Gesetzliche Krankenversicherung: Hoffnung auf deutliche Beitragssenkungen schwin

BERLIN (ks). Bundeskanzler Gerhard Schröder und Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt haben die gesetzlichen Krankenkassen in der vergangenen Woche erneut aufgefordert, ihre Beitragssätze zu senken. Doch die Kassen zögern weiterhin. Vier Milliarden Euro Überschuss stimmten zwar optimistisch, seien aber "noch keine sichere Bank", erklärte Robert Paquet vom Bundesverband der Betriebskrankenkassen am 16. März bei einer Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags. Auch die Deutsche Bundesbank sprach sich dafür aus, dass die Kassen ihre Überschüsse zunächst zum Schuldenabbau verwenden sollten.

Anlass der Anhörung war unter anderem ein Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu den "Wirkungen und Nebenwirkungen des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) – eine kritische Bestandsaufnahme". Zentrales Thema war dabei die Finanzlage der gesetzlichen Kassen und die Möglichkeit der Beitragssatzsenkung. Das GMG gibt den Kassen bis 2007 Zeit, ihre Schulden zu tilgen - jährlich soll mindestens ein Viertel der Schulden beglichen werden. Dieses Mindestsoll wurde 2004 übererfüllt.

Paquet bestätigte, dass von den 4 Mrd. Euro Überschuss aus dem vergangenen Jahr eigentlich noch 1,75 Mrd. für Beitragssenkungen übrig seien. Dass man dennoch nicht sofort absenke, sei auf die unterschiedliche Finanzlage der einzelnen Kassen und eine Reihe von Unsicherheitsfaktoren zurückzuführen. So sei unklar, wie sich die Mitgliederzahlen entwickeln – insbesondere sei nicht absehbar, wie hoch der Anteil der von der Hartz IV-Reform betroffenen Mitglieder sein werde. Vor allem aber fürchten die Kassen in diesem Jahr wieder steigende Arzneimittelkosten.

Paquet warnte davor, zu große Hoffnung auf die Nutzenbewertung von Arzneimitteln durch das Institut für Wirtschaftlichkeit und Qualität zu setzen. "Wir hoffen hier auf Einspareffekte, aber das wird noch dauern", so der Kassen-Vertreter. Angesichts dieser Unsicherheiten wollen die Kassen lieber noch abwarten: "Wir halten nichts davon, die Beiträge jetzt um 0,1 oder 0,2 Punkte zu senken, wenn wir uns diese im Herbst wieder zurück holen müssen", sagte Paquet. Dies könne man den Versicherten nicht zumuten. Erst im Juni werde man valide Daten haben. Dann werde man auch darüber reden können, ob man der gesetzlich vorgeschriebenen Senkung von 0,9 Prozent im Sommer noch etwas zuschlagen könne. Paquet verwies zudem darauf, dass der durchschnittliche Beitragssatz der Kassen ohne das GMG zum jetzigen Zeitpunkt bei rund 15,5 Prozent gelegen hätte.

Bundesbank: Schuldenabbau vorrangig

Unterstützt werden die zögerlichen Kassen von der Deutschen Bundesbank. Ihr Vertreter Johannes Clemens betonte in der Anhörung, dass hohe Schulden die Kassen von kurzfristigen Beitragssenkungen abhielten. Zugleich unterstrich er, dass die Bundesbank sich nicht gegen eine Beitragsabsenkung an sich ausgesprochen habe. "Es geht uns nur um die zeitliche Verteilung. Die gesetzlichen Vorgaben an die Krankenkassen, bis Ende 2007 die Schulden abzubauen, haben absolut Priorität". Er mahnte zu Vorsicht – zunächst sollten die Kassen noch abwarten, wie sich die Lage entwickelt.

Auch die Bundesbank ist der Auffassung, dass ein kurzfristiges Hin und Her bei der Beitragsfestsetzung nicht geeignet sei, das Vertrauen in eine solide Finanzentwicklung der GKV zu stärken. Ähnlich sieht es der Vorsitzende des Gesundheits-Sachverständigenrats, Prof. Eberhard Wille: "Der Wunsch der Politik nach einer Beitragssenkung ist verständlich. Aber das Problem der Schuldentilgung hat absolut Vorrang, weil nur auf diesem Weg späteren Beitragserhöhungen vorgebeugt werden kann."

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