Wirtschaft

Der GKV-Verordnungsmarkt 2006/2007

Die GKV-Arzneimittel-Schnellinformation (GAmSi) unter Federführung des Wissenschaftlichen Instituts der Ortskrankenkassen (WIdO) wertet monatlich die von den Apotheken eingereichten Rezepte aus und stellt die Daten mit etwa zweimonatigem Nachlauf zum Abruf im Internet (unter http://www.wido.de/gamsi) bereit. Regional werden die Daten auf die Ebene der 17 Kassenärztlichen Vereinigungen heruntergebrochen, sodass Verordnungsbesonderheiten sichtbar werden. Wir geben einen Überblick über den Verordnungsmarkt des vergangenen Jahres 2006 und das erste Halbjahr 2007.

Datengrundlagen

Basierend auf den eingereichten Rezepten, wird selbstredend nur der GKV-Bereich (und damit knapp 90% des Verordnungsmarktes) erfasst. Zu den Privatverordnungen existieren keine vergleichbar exakten Auswertungen, hier klafft beinahe noch ein "schwarzes Loch".

Alle Werte werden aus der Sicht der Krankenkassen aufbereitet. So sind die häufig angegebenen Bruttowerte (Bruttoumsätze) identisch mit den Preisen, wie sie auf das Rezept gedruckt werden – also einschließlich Mehrwertsteuer und vor Abzug der Zuzahlungen und Rabatte von Herstellern und Apotheke. Die Nettowerte nach Kassensicht sind um die Rabatte und Zuzahlungen bereinigt, enthalten aber gleichwohl die Mehrwertsteuer, da die Krankenkassen nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind und insoweit "brutto gleich netto" ist. Für die Apotheke relevant sind freilich nur die mehrwertsteuerbereinigten Umsätze einschließlich Zuzahlungen, nach Abzug des Apothekenrabattes, aber ohne Herstellerrabatte. Wer nun die Krankenkassen-Nettoumsätze heranzieht und nur die Mehrwertsteuer herausrechnet, macht jedoch wiederum einen Fehler: Die Herstellerrabatte sind hier ebenfalls schon abgezogen, werden der Apotheke aber erstattet.

Weitere, unterschiedliche Sichtweisen ergeben sich aus der Bezugsbasis. So können Verordnungen oder Umsätze gesamthaft für das Land oder die jeweilige Region ausgewiesen werden, weiterhin bezogen auf den einzelnen, verordnenden Facharzt. Für die Marktforschung sind dies die relevanten Daten. Für die Versorgungsforschung und vergleichende Betrachtungen ergiebiger sind hingegen versichertenbezogene Daten: Wie hoch fällt der Verordnungsumsatz oder die Zahl der Verordnungen je Versichertem aus? Traditionell werden die Werte gerne auf 1000 Versicherte bezogen. Diese spezifischen Angaben finden sich häufig – so auch in den GAmSi-Daten.

Zuzahlungen und Rabatte

Wie hoch fallen die Zuzahlungen und Rabatte aus? Bezogen auf den Brutto-Rezeptwert, leistet jeder Versicherte (insgesamt 70,2 Mio. in 2006) knapp 30 Euro Zuzahlungen, das sind etwa 7,5% des GKV-Apothekenumsatzes von rund 392,– Euro (brutto, unbereinigt) pro Kopf. Regional ergibt sich eine gewisse Streuung. So liegt die Zuzahlungsquote in den neuen Bundesländern durchwegs etwas niedriger (bei etwa 6% bis 6,5%), in den "reicheren" Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern und Hessen mit Werten um 8% etwas höher. Die den Krankenkassen gewährten Rabatte (Apotheken und Hersteller) bewegen sich fast auf der gleichen Höhe: 7,6%, mit naturgemäß geringer Regionalstreuung. Absolut sind das 2086 Mio. Euro gewesen. Die Rabatte von Herstellern und Apotheken teilen sich dabei näherungsweise wieder 1: 1 auf, werden aber im Report nicht näher differenziert. Im laufenden Jahr dürfte sich dieses Verhältnis infolge der zahlreichen Rabattverträge verändern. Vor allem wird es mutmaßlich wesentlich schwieriger werden, die Daten zusammenzuführen und eine bundesweite Rabatttransparenz herzustellen. Nominale und reale Umsätze werden noch weiter auseinander klaffen. Für eine exakte Argumentation wird aber entscheidend sein, die tatsächlich getätigten Ausgaben verifizieren zu können.

