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Ernährung aktuell
Basiswissen Ernährung (Teil 17)
Jod sorgt für einen flotten Stoffwechsel
Jod, das zweite Spurenelement, das wir im Rahmen unserer Serie "Basiswissen Ernährung" vorstellen möchten, gehört zu den Nahrungsbestandteilen, mit denen viele Menschen in Deutschland nach wie vor unterversorgt sind. Zwar hat sich die Situation dank der breiten Anwendung von jodiertem Speisesalz in den vergangenen Jahren gebessert, doch noch immer ist eine optimale Jodversorgung in Deutschland nicht gewährleistet. Die Folgen zeigen sich in erster Linie an der Schilddrüse bzw. an den über sie regulierten Stoffwechselprozessen.
Der Name Jod lässt sich vom griechischen Wort iodes ableiten, was auf seine Veilchenfarbe zurückzuführen ist. Namensgebend ist dabei der violette Dampf von Jod [1]. Das Element Jod konnte erstmals im Jahr 1811 von dem Franzosen Courtois aus Seetang isoliert werden. Bereits fünf Jahre später setzte der Engländer Prout Jod als erster zur Kropfbehandlung ein, und Mitte des 19. Jahrhunderts konnte das parallele Auftreten von Jodmangel und der endemischen Verbreitung der Kropfbildung nachgewiesen werden. In der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts wurden schließlich Thyroxin ( T4) sowie Trijodthyronin ( T3) entdeckt [2]. Nicht nur in der Ernährung, sondern auch in der Medizin ist Jod bedeutend. So kann es sowohl in elementarer als auch in gebundener Form als Antimykotikum oder Antiseptikum eingesetzt werden. In Arzneimitteln wird es gegen Schilddrüsenstörungen und als Röntgenkontrastmittel verwendet. Weitere Einsatzmöglichkeiten sind Katalysatoren wie bei der Sulfurierung von aromatischen Verbindungen, in Stabilisatoren für Nylon und PVC, zur Herstellung reiner Metalle nach dem Auswaschverfahren, in der Fotografie sowie zur Auslösung der Regenbildung [1].
Jod gehört zur Gruppe der Salzbildner, den sogenannten Halogenen. In der Erdrinde ist es ein seltenes Element. Die postglaziale Auswaschung von leicht löslichen Jodsalzen in den oberen Erdschichten hat bewirkt, dass Jod in vielen Teilen der Erde noch seltener geworden ist und andererseits eine Anreicherung im Meerwasser stattgefunden hat (Tab. 1).
Bei Raumtemperatur liegt atomares Jod (I2) als schwarzer Feststoff vor, der jedoch stark sublimiert und leicht in die violette Gasphase übergeht. Neben den marinen Jodsalz-Vorkommen liegt Jod auch in einigen Erzen in Form von Jodidsalzen vor. Die technische Jodgewinnung erfolgt unter anderem durch die Verbrennung von jodangereicherten Meeresalgen und aus Chilesalpeter (Calciumjodat, Ca(IO3)2) [3].
Vorkommen: Vor allem in Meeresbewohnern
Das Vorkommen von Jod in Boden und Wasser kann sehr stark variieren. Daher können sowohl Lebensmittel tierischer als auch pflanzlicher Herkunft großen Schwankungen unterliegen, die von der jeweiligen Jodkonzentration in Wasser und Boden, der Jodversorgung der Tiere und der Pflanzendüngung abhängen kann. Auch der Grad der Verarbeitung und Zubereitung ist dabei entscheidend [2]. So geht z. B. ein Teil des Jods, selbst wenn es in jodiertem Speisesalz enthalten ist, beim Kochen verloren [4].
Größere Mengen Jod befinden sich ausschließlich in Seefischen und anderen maritimen Produkten: Seefische wie Schellfisch, Seelachs, Scholle oder Kabeljau können bis zu 140 µg Jod/100 g enthalten [5] (Tab. 2). Aber auch Krustentiere wie die Miesmuschel enthalten reichlich Jod [6]. Weiterhin sind Algen extrem jodreich, doch spielen sie auf deutschen Speiseplänen nur eine untergeordnete Rolle. Süßwasserfische wie die Forelle gelten dagegen mit 2 µg Jod/100 g als jodarm.
