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Arzneimittel und Therapie
Dermatologie: Was tun bei trockenen Lippen und Rhagaden?
Ein komplex zusammengesetzter Hydrolipidfilm schützt unsere Hautoberfläche. Er besteht vorwiegend aus den Sekreten von Schweiß- und Talgdrüsen und beherbergt die physiologische Hautflora. Im Winter kann dieser Schutzwall Lücken bekommen, die Haut juckt, schuppt, rötet sich und reißt ein.
Wo liegen die Ursachen?
Mit sinkender Temperatur schränken Talg- und Schweißdrüsen ihre Tätigkeit ein, auch die Speicherkapazität der Haut für Feuchtigkeit nimmt ab. In beheizten Räumen liegt die Luftfeuchtigkeit meist unter 30 Prozent. Durch Verdunstung verliert die Haut Wasser und somit an Elastizität. Bei kleinen Kindern und alten Menschen ist die Haut sehr dünn und meist trocken.
Durch Verengung der Kapillargefäße werden wenig durchblutete Hautareale bei Kälte noch schlechter versorgt. Nicht zuletzt setzen raue Textilien, mangelnder Abtransport von Schweiß durch zu warme oder undurchlässige Kleidung und ungeeignete Pflegeprodukte unserem größten Organ im Winter zu.
Problemzone Lippen
Die dünne Lippenhaut besitzt keine Hornschicht und ist sehr empfindlich. Da sie weder Schweißdrüsen noch Talgdrüsen enthält, fehlt auch der schützende Fettfilm. Die Lippen trocknen daher nicht nur im Winter schnell aus. Das Spannungsgefühl verleitet zu häufigem Lecken, was zu weiterem Feuchtigkeitsverlust führt. Die Beschwerden reichen von einer Cheilitis sicca mit leichter Trockenheit und Schuppung über Bläschen und Erosionen bis zur Cheilitis exfoliativa mit nässenden, borkigen Auflagen und tiefen Rhagaden, die nur noch mit Glucocorticoid-Salben abheilen.
Behandelt man raue Lippen ausschließlich mit fettenden Zubereitungen, bleibt das Gefühl der Trockenheit bestehen. Eine speziell für die Lippen konzipierte Öl-in-Wasser-Emulsion sollte daher zuerst aufgetragen werden. Anschließend können die Lippen durch Fettcremes oder Lippenpflegestifte mit Dexpanthenol, Kamillenextrakt und anderen pflegenden Zusätzen geschützt werden. Auch dekorative Lippenstifte bieten einen gewissen Schutz.
Sind bereits Risse oder Entzündungen entstanden, empfiehlt es sich, nachts eine weiche Zinkpaste aufzutragen. Auch bei winterlichen Aufenthalten im Gebirge oder am Meer ist eine Lippenpflege mit Zinkoxid- oder Titandioxid-Pigmenten vorteilhaft. Da im Bereich des Lippenrots kein Melanin-Schutz aufgebaut werden kann, ist das Hautkrebsrisiko dort besonders hoch.
Sun-Blocker ab Lichtschutzfaktor 15 schützen gleichzeitig vor Lippenherpes. Unabhängig von der Jahreszeit treten entzündete Lippen als Folge von Kontaktallergien auf Arzneimittel und Kosmetika sowie als unerwünschte Arzneimittelwirkung von aromatischen Retinoiden, hohen Vitamin-A-Dosen und Zytostatika auf.
Problemzone Mundwinkel
Bei eingerissenen Mundwinkeln mit zum Teil schuppendem Umgebungserythem oder gelben Krusten ist nicht immer das Wetter schuld. Manchmal sind sie Symptom für einen Mangel an essenziellen Nährstoffen, wie Vitamin B, C, Zink oder Folsäure. Auch ein Eisenmangel kann sich in einer so genannten Cheilitis angularis äußern.
Mögliche Ursachen für eingerissene Mundwinkel
Vitamin B2-Mangel: Ein Vitamin B2-Mangel kann sich neben Müdigkeit und Wachstumsstörungen auch mit Rissen in Lippen und Mundwinkeln äußern. Ein leichter Mangel kann durch die Ernährung ausgeglichen werden (Leber, Milch, Getreide und Geflügel), schwere Mängel müssen medikamentös behandelt werden.
Eisenmangel:
Trockene, spröde Haut ist eines der typischen Anzeichen für Eisenmangel, der sich auch in den Mundwinkeln niederschlagen kann. Das Defizit im Körper lässt sich meist nur mit Eisenpräparaten zum Einnehmen ausgleichen. Ärztliche Kontrollen des Eisenspiegels verhindern eine Überdosierung.
Candida albicans:
häufigster Erreger von Pilzerkrankungen der Schleimhäute, gehört zur normalen Mundhöhlenflora. Verkrustende Risse im Mundwinkel mit weißlichem Belag sprechen dafür, dass sich die Haut aufgrund des Pilzes entzündet hat. Die Behandlung mit einer Nystatin-Zubereitung sowie kohlehydratarme Ernährung helfen.
