- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 9/2003
- Dermatologie: Warzen – ...
Arzneimittel und Therapie
Dermatologie: Warzen – wie sie kommen, wie sie gehen
Als Verrucae vulgares – gewöhnliche Warzen – sind die benignen Hauttumoren am bekanntesten. Besonders häufig sind Kinder und Jugendliche betroffen. Verantwortliches Agens ist das Humane Papillom-Virus (HPV), von dem es mehr als 80 verschiedene Genotypen gibt. Über Mikroverletzungen der Haut gelangt das Virus in Epithelzellen. Nach einer Inkubationszeit von 6 Wochen bis zu mehreren Monaten bildet sich an der Vireneintrittsstelle eine Hautwucherung. Die Viren vermehren sich in den infizierten Zellen und werden an der Oberfläche wieder freigesetzt.
Vielfältige Infektionsquellen
Beim Berühren der Warze besteht also grundsätzlich Ansteckungsgefahr mit dem Papillom-Virus, insbesondere bei kleinen Rissen in der Haut. Möglich ist auch die indirekte Infektion, z. B. über Türklinken, Treppengeländer oder beim Barfußlaufen. Da aufgeweichte Haut den Viren das Eindringen erleichtert, besteht z. B. in Schwimmbädern, in der Sauna oder durch gemeinschaftliches Benutzen von Handtüchern erhöhte Ansteckungsgefahr. Die Empfänglichkeit für Warzenviren ist individuell unterschiedlich. Die Gründe dafür sind nicht bekannt, allerdings scheinen schlecht durchblutete, kalte oder schwitzige Hände und Füße anfälliger zu sein.
Große Typenvielfalt
Die Warzenklassifikation richtet sich nach der Morphologie und der Lokalisation der Hautwucherung. Meist sind dabei einzelne HPV-Typen charakteristisch für eine bestimmte Warzenart. Verrucae vulgares können überall am Körper vorkommen, bevorzugen jedoch Hände und Füße. Sie bilden sich als meist raue, oft erhabene, bis erbsengroße Knoten mit unregelmäßiger, schuppig verhornter Oberfläche aus (Abb. 1).
Sie werden auch als Stachelwarzen bezeichnet und nehmen je nach Lokalisation unterschiedliche Gestalt an. Eine Sonderform sind z. B. die Pinsel- oder Fadenwarzen (Verrucae filiformes), die auf zarter Haut am Hals oder im Gesicht, besonders in der Augengegend, auftreten. Stachelwarzen kommen häufig bei immundefizienten Personen vor. Meist bilden sie sich innerhalb einiger Monate von selbst wieder zurück.
Schmerzhafte Dornwarzen an den Fußsohlen
An den Fußsohlen kommen die so genannten Plantarwarzen (Verrucae plantares) vor. Manchmal breiten sie sich mosaikartig aus (Mosaikwarzen). An Stellen, die besonders dem Druck des Körpergewichts ausgesetzt sind, wachsen die Warzen wie ein Dorn in die Tiefe. Charakteristisch für solche beim Gehen schmerzenden Dornwarzen sind der dicke Hornhautwall und kleine schwarze Punkte, die auf thrombosierte Blutgefäße zurückzuführen sind (Abb. 2).
Flachwarzen (Verrucae planae) sind typischerweise flache, rötlich umrandete Papeln von 3 bis 4 mm Größe, die vor allem im Gesicht und am Handrücken lokalisiert sind. Bevorzugt treten sie im Kindes- und Jugendalter auf, bilden sich aber meist nach einiger Zeit wieder zurück.
Nicht in die Gruppe der Papillom-Virus-Warzen gehören die so genannten Dellwarzen (Mollusca contagiosa, Mollusken). Hierbei handelt es sich um hauptsächlich bei Kindern vorkommende derbe, bis zu erbsengroße Papeln mit Eindellungen, die auf eine Epidermisinfektion mit dem Poxvirus mollusci zurückgehen.