Neben maritimen Nahrungsmitteln können Milchprodukte und bestimmte Gemüse geringfügig zur Versorgung mit Jod beitragen, wohingegen Grundnahrungsmittel wie Getreide und Kartoffeln als nahezu frei von Jod gelten [5] (Tab. 3).
Salzanreicherung beugt Jodmangel vor
In Deutschland ist zur Jodmangelprophylaxe mit Jodat versetztes Speisesalz im Handel, dessen Gehalt zwischen 15 und 25 mg Jod/kg Speisesalz liegen kann. Seit 1993 ist es sowohl für die Verwendung im Haushalt als auch in der Gemeinschaftsverpflegung und in der Lebensmittelindustrie zugelassen. Auf diesem Weg soll gemeinsam mit der Aufnahme aus natürlichen Jodquellen die Zufuhrempfehlung von 200 µg Jod/Tag erreicht werden können (Tab. 4). Ein Beispiel für die industrielle Verwendung sind Fleisch- und Wurstwaren, die mit jodiertem Nitritpökelsalz hergestellt werden können [4; 5]. Sogenannte "Reform-" oder "Meeressalze", enthalten, sofern sie nicht jodiert sind, nur unzureichende Jodmengen [4].
Kritik an der Jodprophylaxe ist in der Regel unbegründet: Liegt bereits eine manifeste Schilddrüsenüberfunktion vor (Basedow-Hyperthyreose), hat Nahrungsjod keine Auswirkung. Einzig eine latente Hyperthyreose durch autonome Zentren kann durch Jod klinisch relevant werden. Andererseits wird es so möglich, die Erkrankung frühzeitig zu erkennen.
Jodallergien wie Jodakne treten erst bei wesentlich höheren Dosen auf, die z. B. in jodhaltigen Kontrastmitteln vorkommen. Allerdings birgt die intensive Werbung für jodiertes Speisesalz die Gefahr, dass sich allgemein der Salzkonsum erhöht, was wiederum im Widerspruch zur angestrebten Hypertonie-Prophylaxe durch einen mäßigen Salzverzehr steht [5]. Personen, die von einer Lactoseintoleranz, Kuhmilch- oder Fischallergie betroffen sind und diejenigen, die sich einseitig vegetarisch ernähren oder eine salzarme Diät einhalten müssen, sollten mit dem behandelnden Arzt die Jodzufuhr in Tablettenform in Erwägung ziehen [4].
Goitrogene hemmen die Jodaufnahme
Eine Reihe von Nahrungsbestandteilen kann strumigen wirken. Sogenannte Goitrogene beeinflussen zwar nicht die intestinale Absorption, doch verhindern sie die Jodaufnahme in die Schilddrüse. Dazu gehört in erster Linie die Klasse der Isothiocyanate. Diese Verbindungen sind vorrangig in Kreuzblütlern wie Rettich, Kresse, verschiedenen Kohlarten und in Senf zu finden. Jedoch sind negative Effekte nur zu beobachten, wenn bei einer geringen Jodaufnahme gleichzeitig große Mengen von isothiocyanatreichen Lebensmitteln aufgenommen werden. Etwa 400 g Weißkohl/d über mehrere Monate hinweg müssten für einen solchen Effekt verzehrt werden. Daher spielen Isothiocyanate in der Praxis keine zentrale Rolle. Daneben hemmen auch Nitrat, Perchlorat sowie Thiocyanat aus Zigarettenrauch die Aufnahme von Jod in die Schilddrüse [6].
Einige Pharmaka bewirken eine Verdrängung der Schilddrüsenhormone aus ihrer Bindung an die Plasmaverteilungs- und Bindungsproteine und beschleunigen so deren renale Ausscheidung oder deren Abbau. Dazu gehören Phenytonin, Carbamazepin, Rifampizin, Barbiturate, PCBs und Dioxine.
