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- DAZ 27/2006
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Arzneimittel und Therapie
Atherosklerose: Rückschlag für ACAT-Inhibitoren
Mit der Einführung der Statine vor knapp 20 Jahren konnten Morbidität und Mortalität koronarer Herzerkrankungen erstmals effektiv gesenkt werden. Doch Statine schützen nur jeden dritten Patienten, und Herzkreislauferkrankungen führen in der westlichen Welt noch immer die Statistik der Todesursachen an. Erweiterte Grundlagenforschung zur Pathophysiologie von Lipidstörungen führte zur Entwicklung neuer Wirkstoffe, so auch zu ACAT-Inhibitoren. Durch die Hemmung von ACAT (Acyl-Coenzym-A-Cholesterin-Acyltransferase) soll die Bildung von Cholesterinestern verringert werden.
Cholesterinester werden in Form von Fetttröpfchen in den Makrophagen abgelagert, was zu einer Umwandlung in Schaumzellen führt. Schaumzellen wiederum sind Vorstufen atherosklerotischer Plaques (Atherome). Da Cholesterin nur in gebundener Form in den Makrophagen abgelagert werden kann, erhofft man durch die Blockade der Esterbildung eine antiatherosklerotische Wirkung. Das heißt, Cholesterin soll nicht in gebundener Form in den Makrophagen abgelagert, sondern in seiner freien Form durch Vermittlung von HDL dem reversen Cholesterin-Transport zugeführt werden.
In Tierversuchen wurden widersprüchliche Ergebnisse erzielt, und antiatherosklerotische Wirkungen von ACAT-Hemmern konnten nur teilweise festgestellt werden. In einer Phase-III-Studie wurde der unspezifische ACAT-Hemmer Pactimibe untersucht, der ACAT1 und ACAT2 ungefähr in gleichem Ausmaß hemmt.
Die ACTIVATE-Studie In der multizentrischen amerikanischen Studie (ACTIVATE-Studie = ACAT Intravascular Atherosclerosis Treatment Evaluation) wurde bei 408 Patienten mit angiographisch dokumentierter Herzkrankheit eine intravaskuläre Sonographie durchgeführt, um das Ausmaß der Plaquebildung festzuhalten (Ermittlung der Atheromgröße). Die Patienten erhielten nach Randomisierung entweder den ACAT-Hemmer Pactimibe (100 mg/Tag) oder ein entsprechendes Placebo, ferner die übliche medizinische Versorgung zur Sekundärprävention (einschließlich Statinen, falls indiziert). Die Sonographie wurde nach 18 Monaten wiederholt, um die Progression der Atherosklerose zu messen. Die primäre Wirksamkeitsvariable war die Veränderung des prozentualen Atheromvolumens; mit Hilfe sekundärer Wirksamkeitsvariablen wurde der Regressionsverlauf beurteilt.
Ungünstige Ergebnisse Die Veränderung des prozentualen Atheromvolumens war in beiden Gruppen etwa gleich (Verum-Gruppe 0,69% vs. Placebo-Gruppe 0,59%). Das heißt, nach Studienablauf hatte das Atheromvolumen prozentual in beiden Gruppen ähnlich schnell und im Vergleich zum Ausgangswert signifikant zugenommen. Beide sekundären Wirksamkeitsvariablen, die mit Hilfe der intravaskulären Sonographie beurteilt wurden, zeigten jedoch ungünstige Wirkungen der Verumbehandlung. Im Vergleich zu den Ausgangswerten zeigte das normalisierte Gesamtatherom–volumen einen signifikanten Rückgang in der Placebo-Gruppe (-5,6 mm³), nicht jedoch in der Verum-Gruppe (-1,3 mm³). Das Atheromvolumen in dem am stärksten betroffenen 10-mm-Abschnitt ging in der Placebo-Gruppe um 3,2 mm³ zurück, verglichen mit einer Abnahme von 1,3 mm3 in der Verum-Gruppe.
Die Therapie mit Pactimibe hatte keine signifikanten Auswirkungen auf die Plasmalipide oder auf die Werte des C-reaktiven Proteins. Eine Subgruppenanalyse zeigte schlechtere Ergebnisse für Diabetiker hinsichtlich des Atheromvolumens. Die kombinierte Inzidenz unerwünschter kardiovaskulärer Ereignisse war in beiden Gruppen etwa gleich hoch.
Theorie gut, Praxis schlecht Initiatoren der Studie und ein Kommentator hinterfragen die unerwarteten negativen Studienergebnisse und suchen nach möglichen Erklärungen. Die dem Einsatz von ACAT-Inhibitoren zugrunde liegende Absicht war, die Bildung von –Cholesterinestern und ihre Ablagerung als Tröpfchen oder Vorstufen von Plaques in Makrophagen zu verhindern. Dies ist offensichtlich nicht gelungen, und sekundäre Studienergebnisse weisen auf proatherogene Effekte hin. Wie ist das zu interpretieren? Möglicherweise sind die negativen Wirkungen auf die vermehrte Bildung von freiem Cholesterin zurückzuführen.
Freies Cholesterin, das durch ACAT-Hemmung vermehrt gebildet wird, weist zytotoxische Wirkungen auf und führt zu zellulären Nekrosen bei atherosklerotischen –Läsionen, was wiederum den Krankheitsprozess verstärkt. Durch den unspezifischen ACAT-Inhibitor Pactimibe wurde wahrscheinlich der gewünschte Effekt – die Hemmung der Bildung von Cholesterin-Ester-Tröpfchen – in zu geringem Umfang und die unerwünschte Wirkung – die Bildung von freiem zytotoxischem Cholesterin – in zu hohem Ausmaß erzielt.
Die Ergebnisse waren nicht ermutigend und deuten eher auf eine Beschleunigung als auf eine Verlangsamung atherosklerotischer Prozesse hin. Dies traf vor allem für bestimmte Risiko-Subgruppen wie Diabetiker zu. Ferner geben die Kommentatoren zu bedenken, dass wohl nur aufgrund der relativ kurzen Studiendauer kein Anstieg kardiovaskulärer Ereignisse unter der Verumtherapie verzeichnet wurde und raten von dem weiteren Einsatz von ACAT-Hemmern ab.
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