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Arzneimittel und Therapie
Harnwegsinfektionen: Durchspülungstherapie mit Echtem Goldrutenkraut
Unkomplizierte Harnwegsinfektionen gehören nach den Infektionen des Respirationstraktes zu den häufigsten bakteriellen Entzündungen. Meist verlaufen sie gutartig. Ein Test mit einem Urinteststreifen gibt schnell Auskunft darüber, ob eine Infektion vorliegt.
Unkomplizierte Entzündungen der Harnwege werden in 80 Prozent der Fälle durch Besiedlung mit Escherichia coli ausgelöst. Neben Staphylokokken und Enterobakterien, die ebenfalls zur physiologischen Besiedlung der Darmflora stammen, gehören auch sexuell übertragbare Chlamydien zum Erregerspektrum.
Komplizierte Infektionen konsequent behandeln
Eine Harnwegsinfektion gilt immer dann als kompliziert, wenn sie bei Kindern, Männern, Schwangeren oder Diabetikern auftritt. Auch Patienten mit neurologischen, zu Miktionsstörungen führenden Erkrankungen, Immunsupprimierte und Patienten mit Niereninsuffizienz sollten urologisch betreut werden.
Blutiger Urin, Fieber und Schmerzen im Nierenbereich sind immer ein Alarmzeichen für den sofortigen Arztbesuch. Komplizierte Harnwegsinfektionen zeigen ein anderes Erregerspektrum mit einem geringeren Anteil Escherichia coli von ca. 25 Prozent.
In 15 Prozent der Fälle ist Streptococcus faecalis, in 10 Prozent Pseudomonas-Arten der Auslöser. Um schwere Verläufe und Folgeschäden zu vermeiden, muss eine Bakterienkultur angelegt und antibiotisch behandelt werden. Die Antibiotikatherapie wird je nach Erreger und Resistenzlage mit Cotrimoxazol, Nitrofurantoin, Gyrasehemmern, Amoxicillin oder Doxycyclin durchgeführt.
Rezidive trotz Antibiotika
Neben der Gefahr der Resistenzbildung erhöht sich durch wiederholte Antibiotikatherapie auch das Risiko für Rezidive. Rückfälle können entweder trotz initialem Therapieerfolg innerhalb von 14 Tagen wieder auftreten oder nach mehr als 14 Tagen als Neuinfektionen ausbrechen. In über 90 Prozent der Fälle handelt es sich um Neuinfektionen mit dem identischen Keim aus Darm- oder Vaginalflora. Hier kann erneut eine Kurzzeittherapie ohne Wechsel des Antibiotikums durchgeführt werden.
Treten Harnwegsinfekte häufiger als sechsmal jährlich auf, sollte über eine langfristige Rezidivprophylaxe nachgedacht werden. Hierfür wird in der neuen Leitlinie "Brennen beim Wasserlassen" der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM) außer 50 mg Trimethoprim täglich das nebenwirkungsreiche Nitrofurantoin als Mittel der Wahl empfohlen. Hauptgrund der Empfehlung ist die Tatsache, dass es nur selten zu Resistenzen gegen Nitrofurantoin kommt.
Durchspülungstherapie mit Echter Goldrute
Nicht jeder Harnwegsinfekt erfordert zwingend antibiotische Behandlung. Auch von ärztlicher Seite wird bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen mit leichten Beschwerden oder bei Keimzahlen unter 105 pro ml unter Ausschluss der genannten Risikofaktoren häufig auf ein Antibiotikum verzichtet. Bei immerhin der Hälfte aller Fälle fehlt eine signifikante Bakteriurie, so dass die symptomatische Behandlung im Vordergrund steht. Zur Schmerzlinderung dient vorzugsweise Ibuprofen.
Nach den Ergebnissen einer Umfrage behandeln 43 Prozent der Betroffenen einen beginnenden Harnwegsinfekt im Rahmen der Selbstmedikation. Das ist durchaus sinnvoll, denn oftmals heilt die Erkrankung mit einer Basisbehandlung aus Durchspülung und Wärme aus. Erst wenn die Beschwerden durch diese Maßnahmen nicht innerhalb von zwei bis drei Tagen vergehen, sollte ein Arzt aufgesucht werden.