Da Schilddrüsenhormone einem enterohepatischen Kreislauf unterliegen, muss bedacht werden, dass ihre intestinale Absorption durch Substanzen wie Cholestyramin, Aluminiumhydrochlorid und Eisensulfat verringert werden kann. Die Gruppe der jodhaltigen Aromaten, zu denen u. a. Röntgenkontrastmittel sowie Amiodaron zählen, können die Dejodierung der Schilddrüsenhormone hemmen. Weiterhin werden Wechselwirkungen zwischen Fluorid, Lithium, Selen und Eisen und der Schilddrüsenfunktion diskutiert, doch sind bislang mögliche Mechanismen ungeklärt [3].
Stoffwechsel: Rasche Resorption aus der Nahrung
In der Nahrung liegt Jod vorwiegend in Form von Jodid vor und wird so sehr rasch und nahezu vollständig absorbiert. Andere Verbindungen wie Jodat müssen noch zu Jodid reduziert werden, ehe sie absorbiert werden können. Langsamer und in geringeren Mengen werden jodierte Aminosäuren von der Mucosazelle aufgenommen. Über die basolaterale Membran der Epithelzellen gelangt es dann ins Blut. Schließlich nimmt es die Schilddrüse mit Hilfe eines Na+ -gekoppelten Symporters aktiv in die Follikel auf.
Die Schilddrüse ermöglicht im Vergleich zum Plasmagehalt von 10 bis 15 µg/l eine Jodkonzentrierung auf das 20- bis 200-Fache (Jodtrapping). Der menschliche Jodspeicher beträgt 10 bis 20 mg Jod. Davon befinden sich zwischen 70 und 80% in der Schilddrüse. In der Schilddrüse wird Jodid am apikalen Rand der Schilddrüsenzelle mit Hilfe einer Peroxidase sehr rasch zu Jod oxidiert. Anschließend wird es an die Tyrosinreste des Glycoproteins Thyreoglobulin gekoppelt. Es entstehen Mono- und Dijodtyrosinreste, aus denen durch Kondensation die Schilddrüsenhormone T4 und T3 gebildet werden. Zunächst bleiben diese an Thyreoglobulin gebunden. Erst das thyreoideastimulierende Hormon (TSH) kann eine Proteolyse einleiten. Die freigesetzten Hormone werden dann ins Blut abgegeben. Im Blut werden mehr als 99% der Schilddrüsenhormone an Plasmaproteine wie das Thyroxin-bindende Globulin, das Thyroxin-bindende Präalbumin und an Albumin gebunden transportiert. In sehr geringen Mengen liegt es auch in freier Form vor. In der Peripherie wird dann T4 mit Hilfe der selenabhängigen Typ-I- und Typ-II-Dejodase schließlich in das biologisch wirksamere T3 umgewandelt. Das dabei freigesetzte Jod gelangt größtenteils wieder zurück in die Schilddrüse. 50% von T4 werden durch die Typ-III-Dejodase in das biologisch inaktive reverse T3 (rT3) umgewandelt.
Schilddrüsenaktivität wird streng reguliert
Die Schilddrüsenhormonaktivität wird streng reguliert: So induziert das Thyreotropin Releasing Hormon (TRH), das im Hypothalamus gebildet wird, die Synthese und Freisetzung von TSH, was in der Schilddrüse die Bildung und Ausschüttung der Schilddrüsenhormone T3 und T4 bewirkt. Über den Weg der negativen Rückkopplung können die beiden Hormone wiederum die Synthese und Freisetzung von TSH und TRH hemmen [6]. Insgesamt resultiert daraus ein geschlossener Regelkreis, der jedoch von einigen Faktoren beeinflusst wird. Dazu zählen Kälte und Stress, die zu einer TRH-Ausschüttung führen. Ebenso ist das Angebot von Jodid entscheidend: Liegen nur geringe Jodmengen vor, wird die Hormonsynthese unabhängig von TSH stimuliert [5].
