-Eiweiß-Kost: weitgehend fettfrei, z. B. Magerquark, gekochtes Geflügelfleisch, gedünsteten Fisch, Eierstich, Nudeln, Kartoffelpüree (mit Magermilch zubereitet), Weißbrot, gedünstete Tomaten, Spinat, Möhren, Spargelspitzen, Obstsuppen, Obstgrützen und Obstsoßen, Pudding und Breie mit Magermilch zubereitet. Stufe 6: Kohlenhydrat-Eiweiß-Kost mit steigender Fettzufuhr. Die Erhöhung der täglichen Menge an Nahrungsfett und auch an Eiweiß erfolgt abhängig vom klinischen Bild und dem Verhalten der Amylase- und Lipaseaktivität. Danach kann langsam zu einer "leichten Vollkost" übergegangen werden. Auch sollte die Nahrungsmenge auf viele kleine Mahlzeiten (6 – 8 pro Tag) verteilt werden.
Alkoholmissbrauch ist die häufigste Ursache für die chronische Pankreatitis
Die chronische Pankreatitis verläuft schubweise und geht mit einer fortschreitenden Gewebezerstörung einher, welche letztlich zur exokrinen und endokrinen Pankreasinsuffizienz führt. In den meisten Fällen (70 – 80%) ist ein chronischer Alkoholmissbrauch die Ursache der Erkrankung. Wird die Funktion des Organs bei chronischer Pankreatitis zunehmend eingeschränkt, kommt es ab einem bestimmten Stadium zu einer für die Verdauung unzureichenden Enzymaktivität im oberen Dünndarm und damit zu einer unzureichenden Nährstoffausnutzung.
Bei fortgeschrittener chronischer Pankreatitis entwickelt sich auch eine Insuffizienz der Langerhans-Inseln mit der Folge eines Diabetes mellitus. Liegt ein Diabetes mellitus vor, muss dieser nach den Kriterien eines Typ-1-Diabetes behandelt werden. Die Hauptsymptome einer chronischen Pankreatitis sind intermittierende oder anhaltende Oberbauchschmerzen, häufig nach den Mahlzeiten auftretend. Mit zunehmender Pankreasinsuffizienz können zusätzlich Symptome einer Maldigestion wie Blähungen, Durchfall, Steatorrhoe und Gewichtsabnahme auftreten.
Therapie der chronischen Pankreatitis
Die Ernährungstherapie bei einer chronischen Pankreatitis besteht aus einer fettarmen, leicht verdaulichen Kost. Man nimmt an, dass eine solche Ernährungsweise das Fortschreiten des chronisch entzündlichen Prozesses verlangsamt. Da die Ausnutzung des Nahrungsfettes als erstes gestört ist, kommt der Auswahl und der Reduktion dieses Nährstoffes eine besondere Bedeutung zu. Dabei ist zu beachten, je niedriger der Schmelzpunkt des verabreichten Fettes ist, desto leichter ist es verdaulich.
Die optimale Fettmenge einer Diät wird durch die Fettbilanz bestimmt, d. h. die Fettausscheidung mit dem Stuhl wird bei bekannter Fettaufnahme ermittelt. Lässt sich die Steatorrhoe durch Reduktion des Fettanteiles in Kombination mit einer Pankreasfermentsubstitution nicht ausreichend beseitigen, muss ein teilweiser Ersatz des Nahrungsfettes durch MCT-Fette erfolgen. Auch ist darauf zu achten, dass die Nahrung in kleinen Portionen über den Tag gleichmäßig verteilt angeboten wird. Weiterhin ist auf eine ausreichende Zufuhr an fettlöslichen Vitaminen zu achten, da bei einer Pankreasinsuffizienz möglicherweise eine Unterversorgung von Vitamin A und E auftreten kann. Schwer aufschließbare, ballaststoffreiche Lebensmittel sollten nicht angeboten werden.
Fazit
Die Ernährungstherapie der akuten Pankreatitis richtet sich nach dem Schweregrad der Erkrankung und dem Ernährungszustand des Patienten. Für die diätetische Therapie spielt die durch Lipasemangel bedingte unzureichende Fettverdauung eine wesentliche Rolle.
Die Ernährungstherapie bei chronischer Pankreatitis ist immer dann erforderlich, wenn eine exokrine und/oder endokrine Pankreasinsuffizienz auftritt. In diesen Fällen wird die Ernährung der verbliebenen Organfunktion angepasst. Die diätetische Behandlung besteht vor allem in der Anpassung der Fettzufuhr an das Stadium der exkretorischen Insuffizienz. Empfohlen wird eine "leichte Vollkost" mit kontrollierter Fettzufuhr. Alkohol ist bei akuter und chronischer Pankreatitis streng zu meiden.
Quellen
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1 Kommentar
Artikel in Bezug zur Chronische Pankreasinsuffizenz
von Weinert, Alfred am 20.10.2019 um 16:26 Uhr
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