- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 37/2003
- Kariesprophylaxe: Lokale ...
Arzneimittel und Therapie
Kariesprophylaxe: Lokale Fluoride am effektivsten
In den letzten Jahrzehnten ist die Kariesprävalenz in Deutschland erfreulicherweise erheblich zurückgegangen. Entgegen landläufiger Meinung ist dies jedoch nicht auf einen verminderten Zuckerkonsum (der ist mit jährlich knapp 40 kg pro Kopf nach wie vor hoch), sondern in erster Linie auf die zunehmende Verbreitung fluoridhaltiger Zahnpasten zurückzuführen. Dennoch zeigen immer noch rund 25% der Kinder und Jugendlichen und auch viele Erwachsene eine hohe Kariesaktivität.
Auf die lokale Fluoridwirkung kommt es an
Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen haben eindeutig belegt, dass Fluoridionen in erster Linie beim direkten Kontakt mit der Zahnoberfläche kariesprotektiv wirksam sind. Das heißt Fluoridtabletten und fluoridiertes Speisesalz entfalten ihre Wirkung vorrangig nicht auf systemischem Weg, sondern indem sie die Fluroidionenkonzentration auf der Zahnoberfläche erhöhen. Entgegen früherer Ansicht ist der zahnhärtende Effekt durch den präeruptiven Fluorid-Einbau in die Zahnsubstanz nur äußerst gering.
Schutzschild und Reparaturfunktion
Die nachweislich antikariogene Wirkung fluoridhaltiger Zahnpflegeprodukte wird im Wesentlichen folgenden Mechanismen zugeschrieben: Durch die Reaktion von Fluoridionen mit dem Hydroxylapatit des Zahnschmelzes entsteht das wesentlich säurestabilere Fluoridapatit. Darüber hinaus bilden sich auf der Schmelzoberfläche in dünner Schicht Calciumfluoridpräzipitate, die hier quasi als pH-kontrolliertes Fluorid-Reservoir fungieren: Werden bei einer kariösen Säureattacke aus dieser Schicht Fluoridionen freigesetzt, können sie in benachbarte entkalkte Stellen einwandern und diese remineralisieren. Fluoride wirken also der Demineralisation des Zahnschmelzes entgegen und fördern gleichzeitig den Remineralisationsprozess. Besonders großen Nutzen haben Fluoridierungsmaßnahmen daher bei Initialkaries, weil damit kleinere Läsionen sogar wieder "repariert" werden können.
Aktueller Fluorid-Fahrplan für Kinder
Die modernen Erkenntnisse über die Wirkweise der Fluoride haben zahnärztliche Fachgesellschaften wie die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) veranlasst, einen neuen "Fluorid-Fahrplan" zur Kariesprophylaxe zu erarbeiten. Danach sind lokale Fluoridierungsmaßnahmen den systemischen eindeutig vorzuziehen. Parallel wird die Verwendung von fluoridiertem Speisesalz empfohlen. Diese Maßnahmen müssen kontinuierlich und lebenslänglich erfolgen. Die Empfehlungen lauten im Einzelnen:
- Vor dem 6. Lebensmonat sind aus zahnärztlicher Sicht noch keine Fluoridierungsmaßnahmen erforderlich.
- Mit dem Durchbruch des ersten Milchzahns sollen dem Kind einmal täglich die Zähne mit einer erbsengroßen Menge Zahnpasta (Fluoridgehalt max. 500 ppm) gereinigt werden. Von Zahnpasten mit Frucht- oder Bonbongeschmack ist abzuraten, um keinen Anreiz zum Verschlucken zu geben. (Doch selbst beim quantitativen Verschlucken läge die aufgenommene Fluoridmenge noch unterhalb der Dosen altersentsprechender Fluoridtabletten.)
- Ab dem 2. Geburtstag werden die Milchzähne auf diese Weise zweimal täglich geputzt. Damit wird gleichzeitig eine Erziehung zur regelmäßigen Mundhygiene erreicht. Auch wenn ein Kind schon selber mit der Zahnbürste hantieren kann, muss bis ins Schulalter immer von den Eltern nachgeputzt werden.