Die Deaktivierung von T3 und T4 kann über verschiedene Wege erfolgen. Neben einer oxidativen Desaminierung und Decarboxylierung der Hormone, zu der es vorwiegend in der Niere kommt, bewirkt auch eine Deiodierung am nicht-phenolischen Ringsystem eine Deaktivierung. Weiterhin ist von Bedeutung, dass die Hormone mit Glucuronsäure Konjugate ausbilden können und dann über die Galle ins Darmlumen gelangen.
Mit all diesen Mechanismen ist die Ausscheidung von Iodid eng verbunden. Diese erfolgt besonders über den renalen Weg, aber auch über Fäzes und Schweiß [6]. Anhand der täglichen renalen Jodidausscheidung sind zudem Rückschlüsse auf die Jodaufnahme möglich, da beide eng miteinander korrelieren. Als Untergrenze des Normalwertes der Jodexkretion im Urin gelten für Kinder (5 bis 10 Jahre) 35 µg, für Jugendliche 50 µg und für Erwachsene 75 µg Jod/g Kreatinin [2].
Funktionen: Jod regt den Metabolismus an
Nach heutigem Forschungsstand ist Jod ausschließlich Bestandteil der Schilddrüsenhormone. Während die metabolischen Wirkungen bekannt sind, ist der molekulare Mechanismus noch weitgehend ungeklärt. Intrazellulär entsteht vorwiegend T3 , was aufgrund seiner lipophilen Eigenschaften in den Zellkern eintreten und dort an einen spezifischem T3 -Rezeptor binden kann (TA). Auch das Vitamin A-Derivat Retinsäure und Vitamin D3 können als Ligand nukleärer Rezeptoren fungieren [6]. Der entstandene Hormon-Rezeptor-Komplex ist mit der DNA verbunden und induziert die Transkription in vielen Zellen, was zu einer einsetzenden Proteinsynthese führt. Dadurch erhöht sich der Grundumsatz und somit auch der Sauerstoffverbrauch. Zudem erhöht sich durch Hydrolyse von ATP und die Stimulation des Sympathikus die Körpertemperatur. Weiterhin wird der Kohlenhydratmetabolismus angeregt und die Lipolyse kann unterstützt werden [5].
Weiterhin beeinflusst T3 die Cholesterolbiosynthese, die durch eine Aktivitätszunahme der HMG-CoA-Reduktase ansteigt. Gleichzeitig ist die biliäre Cholesterolsekretion gesteigert, so dass der Cholesterolspiegel absinkt [6]. Daneben beeinflussen Schilddrüsenhormone die normale Reifung und Entwicklung des Nervensystems, der Knochen und anderer Gewebe. Teilweise sind diese Prozesse vom Wachstumshormon abhängig. Interaktionen mit Catecholaminen wie Adrenalin sind partiell über die Beeinflussung der Anzahl an α- und β-Rezeptoren in verschiedenen Geweben bedingt. Beispielsweise ist dieser Effekt am Herz als positiv chronotrope Wirkung zu beobachten [5].
Bedarf: Ist deckt leider nicht immer das Soll
Der jeweilige Jodbedarf orientiert sich an der Synthese der Schilddrüsenhormone [4]. In Abhängigkeit vom Körpergewicht liegt der minimale Bedarf zwischen 60 und 120 µg/d. Auf diesen Erkenntnissen basieren auch die Zufuhrempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) [6] (s. Tab. 4). Werden alle Einflussfaktoren auf die Verfügbarkeit mit berücksichtigt, ergibt sich für Erwachsene ein täglicher Jodbedarf von 200 µg. Dabei wird auch mitberücksichtigt, dass in Deutschland noch immer eine Jodmangelsituation vorliegt. Insgesamt haben Personen mit einem langanhaltenden Jodmangel einen erhöhten Bedarf, bis sich der Jodgehalt der Schilddrüse normalisiert hat.
