Fortbildung

Insulin inhalieren statt spritzen

Zahlreiche Wirkstoffe stehen heute bereits für die inhalative Anwendung zur Verfügung, z.B. Glucocorticoide, Betablocker wie Formoterol, der Neuraminidasehemmer Zanamivir, weitere befinden sich in der Entwicklung. Auch ein inhalierbares Protein ist auf dem Markt: die Dornase alfa (Pulmozyme®), eine rekombinante DNAse zur Behandlung der Mukoviszidose. Beim Überführen von Proteinen in inhalierbare Zubereitungen sind besondere Herausforderungen zu bewältigen.

 

Hoher inhalierbarer Anteil angestrebt

Ein Schwerpunkt der Forschungsarbeit von Prof. Dr. Wolfgang Frieß und seinen Mitarbeitern in München ist die Entwicklung von Zubereitungen, die eine ausreichende Stabilität besitzen, einen hohen inhalierbaren Anteil aufweisen (Teilchengröße zwischen 2 und 3 µm) sowie über gute Fließeigenschaften verfügen. Letztere lassen sich durch Zusätze wie z.B. Isoleucin verbessern. Das Problem der Teilchenaggregation versucht man durch Zusätze wie z.B. Trehalose oder Saccharose in den Griff zu bekommen. Dabei ist darauf zu achten, dass der inhalierbare Anteil nicht zu stark gemindert wird. Weiterhin kann eine mangelnde Stabilität des zu inhalierenden Wirkstoffes zu technologischen Problemen führen.

Insulin zur Inhalation

Stabilität ist im Falle des Insulins, dessen mögliche inhalative Anwendung in den vergangenen Jahren umfassend untersucht wurde, kein Problem. Anfang diesen Jahres haben die Firmen Nektar, sanofi-aventis und Pfizer bei der EMEA den Zulassungsantrag für das erste inhalierbare Insulin gestellt (vorgesehener Handelname Exhubera®). Bei diesem Medikament handelt es sich um ein sprühgetrocknetes Pulver, das während des Inhaliervorganges durch Druckluft zerstäubt wird. Die entstehenden Partikel sind 1 bis 3 µm groß und damit klein genug, um bis in die Broncheolen und Alveolen gelangen zu können. Frieß betrachtet die inhalative Anwendung von Insulin als besonders bequeme Applikationsform: Die Hemmschwelle zum Spritzen, die bei neu einzustellenden Diabetikern häufig besteht, entfällt, ebenso die Infektionsgefahr. Nachteilig sind z.B. die hohen Kosten, die reduzierte systemische Bioverfügbarkeit und die Notwendigkeit der Entwicklung spezieller Applikationsgeräte. Noch weitgehend ungeklärt ist, ob bei der Inhalation von Insulin immunologische Reaktionen auftreten und wie es um die Langzeitverträglichkeit bestellt ist. Bei Asthma- und COPD-Patienten ist die Wirksamkeit von inhaliertem Insulin wahrscheinlich vermindert, was die Anwendung bei Diabetikern, die zusätzlich unter diesen Erkrankungen leiden, einschränkt. Ebenfalls kurz vor der Markteinführung steht AERx®, ein elektronisches System für inhalierbares Insulin. Dabei wird eine flüssige Insulin-Formulierung vernebelt.

 

Dr. Claudia Bruhn, Berlin

 

Quelle

„Inhalierbare Proteine  –  Systeme, Formu- lierungen, Grenzen der Anwendung“, Vor- trag von Prof. Dr. Wolfgang Frieß, Zen- trum für Pharmaforschung der Universität München, auf einer Veranstaltung der DPhG am 16. Dezember 2004 in Berlin.

 

 

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