Um vom Bruttoumsatz auf den apothekenrelevanten Nettoumsatz umzurechnen, können Sie in erster Näherung von 16% Mehrwertsteuer und etwa 4% Apothekenrabatt, in der Summe also 20%, ausgehen. Dividieren Sie also die Bruttowerte durch 1,2, und Sie erhalten das apothekenrelevante "GKV-Netto".

Das ist jedoch nicht die ganze Wahrheit. Privatverordnungen kommen wieder hinzu, allerdings je nach Arztgruppe und Region in unterschiedlichem Maße. Während in Stuttgart oder München 20% bis 25% Privatverordnungsvolumen nicht ungewöhnlich sind, verfehlen etliche andere, strukturschwache Bezirke sogar die 10%-Marke deutlich. Im Bundesschnitt kann man jedoch ganz grob davon ausgehen, dass das Mehrwertsteuer- und Rabattvolumen fast etwa dem Privatverordnungsvolumen entspricht. Damit sind die GKV-Bruttowerte tatsächlich in etwa die Gesamt-Nettowerte. Wie erwähnt, ist aber im Privatverordnungsmarkt die Transparenz dürftig.

Die GKV-Verordnungsdaten 2006

Rund 659,5 Mio. Verordnungen (eine Verordnung = eine Packungseinheit) wurden in 2006 zulasten der GKV eingelöst (minus 1,0% gegenüber 2005), im Gesamtwert von unbereinigt und brutto 27,5 Mrd. Euro (plus 2,4%). Netto aus Apothekensicht sind das etwa 22,7 Mrd. Euro und damit rund 64% des Gesamtumsatzes der Apotheken (einschließlich Versandapotheken).

Aufgeteilt nach Segmenten stellt sich speziell der Fertigarzneimittelmarkt als bedeutendster Umsatzbereich 2006 dar (siehe Tabelle 1).

Auffällig sind hier die Spezialpräparate (die sich auf die Definition von Prof. Schwabe stützen und im Rahmen hochspezialisierter Behandlungen verwendet werden; im Wesentlichen innovative, hochpreisige Präparate). Stellen sie nur 2,3% nach Packungen, so macht ihr Umsatz runde 20% aus! Da verwundert ein durchschnittlicher Packungswert von 368 Euro brutto nicht. Auch die Importe sind meistens überdurchschnittlich teuer (101 Euro), lohnt doch nur dann der Preisabstand den Aufwand – wenn überhaupt. Generika sind mit 24,50 Euro Verordnungswert dagegen vergleichsweise preiswert. In der guten, alten Mark sind das freilich rund 48,– DM, von "billig" also ein gutes Stück entfernt. Die älteren Kolleginnen und Kollegen erinnern sich sicher noch an die (gar nicht so lange zurückliegende) Zeit, in der 100 DM-Rezepte rot umrandet und wie Kostbarkeiten extra beiseite gelegt wurden. Heute müsste mindestens jedes zweite Rezept dergestalt gekennzeichnet werden – so viel zu den Preisen gestern und heute ... Über alle Fertigarzneimittelverordnungen ergibt sich ein Packungswert von 41,80 Euro, netto nach Apothekenrabatt sind das etwa 34,30 Euro.

Randsegmente

Machen die Fertigarzneimittel rund 24,5 Mrd. Euro brutto und damit 89% des GKV-Verordnungsmarktes aus, so verteilen sich immerhin gut 3,0 Mrd. Euro auf Dinge wie Diagnostika, Verbandstoffe und auch Rezepturen (Abb. 1). Bei letzteren stechen die Spezialrezepturen mit brutto 1,29 Mrd. Euro für Zytostatika und 349 Mio. Euro für parenterale Ernährungslösungen, die häufig begleitend zur Zytostatikatherapie zur Anwendung kommen, ins Auge. Rund 2,2 resp. 0,7 Mio. Verordnungen wurden hier in 2006 getätigt, die Verordnungswerte fallen mit 585,– Euro resp. 535,– Euro brutto erwartungsgemäß hoch aus. Hier zeigen sich zudem ganz beachtliche Steigerungsraten gegenüber 2005: Pro Versichertem nahm der Bruttoumsatz um +10% bei Zytostatika-Rezepturen zu, und um gar +38% bei den parenteralen Lösungen. Nach Verordnungszahlen liegen die Steigerungsraten niedriger bei knapp 8% resp. 12%. Jeder Versicherte trägt damit immerhin rund 23 Euro für diese Spezialrezepturen im Jahr 2006.