Der Jodversorgungszustand der Mutter ist nicht nur in der Schwangerschaft für die Jodversorgung des Fetus entscheidend, sondern auch während des Stillens für den Jodgehalt in der Muttermilch. In der Schwangerschaft ist der Bedarf aufgrund der gesteigerten renalen Durchblutung und der damit verbundenen vermehrten Jodausscheidung im Urin erhöh. Er liegt in dieser Zeit um 30 µg höher als normal. In der Phase des Stillens liegt der Bedarf sogar bei 260 µg/d.
Industriell hergestellten Säuglingsnahrungen werden entweder Natrium- oder Kaliumjodid zugesetzt, so dass diese Nahrungsmittel eine ausreichende Jodversorgung für das Kind ermöglichen [4]. Die tatsächliche Jodaufnahme ist nach Angaben des Jodmonitorings aus dem Jahr 1996 jedoch nicht bedarfsgerecht: So nahmen Erwachsene satt der empfohlenen 200 µg/d lediglich 116 µg/d auf. Daher gilt in Deutschland heute noch immer die Jodmangelstufe I (Tab. 5). Doch das einst bestehende Nord-Süd-Gefälle hinsichtlich des Jodgehalts in Lebensmitteln und der Jodversorgung ist nahezu aufgehoben, da aufgrund der Industrialisierung der Lebensmittelherstellung die regionale Jodzufuhr über das Trinkwasser oder selbst erzeugte Lebensmittel an Bedeutung verloren haben [3].
Jodmangel und die Folgen
Unzureichende Schilddrüsenhormon-Konzentrationen im Blut resultieren häufig aus einem alimentären Jodmangel. Eine weitere Ursache, selbst bei ausreichender Zufuhr, kann die Einnahme von Thyreostatika sein. Sie beeinflussen die Hormonbildung in der Schilddrüse an verschiedenen Stellen. Sind die T3 /T4 -Spiegel im Blut erniedrigt, kommt es zu einer verstärkten Thyroliberinausschüttung aus dem Hypophysenvorderlappen. Dadurch wird ein kompensatorisches Größenwachstum induziert, um durch eine gesteigerte Syntheseleistung der Schilddrüsenhormone den Mangel zu kompensieren. Dieses Größenwachstum führt schließlich zur Kropfbildung. Je nach Größe werden vier Gruppen unterschieden (Tab. 6). Ein Jodmangel in der Schwangerschaft schlägt sich auch in einer Mangelsituation für den Fetus nieder und führt häufig zu Tot- und Fehlgeburten bzw. zu schweren Entwicklungsstörungen, dem sogenannten Kretinismus. Ein endemischer Kretinismus tritt bei einer Zufuhr von < 25 µg/d auf und zeigt sich vor allem durch eine mentale Retardation. Das Gehirn des Neugeborenen entspricht dann lediglich einem Drittel seiner vollen Größe und wächst bis zum Ende des 2. Lebensjahres. Da Schilddrüsenhormone für die Entwicklung des Gehirns eine essenzielle Rolle spielen, ist bei einer schweren Jodunterversorgung das Auftreten von mentalen Defekten nicht selten. Während diese Extremform in den sogenannten Entwicklungsländern weit verbreitet ist, existiert sie in den westlichen Industrieländern faktisch nicht mehr. Hier zeigt sich eine chronische Jodunterversorgung in Form von kognitiven und neuromuskulären Beeinträchtigungen wie schlechten Schulleistungen bei Kindern [2] (Tab. 7).
Jod-Intoxikation und die Folgen
Eine erhöhte Jodzufuhr, selbst bei Verwendung von Jodsalz, kann keine echte thyreotoxische Krise oder eine Jodakne bewirken. Diese Komplikationen sind erst bei Überschreiten der Zufuhrempfehlung um eine bis mehrere Zehnerpotenzen beobachtet worden. Für die Entstehung eines Jodkropfes ist eine chronische Erhöhung des Jodangebotes in unphysiologischen Mengen, wie sie in jodhaltigen Medikamenten oder Desinfektionsmitteln enthalten sind, notwendig. Das Gleiche gilt auch für die Entstehung einer Hyperthyreose bei vorbestehender Schilddrüsenautomie, die durch Kontrastmittel mit langer Retentionszeit ausgelöst werden kann. Die WHO gibt als oberen tolerablen Zufuhrwert für Jod 1 mg/d an. In Ländern wie Deutschland mit lange dauerndem latentem Jodmangel, ist allerdings besonders bei älteren Menschen vielfach mit unerkannten funktionellen Autonomien der Schilddrüse zu rechnen, so dass Erwachsene generell nicht mehr als 500 µg Jod/d aufnehmen sollten [4].