Speichel:
Prothesen, die schlecht angepasst sind, können den Speichelfluss vermehren. Der Speichel lässt die Haut im Bereich der Mundwinkel aufquellen. Der natürliche Schutzmantel der Haut wird löchrig, so dass sich leicht Entzündungen breit machen.
Bei zusätzlicher Übersäuerung des Magensaftes kann sich das Problem verschärfen. Zahnspangen und Prothesen sollten angepasst und Magenübersäuerung behandelt werden. Vorläufig helfen wundheilende, desinfizierende oder schmerzstillende Präparate mit Dexpanthenol, Myrrhe, Salbei oder Kamille.
Bakterien:
Verkrusten Bläschen und Pusteln im Mundwinkel gelbbräunlich, spricht viel für eine "Grindflechte", verursacht durch Staphylokokken oder Streptokokken. Ein Abstrich vom Herd der Entzündung gibt Aufschluss. Die Hautinfektion kann das ganze Gesicht befallen. Der Hautarzt entscheidet über eine äußerliche oder innerliche Behandlung zum Beispiel mit Antibiotika.
Neurodermitis:
Gerötete, trockene, schuppige Haut sowie die vermehrte Fältelung der Lippen sind typisch für das chronisch entzündliche Hautleiden. Juckreiz und Hautirritationen verschlimmern sich im Winter. Sinnvoll sind daher Salben mit Feuchtigkeitsbindern wie Harnstoff, wirkstofffreie Pflegesalben auf Wasser-in-Öl-Basis für das Gesicht und Fettstifte für die Lippen.
Besonders Neurodermitiker, kleine Kinder und ältere Menschen leiden auch ohne Mangel an essenziellen Nährstoffen im Winter häufig unter Mundwinkelrhagaden. Neben antiseptischen Cremes empfiehlt sich das Abtupfen mit ein- bis zweiprozentiger Silbernitratlösung und anschließendes Abdecken mit weicher Zinkpaste.
Weitere Problemzonen
Eingerissene Finger- und Zehenkuppen, trockener, juckender Haaransatz, Ekzeme an Ohrläppchen oder Augenlidern sind typische Zeichen einer atopischen Haut, die sich oft im Winter verstärken. Bei Neurodermitis und Psoriasis ist der Harnstoffgehalt und damit das Bindungsvermögen für Feuchtigkeit im Stratum corneum um bis zu 85 Prozent reduziert.
Wichtig ist hier eine konsequenten Basispflege mit Salben und Wasser-in-Öl-Emulsionen, denen drei bis fünf Prozent Harnstoff zugesetzt ist. Glucocorticoide sollten nur bei stärkeren Entzündungsreaktionen über kurze Zeit angewendet werden.
Literaturtipp
Hautkrankheiten im Blick für die Kitteltasche Roland Niedner und Yael Adler 368 S., 324 vierfarbige Abb., Kunststoff, 24 Euro Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2004 ISBN 3-8047-2045-5
Aphthen - Schmerzhafte Ulzera in der Mundhöhle
Aphthen sind nicht-infektiöse, schmerzhafte, entzündliche, bis linsengroße Schleimhautveränderungen im Mund. Diese chronisch rezidivierend auftretenden scharf umschriebenen Bläschen können in allen Teilen des Mundes (Wange, Zunge, Gaumen, Zahnfleisch) auftreten.
Sie sind zwar harmlos und heilen zumeist auch ohne Behandlung problemlos ab, sind aber sehr schmerzhaft und verursachen erhebliche Beschwerden. Obwohl Aphthen nicht gerade selten sind, ist deren Ursache noch nicht eindeutig geklärt. Die Erkrankung manifestiert sich meist vor dem 20. Lebensjahr, oft in der Pubertät und tritt familiär gehäuft auf.
Das Intervall, nach dem Aphthen neuerlich auftreten, kann zwischen wenigen Tagen und einigen Jahren liegen, ein typisches Intervall sind vier Monate. Mechanische Irritationen, Traumen und der Genuss verschiedener Nahrungsmittel scheinen ihre Entstehung zu begünstigen. Erkrankungen des Immunsystems wie AIDS, aber auch hormonelle Störungen, Allergien, gastrointestinale Erkrankungen und Stress fördern ein Aufflammen.
Die Behandlung der Mundschleimhautläsionen gestaltet sich meist schwierig: Sie ist vor allem symptomatisch und zielt auf eine Verkürzung der Dauer und Häufigkeit der Erkrankung ab. Antibiotika und lokalen Spüllösungen auf der Basis von Chlorhexidin oder Povidon-Iod bringen nur mäßige Erfolge. Vitamin-C-Gaben werden bei einfachen Aphthen empfohlen; bei sehr schmerzhaften Formen können lokale Cortisongaben lindernd wirken.
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