Arzneimittel und Therapie

Neue Doxycyclinzubereitung wirkt nur antientzündlich

Konstant antientzündlich aber nicht antibiotisch wirkt eine neue galenische Zubereitung von niedrig dosiertem Doxycyclin, die speziell für die Behandlung der Rosacea entwickelt wurde. Mit dem neuen Präparat (Oraycea®), das bei den Plasmaspiegeln unterhalb der Schwelle der antimikrobiellen Wirksamkeit von Doxycyclin bleibt, kommt es auch bei längerfristiger Anwendung nicht zur Resistenzentwicklung.
Rosacea Zur Reduktion papulopustulöser Läsionen bei erwachsenen Patienten mit Rosacea im Gesicht steht Doxycyclin in einer neuen Galenik als teilretardiertes niedrig dosiertes Präparat (Oraycea®) zur Verfügung, mit der Plasmaspiegel erreicht werden, die unterhalb des antimikrobiell wirksamen Schwellenwertes ­liegen. Oraycea® darf nicht zur Behandlung von Infektionen angewendet werden, die durch bekannte oder vermutete Doxycyclin-empfindliche Erreger hervorgerufen werden.
Foto: Prof. Dr. M. Schaller, Tübingen

Die Rosacea ist keineswegs eine seltene Erkrankung: Vielmehr sind Schätzungen zufolge rund zwei bis sogar zehn Prozent der Bevölkerung betroffen. Genaue Zahlen aber fehlen, da die entzündliche Hauterkrankung bei leichtem bis moderatem Verlauf oft nicht diagnostiziert wird. Allerdings geht die Rosacea mit einer hohen psychosozialen Belastung einher. Dies liegt zum einen an der kosmetischen Beeinträchtigung durch die auffällige Hautrötung sowie die Papeln und Pusteln bei ausgeprägter Dermatose, zum anderen auch an der Stigmatisierung durch die Hauterkrankung, die oft mit einem Alkoholabusus assoziiert wird. Zwar kann Alkohol ebenso wie Stress und mechanische Hautreizungen einen Triggerfaktor der Rosacea darstellen, ursächlich aber dürfte eine genetische Prädisposition für die Erkrankung sein.

Doxycyclin jetzt teilretardiert in niedriger Dosierung

Obwohl Bakterien bei der Ätiologie keine Rolle spielen, wird die Rosacea üblicherweise mit topisch appliziertem Metronidazol behandelt und bei schweren sowie therapieresistenten Formen mit Doxycyclin. Die Pathophysiologie der entzündlichen Läsionen der Rosacea ist teilweise die Manifestation eines Neutrophilen-vermittelten Prozesses. Es konnte gezeigt werden, dass Doxycyclin die Aktivität von Neutrophilen hemmt, ebenso wie die verschiedenen proinflammatorischen Reaktionen einschließlich solcher, die mit Phospholipase A2 , endogenem Stickoxid und Interleukin 6 assoziiert sind. Die klinische Signifikanz dieser Erkenntnisse ist nicht bekannt. Doxycyclin steht jetzt in einer neuen Galenik als teilretardiertes niedrig dosiertes Präparat (Oraycea®) zur Verfügung, das sich speziell für die Therapie der Rosacea eignet. Die Hartkapseln enthalten jeweils 40 mg des Wirkstoffs und werden einmal täglich eingenommen. Die Kapsel sollte am Morgen mit ausreichend Wasser in aufrechter Körperhaltung im Sitzen oder im Stehen eingenommen werden, um das Risiko ösophagealer Irritationen und Ulzerationen zu reduzieren. Aus den Kapseln werden 30 mg des Wirkstoffs rasch und 10 mg verzögert freigesetzt, wodurch über 24 Stunden konstante Plasmaspiegel deutlich unterhalb der antimikrobiellen Wirksamkeit erzielt werden. Es wird dadurch die erwünschte antientzündliche von der unerwünschten antimikrobiellen Wirkung getrennt und nur die antiinflammatorische, nicht aber die antibiotische Wirkkomponente von Doxycyclin genutzt.