Literaturverzeichnis:[1] Eisenbrand, G.; Schreier, P. (2006): Römpp Lexikon Lebensmittelchemie, Thieme, Stuttgart, 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, 545-547.[2] Elmadfa, I, Leitzmann, C (2004): Ernährung des Menschen. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 4., korrigierte und aktualisierte Auflage, 248-252.[3] Biesalski, H.-K.; Köhrle, J.; Schümann, K. (2002): Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe – Prävention und Therapie mit Mikronährstoffen.Thieme, Stuttgart, 172-182.[4] Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE); Österreichische Gesellschaft für Ernährung (ÖGE); Schweizerische Gesellschaft für Ernährungsforschung (SGE) (Hrsg.) (2000): Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Frankfurt/Main 1. Auflage, 179-184.[5] Biesalski, H.-K.; Grimm, P. (2001): Taschenatlas der Ernährung. Thieme, Stuttgart 2., aktualisierte Auflage, 226-229.[6] Hahn, A.; Ströhle, A.; Wolters, M. (2006): Ernährung – Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart 2., überarbeitete und aktualisierte Auflage, 147-151.[7] Biesalski H.-K.; Fürst, P; Kasper, H.; Kluthe, R.; Pölert, W.; Puchstein, C.; Stähelin, B. (Hrsg.) (2004): Ernährungsmedizin. Thieme, Stuttgart 3., erweiterte Auflage, 432.Katja Aue- Folge 1: Nahrungsenergie (DAZ Nr. 18/2006, S. 57f)
- Folge 2: Kohlenhydrate (DAZ Nr. 22/2006, S. 64f)
- Folge 3. Fette (DAZ Nr. 27/2006, S. 51f)
- Folge 4: Proteine (DAZ Nr. 31/2006, S. 46f)
- Folge 5: Vitamin A (DAZ Nr. 36/2006, S. 68f)
- Folge 6: Vitamin D (DAZ Nr. 41/2006, S. 80f)
- Folge 7: Vitamin E (DAZ Nr. 44/2006, S. 68f)
- Folge 8: Vitamin K (DAZ Nr. 50/2006, S. 60f)
- Folge 9: Vitamin B1 (DAZ Nr. 1/2007, S. 71f)
- Folge 10: Vitamin B2 (DAZ Nr. 5/2007, S. 64f)
- Folge 11: Calcium (DAZ Nr. 9/2007, S. 50f)
- Folge 12: Kalium (DAZ Nr. 13/2007, S. 73f)
- Folge 13: Natrium und Chlorid (DAZ Nr. 18/2007, S. 72f)
- Folge 14: Magnesium (DAZ Nr. 22/2007, S. 80f)
- Folge 15: Phosphor (DAZ Nr. 27/2007, S. 81f)
- Folge 16: Eisen (DAZ Nr. 31/2007, S. 58f)
Tab. 1: Jodgehalt in der Umwelt | |
Substanz |
Jodgehalt |
Meerwasser |
60 µg/l |
Süßwasser |
2 – 6 µg/l |
Boden |
1–2 µg/g |
Wildpflanzen |
0,001 – 0,2 µg/g |
Meeresfische |
0,25 – 4 µg/g Frischgewicht |
Säugetiere (Muskelfleisch) |
0,25 µg/g |
Quelle: [3] |
Tab. 2: Der Tagesbedarf von 200 µg Jod ist enthalten in | |
Lebensmittel |
Menge (g) |
Schellfisch |
48 |
Seelachs |
76 |
Scholle |
104 |
Miesmuschel |
154 |
Kabeljau |
166 |
Goldbarsch |
270 |
Auster |
340 |
Hering |
380 |
Heilbutt |
380 |
Thunfisch |
400 |
Spinat |
1000 |