Zusammen sind das über 1,6 Mrd. Euro oder rund 6% des Gesamtmarktes. Dies verteilt sich aber mehrheitlich auf nur etwa 300 Spezialapotheken. Der großen Masse von Apotheken ist dieser Umsatz quasi entzogen. Der GKV-Anteil fällt dort dementsprechend niedriger aus, als es die reine Statistik über alle Apotheken vermuten ließe, da eben nennenswerte Umsätze in wenigen Betrieben kumulieren. Das bedeutet zwar keine Verschiebung von Welten; aber je Apotheke sind es rund 65.000 Euro, die so "fehlen", mithin rund 4%-Punkte vom Gesamtumsatz. Dies ist nur eine von mehreren Erklärungen für den beträchtlichen Unterschied zwischen der statistischen Durchschnittsapotheke und der "typischen" Apotheke.

Die klassische Magistralrezeptur kommt nach diesen GAmSi-Daten auf etwa 10 Mio. Verordnungen mit einem Durchschnittswert von 21,40 Euro brutto. Je Apotheke sind das nur knapp 470 Rezepturen im Jahr, also weniger als zwei pro Tag. Das ist deutlich weniger, als üblicherweise gedacht.

Verordnungen nach Ärztegruppen

Für die Standortbeurteilung einer Apotheke besonders interessant ist das Verschreibungsverhalten einzelner Arztgruppen. Es sei aber vorausgeschickt, dass das Hantieren mit Durchschnittszahlen seine Tücken birgt. Ähnlich wie Apotheken, weisen auch Arztpraxen Umsatzverteilungen mit beträchtlicher Breite auf. Eine 100.000 Euro-Allgemeinarztpraxis ist genauso zu finden wie eine solche jenseits der 500.000 Euro-Grenze. Entsprechend streuen die Verordnungen. Die meisten Arztpraxen bewegen sich allerdings in einem Umsatzkorridor von 175.000 Euro bis 300.000 Euro, mit einem Schwerpunkt knapp über 200.000 Euro.

Zurück zu den Verordnungsdaten. Über alle Ärzte hinweg wurden je Vertragsarzt GKV-Verordnungen im Wert von 235.000 Euro brutto getätigt. An der Spitze liegen inzwischen die Nervenärzte mit 424.000 Euro, knapp gefolgt von den Internisten mit 415.000 Euro, mit Abstand den Allgemeinärzten (272.000 Euro) und den Urologen (229.000 Euro). Das lässt aufhorchen und ernsthaft um den Zustand der Gesellschaft bangen ... Tatsächlich korreliert dies mit anderen Befunden. So nimmt der Anteil psychischer Erkrankungen als Ursache von Arbeitsunfähigkeit und auch Frühberentung seit Jahren mit hohen Zuwachsraten zu – europaweit.

Alle anderen Facharztgruppen folgen mit deutlichem Abstand (Abb. 2).

Doch Umsätze sind nur die halbe Wahrheit. Vielmehr zählen heute die Packungen, vor allem, wenn sie im Rx-Segment nach Kombimodell honoriert sind. Leider finden sich hierzu keine weiteren Aufschlüsselungen, es werden nur die Fertigarzneimittel an sich aufgeführt. Abb. 3 zeigt, dass nach Packungszahlen die Kinderärzte die Nase vorn haben. Freilich sind gerade hier noch viele Verordnungen nach der alten Arzneimitteltaxe honoriert – denken Sie nur an die zahlreichen verschreibungsfreien, für Kinder aber nach wie vor erstatteten Fieberzäpfchen und -säfte. Dennoch: Unter reinen Frequenzaspekten ist der Kinderarzt nicht zu verachten ... Knapp dahinter der Allgemeinarzt sowie der Internist.