Feigwarzen – verbreitet und äußerst ansteckend
Die zu den sexuell übertragbaren Erkrankungen (Sexually Transmitted Disease, STD) gehörenden Feigwarzen (Condylomata acuminata, spitze Kondylome) werden wiederum von Vertretern der Papillom-Viren (30 der über 80 Genotypen) hervorgerufen, sind aber wesentlich ansteckender als gewöhnliche Warzen. Die stecknadelkopfgroßen bis mehrere Zentimeter großen rötlichen, grau-bräunlichen oder weißlichen Papeln treten im Genital- und Analbereich auf.
Eine klinische Manifestation liegt bei ca.1% der sexuell aktiven Personen zwischen dem 15. und 45. Lebensjahr vor. Ca. 10% dieser Altersgruppe sind latent infiziert. Als begünstigende Faktoren für eine Infektion werden Rauchen und orale Kontrazeptiva angesehen. Prädisponierende Faktoren scheinen außerdem Harnröhren-, Scheiden- und Darmentzündung sowie Vorhautverengung zu sein.
Gelegentlich bilden anogenitale Warzen riesige blumenkohlartige Konglomerate: Condylomata gigantea (Buschke-Löwenstein-Tumor). Diese können auch invasiv und gewebszerstörend in die Tiefe wachsen. Neben der vorwiegend sexuellen Übertragung von Feigwarzen ist auch eine Infektion z. B. durch gemeinschaftliches Baden oder Benutzen von Handtüchern möglich. Außerdem werden auch Fingerwarzen als Infektionsquelle für Kondylome im anogenitalen Bereich angenommen.
Risiko: maligne Entartung
In bis zu 30% remittieren Feigwarzen spontan. Die maligne Entartung – z. B. als Zervixkarzinom oder Analkarzinom – scheint dagegen mit persistierenden Warzen assoziiert zu sein. Allerdings sind bisher nur die Hochrisikotypen HPV 16 und 18 als Karzinogene identifiziert. Zur Entartung bedarf es jedoch wahrscheinlich noch weiterer Risikofaktoren wie z. B. genetische Prädisposition oder Rauchen. Der HPV-DNA-Nachweis kann zur HPV-Subgruppenidentifizierung dienen, um gefährliche von ungefährlichen Virustypen zu differenzieren.
Breites Behandlungsspektrum
Werden Feigwarzen festgestellt, besteht ärztlicher Behandlungsbedarf. Auch Dornwarzen werden wegen ihrer Schmerzhaftigkeit behandelt. Ansonsten sollten gewöhnliche Warzen immer dann entfernt werden, wenn sie kosmetisch stören oder ein ausgedehnter Befall vorliegt. Insbesondere Flachwarzen heilen jedoch meist von selbst ohne Narbenbildung ab, wohingegen nach einer Entfernung Narben zurückbleiben können. Keinesfalls sollte man selbst an Warzen manipulieren, da es dadurch zur erneuten Infektion kommen kann.
Für die Behandlung von Warzen steht ein breites Spektrum verschiedener lokaler Methoden zur Verfügung. Ein rationaler Therapieeinsatz ist dennoch kaum möglich, da sich die Effizienz der einzelnen Verfahren nur schwer bewerten lässt. So erweisen sich viele Warzen als äußerst therapieresistent bzw. rezidivieren häufig. Andererseits neigen Warzen stark zur Spontanremission, sodass eine Heilung nicht unbedingt der Therapie zuzuschreiben ist. Dementsprechend zeigen alte Hausmittel wie z. B. "Warzen besprechen" oder "bei Vollmond eine Schnecke darüber kriechen lassen" oftmals beeindruckende Erfolgsraten.
Von der Kryo- bis zur Immuntherapie
Heutzutage kommen für die Warzenbehandlung die Vereisung mit flüssigem Stickstoff, die Abschabung, eine chirurgische Entfernung, die elektrische Verschorfung, die Laserbehandlung, die photodynamische Therapie und medikamentöse Methoden infrage. Medikamentös werden gegen Warzen zunächst meist topisch zu applizierende Keratolytika bzw. Kaustika wie Salicylsäure, Milchsäure oder Essigsäure – oftmals in Kombination – in Form von Lösungen, Salben(stiften) oder Pflastern eingesetzt.