Roggenbrot |
2100 |
Quelle: [5] |
Tab. 3: Anteil verschiedener Nahrungsmittel an der Jodzufuhr | |
Lebensmittel |
Anteil (%) |
Milch- und Milchprodukte |
37 |
Fleisch und Wurstwaren |
19 |
Brot und Getreideprodukte |
19 |
Getränke |
11 |
Fisch |
9 |
Früchte und Gemüse |
3 |
Quelle: [3] |
Tab. 4: Empfohlene Zufuhrmenge für Jod | |
Alter |
Jodzufuhr (µg/d) |
Säuglinge
0 bis unter 4 Monate1
4 bis unter 12 Monate
|
40
80
|
Kinder
1 bis unter 4 Jahre
4 bis unter 7 Jahre
7 bis unter 10 Jahre
10 bis unter 13 Jahre
13 bis unter 15 Jahre
|
100
120
140
180
200
|
Jugendliche und Erwachsene
15 bis unter 19 Jahre
19 bis unter 25 Jahre
25 bis unter 51 Jahre
51 bis unter 65 Jahre
65 Jahre und älter
|
200
200
200
180
180
|
Schwangere |
230 |
Stillende |
260 |
1
Hierbei handelt es sich um einen Schätzwert
Quelle: modifiziert [4]
|
Tab. 5: Klassifizierung des Jodmangels | ||
Grad |
mg Jod/g Kreatinin |
Stoffwechsellage |
Grad 0 |
>100 |
Kein Jodmangel |
Grad 1 |
51 –100 |
Keine Gefährdung der geistigen Entwicklung |
Grad 2 |
25 – 50 |
Hypothyreose, kein Kretinismusrisiko |
Grad 3 |
<25 |
Erhebliches Kretinismusrisiko |
Quelle: [2] |
- Müdigkeit, Schwäche, motorische Verlangsamung
- Trockene rauhe Haut, brüchige Haare
- Kälteintoleranz, kühle Haut, Obstipation
- Verminderte Schweißabsonderung, periorbitale Schwellungen
- Heiserkeit, Gewichtszunahme, Bradykardie
- Parästhesien, verlangsamte Reflexrelaxation
- Verminderte Hörfähigkeit
Tab. 6: Einteilung der Schilddrüsengröße | |
Gruppe |
Befund |
Gruppe 0 |
Schilddrüse weder sichtbar noch tastbar vergrößert |
Gruppe 1 |
Schilddrüse tastbar vergrößert, bei gestrecktem Hals sichtbar |
Gruppe 2 |
Schilddrüse sowohl sichtbar als auch tastbar vergrößert bis zu Faustgröße |
Gruppe 3 |
Noch größere und mit Komplikationen einhergehende Knoten |
Quelle: [2] |
Tab. 7: Mögliche Störungen infolge eines Jodmangels in Abhängigkeit vom Alter. | |
Fetal |
Abort, Fehlgeburt
erhöhte perinatale Sterblichkeit
angeborene Anomalien
psychomotorische Defekte
neurologischer Kretinismus
Myxödematöser Kretinismus
|
Neonatal |
Angeborene Struma
angeborene Hypothyreose
|
Kinder/ Jugendliche |
Erhöhte Kindersterblichkeit
Struma
Juvenile Hypothyreose
eingeschränkte mentale Funktionen
retardierte physische Entwicklung
|
Erwachsene |
Struma mit Komplikationen
Hypothyreose
eingeschränkte mentale Funktionen
|
Quelle: [7] übersetzt aus: The Prevention and Control of Iodine Deficiency Disorders. Eds. Hetzel, B. S., Dunn, J. T., Stanbury, J. B., Amsterdam, Elsevier 1987) |
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