Medizin

Was ist eigentlich ... einepseudomembranöse Kolitis?

Wenn im Rahmen einer antibiotischen Behandlung die lokale Darmflora geschädigt wird, können sich Bakterienstämme ausbreiten, die gegen die verwendeten Antibiotika resistent sind. Gefürchtet ist das Toxin A von Clostridium difficile. Es kann zu einer pseudomembranösen Kolitis führen.

Wenn Antibiotika die Darmflora verändern

Bei der pseudomembranösen Kolitis handelt es sich um eine Entzündung des Dickdarmes (Kolitis), ausgelöst durch die vorherige Einnahme von Antibiotika. Gelegentlich ist auch der normalerweise bakterienarme Dünndarm mit betroffen. Die pseudomembranöse Kolitis tritt auf nach oraler und nach parenteraler Antibiotikaapplikation (Clindamycin, Lincomycin, Tetracyclin, Ampicillin etc.). Die lange Einnahme von Antibiotika bewirkt, dass große Teile der physiologischen Darmflora abgetötet werden. Als Folge dessen vermehren sich antibiotikaresistente Stämme, vor allem Bakterien der Spezies Clostridien, Enterobacter, Proteus, Staphyloccocus aureus und Candida.

Diese können das gesamte Kolon besiedeln. Clostridium difficile , ein gram-positives, anaerobes Bakterium, sondert die Toxine A (Entero- und Zytotoxin) und B (Zytotoxin) ab. Toxin A gilt als Auslöser der pseudomembranösen Kolitis; es induziert einen vermehrten Austritt von Flüssigkeit, Chlorid und Eiweiß in das Darmlumen und hemmt die Resorption von Natrium, Glucose und Aminosäuren. Durch die Freisetzung von Zytokinen aus gewebsständigen Makrophagen begünstigt es die Entstehung einer lokalen Entzündung. Zytokine sind im Körper vorkommende natürliche Botenstoffe. Durch diese Botenstoffe verständigen sich die Zellen des Immunsystems untereinander.

Im Verlauf der Entzündung kommt es zu einer Fibrin-Exsudation sowie einer Ablagerung von Fibrinbelägen auf den Kolonwänden. Im Endoskop fallen diese Beläge als sogenannte Pseudomembranen auf.

Warnsymptom Diarrhö

Eine Diarrhö tritt nach Antibiotikagabe bei etwa fünf bis 40 Prozent der behandelten Patienten auf. Zehn Prozent der Patienten mit Diarrhö entwickeln zusätzlich eine pseudomembranöse Kolitis.

Typisch sind wässrige oder schleimige Durchfälle. In einigen Fällen kommen kleine Blutbeimengungen, krampfartige Bauchschmerzen, Fieber und sehr selten eine Oligoarthritis (Entzündung von wenigen Gelenken) oder Iridozyklitis (Regenbogenhautentzündung) hinzu. Die Krankheit kann innerhalb von Tagen nach Antibiotikagabe aber auch erst mit einer Latenz von bis zu sechs Wochen nach Absetzen der Antibiotikatherapie auftreten. Mögliche Komplikationen sind ein hypovolämischer Schock (Schocksymptomatik durch zu wenig Flüssigkeit im Körper), Dehydration, Hypoproteinämie, eine Dickdarmperforation (Zökumperforation), ein toxisches Megakolon (maximale Blähung des Kolons), Blutungen oder eine Sepsis.

Fibrinbeläge im Dickdarm

Das Bakterientoxin kann aus dem Stuhl bestimmt werden. Toxine von Clostridium difficile sind bei zwei bis 25 Prozent der Patienten mit Antibiotika-assoziierter Diarrhö ohne Kolitis, bei 50 bis 70 Prozent der Patienten mit Enterokolitis ohne Pseudomembranen und bei 90 bis 100 Prozent mit pseudomembranöser Enterokolitis im Stuhl nachweisbar. Mittels der Sonografie lässt sich die langstreckige Verdickung des Dickdarmes erkennen. In der Abdomen-Übersicht-Röntgenaufnahme sollte ein Ileus ausgeschlossen werden. Bei der Endoskopie können im Dickdarm grünliche Fibrinbeläge nachgewiesen werden, die teils fleckig, teils flächenhaft zu finden sind. Die Dickdarmschleimhaut ist ödematös, leicht verletzlich und mit erhabenen, gelblich-weißen, zwei bis zehn Millimeter großen Plaques übersät. Rektum und Sigma bleiben in nur etwa zehn Prozent der Fälle verschont. Deshalb genügt häufig schon die Rektosigmoidoskopie zur Diagnosesicherung. Die Computertomografie mit Kontrastmittel zeigt die stark verdickten Wände des erweiterten Dickdarms. Lokale Abszedierungen lassen sich mit dieser Methode leicht nachweisen. Eine Anzüchtung von Clostridium difficile aus dem Stuhl ist möglich, spielt aber in der Regel für die Diagnose keine wesentliche Rolle.

Metronidazol ist das Mittel der ersten Wahl

Am Anfang der Behandlung steht die Absetzung des verabreichten Antibiotikums. Bei Patienten mit milder Symptomatik genügt diese Maßnahme häufig, verbunden mit Korrekturen des Wasser- und Elektrolythaushalts. Mittel der ersten Wahl bei nicht lebensbedrohlicher Erkrankung ist die orale Gabe von Metronidazol für etwa vierzehn Tage (viermal täglich 250 mg, bei Kindern 7 mg/kg). Allerdings kann die Therapie versagen, weil die Clostridien gegen Metronidazol resistent sind. Als Alternative bietet sich dann Vancomycin per os an (125 mg bei Erwachsenen, bei Kindern 5 mg/kg alle sechs Stunden über ca. zehn Tage). Rezidive sind allerdings trotz zunächst erfolgreicher Therapie mit Metronidazol oder Vancomycin möglich. Diese sprechen aber erneut auf Vancomycin oder Metronidazol an.

Bei infizierten Patienten muss auf eine peinliche Einhaltung der Hygienemaßnahmen geachtet werden, damit eine Übertragung auf andere Patienten durch eine Schmierinfektion möglichst vermieden wird. Antiperistaltische Medikamente sollten vermieden werden. Das toxische Megakolon erfordert meistens einen operativen Eingriff.

Bei Ansprechen der Therapie ist von einer guten Prognose auszugehen. Die Mortalität liegt bei zwei Prozent. Bei Patienten mit toxischem Megakolon bei 35 Prozent.

Quelle

Jewell DP: Colitis. Diagnosis and Therapeutic Strategies (Falk Symposium). Springer-Verlag GmbH.

Siegenthaler W: Siegenthalers Differentialdiagnose. Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Thieme Verlag, Stuttgart.

Dr. Ingo Blank, Gärtringen
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