Arzneimittel und Therapie

Rückenschmerzen: Bewegung oder Physiotherapie?

Bei geringen bis moderaten Rückenschmerzen ist eine routinemäßige Physiotherapie nicht effektiver als körperliche Aktivität und regelmäßige Übungen. Zu diesem Schluss kam eine englische Studie an mehreren Physiotherapiezentren des National Health Service.

Rückenschmerzen treten sehr häufig in westlichen Gesellschaften auf und sind ein Hauptgrund für Arbeitsausfälle in der berufstätigen Bevölkerung. Internationale Richtlinien, die sich mit der Therapie moderater Rückenschmerzen befassen, sind nicht einheitlich und geben unterschiedliche Empfehlungen. Es besteht aber ein Konsens darüber, dass der Patient körperlich aktiv bleiben soll. Ob zusätzliche physiotherapeutische Maßnahmen zu empfehlen sind, wird unterschiedlich bewertet.

In England werden Patienten mit moderaten Rückenschmerzen routinemäßig physiotherapeutisch behandelt; man schätzt, dass pro Jahr 1,3 Millionen Patienten an einen Krankengymnasten überwiesen werden. In einer britischen Studie wurde nun erstmalig untersucht, ob diese zusätzliche Maßnahme zu besseren Ergebnissen führt als regelmäßige Übungen und die körperliche Aktivität des Patienten.

Therapie moderater Rückenschmerzen

Was war bislang bekannt?

  • Internationale Richtlinien zur Therapie moderater Rückenschmerzen geben unterschiedliche Ratschläge.
  • Alle Richtlinien sprechen sich für eine körperliche Aktivität des Patienten aus, die meisten empfehlen bestimmte Übungen, wobei unklar ist, welche Übungen am besten geeignet sind.
  • Die Wirksamkeit anderer Therapien ist nicht unter Evidenz-basierten Gesichtspunkten nachgewiesen. Was ist neu?
  • Langfristig ist eine routinemäßige Physiotherapie nicht effektiver als körperliche Aktivität und regelmäßige Übungen.

Bei Rückenschmerzen hilft Bewegung

Für die Studie wurden 286 Patienten ausgewählt, die seit mehr als sechs Wochen unter geringen bis moderaten Rückenschmerzen litten. 144 Patienten erhielten insgesamt fünf Zyklen einer rund halbstündigen physiotherapeutischen Behandlung (zum Beispiel Gelenkmobilisation, Stretching, Kryo- oder Thermotherapie); die 142 Patienten der Vergleichsgruppe eine einstündige Beratung über Art und Ausmaß der körperlichen Aktivität und Anweisungen zu entsprechenden Übungen. Alle Probanden bekamen zusätzlich ein "Rückenbuch" mit Ratschlägen und Verhaltensmaßnahmen. Zur Beurteilung der Maßnahmen wurden verschiedene Skalen herangezogen (Oswestry disability index; Roland und Morris disability questionnaire) und die persönliche Einschätzung der Patienten registriert.

Keine Unterschiede

Nach zwölf Monaten konnten die Daten von 200 Patienten (70%) ausgewertet werden. Die Patienten der Physiotherapiegruppe schätzten den Benefit der Therapie höher ein als die Probanden der Vergleichsgruppe. Die objektiven Parameter (Veränderungen innerhalb der verschiedenen Skalen) zeigten jedoch keine Unterschiede bei den zwei eingesetzten Behandlungsmaßnahmen. Das heißt, eine routinemäßige Physiotherapie führte zu keinen besseren Ergebnissen als der Ratschlag, körperlich aktiv zu bleiben und eine Einweisung in die entsprechenden Übungen.

Dr. Petra Jungmayr, Esslingen

Quelle 
Frost, H., et al.: Randomised controlled trial of physiotherapy compared with advice for low back pain. Brit. Med. J. 329, 
708 – 712 (2004). 
MacAuley, D.: Back pain and physiotherapy. NHS treatment is of little value. Brit. Med. J. 329, 694 – 695 (2004).

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