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- DAZ 35/2008
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Feuilleton
"Mumia vera" – eine alte Arzneidroge
Bei der Arzneimittelherstellung wurde traditionell zwischen Drogen pflanzlicher (Vegetabilia) und solchen tierischer und menschlicher Herkunft (Animalia) unterschieden. Als dritte Gruppe kamen noch die mineralischen, später auch die durch chemische Prozesse hergestellten Drogen (zusammengefasst als Mineralia) hinzu. Eine für uns befremdliche Rolle spielten die menschlichen Drogen, denen viele Wirkungen zugesprochen wurden. Dazu gehörten Fett ("Axungia hominis") und Knochen (z. B. Schädel: "Cranium humanum"), Haare, Nägel und Haare, aber auch Kot, Urin, Speichel, Eiter oder Blut.
Eine besondere menschliche Arzneidroge war "Mumia vera". Die "echte" Mumie wurde aus Ägypten importiert, allerdings meistens nicht in Form intakter einbalsamierter Leichname, sondern als kleinere Stücke oder als Pulver.
Das aus dem Persischen ins Arabische übernommene Wort "mum" bedeutete ursprünglich Wachs sowie Bitumen oder Asphalt ("Erdwachs"). Diese Bezeichnung haben die Araber auf die von ihnen in Ägypten gefundenen einbalsamierten Körper übertragen. Die Kunst der Mumifizierung selbst war schon früh im Pharaonenreich entwickelt und zu einem aufwändigen, komplexen Verfahren ausgebaut worden, bei dem Tier- und Pflanzenfette, Harze wie Weihrauch, Myrrhe und Galbanum, Bienenwachs, Bitumen und wohl auch Wacholder- und Campheröl verwendet wurden. Im behandelten Leichnam verfestigte sich die Einbalsamierungsmasse zu einer schwarzbraunen, teerartigen Substanz. Neben der "wahren Mumie" war die bituminöse "Persische Mumie" (auch "Mumia nativa"), die zu den "Mineralia" zählte, hierzulande mehr in der Theorie als in der Praxis bekannt, denn sie wurde kaum nach Europa exportiert.
Dagegen kam es aufgrund der starken Nachfrage in der frühen Neuzeit zu einem lebhaften Handel mit echten Mumien, die von Ägypten importiert und hier in den Apotheken zu Arzneien verarbeitet wurden. Als offizinelle Arzneidroge war "Mumia vera" (auch mit dem Zusatz "aegyptiaca") in jeder Apotheke vorhanden. Die Preise waren relativ hoch, fielen aber nicht aus dem Rahmen des Üblichen. Zudem wurde "Mumia" auch für einen technischen Zweck verwendet: zur Herstellung einer Lasurfarbe für die Ölmalerei.
In Arzneimitteln sollte "Mumia vera" fiebersenkend und blutstillend wirken, es war aber auch als Aphrodisiakum gefragt. Die entsprechenden Rezepturen, in denen "Mumia" meist nur eine Zutat unter vielen anderen war, wurden oral und extern angewendet; gerühmt wurden insbesondere die "Wunden heilenden Kräfte", auch bei Quetschungen und Knochenbrüchen. Der Frankfurter Arzt Joachim Strüppe nannte 1574 einundzwanzig Indikationen, darunter Husten, Halsweh, Kopfschmerzen und Schwindel. Zur Behandlung von giftigen Bissen und Stichen sollte "Mumia" zusammen mit frischer Butter aufgetragen werden.
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Sicherlich gab es beim Handel mit Mumien auch Fälschungen; so sollen einige Mumienhändler frische Leichname als antike Mumien präpariert und verkauft haben. Die meisten Mumien stammten jedoch aus den antiken Nekropolen. Als Surrogat für die exotische Ware wurden in Norddeutschland auch Moorleichen verwendet. So wird berichtet, dass noch eine 1895 in Obenaltendorf in Niedersachsen entdeckte Moorleiche zu "Mumia" zermahlen wurde. Das Darmstädter Pharmaunternehmen Merck hat "Mumia vera aegyptiaca" zuletzt 1924 angeboten: versehen mit einem Qualitätssiegel für 12 Goldmark je Kilogramm.
Heute ist unter dem Namen "Mumijo" ein organisch-mineralisches Nahrungsergänzungsmittel in Form von Tabletten und Kapseln im Handel [3]; dieses Präparat knüpft an die Tradition der "Persischen Mumie" an.
Literatur
[1] Wieczorek, A, Tellenbach, M, Rosendahl, W (Hrsg.): Mumien – der Traum vom ewigen Leben. Darmstadt 2007.
[2] Caesar, W.: Mumien – aus Ägypten und aus aller Welt. Dtsch. Apoth. Ztg. 148 , 77–78 (2008).
[3] www.nutrio.de, Spezialprodukte.
Dr. Hans-Peter Hanssen
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