Unter Marktgesichtspunkten dominieren die Allgemeinärzte und Internisten nach wie vor das Geschehen, wenn auch mit leicht abnehmender Tendenz (Abb. 4). Rund 70% des Verordnungsmarktes bestreiten alleine diese beiden Arztgruppen. Rechnet man die Privatverordnungen hinzu, dürfte sich der Anteil eher ausbauen. Unschärfen verbergen sich im Bereich "Sonstige Ärzte" ohne klare Fachgruppenzuordnung.

Regionale Streuungen

Überraschend dürften hingegen die regionalen Streuungen sein. Was aufgrund der Versorgungsstruktur sowie regionalen Rezeptauswertungen schon länger vermutet werden konnte, findet hier nun seine Bestätigung, beispielhaft dargestellt an den wichtigen Allgemeinmedizinern.

Je nach KV-Bezirk finden sich Unterschiede von über 190.000 Euro Verordnungsvolumen – pro Vertragsarzt! Während Flächenländer und hier insbesondere die neuen Bundesländer sehr hohe Verordnungswerte aufweisen, nicht nur nach Wert, sondern auch nach Verordnungszahl, sind vor allem die Allgemeinärzte in den Stadtstaaten wie Hamburg, Bremen oder Berlin geradezu Verordnungszwerge mit Umsätzen um 200.000 Euro (Abb. 5). Hier spiegelt sich die Ärztedichte wider. Der Befund bleibt bei der Betrachtung über alle Ärztegruppen hinweg prinzipiell bestehen. Andererseits führen diese Stadtstaaten bei den Verordnungswerten. Teure Spezialpräparate werden hier signifikant häufiger verordnet als anderswo (Abb. 6). Über die Gründe kann spekuliert werden: Neben der höheren Dichte an Ärzten aller Fachrichtungen summieren sich in der Großstadt auch andere Morbiditätsrisiken. AIDS, Hepatitis, Folgeerkrankungen eines anderen "Life-Style" sind mit der Stadt verknüpft. Zudem werden teure Spezialfälle gerne zur Behandlung in die nächste Großstadt überwiesen. Es sind also mehrere Faktoren, die dieses Gefälle erklären. Ein Gefälle, welches beispielsweise auch zwischen München-Stadtkreis und Niederbayern bestehen wird.

Dennoch sind diese regionalen Unterschiede ein beachtenswerter Faktor, der sich auf Wertigkeit und Kassenabhängigkeit von Standorten bedeutend auswirkt. Durchschnittszahlen können dies nicht immer widerspiegeln. Das zeigt abschließend noch einmal Abbildung 7, welche die gesamten Verordnungsumsätze regionalisiert zeigt. Pro Versichertem werden in Mecklenburg-Vorpommern etwa 35% mehr aufgewandt als im "günstigen" Bayern. Eine unterschiedliche Morbiditäts- und Altersstruktur stellt hier die Hauptursache dar, neben möglicherweise noch vorhandenen Besonderheiten in der Verordnungsbereitschaft.

Blick auf Indikationen und Präparate

Tabelle 2 zeigt die zwei "Top-Ten-Hitlisten" zum einen der umsatzstärksten Indikationen, zum anderen einzelner Fertigpräparate (nur Fertigarzneimittel, ohne Rezepturen):

Zählt man bei der Indikationsgruppe Zytostatika die Rezepturen hinzu (knapp 1,3 Mrd. Euro) sowie die damit assoziierten, parenteralen Ernäherungslösungen, dann steht diese Indikationsgruppe unangefochten an erster Kostenstelle – Tendenz stark steigend. In der Indikationenliste spiegeln sich die Schattenseiten der Wohlstandsgesellschaft zusammen mit dem Preis des therapeutischen Fortschritts in Form innovativer Präparate (insbesondere Zytostatika, Immunmodulatoren, neue Psychopharmaka). Alle Top-Ten-Fertigpräparate bewegen sich übrigens in einer Umsatzregion von etwa 200 Mio. Euro in 2006.

Erstes Halbjahr 2007

Anfang 2007 stand unter dem Zeichen einer durch den milden Winter witterungsbedingt schwachen Erkältungssaison, was auch den OTC-Umsatz beeinträchtigt hat. Erkältungspräparate nehmen hier nach wie vor mit Abstand den ersten Rang ein. Die Verordnungsaktivität bleibt davon – im GKV-Markt insbesondere bei Kindern und ansonsten häufig auf Privatrezept – nicht unberührt.

