Arzneimittel und Therapie

Interview: Wie gefährlich ist DHEA?

DHEA ist zwar in Deutschland weder als Arznei- noch als Nahrungsergänzungsmittel auf dem Markt. Es kann jedoch über den Internet-Versand und auf anderen Wegen illegal bezogen werden, und auch in der Apotheke fragen Kunden immer wieder nach diesem angeblichen "Wundermittel".

Wir sprachen mit Herrn Professor Dr. Dieter Steinhilber, Institut für Pharmazeutische Chemie in Frankfurt/M., über die Chancen und die Gefahren, die bei einer Einnahme von DHEA drohen.

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Wie beurteilen Sie den Einsatz von DHEA als Mittel gegen das Altern

Prof. Dr. Steinhilber:

Die Wunderwirkungen, mit denen DHEA z. B. im Internet angepriesen wird, entbehren jeglicher wissenschaftlicher Grundlage. Ein häufig gebrauchtes Argument für die Substitution von DHEA im Alter ist die Abnahme der Plasma-DHEA-Spiegel im Alter und die These, dass diese Abnahme des DHEA-Spiegels verschiedene Altersprozesse verursacht. Bis jetzt gibt es jedoch keinerlei Hinweise, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen Alterungsprozessen und der Abnahme der DHEA-Spiegel mit zunehmendem Lebensalter besteht. Zu fast allen möglichen Wunderwirkungen von DHEA gibt es entweder widersprüchliche Ergebnisse in klinischen Studien oder sie sind überhaupt nicht belegt. Ferner beruhen viele DHEA-Studien auf sehr niedrigen Patientenzahlen, so dass die Aussagekraft der Studien sehr begrenzt ist.

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Welche Belege gibt es für den Einsatz von DHEA bei Erkrankungen des Hormon- und des Immunsystems?

Prof. Dr. Steinhilber:

Hintergrund dieser Überlegungen ist, dass DHEA im Organismus als Vorstufe der Biosynthese von Steroidhormonen wie Östrogenen und Testosteron dient. Tatsächlich lässt sich auch unter DHEA-Substitution ein Anstieg des Testosteron- und des Östrogenspiegels beobachten. Bei Patienten mit Nebenniereninsuffizienz bzw. sehr niedrigen DHEA-Spiegeln konnte in klinischen Studien z. B. eine signifikante Verbesserung des Wohlbefindens festgestellt werden.

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Welche Indikationen gibt es, bei denen Sie den Einsatz von DHEA in der Zukunft für denkbar halten?

Prof. Dr. Steinhilber:

Denkbar ist die Anwendung von DHEA bei Patienten mit Nebennierenrindeninsuffizienz bzw. ausgeprägtem DHEA-Mangel. Allerdings fehlen hierfür zur Zeit noch weitergehende, sauber durchgeführte klinische Studien, um das Nutzen-Risiko Verhältnis gerade bei der Langzeitanwendung von DHEA abschätzen zu können.

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Welche akuten Nebenwirkungen von DHEA sind bekannt?

Prof. Dr. Steinhilber:

Bei niedrigen Dosierungen (bis zu 50 mg/Tag) sind praktisch keine akuten Nebenwirkungen zu beobachten. Höhere Dosierungen führen zu Nebenwirkungen wie Akne und Hirsutismus, die wahrscheinlich mit der vermehrten Umwandlung von DHEA zu Sexualhormonen (Testosteron, Estradiol) in Zusammenhang stehen.

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Welche Gefahren beinhaltet ein langfristiger Einsatz von DHEA?

Prof. Dr. Steinhilber:

Bis jetzt liegen praktisch keine Daten zu Nebenwirkungen bei Langzeiteinnahme von DHEA vor. Zu beachten sind meiner Ansicht nach die Langzeitrisiken, die mit der erhöhten Bildung von Steroidhormonen verbunden sind.

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Herr Prof. Dr. Steinhilber, wir bedanken uns für dieses Gespräch!

1 Kommentar

DHEA

von Dr.med.Frank Baier am 14.01.2020 um 15:41 Uhr

Wir haben tausende Studien zur Therapie der Postmenopause der Frau, aber nicht eine Studie zur Therapie mit DHEA, daß ist mir völlig unverständlich, zumal es häufig eine sehr gute Alternative wäre, nicht nur aus den viel zitierten Anti Aiging Gründen.

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