Arzneimittel und Therapie

Artesunatzäpfchen als wirksame Soforthilfe

Erhalten Kinder mit akuter Malaria in entlegenen Gebieten Afrikas oder Asiens als Soforthilfe Artesunatzäpfchen, sinkt die malariabedingte Sterblichkeit, wenn die Kinder auch nach mehr als sechs Stunden noch nicht in einem Krankenhaus behandelt werden konnten. Dieses Ergebnis einer großen randomisierten multizentrischen Studie, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durchgeführt wurde, könnte die Behandlung der Malaria entscheidend beeinflussen.
Behandlungseffekte von Artesunatzäpfchen auf das frühe Sterbe­risiko und – unterteilt nach der Zeit, die zum Erreichen eines Krankenhauses benötigt wurde – auf das spätere Sterberisiko oder permanente Behinderung.

Für Patienten mit akuter Malaria, die orale Medikamente nicht mehr schlucken können, ist in abgelegenen Dörfern Afrikas die benötigte schnelle parenterale Behandlung nicht verfügbar. Bei diesen Patienten handelt es sich häufig um Kinder, deren Transport in ein Krankenhaus bzw. zu einer Krankenstation mehrere Stunden oder sogar Tage dauern würde. Insbesondere bei kleinen Kindern ist dann die Sterblichkeit besonders hoch. Artesunat, ein partialsynthetisches Artemisininderivat, kann innerhalb von sechs bis zwölf Stunden die Zahl der Blutschizonten halbieren und wirkt damit schneller als andere Malariamittel. In einer placebokontrollierten Studie wurde daher unter Praxisbedingungen untersucht, ob Artesunatzäpfchen unmittelbare Hilfe leisten und damit die Sterblichkeit und malariabedingte permanente Behinderungen vermindern können.

Die Studie wurde in 291 Dörfern in Ghana, Tansania und Bangladesch durchgeführt. Die Patienten wurden von Einheimischen, die im Erkennen von Malariasymptomen geschult worden waren, rekrutiert und mussten so schwer erkrankt sein, dass sie nicht mehr oral behandelt werden konnten. An den afrikanischen Studienorten wurden ausschließlich kleine Kinder zwischen sechs bis 72 Monaten rekrutiert. In Bangladesch wurden auch ältere Patienten in die Studie eingeschlossen. An den afrikanischen Studienstandorten war die Erreichbarkeit eines Krankenhauses erheblich schwerer als an dem Studienort in Bangladesch.

Die eingeschlossenen Patienten erhielten vor dem Transport ins Krankenhaus randomisiert entweder ein Artesunatzäpfchen (Kleinkinder 100 mg; Schulkinder und Erwachsene: 400 mg) oder ein Placebozäpfchen. Bei der Verabreichung wurde zehn Minuten darauf geachtet, dass das Zäpfchen im Rektum blieb. Zur Analyse wurde ein peripherer Blutabstrich entnommen. Wenn dieser negativ auf Malariaerreger war, wurden die Patienten von der Hauptanalyse ausgeschlossen (26% aller Blutabstriche waren negativ). In der Artesunatgruppe wurden schließlich 6072 und in der Placebogruppe 5996 Patienten in die Auswertung eingeschlossen.

Bei Patienten, die innerhalb von sechs Stunden ein Krankenhaus erreichen konnten, wo sie parenteral behandelt werden konnten, wurde kein Unterschied zwischen den Gruppen festgestellt (siehe Grafik). Dagegen verringerte Artesunat bei den Patienten, die auch nach sechs Stunden oder mehr noch nicht in einem Krankenhaus behandelt werden konnten (das waren 25%, ausschließlich Kleinkinder, überwiegend in Tansania), das Sterberisiko und das Risiko anhaltender Behinderungen auf die Hälfte (Risikoverhältnis 0,49, 95%-KI: 0,32 bis 0,77, p = 0,0013). Je länger die Zeit bis zum Erreichen einer Klinik, desto wirksamer war die Soforthilfe mit Artesunat. Sechs Stunden war dabei die beliebig festgesetzte Abgrenzungszeit der Studienautoren.

Fazit: Praxistauglichkeit ist fraglich

Mit der sofortigen Gabe von rektalem Artesunat kann dem Problem einer zu spät begonnenen Malariatherapie in ländlichen Gegenden in Afrika begegnet werden. Diese Erkenntnis ist für die Behandlung der Malaria überall dort, wo eine Versorgung im Krankenhaus nicht zeitnah möglich ist, von entscheidender Bedeutung. Der nächste Schritt wäre, die Verteilung in großem Umfang zu organisieren und Strategien zur erfolgreichen Umsetzung unter den vor Ort gegebenen Bedingungen zu entwickeln. Dabei dürfte auch die Lagerung der hitzeempfindlichen Zäpfchen unter klimatisch schwierigen Bedingungen zu beachten sein. In der Studie mussten die Patienten nach der Gabe des Suppositoriums in ein Krankenhaus gebracht werden. Entscheidend wird sein, ob dies unter den Bedingungen des realen Lebens auch so gehandhabt werden wird oder ob vielmehr die Gabe dazu verleitet, den Weg ins Krankenhaus zu verschieben.

 

 

Quellen
 Gomes MF, et al.: Pre-referral rectal artesunate to prevent death and disability in severe malaria: a placebo-controlled trial. Lancet 2009;373:557-566.
 Von Seidlein L, Deen JL. Pre-referral rectal artesunate in severe malaria. Lancet 2009; 373: 522-523.

 

 

Apothekerin Dr. Birgit Schindler

 

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