Fortbildungskongress

Tuberkulose

Eine alte Krankheit ist immer noch und wieder aktuell

Die Tuberkulose ist eine sehr alte Infektionskrankheit, die aber an Bedeutung nichts verloren hat: Rund ein Drittel der Erdbevölkerung ist heute mit dem Mycobacterium tuberculosis infiziert. Und da heute zunehmend Multiresistenzen gegen die gängigen Antituberkulotika auftreten und den Therapieerfolg erschweren, forderte Prof. Dr. Armin Buschauer aus Regensburg das Auditorium auf, als Multiplikatoren zu wirken und diese Krankheit wieder in das öffentliche Gedächtnis zu holen.

Obwohl nur 5 bis 10% der Infizierten erkranken, versterben mehr Menschen an Tuberkulose als je zuvor. Gründe dafür sieht Buschauer vor allem in der Zunahme der HIV-Infektionen. Die meisten Krankheitsfälle treten in den Entwicklungsländern Afrikas und Südostasien auf. Bei 90% der Infizierten verläuft die Tuberkuloseerkrankung unsymptomatisch. Sie sind aber immer noch Träger des Erregers. Ändern sich aber die Lebensbedingungen oder der Immunstatus der Betroffen, so kann es jederzeit zu einem erneuten Ausbruch kommen. Die Tuberkulose wird hauptsächlich durch Mycobacterium tuberculosis, seltener durch M. bovis oder M. africanum ausgelöst und in der Regel durch Tröpfcheninfektion übertragen. In den meisten Fällen ist die Lunge betroffen; mit der Zunahme der HIV-Infektionen steigt jedoch der Anteil extrapulmonaler Erkrankungen.

Das Mycobacterium ist ein wahrer Überlebenskünstler: Es kann nach der Phagozytose durch Makrophagen in diesen überleben und sich vermehren. Sogar in stark saurem nekrotischem Gewebe kann es in Kavietäten überleben. Es besitzt eine lipidreiche Zellwand, die als Schutzschicht gegen aggressive lysosomale Faktoren wirkt. Diese extrem hydrophobe Zellwand stellt auch für Arzneistoffe eine nur schwer zu überwindende Penetrationsbarriere dar. Die Mykobakterien haben in ihrer Zellwand für den Stoffaustausch jedoch auch wassergefüllte Poren, die von kleineren Molekülen wie Isoniazid oder p-Aminosalicylsäure (PAS) zum Eindringen genutzt werden. Größere, ausreichend hydrophobe Arzneistoffe wie Rifampicin können durch die Mykolsäureschicht diffundieren. Hier besteht die Herausforderung darin, lange genug zu therapieren, damit der Aufbau der Zellwand gestört wird.

Bei unzureichend langer Therapie oder schlechter Compliance werden resistente Stämme selektiert. Daher werden bevorzugt Kombinationstherapien eingesetzt, um eine Resistenzbildung zu verhindern. Seit über 40 Jahren werden selben Wirkstoffe eingesetzt, da auf diesem Gebiet so gut wie keine Forschung stattgefunden hat, wie Buschauer bedauerte. Das Arsenal sollte dringend erneuert werden, so seine Forderung. In den letzen Jahren wurden viele Substanzen unterschiedlicher Struktur auf ihre antimikrobielle Wirkung untersucht. In der Pipeline befinden sich einige wenige Substanzen, die eventuell 2010 die Markreife erlangen könnten. Vor allem neueste Erkenntnisse über die beteiligten Gene könnten als Anhaltspunkt dienen, um gezielt das pathogen anzugreifen.

Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat den Ernst der Lage erkannt und warnt vor der zunehmenden Ausbreitung der Tuberkulose in Europa. Vor allem in Osteuropa verbreiten sich resistente Bakterienstämme. Besonders erschreckend sei die Situation in russischen Gefängnissen. Schätzungen gehen davon aus, dass dort 800.000 Menschen eingesperrt sind, von denen ca. 10% eine aktive Tuberkulose haben. In 60.000 Fällen muss von einer bestehenden Multidrug-Resistenz ausgegangen werden – sie bergen ein unglaubliches Gefahrenpotenzial. Erschwerend kommen eine schlechte Ernährung und eine enge Verknüpfung mit HIV-Infektionen hinzu, die als Promoter einer Tuberkulose wirken können.

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