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Feuilleton
Yuccas – dekorative Exoten mit heilender Wirkung
Im 16. Jahrhundert gelangten die ersten Yuccas nach Europa. Da sie als Halbwüsten- und Steppenbewohner gegen Trockenheit und extreme Temperaturschwankungen resistent sind, fanden sie im Mittelmeergebiet rasch eine zweite Heimat. Das gilt vor allem für die stammbildende Yucca aloifolia und die kleine Yucca filamentosa mit ihren bodenständigen Rosetten; die Letztere erwies sich sogar in kälteren Regionen als winterhart. Während Agaven in ihrem Leben nur einmal blühen und nach der Blüte absterben, blühen die Yuccas immer wieder. Zudem haben die meisten Yucca -Arten keine sukkulenten Blätter.
Wirrwarr der Pflanzennamen
Als erster deutscher Autor erwähnte Nikolaus Federmann, einer der Konquistadoren Venezuelas, 1557 eine Yucca, bezeichnete sie allerdings – wohl wegen der essbaren Rhizome – als Yamswurzel, eine im tropischen Afrika heimische Knollenpflanze. Die Indianer der Karibik bezeichneten mit "yuca" die Maniokpflanze, doch schon im 17. Jahrhundert etablierte sich dieses Wort in der botanischen Fachliteratur als Bezeichnung für die Yuccas. Der schwedische Arzt und Naturforscher Carl von Linné übernahm in seinen "Species plantarum" (1753), dem Standardwerk der botanischen Nomenklatur, Yucca als Gattungsnamen, der seither unbestritten gültig ist. Das Wort "Maniok" stammt hingegen aus einer Sprache Südamerikas; in der botanischen Literatur setzte sich die Schreibweise "manihot" durch, zuerst als Artname, seit Philipp Miller (1691–1771), dem Vorsteher des Apothekergartens in Chelsea, als Gattungsname. Die Gattung Manihot gehört allerdings zu den Euphorbiaceae, einer Familie der zweikeimblättrigen Pflanzen (Dicotyledoneae), während die Agavengewächse zu den Einkeimblättrigen (Monocotyledoneae) zählen; eine Gemeinsamkeit der beiden Familien besteht darin, dass viele Arten sukkulent sind.
Linné beschrieb seinerzeit drei Yucca -Arten:
- die stammbildende Yucca aloifolia mit steifen, schwertförmigen und gezähnten grünen Blättern (aus der Karibik);
- die ebenfalls stammbildende Yucca gloriosa mit gebogenen Blättern (aus Florida);
- die stammlose Yucca filamentosa mit faserigen Blatträndern (ebenfalls aus Florida).
1813 entdeckte Thomas Nuttall in der nördlichen Prärie der USA die Yucca glauca mit schmalen, graubereiften Blättern. Seit der Einführung in Europa begeisterten die immergrünen Blattrosetten der Yuccas, aus deren Mitte im Sommer bis zu zwei Meter hohe Infloreszenzen mit glockenartigen Blüten sprießen, Botaniker und Fürsten. Als Solitärpflanze in größeren Gärten und als Kübelpflanze in Orangerien verbreitete sich Yucca filamentosa über Mitteleuropa bis nach Skandinavien und im Ostseeraum. Mitte des 19. Jahrhunderts waren Yuccas so populär, dass durch Selektion und Hybridisierung zahlreiche neue Gartensorten gezüchtet wurden. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts wurden neue Yucca -Arten entdeckt. Heute sind etwa fünfzig Spezies und Varietäten sowie etliche Züchtungen bekannt.
Essbar und heilkräftig
Yuccas vermehren sich in der Alten Welt nicht auf natürlichem Wege, weil hier die Yucca-Motte fehlt, mit der sie in ihrer Heimat in Symbiose leben. Die befruchteten Weibchen von Tegeticula yuccasella suchen nachts die Blüten auf, um in den Fruchtknoten ihre Eier abzulegen. Dabei berühren sie die Staubblätter und werden mit Pollen berieselt, den sie dann zur nächsten Blüte tragen. Die Raupen der Motte ernähren sich von den heranreifenden Samenanlagen. Der Larvenfraß ist indessen so geringfügig, dass die Ausbildung der Samen und die Vermehrung der Pflanze nicht gefährdet sind.
Auch auf den Speisezetteln der indigenen Bewohner der Neuen Welt hatten Yuccas viele Jahrhunderte lang einen wichtigen Stellenwert. Trivialnamen wie "Banana Yucca" oder "Datil Yucca" deuten heute noch darauf hin, dass die Früchte von Yucca baccata , zuweilen aber auch von anderen Spezies, in der Küche verwertet werden können. Aus den faserigen Blättern wurden Matten, Sandalen und Körbe geflochten. Die Rhizome insbesondere der schmalblättrigen Yucca elata wurden in Wasser eingeweicht und als Waschmittel verwendet.
