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Patienten mit Krebs und Rheuma richtig ernähren

Es ist allgemein bekannt, dass eine ausgewogene Ernährung vom Kindesalter an zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Osteoporose, Adipositas und Gicht beitragen kann. Weniger bekannt ist, welche speziellen Ernährungsrichtlinien für einzelne Patientengruppen gelten. Hierüber informierten Dr. med. Gudrun Zürcher von der Medizinischen Universitätsklinik Freiburg und Apotheker Willi Lehwald, Lehrbeauftragter an der Universität Bonn, am 29. Oktober auf einer interdisziplinären Fortbildungsveranstaltung für Ärzte und Apotheker in Berlin.

Gewichtsverlust und Tumorkachexie

Tumorpatienten erleiden unterschiedlich starke Gewichtsverluste (engl.: unintended weight loss) bis zur Kachexie. In einer Untersuchung von über 3400 Patienten mit verschiedenen Tumorarten zeigte sich, dass Patienten mit Magen-, Darm-, Pankreas- oder Lungenkrebs in den ersten sechs Monaten ihrer Erkrankung weitaus häufiger einen über 10%igen Gewichtsverlust erlitten hatten als beispielsweise Patienten mit Brustkrebs, Non-Hodgkin-Lymphom oder Sarkom.

Wie eine weitere Studie mit Patienten mit nicht kleinzelligem Bronchialkarzinom zutage brachte, kommt der Gewichtsverlust vor allem durch den Verlust von Muskelmasse, Fettmasse und intrazellulärem Wasser zustande. Nahezu unverändert bleibt das Gewicht der inneren Organe, der Anteil des extrazellulären Flüssigkeit steigt häufig sogar leicht an.

Die genauen Mechanismen der Tumorkachexie sind noch weitgehend unbekannt. Man vermutet, dass Mediatoren wie Zytokine (z. B. TNF-α, IL-1, IL-6), Hormone (Corticosteroide, Glucagon, Insulin) und auch vom Tumor selbst ausgeschiedene Produkte (z. B. Proteolysis inducing factor, PIF) eine wichtige Rolle spielen.

Da die Tumorkachexie mit einer erhöhten Mortalität einhergeht und die Lebensqualität der Patienten erheblich beeinträchtigt, kommt der Früherkennung und dem rechtzeitigen Beginn einer Ernährungstherapie eine große Bedeutung zu.

Ernährung von Tumorpatienten

Für die Ernährung von Tumorpatienten während einer spezifischen Therapie (Operation, Strahlen- oder Chemotherapie) gibt es inzwischen internationale Richtlinien. Danach ist eine parenterale Ernährung nicht generell zu empfehlen, sondern nur dann, wenn die Patienten unfähig sind, über einen längeren Zeitraum ausreichend Nahrung aufzunehmen und eine Maldigestion oder Malabsorption besteht. Viele Tumorpatienten leiden außerdem an Appetitlosigkeit, Geschmacksveränderung (Dysgeusie) oder Geschmacksverlust (Hypogeusie, Ageusie). Siehe Kasten "Tipps zur Ernährung".

Fischöl gegen Kachexie und Rheuma

Eine Studie mit Pankreaskarzinom-Patienten zeigte: Eine Supplementierung mit 2 bis 16 g Fischöl täglich konnte den Gewichtsverlust dieser Patienten deutlich vermindern.

Die im Fischöl reichlich enthaltenen Omega-3-Fettsäuren, speziell die Eicosapentaensäure (EPA), wirken entzündungshemmend, senken die Blutlipid-Werte und verbessern die Durchblutung. Erklärt wird dies damit, dass sie die ihnen strukturell ähnliche Arachidonsäure von den Enzymen der Arachidonsäurekaskade verdrängen und damit die Synthese von Entzündungsvermittlern (z. B. Leukotrienen) hemmen.

Studien haben gezeigt, dass bei Rheumapatienten, die einige Monate lang Fischöl einnahmen, die Zahl der schmerzhaften und geschwollenen Gelenke und die Häufigkeit der Schmerzen signifikant sanken, sodass auch Analgetika (Cortison, NSAR) eingespart wurden.

Die Fachgesellschaften favorisieren Fischöl-Präparate mit mindestens 300 mg EPA pro Kapsel. Rheumapatienten sollten initial (d. h. über drei Monate) drei Kapseln täglich vor den Hauptmahlzeiten, anschließend eine Kapsel täglich einnehmen.

Sie sollten sich arachidonsäurearm ernähren und auf arachidonsäuereiche Lebensmittel wie Schweinefleisch, -schmalz und -leber, Eigelb und Leberwurst ganz verzichten. Optimal ist eine vegetarisch orientierte Kost mit reichlich Fisch und Meeresprodukten. Fische mit hohem Gehalt an Omega-3-Fettsäuren sind Hering, Lachs, Makrele, Sardine und Thunfisch.

Mikronährstoffe und Tryptophan

Auch die ausreichende Zufuhr bestimmter Vitamine und Spurenelemente, vor allem Vitamin C, Vitamin D, Vitamin E, Zink, Kupfer und Selen, ist für Rheumapatienten von Bedeutung, denn im Vergleich zu Gesunden weisen sie häufig erniedrigte Plasmaspiegel dieser Mikronährstoffe auf. Erfolgt keine ausreichende Zufuhr mit der Nahrung, kann eine Supplementierung erforderlich sein.

Rheumapatienten sollten auch tryptophanreiche Lebensmittel (z. B. Sojaprodukte) oder Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen. Die Aminosäure Tryptophan, die auch als Arzneimittel zugelassen ist, bildet die Vorstufe des Neurotransmitters Serotonin (5-OH-Tryptamin). Ein Mangel an Serotonin im Gehirn senkt die Schmerzschwelle – auch für rheumatische Schmerzen – und verursacht Depressionen.

Ernährungsberatung in der Apotheke

Die Apotheke kann Tumor- und Rheumapatienten eine individuelle Ernährungsberatung anbieten. Lehwald berichtete über beachtliche Erfolge, die er bei seinen Patienten erzielen konnte.

Er wies aber auch darauf hin, dass die Beratung sehr aufwändig und langwierig sein kann. So dauert es z. B. allein vier bis acht Wochen, ehe unter einer vegetarisch orientierten Kost die Arachidonsäurereserven im Körper abgebaut sind. Zudem fällt es vielen Patienten schwer, jahrzehntelange falsche Ernährungsgewohnheiten innerhalb kurzer Zeit zu verändern.

Tipps zur Ernährung Bei Appetitlosigkeit, Geschmacksveränderung oder Geschmacksverlust von Tumorpatienten

  • Essen in kleinen Portionen anbieten, alle 2 bis 3 Stunden, evtl. auch nachts
  • Geschmacksveränderungen (z. B. Empfindlichkeit für Bitteres) berücksichtigen, gewürzarm kochen, selbst nachwürzen lassen
  • starke Essensgerüche vermeiden
  • Mahlzeiten appetitlich anrichten
  • Aperitifs, Wein oder Bier ca. 1 Stunde vor dem Essen regen den Appetit an

Fortbildung mit VisiCheck Das System VisiCheck der Apothekerkammer Berlin dokumentiert die Fortbildung: Elektronische Registrierung der Teilnahme in Seminaren und Vorträgen
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