Im Vordergrund der Selbstmedikation steht die Durchspülungstherapie mit Nieren- und Blasentees. Die gesteigerte glomeruläre Filtrationsrate und die verbesserte Nierendurchblutung führen zur vermehrten Bildung von Primärharn. Neben den diuretischen Eigenschaften vieler Pflanzeninhaltsstoffe sorgt die Applikationsform als Tee für die nötige Flüssigkeitszufuhr von mindestens zwei Litern täglich.
Der Einsatz von Bärentraubenblättern als Harnwegsdesinfiziens ist aufgrund der gastrointestinalen Nebenwirkungen und theoretischer Risiken durch enthaltenes Arbutin zurückgegangen. Extrakte aus Goldrutenkraut sind häufig Bestandteil pflanzlicher Urologika. Die Echte Goldrute eignet sich in ausreichender Dosierung aber auch zur Monotherapie.
Mehrere klinische und pharmakologische Untersuchungen belegen, dass sie neben der diuretischen Wirkung auch spasmolytische und antiphlogistische Effekte zeigt. Da die wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe der Echten Goldrute größtenteils wasserlöslich sind, kommen sie in Teeauszügen zum Tragen. Die Dosierung sollte einer Tagesdosis von 6 bis 12 g Droge entsprechen.
Goldruten-Spezies variieren stark im Wirkstoffprofil
Die Echte Goldrute wurde durch die Kommission E positiv monographiert zur Durchspülungstherapie bei entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege und zur Vorbeugung von Harnsteinen und Nierengrieß. Leitsubstanzen sind die antimikrobiell wirksamen Phenolglykoside Leiocarposid und Virgaureosid. Je nach Solidago-Spezies sind außerdem Flavonoide, Saponine, Gerbstoffe und ätherische Öle enthalten.
Die klassische Rohstoffbeschaffung durch Wildsammlung ist im Falle der Echten Goldrute schwierig geworden und Versuche zur züchterischen Bearbeitung und Kultivierung stehen noch am Anfang. Problematisch ist der zunehmende Ersatz der Echten Goldrute durch die leichter erhältlichen Austauschdrogen Riesengoldrute (Solidago gigantea) oder Kanadische Goldrute (Solidago canadensis).
Diese Arten unterscheiden sich erheblich im Spektrum ihrer Inhaltsstoffe. So sind die antibakteriell wirksamen Phenolglykoside Leiocarposid und Virgaureosid A nur in der Echten Goldrute nachzuweisen. Leiocarposid dient daher als Leitsubstanz in der dünnschichtchromatographischen Identitätsprüfung der Droge.
Fast jede zweite Frau hatte schon einmal eine Harnwegsinfektion. Bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen steht neben der Schmerzlinderung die Durchspülungstherapie im Vordergrund. Die Wirksamkeit der Echten Goldrute ist heute belegt und positiv monographiert. Eine Reihe pharmakologischer und klinischer Untersuchungen bestätigt, dass die Echte Goldrute über ihre harntreibende Wirkung hinaus spasmolytische und antiphlogistische Eigenschaften besitzt.
Bei Kindern und geriatrischen Patienten können auch unspezifische Beschwerden wie Veränderungen des Allgemeinzustandes, Fieber, Bauchschmerzen, Kontinenzprobleme oder häufiges nächtliches Wasserlassen (Nykturie) auf eine Harnwegsinfektion hinweisen.
- Trinkmenge mindestens zwei Liter täglich
- vollständige und regelmäßige Entleerung der Blase
- Miktion nach dem Geschlechtsverkehr
- gegebenenfalls Behandlung einer Obstipation
- keine übertriebene Genitalhygiene
- gegebenenfalls Wechsel der kontrazeptiven Methode
- Wärmeapplikation bzw. Vermeidung von Unterkühlung
- eventuell Akupunktur
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