- Mit dem Schuleintritt wird auf eine Zahnpasta mit üblichem Fluoridgehalt (1000 bis 1500 ppm) umgestiegen.
- Die lokale Anwendung höher dosierter Fluoridgelees, -lösungen oder -lacke sollte nur nach zahnärztlicher Anweisung bei erhöhtem Kariesrisiko und erst ab dem Schulalter erfolgen.
Wofür noch systemische Fluoride?
In Einzelfällen behalten Fluoridtabletten gemäß den aktuellen DGZMK-Empfehlungen dennoch ihre Berechtigung. So z. B. wenn kein fluoridiertes Speisesalz (wird in Deutschland ausschließlich in Kombination mit Jodid angeboten) verwendet wird, keine ausreichende Zahnhygiene gewährleistet ist oder ein erhöhtes Kariesrisiko besteht. Um ihre lokale Wirkung zu gewährleisten, ist bei der Abgabe von Fluoridtabletten der Hinweis wichtig, dass die Tabletten langsam und möglichst abends nach dem Zähneputzen gelutscht werden sollen. Kleinen Kindern können die Tabletten auch aufgelöst in Wasser oder im Fläschchen verabreicht werden.
Um sicher zu gehen, dass die mit Tabletten zugeführte Fluoriddosis die empfohlene Tagesmenge (0,05 mg pro kg Körpergewicht) nicht übersteigt, erhebt der Arzt vor der Verordnung eine Fluoridanamnese. Hierbei wird dann z. B. der Fluoridgehalt der verwendeten Säuglingsnahrung, von bilanzierten Diätprodukten, von Mineralwasser und des lokalen Trinkwassers mit eingerechnet.
Am 25. September ist in Deutschland "Tag der Zahngesundheit"! Ausgewogene Ernährung, konsequente Zahnhygiene und die regelmäßige Anwendung von Fluoriden stellen die Eckpfeiler einer effektiven Kariesprophylaxe dar. Wissenschaftliche Erkenntnisse über die Mechanismen der Fluoridwirkung haben in letzter Zeit zur Neubewertung von Fluoridierungsmaßnahmen geführt. Dabei wurde der lokalen Fluoridierung mit Zahnpasten eindeutig der Vorrang eingeräumt.
Anorganische Fluoride und Aminfluoride
Fluoridhaltige Zahnpflegeprodukte enthalten unterschiedliche Fluoridverbindungen (z. B. Na2FPO4, NaF, KF, SnF2, Olaflur, Dectaflur). Voraussetzung für ihre kariesprotektive Wirkung ist, dass die Fluoride in Lösung gehen können.
In Zahnpasten ist heute Natriummonofluorphosphat (Na2FPO4) die meistgebrauchte Fluoridverbindung. Das darin kovalent gebundene Fluorid bleibt auch in der Gegenwart calciumhaltiger Putzkörper in Lösung, während z. B. Natriumfluorid oder Zinnfluorid durch Bildung von CaF2 rasch inaktivert werden.
Zinnfluorid soll auch antibakterielle und plaqueshemmende Eigenschaften haben. Das in wässriger Lösung normalerweise instabile SnF2 lässt sich durch Kombination mit Olaflur stabilisieren. In Aminfluoriden wie Olaflur und Dectaflur ist das Fluoridion an einen Fettsäureaminrest gebunden. Aminfluoride besitzen aufgrund ihrer tensidartigen Molekülstruktur die Fähigkeit, sich auf der Zahnoberfläche schnell homogen zu verteilen und dort langanhaltend zu haften.
Fluorid-Überdosierung
Eine langfristige Fluorid-Überdosierung – lokal oder systemisch – kann während der ersten Lebensjahre zur so genannten Dentalfluorose führen. Sie äußert sich mit weißen Flecken auf dem Zahnschmelz und gilt in erster Linie als kosmetisches Problem.