Bei einer Analyse randomisierter kontrollierter Studien zu verschiedenen Methoden lokaler Warzenbehandlung zeigten diejenigen Studien, in denen Salicylsäure verwendet wurde, die besten Wirksamkeitsresultate (75% Heilungsrate vs. 48% unter Plazebo). Außerdem kommt – kombiniert mit Salicylsäure – das virustatisch wirksame Fluorouracil zum Einsatz. In seltenen Fällen wird intraläsional das Zytostatikum Bleomycin verwendet. Damit wurde über Therapieerfolge bei immunsupprimierten Patienten mit therapieresistenten Warzen berichtet. In der Homöopathie werden Thuja-Präparate auf die Warze aufgetragen bzw. auch innerlich angewendet.
Spezielle Therapie der Feigwarzen
Die Behandlung von Feigwarzen erfolgt entweder chirurgisch – durch Kurettage, Kryo-, Elektro- oder Lasertherapie – oder kaustisch mit Trichloressigsäure bzw. medikamentös mit dem Chemotherapeutikum Podophyllotoxin und dem Immunmodulator Imiquimod. Beide Substanzen eignen sich zur Selbstadministration des Patienten. Podophyllotoxin ist der aus Podophyllin (das heute als obsolet gilt) isolierte Hauptwirkstoff. Er bewirkt in bis zu 80% der Fälle eine komplette Warzenremission. Imiquimod induziert die Produktion von Zytokinen.
Feigwarzen lassen sich mit dem Immuntherapeutikum zu 70% heilen. Imiquimod ist bisher nur zur Behandlung anogenitaler Warzen zugelassen, zeigt aber auch bei therapieresistenten gewöhnlichen Warzen und Mollusken – vor allem unter Immunsuppression – gute Remissions- und Reduktionsraten. Zur adjuvanten Lokaltherapie nach Warzenabtragung kann Interferon-beta-Gel eingesetzt werden. Es führt außerdem bei kleinen Kondylomen in etwa 70% zur Remission. Podophyllotoxin, Imiquimod und Interferon beta sind während Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert.
Hohe Rezidivrate
Keine der heutigen Behandlungsmöglichkeiten vermag jedoch das Papillom-Virus vollständig zu beseitigen. Es besteht daher grundsätzlich ein Rezidivrisiko. In der Zukunft könnten eventuell Impfungen mit selektiver HPV-Vakzine die Warzentherapie voranbringen.
Quellen
Gibbs, S., I. Harvey, et al.: Local treatments for cutaneous warts: systematic review. Brit. Med. J. 325, 461 – 464 (2002). Feigwarzen im Genitalbereich. Dtsch. Apoth. Ztg. 34, 22 (2000). Hoc, S.: Humanpathogene Papillomviren: Pharmakotherapie der Genitalwarzen. Dtsch. Ärztebl. 97 (38), A2478 (2000). Leitlinien der Deutschen STD-Gesellschaft. Condylomata acuminata und andere HPV-assoziierte Krankheitsbilder des Genital und der Harnröhre. AWMF-Leitlinien-Register, Nr. 059/001. Leitlinien der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft. Feigwarzen in der anorektalen Region. AWMF-Leitlinien-Register, Nr. 013/008. www.m-ww.de www.netdoktor.de
Jeder kennt sie, fast jeder hat sie schon gehabt, und oft verschwinden sie von selbst wieder: Warzen sind in der Regel gutartige viral bedingte Hautveränderungen mit einer hohen Spontanremissionsrate. Die therapeutischen Optionen sind vielfältig, aber nicht immer erfolgreich. Vorsicht ist bei anogenitaler Warzenmanifestation geboten, da sich aus den Feigwarzen unter Umständen Karzinome entwickeln können.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.