 

Die Plasmakonzentration von Doxycyclin nach der Anwendung von Oraycea® liegt deutlich unter dem Spiegel, der für die Hemmung von üblicherweise mit bakteriellen Erkrankungen assoziierten Mikroorganismen benötigt wird. Nach der Einnahme wird Doxycyclin fast vollständig resorbiert. Nach der oralen Gabe betrugen die mittleren Plasmakonzentrationen 510 ng/ml nach einer Einmalgabe und 600 ng/ml im Steady-State (Tag 7). Die maximalen Plasmaspiegel wurden im Allgemeinen 2 bis 3 Stunden nach der Verabreichung erreicht. Die gleichzeitige Einnahme zusammen mit einer fett- und eiweißreichen Mahlzeit, die Milchprodukte beinhaltete, reduzierte die Bioverfügbarkeit des in Oraycea® enthaltenen Doxycyclins um etwa 20% und die Spitzenplasmaspiegel um 43%.
  • geschätzte Prävalenz zwischen 2 und 10%
  • Krankheitsbeginn meist zwischen 30 und 50 Jahren
  • Frauen sind häufiger betroffen (Verhältnis 2-3:1)
  • progrediente und chronische Erkrankung
  • Heilung nicht möglich, aber Linderung und Beherrschung der Symptome
empfehlenswert:
  • Hautschutz vor Irritantien, Okklusion, Farbstoffen, Alkohol, Emulgatoren
  • nicht irritierende Gesichtsreinigung mit ph-neutralen Waschsyndets oder Reinigungsmilch (seifenfrei)
  • konsequenter physikalischer Lichtschutz (z. B. Zinkoxid, Titandioxid)
  • natürlich vorkommende Emulgatoren (Phospatidylcholin)
eher nicht empfehlenswert:
  • Triggerfaktoren: Stress, heiße Getränke, Gewürze, Alkohol
  • Sodiumlaurylsulfat
  • Adstringenzien
  • Menthol, Kampher
  • wasserfeste Externa
  • Propylenglykol, Ethanol
  • Duftstoffe
[Quelle: Dr. Dieter Reinel, Hamburg]

 

Gute Wirksamkeit, keine Resistenzbildung

Zwei randomisierte Doppelblindstudien belegen die gute klinische Wirksamkeit bei gleichzeitig guter Verträglichkeit der neuen galenischen Zubereitung. In den beiden Studien wurden rund 300 Patienten 16 Wochen lang mit dem teilretardierten Präparat behandelt und es wurde eine kontinuierliche Besserung beobachtet, wobei sich in einer Studie neben den Pusteln und Papeln auch die Hautrötung reduzierte. In einer Vergleichsstudie erwies sich außerdem die neue, mit 40 mg niedrig dosierte Zubereitung als ebenso wirksam wie die herkömmliche Behandlung mit 100 mg Doxycyclin.

Während normalerweise aber bereits bei einer nur siebentägigen Behandlung mit 100 mg des Tetracyclins ein rascher Anstieg der Resistenzen beobachtet wird, ist ein solcher Effekt bei der niedrigen Dosierung nicht zu erwarten, da die Plasmaspiegel unterhalb der Schwelle der mikrobiellen Wirkung bleiben. Mikrobiologische Sicherheitsdaten von bis zu neun Monaten belegen entsprechend, dass auch bei der Anwendung über diesen langen Zeitraum keine bakteriellen Resistenzen induziert werden und dass zum Beispiel die gastrointestinale Mikroflora nicht beeinträchtigt wird.

Es wurde zudem in den Studien keine Photosensibilisierung beobachtet, wie sie ansonsten unter Tetracyclinen häufig zu sehen ist und es traten auch nicht vermehrt vaginale Candidosen auf. Vielmehr lagen die Nebenwirkungen auf Placeboniveau.

 

Quelle
Fachinformation Oraycea, Stand Juli 2008. 
Prof. Dr. Thomas A. Luger, Münster; Dr. Dieter Reinel, Hamburg; Prof. Dr. Frank Hevert, Gießen: "Oraycea® - anti-entzündliche Therapie der Rosacea", 45. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, Dresden, 30. April 2009, veranstaltet von der Galderma Laboratorium GmbH, Düsseldorf. 

 

Christine Vetter, 
freie Medizinjournalistin

 

 

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.