Eine akute Vergiftung, z. B. durch Verschlucken großer Mengen Fluoridlösung, führt aufgrund der Bildung von Flusssäure im Magen zu Verdauungsstörungen. Dem Körper werden außerdem Calciumionen in Form von unlöslichem Calciumfluorid entzogen, was eine gestörte Muskel- und Herztätigkeit zur Folge haben kann. Lebensbedrohliche Vergiftungszustände durch Fluoride sind in der Praxis jedoch extrem unwahrscheinlich.
Den Zähnen zuliebe ...
- Um das Kariesrisiko zu minimieren, sollte die Ernährung möglichst wenig Zucker und Säuren enthalten, denn beides erniedrigt den pH-Wert im Mundraum, wodurch den Zähnen Calcium und Phosphat entzogen werden.
- Nicht die Gesamtmenge des Zuckerkonsums, vielmehr die Häufigkeit des süßen Genusses ist entscheidend, wie z. B. beim Dauernuckeln gesüßter Babytees ("Nursing-Bottle-Syndrom").
- Regelrechtes Gift für die Zähne sind klebrige Speisen wie zuckerhaltige Kaubonbons, Kekse und Chips; aber auch Honig, Rosinen und Bananen haften besonders lange auf den Zähnen.
- "Nach dem Essen Zähneputzen nicht vergessen" gilt nach säurehaltiger Nahrung nur eingeschränkt: Hier sollte man lieber erst eine halbe Stunde mit dem Putzen warten, denn so lange dauert es, bis die Zahnoberfläche natürlicherweise aus dem Speichel wieder remineralisiert wird. Vorzeitiges Zähneschrubben würde zu einem zusätzlichen Substanzverlust der Zahnoberfläche führen.
- Ist Zähneputzen mal nicht möglich, können zahnfreundliche Kaugummis ersatzweise einen gewissen mechanischen Reinigungseffekt bieten. Sie regen außerdem den Speichelfluss an und neutralisieren damit kariogene Säuren.
Tag der Zahngesundheit
Am 25. September ist in Deutschland zum 13. Mal "Tag der Zahngesundheit": Auch in diesem Jahr geht es deshalb wieder während des ganzen Septembers in einer Vielzahl von kleinen und größeren Veranstaltungen in Ländern, Städten und Gemeinden, in Zahnarztpraxen und an vielen weiteren Orten um die Vermeidung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten.
Gemäß dem Motto des Jahres 2003 "Gesund beginnt im Mund: Zähne sind ein Team, sie gehören zusammen" soll vor allem darauf aufmerksam gemacht werden, wie wichtig eine korrekte Zahnstellung und Bisslage ist. Fast jedes zweite Kind in Deutschland muss kieferorthopädisch behandelt werden.
Schiefe Zähne und Kieferanomalien sind jedoch nicht immer angeboren. Rund die Hälfte aller Fehlstellungen wird verursacht durch unzweckmäßige Flaschensauger, schädliche Gewohnheiten wie Nuckeln am Daumen oder Schnuller über das Säuglingsalter hinaus, durch Zungenpressen, Lippenbeißen und Wangensaugen sowie Sprachstörungen, ständige Mundatmung und insbesondere Karies. Zahnlücken oder unregelmäßig und verschachtelt stehende Zähne sind nicht nur keine Zierde – sie können auch zu gesundheitlichen Störungen führen, die auf den ersten Blick gar nichts mit den Zähnen zu tun haben: Zähne und Kiefer, die nicht zusammenpassen, belasten die Kiefergelenke ungleichmäßig. Häufige Folge dieser Fehlbelastung sind Verspannungen der Kaumuskeln, was Kopfschmerzen und Migräne auslösen kann.
Häufig kommen Eltern mit ihren Kindern zu spät zum Zahnarzt, weil noch gar keine oder erst wenige zweite Zähne durchgebrochen sind. Für Vorbeugung ist es dann meist schon zu spät. Oft sind bereits erste kariöse Defekte und Störungen der Gebissentwicklung eingetreten, die eine regelgerechte Kieferentwicklung verhindern.
Weitere Informationen und Materialien auch zur Dekoration Ihrer Apotheke gibt es beim Verein für Zahnhygiene, Feldbergstr. 40, 64293 Darmstadt, kontakt@zahnhygiene-ev.de
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.