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Arzneimittelgeschichte
Paul Ehrlich und die Antiinfektiva
Prof. Dr. Fritz Sörgel, Leiter des Instituts für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung in Nürnberg-Heroldsberg, ist seit vielen Jahren ein Verehrer von Paul Ehrlich. So erreichte er, dass die Straße, in der sein Institut in Nürnberg-Heroldsberg angesiedelt ist, in Paul-Ehrlich-Straße umbenannt wurde. Er hatte schon lange die Idee, Paul Ehrlich aus Anlass seines 150. Geburtstages mit einem besonderen Fest zu ehren. Seit vielen Monaten warb er unermüdlich bei Kongressen und in Artikeln für "seine" World Conference on Magic Bullets, zu der er auch zahlreiche nationale und internationale Gesellschaften gewinnen konnte.
Mit von der Partie waren zum Beispiel
- International Society of Chemotherapy (ISC)
- International Society of Antiinfective Pharmacology (ISAP)
- American Society of Microbiology (ASM)
- Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI)
- Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh)
- Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft (DPhG)
- Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA)
Sörgel gelang es, die bekanntesten Experten der Welt auf dem Gebiet der Pharmakokinetik und Pharmakodynamik von Antibiotika nach Nürnberg zu holen. Auf dem Programm standen in der "Szene" so wohlklingende Namen wie zum Beispiel G. Drusano (Albany, USA, zusammen mit Sörgel Chairman des Kongresses), H. Derendorf (Gainesville, USA), C. H. Nightingale (Hartford, USA), P. Tulkens (Louvain, Belgien), A. Forrest (Buffalo, USA), J. J. Schentag (Buffalo, USA), R. C. Moellering (Boston, USA), W. A. Craig (Madison, USA), B. Wiedemann (Bonn), D. Adam (München), H. Lode (Berlin) oder K. Naber (Straubing).
Fortbildung für Ärzte und Apotheker
Die Kongress-Teilnehmer diskutierten im Hauptkongress in neun Sitzungen verschiedene Aspekte der Dosierung von Antiinfektiva, wobei sich immer wieder zeigte, dass in diesem Bereich noch viele Fragen ungeklärt sind. Darüber hinaus wurde der Hauptkongress von 300 Kurzvorträgen und über 300 Postern umrahmt, es fanden Satellitensymposien, Symposien beispielsweise der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (zu Arzneimittelfälschungen), der ADKA (Qualitätssicherung in der antibiotischen Therapie) und eine Historikerkonferenz zu Paul Ehrlich statt.
Ergänzt wurde das umfassende Programm durch Fortbildungsveranstaltungen für Ärzte, so für Neurologen, für HNO-Ärzte und für Gynäkologen, Urologen und Dermatologen. Ein ganzer Tag war einer Fortbildungsveranstaltung der Bayerischen Landesapothekerkammer zum Thema "Antiinfektiva – Zauberkugeln" gewidmet. Ärzte und Apotheker tagten und diskutierten bei dieser Veranstaltung völlig selbstverständlich unter einem Dach!
Paul Ehrlich im Mittelpunkt
Fritz Sörgel und seine hoch motivierten Mitarbeiter verstanden es, die ganze Veranstaltung in phantasievoller und liebevoller Weise Paul Ehrlich so zu widmen, dass sich kein Teilnehmer dem Charme, der Begeisterung für Paul Ehrlich und dem "zwinkernden Auge" entziehen konnte. Im Kongresszentrum in Nürnberg waren die Säle mit neuen Namen versehen, so gab es eine Sir-Alexander-Fleming-Hall, einen Robert-Koch-Raum, einen Domagk-Raum, einen McGuire-Raum oder einen Sahachiro-Hata-Raum – alles Namen, die im Leben und im Zusammenhang mit der Arbeit von Paul Ehrlich eine große Rolle gespielt haben.
Darüber hinaus gab es überall im Konferenzzentrum aufwändig gestaltete Hinweise und Materialien zu Paul Ehrlich. Eine Paul-Ehrlich-Ausstellung präsentierte Originalmaterial aus dem Paul-Ehrlich-Institut und dem Georg-Speyer-Haus sowie Material aus dem Rockefeller-Archiv-Center in Sleepy Hollow, USA.
Ein "Ehrlich-Weg" zeigte Stationen aus dem wissenschaftlichen Leben Ehrlichs, beispielsweise die Entwicklung der Rezeptor-Theorie und andere große Forschungserfolge. In einem Ehrlich-Kino lief der Film "Dr. Ehrlich's Magic Bullet" aus dem Jahr 1940. Anhand von Tulpenfärbungen wurde Ehrlichs Prinzip der Farbverteilung demonstriert. Nicht fehlen durften natürlich die Ehrlich- und von-Behring-Briefmarken sowie ein Stand mit Ehrlich-Postkarten.
Wissenschafts-Theater und Musical
Schon die Eröffnungsfeier in der Althoff-Frerichs-Halle war mit einer Vielzahl von Bild- und auch Tondokumenten ausgeschmückt. Ein Nachkomme Ehrlichs, Professor George E. Ehrlich aus Philadelphia, sprach über die Beziehungen von Hans Sachs und Paul Ehrlich, und in einer kurzen Zeremonie wurde eine neue Struktur für Salvarsan® vorgestellt.
Gesellschaftlicher Höhepunkt der Konferenz war die Geburtstagsfeier, bei der ein jeweils von Sörgel selbst geschriebenes Theaterstück sowie ein Musical uraufgeführt wurden. Im Theaterstück "I wished I lived today" trat Ehrlich als dauerrauchender, ständig seine Mitarbeiter hin- und hertreibender Wissenschaftler auf, der am Ende von heute lebenden Experten White und Moellering darüber informiert wurde, was nach seinem Tod alles aus den Zauberkugeln entstanden ist. Endlich konnte dann auch Ehrlich sich Zeit nehmen für seinen Geburtstag, der Kongress sang "Happy Birthday" – und Paul Ehrlich schnitt Geburtstagstorte für alle auf.
Das ebenfalls eigens für den Kongress geschriebene Musical "It's a kind of magic" mit Musik der Gruppe "Queen" basierte auf dem bei der Nobelpreisverleihung 1945 an A. Fleming, H. W. Florey und E. B. Chain vorgetragenen Märchen der Gebrüder Grimm "Geist in der Flasche". Im Mittelpunkt des Geschehens standen natürlich Ehrlich und die Zauberkugeln. Theaterstück und Musical sollen künftig dazu dienen, junge Menschen an die Wissenschaft heranzuführen.
Fazit
Wissenschaft auf höchstem Niveau, ein bis ins kleinste Detail liebevoll auf Ehrlich zugeschnittener Kongress und eine überaus phantasievoll gestaltete Ehrlich-Geburtstagsfeier rundeten sich zu einem Gesamtereignis, das Paul Ehrlich würdig ehrte und allen Teilnehmern nicht zuletzt auch aufgrund einer einzigartig heiteren Stimmung unvergessen bleiben wird. Getragen wurde das Ganze durch ein überaus engagiertes und motiviertes Team um Apotheker Fritz Sörgel, der es wieder einmal glänzend verstanden hat, junge Leute für eine Sache zu begeistern und zu motivieren.
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