In Tabelle 3 (Quelle: GAmSi-Bundesbericht Januar bis Juni 2006 bzw. 2007 mit Datenstand 06.10.2006 bzw. 22.08.2007) sind nur die Fertigarzneimittel-Verordnungen zulasten der GKV erfasst. Alle Werte sind brutto und vor allen Abschlägen und Rabatten.

Entgegen teilweise anderslautender Veröffentlichungen weisen die GAmSi-Daten keineswegs nennenswerte Steigerungsraten bei den Arzneimittelausgaben auf, wobei an dieser Stelle nur das Fertigarzneimittel-Segment betrachtet wird. Ohne Mehrwertsteuer – netto – gerechnet, ergeben sich sogar Rückgänge! Das gilt auch für die aussagekräftigere Kennzahl "Ausgaben je 1000 Versicherte" und sogar für den durchschnittlichen Verordnungswert. Überraschende Steigerungen zeigen sich jedoch bei den durchschnittlichen Packungspreisen für Importe und Me-too-Präparate. Dagegen weisen die "üblichen Verdächtigen" in Form der Spezial-Präparate in diesem Vergleich des ersten Halbjahres 2007 gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum signifikante Rückgänge beim durchschnittlichen Packungspreis aus.

Kräftig um rund 10% gestiegen sind jedoch die Rabatte (Hersteller und Apotheken zusammen), von 986 Mio. Euro auf 1.084 Mio. Euro, jeweils brutto. Das konnte jedoch bei Weitem nicht die um rund 221 Mio. Euro auf noch 899 Mio. Euro gefallenen Zuzahlungen (= minus 19,8%) kompensieren. Entfallende Zuzahlungen auf besonders günstige (Rabattvertrags-)Präparate waren ein ursprünglich politisch gewünschter Effekt, der nun auf die Krankenkassen zurückschlägt. Somit korrespondieren diese Daten ganz gut mit der bislang zu beobachtenden Apothekenumsatzentwicklung, die netto im Wesentlichen eine Stagnation zeigt.

Spätestens ab April besteht die Befürchtung, dass zahlreiche der obigen Beträge nur noch "Dummy-Werte" sind – was tatsächlich bezahlt wird, wissen wir im Gefolge der Rabattverträge nicht mehr. Es ist daher an die Verantwortlichen zu appellieren, hier zumindest gesamthaft auf Länder- und Bundesebene für Transparenz zu sorgen, ohne dass damit die Rabattkonditionen im Einzelnen offen gelegt werden müssen.

Fazit

Die nach wie vor hoch bedeutsamen GKV-Umsätze können mit Hilfe des Arzneimittel-Schnellinformationssystems GAmSi recht zeitnah und exakt verfolgt werden. Um zu den apothekenrelevanten Zahlen zu gelangen, sind allerdings an verschiedenen Stellen Umrechnungen nötig. Datenlücken klaffen jedoch weiterhin im Bereich der Privatverordnungen sowie beim OTC- sowie Freiwahlverkauf, was alles naturgemäß nicht im Fokus der gesetzlichen Krankenkassen steht. Ebenfalls schwierig zeitnah nachzuverfolgen sind Teilmärkte wie der Versandhandel, der Hilfsmittelmarkt oder der Impfstoffmarkt. Hier mangelt es ebenfalls zumindest an allgemein zugänglichen Werten. <

Anschrift des Verfassers:
Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, Philosophenweg 81, 72076 Tübingen, E-Mail: Heilpharm.andmore@t-online.de
Tab. 1: Fertigarzneimittel-Markt 2006
Fertigarzneimittel-Segment
nach Verordnungen (VO)
nach Umsatz
Generika
61,0%
35,8%
Festbetragsmarkt
71,0%
44,0%
Importe
3,1%
7,5%
Mee-too-Präparate
6,4%
14,1%
Spezialpräparate
2,3%
20,0%
Summe Gesamt-Fertigarzneimittel:

