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Arzneimittel und Therapie
Aromatherapie: Zwischen rationaler Therapie und Esoterik
Die so zu erzielenden Ergebnisse sind damit immer angreifbar. Zudem lassen sich Wirkungen, die über Sinnes- und Gefühlsebenen erzeugt werden, nur schwer messen und objektivieren.
Biologische Wirkungen – naturwissenschaftlich zu verifizieren
Die biologischen Wirkungen von ätherischen Ölen und Duftstoffen lassen sich durchaus nachweisen. So sind die Hauptinhaltsstoffe des Lavendelöls, Linalool und Linalylacetat, maßgeblich für die dem Lavendelöl zugeschriebenen stressabbauenden, antikonvulsiven und anxiolytischen Wirkungen auf das Nervensystem verantwortlich. Die antikonvulsiven und sedativen Wirkungen von Linalool sind dosisabhängig. In hohen Dosen ist Linalool toxisch. Tierversuche haben gezeigt, dass Linalool die Glutamatbindung im Cortex von Ratten hemmt. Hierauf lässt sich die antikonvulsive Wirkung zurückführen.
EEG-Untersuchungen haben ergeben, dass Lavendelöl den Anteil der für die Relaxation und Tiefenschlaf zuständigen Alpha-Wellen erhöht. Neben Wirkungen auf das Zentralnervensystem wird ätherischen Ölen aus der Gruppe der Terpene eine krebspräventive Wirkung zugeschrieben. Hierzu zählen Limonen, Perillylalkohol und Perillinsäure, ein Metabolit von Limonen und Perillylalkohol. Perillinsäure und Perillylalkohol hemmen sehr effektiv die Farnesyltransferase, ein Enzym, das für die Isoprenylierung des K-ras-Onkogenproduktes zuständig ist.
So wird verhindert, das sich das ras-Protein in die Zellmembran einlagert und die Zellteilung und Tumorentwicklung induzieren kann. Perillylalkohol kann zudem die Zellapoptose einleiten und hat antioxidative Eigenschaften. Die potenzielle krebstherapeutische Wirkung von Limonen und Perillylalkohol wird zur Zeit in klinischen Studien bei Mammakarzinom, Lungen- und Pankreaskarzinom untersucht.
Aromatherapie: Pro und Kontra
Ätherische Öle wie das Lavendelöl könnten Angst-reduzierend sein, sie könnten auch die körpereigene Abwehr und die Widerstandsfähigkeit steigern. Nachteilig sei, dass plazebokontrollierte Studien zum Beleg der Wirksamkeit ebenso fehlten wie eine allgemein anerkannte Methodologie zum Erhalt vergleichbarer Ergebnisse. Schwierigkeiten bereitet auch die Differenzierung zwischen psychischer und pharmakologisch-physiologischer Wirkung.
Um dieses Problem zu lösen, werden Versuche unternommen, bei denen Versuchspersonen über eine Atemmaske Frischluft zugeführt wird, um den olfaktorischen Einfluss auszuklammern. Das ätherische Öl wird topisch appliziert. Für die Aromatherapie spricht auch der angenehme, das Wohlbefinden steigernde Duft ätherischer Öle. Zu beachten ist aber auch, dass ätherische Öle im Körper kumulieren können und dass oft Organochlorpestizide enthalten sind, die gerade bei Massagen in größeren Mengen über die Haut aufgenommen werden und sich im Körper anreichern können.
Sind ätherische Öle giftig?
Diese zentrale Frage kann mit Ja und Nein beantwortet werden. Die meisten ätherischen Öle sind in der Regel nicht akut toxisch, Fragen der Langzeittoxizität sind allerdings oft ungeklärt. Ätherische Öle sind starke Substanzen mit starken Wirkungen, sie haben oft auch unerwünschte Wirkungen. Aber die Toxizität ist auch immer eine Frage der Dosis. So ist fraglich, ob Methyleugenol, das in vielen ätherischen Ölen wie beispielsweise in Rosenöl enthalten ist, tatsächlich bei bestimmungsgemäßem Gebrauch karzinogen ist.
Den Hinweis auf Karzinogenität haben Versuche an Ratten ergeben, die über eine Magensonde hohe Konzentrationen von Methyleugenol verabreicht bekommen hatten. Diesen Ergebnissen aus Tierversuchen stehen schon vor über 1000 Jahren an Menschen durchgeführte Versuche mit Methyleugenol-haltigen Ölen entgegen. Auch der Applikationsweg beeinflusst die Toxizität. Die orale Applikationsform ist mit dem höchsten toxischen Risiko verbunden, die nasale mit dem kleinsten. Es wird empfohlen, nie mehr als ein bis drei Tropfen eines ätherischen Öls oral aufzunehmen.
Zudem hängt die Toxizität davon ab, ob die Inhaltsstoffe als Alkohole, Aldehyde, Ketone oder Phenole vorliegen. Am ungiftigsten sind Alkohole (Ester/Ether) gefolgt von Aldehyden, Ketonen und Phenolen. Vorsicht ist bei einem hohen Keton- und Phenolgehalt geboten. Nach Verordnungen der EU müssen inzwischen über 90% der ätherischen Öle als gesundheitsschädlich bei nicht bestimmungsgemäßem Gebrauch deklariert werden. Wabner kritisierte, dass hochwirksame Medikamente mit einem großen Potenzial an Nebenwirkungen wie Diclofenac dagegen nicht als gesundheitsschädlich ausgewiesen werden müssen.
Aromatherapie: Praxis ohne Theorie
Die Aromatherapie auf ein theoretisches, naturwissenschaftliches Fundament zu stellen, gestaltet sich schwierig. Die Aromatherapie als ganzheitliche Therapieform eignet sich schlecht für experimentelles wissenschaftliches Arbeiten. Die Standardisierung auf Leitsubstanzen erfolgt oft willkürlich und politisch motiviert. Zudem handelt es sich um komplexe Mischungen aus Substanzen, die im Zusammenspiel und auch alleine an unterschiedlichen Stellen im Körper ihre Wirkung entfalten könnten.
Beschränkung auf Leitsubstanzen sind nur eine nicht ausreichende Annäherung zum Wirksamkeitsnachweis. Interessant ist ein indikationsbezogener Vergleich von Phytopharmaka und ätherischen Ölen. Welche Pflanzen werden beispielsweise bei Herzkreislaufkrankheiten eingesetzt, welche ätherischen Öle finden hier Anwendung? Oft gibt es Überschneidungen, oft wird aber auch auf verschiedene Pflanzen zurückgegriffen. Nicht unterschätzt werden sollte auch Zusammenhänge von Duft, Riechen und physiologischen Wirkungen.
Die Aromatherapie ist zweifelsohne eine attraktive Möglichkeit für Apotheken, sich gegenüber ihrer Konkurrenz zu profilieren. Versuche, die Aromatherapie auf ein naturwissenschaftliches Fundament zu stellen, stecken noch in den Kinderschuhen. Sie sind möglicherweise zum Scheitern verurteilt. Eine standardisierte Methodik, die sich auf die Untersuchung der Wirkung von Hauptinhaltsstoffen beschränkt, lässt zwangsläufig das Wechselspiel mit anderen Inhaltsstoffen unberücksichtigt.
Auf Grund ihrer lipophilen Eigenschaften und der geringen Molekülgröße der enthaltenen Komponenten werden sie bei peroraler Applikation sehr gut aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert oder bei perkutaner Applikation durch die Haut aufgenommen.
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