Geschälte und gekochte Yucca-Rhizome wurden als Gemüsebeilage geschätzt. Man verwendete sie aber auch in der Volksheilkunde. Der aus den Blättern bereitete Tee wirkt laxierend und lindert asthmatische Anfälle, so die Überlieferung. Für die externe Behandlung von Rheuma, Arthritis und Hautausschlägen empfahlen die Heilkundigen Umschläge mit zermahlenen Blättern oder Rhizomen.
Inzwischen haben Wissenschaftler in den Yuccas einige pharmakologisch wirksame Stoffe gefunden, insbesondere Steroidsaponine und ihre Sapogenine. So finden sich in den Rhizomen der Yucca filamentosa 1,2 Prozent kristalline Sapogenine sowie mehrere Saponine; Yuccosid B, C und E und Protoyuccosid C sind Glykoside des Sarsasapogenins und des isomeren Tigogenins. Die Blätter enthalten 0,6 Prozent kristalline Steroidsapogenine und dienen der pharmazeutischen Industrie zur Partialsynthese von Steroidhormonen. Die Blüten duften, denn sie enthalten ätherische Öle mit Heptadecan und Nonadecan als Hauptkomponenten.
Yucca filamentosa war bereits im Homöopathischen Arzneibuch von 1934 monographiert und steht auch im aktuellen HAB 2006.
GartentippKakteen-Garten, Spezialgärtnerei für winterharte Kakteen und Yucca
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Gegen Rheuma und Apfelschorf
In die moderne Phytotherapie hat Yucca nicht Einzug gehalten, obwohl Robert Bingham in der National Arthritis Medical Clinic in Kalifornien 1975 einen aus Yucca schidigera gewonnenen Saponin-haltigen Extrakt an 149 Rheumapatienten mit positivem Ergebnis getestet hatte und angeblich auch bei der Behandlung von Migräne, Hypotonie und Hypercholesterinämie Erfolge erzielt hatte. Da die Yucca-Saponine außerdem die Verdauung fördern, Fett abbauen, den Körper entgiften und das Immunsystem stärken sollen, werden in Deutschland seit Kurzem Nahrungsergänzungsmittel mit Yucca-Extrakt hergestellt und vertrieben; diese Präparate sind jedoch nicht klinisch geprüft und daher nicht als Ersatz für Arzneimittel anzusehen.
In einem Forschungsprojekt der Universität Wageningen stellte sich erst vor wenigen Jahren heraus, dass ein Yucca-Extrakt den Pilz Venturia inaequalis , den Verursacher des Apfelschorfs, wirksam bekämpfen kann. Dabei wirkt Yucca-Extrakt sowohl heilend als auch vorbeugend, indem der Pilz an der Bildung von Fruchtkörpern und somit der Infektion der Bäume gehindert wird. Das Präparat könnte eine Alternative zu den bisher verwendeten Fungiziden auf der Basis von Kupfer und Schwefel sein.
Nicht tauglich fürs Feld, umso mehr für den Garten
Nach dem Ersten Weltkrieg versuchte die IG Farben, Yucca filamentosa als Nutzpflanze für die Gewinnung von Fasern – als Ersatz für Sisal und Jute – und Bindemitteln zu etablieren. 1924 wurden in Deutschland zwei Millionen Pflanzen kultiviert. 1926 waren 16 Patente auf Yucca-Basis registriert. Die Pflanzen erfüllten jedoch nicht die in sie gesetzten Erwartungen und verschwanden wieder von den Feldern. Nur im Taunus wurden sie ab 1930 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs noch einmal als Faserpflanzen angebaut.
Als Zierpflanzen sind Yuccas heute so populär wie schon vor Jahrhunderten. Neben der in nahezu jedem deutschen Garten präsenten Yucca filamentosa ist Y. elephantipes ("Elefantenfuß") eine in Wintergärten und Büros häufig anzutreffende Trendpflanze, die jedoch bei uns nicht im Freien überwintern kann. In ihrer mexikanischen Heimat erreicht sie mit ihren bizarr verzweigten Stämme und grünen Blattrosetten eine Höhe bis zu zehn Metern.
Einige andere stammbildende Spezies haben aber mittlerweile ihre Wintertauglichkeit auch in Mitteleuropa bewiesen. Neuerdings werden sogar in Mittel- und Norddeutschland Yucca glauca, Y. baccata, Y. gloriosa und einige andere Arten im Freien gepflanzt. In nährstoffarmer durchlässiger Erde an einem nach Süden exponierten windgeschützten Platz können sie sich prächtig entwickeln und – sofern sie alt genug sind – im Sommer ihre exotische Blütenpracht entfalten.
Reinhard Wylegalla
1 Kommentar
Yucca filamentosa
von Isabel am 16.07.2019 um 8:18 Uhr
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