584,8 Mio. VO

24,47 Mrd. Euro
Tab. 2: Die Top Ten
Platz
Indikationsgruppe (Bruttoumsatz)
Fertigpräparat®
1
Analgetika/Antirheumatika (2,1 Mrd.)
Pantozol
2
Psychopharmaka (1,8 Mrd.)
Risperdal
3
Antihypertonika (1,7 Mrd.)
Zyprexa
4
Beta-, Ca-Kanal-Blocker, ACE-Hemmer (1,5 Mrd.)
Plavix
5
Immunmodulatoren (1,5 Mrd.)
Nexium
6
Antidiabetika (1,5 Mrd.)
Enbrel
7
Magen-Darm-Mittel (1,4 Mrd.)
Rebif
8
Antibiotika/Antiinfektiva (1,3 Mrd.)
Viani
9
Broncholytika/Antiasthmatika (1,3 Mrd.)
Symbicort
10
Zytostatika (1,0 Mrd.)
Glivec
Tab. 3: Vergleich der Entwicklung 1. Halbjahr 2006 zu 2007
Segment
1. Hj. 2006
1. Hj. 2007
+/- % nominal
+/- %
ohne Mwst.
Bruttoumsatz, West
11.065 Mio. Euro
11.104 Mio. Euro
0,4%
– 2,2%
Bruttoumsatz, Ost
2.670 Mio. Euro
2.678 Mio. Euro
0,3%
– 2,2%
Bruttoumsatz, gesamte Bundesrepublik
13.735 Mio. Euro
13.782 Mio. Euro
0,3%
– 2,2%
Bruttoumsatz gesamt, je 1000 Versicherte, West
190.447 Euro
191.452 Euro
0,5%
– 2,0%
Bruttoumsatz gesamt, je 1000 Versicherte, Ost
220.875 Euro
222.914 Euro
0,9%
– 1,6%
Bruttoumsatz gesamt, je 1000 Versicherte, ges. BRD
194.885 Euro
196.051 Euro
0,6%
– 1,9%
Verordnungen (Anzahl), je 1000 Versicherte West
4.632
4.615
– 0,4%
(---)
Verordnungen (Anzahl), je 1000 Versicherte, Ost
4.951
4.916
– 0,7%
(---)
Verordnungen (Anzahl), je 1000 Versicherte, ges. BRD
4.667
4.647
– 0,4%
(---)
Werte für die gesamte Bundesrepublik:
Generika: Umsatzanteil am Gesamtmarkt
36,1%
35,9%
– 0,6%
(---)
Importe: Umsatzanteil am Gesamtmarkt
6,9%
8,8%
27,5%
(---)
Wert je Verordnung gesamt
41,63 Euro
42,03 Euro
1,0%
– 1,6%
..., nur Generika
24,98 Euro
24,08 Euro
– 3,6%
– 6,0%
..., Importe
94,74 Euro
115,28 Euro
21,7%
18,6%
..., Me-too-Präparate
87,58 Euro
96,37 Euro
10,0%
7,3%
..., Spezial-Präparate
382,85 Euro
351,46 Euro
– 8,2%
– 10,5%
Abb. 1: Die einzelnen Umsatzbereiche nach Art der Waren; angegeben sind unbereinigte Bruttowerte einschließlich Mehrwertsteuer.
Abb. 2: Welche Ärztegruppe verordnet bundesweit wie viel?
Abb. 3: Wie viele Verordnungen tätigt jede Ärztegruppe? Da sich dahinter die Packungszahlen verbergen, ist diese Information heute noch wichtiger als der bloße Umsatz.
Abb. 4: Die Aufgliederung des Umsatzkuchens zeigt: Allgemeinmediziner und Internisten bleiben die "Asse" im Verordnungspoker ...
Abb. 5: Die regionale Aufgliederung der Verordnungsumsätze am Beispiel der Allgemeinmediziner zeigt eine überraschende Streubreite – in der Spitze fast Faktor 2 zwischen den verordnungsschwächsten und verordnungsstärksten KV-Bezirken.
Abb. 6: Interessant auch die Streubreite bei der Verordnung von Spezialpräparaten. Hier dominieren hoch verdichtete Ballungsräume.
Abb. 7: Für vergleichende Kostenbetrachtungen interessanter: der ambulante GKV-Verordnungsumsatz pro Kopf über alle Ärzte hinweg, traditionell je 1000 Versicherte angegeben. Hier spiegeln sich Altersaufbau, Morbiditätsstrukturen und lokale Verordnungsbesonderheiten.

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