Arzneimittel und Therapie

Interview zur Hypertonietherapie mit Prof. Dr. Joachim Hoyer

Die Blutdrucktherapie wurde um eine neue Möglichkeit erweitert: bewährte Arzneistoffe stehen in einer fixen Dreierkombination zur Verfügung. Wir baten Prof. Dr. Joachim Hoyer, Direktor der Klinik für Innere Medizin und Nephrologie am Universitätsklinikum Marburg, um eine Bewertung dieser neuen Darreichungsform
Joachim Hoyer

DAZ: In der Hypertonietherapie wird schon früh eine Zweifachkombination empfohlen um die Wirksamkeit zu erhöhen und Nebenwirkungen zu reduzieren. Wann ist der richtige Zeitpunkt für einen dritten Wirkstoff?

Hoyer: Bei bis zu einem Drittel der Patienten mit Hypertonie lässt sich der Blutdruck mit zwei Antihypertensiva nicht normalisieren, sprich es werden keine Werte unter 140/80 mmHg erreicht. Dann muss ein dritter Wirkstoff dauerhaft oder vorübergehend hinzugenommen werden. Wann die Entscheidung für das dritte Antihypertensivum fällt, hängt von der Gefährdung des Patienten ab. Bei sehr hohen Blutdruckwerten kann, insbesondere bei stationär aufgenommenen Patienten, gleich mit einer Dreifachkombination begonnen werden. Konnte bei einem Patienten mit einem Ausgangsblutdruck von 160/95 mmHg mit zwei Antihypertensiva bereits eine Blutdrucksenkung erreicht werden und es fehlen nur noch 5 bis 10 mmHg bis zum Zielwert, kann man sich mit der Entscheidung für oder gegen einen dritten Blutdrucksenker auch einige Wochen bis Monate Zeit lassen. Das Ziel der Blutdrucknormalisierung darf dabei allerdings nicht aus den Augen verloren werden. Wichtig dabei ist, dass der Hypertoniepatient insgesamt behandelt wird. Dazu gehören nicht nur die Verordnung von Tabletten, sondern auch nicht-medikamentöse Maßnahmen wie Gewichtsabnahme, Rauchverzicht, Ernährungsumstellung in Richtung einer mediterranen Kost und körperliche Aktivität. Wenn das gelingt, kann eventuell auf ein drittes Antihypertensivum verzichtet, die Dosen reduziert und, bei stabilen Werten, auch ein Medikament abgesetzt werden. Dann muss aber genau kontrolliert werden, wie sich der Blutdruck entwickelt. Solange der Patient unter einer laufenden Therapie keine Beschwerden oder Nebenwirkungen hat, ist es immer besser, erstmal keine Erhöhung zu riskieren.

DAZ: Welche Medikamentenkombinationen eignen sich für die Dreifachtherapie?

Hoyer: Die Dreifachkombination ergibt sich aus der begonnenen Zweifachkombination. Hier ist die erste Variante der ACE-Hemmer als Grundbaustein für den Therapieaufbau mit einem Diuretikum wie Hydrochlorothiazid. Das Diuretikum unterstützt die ACE-Hemmer-Wirkung und hat den Vorteil einer fixen Dosierung von 12,5 mg oder 25 mg; eine Steigerung ist nicht sinnvoll und mit vermehrten Nebenwirkungen assoziiert. Wird der ACE-Hemmer nicht vertragen, kann ein Sartan eingesetzt werden. Ebenfalls gut kombinieren lassen sich ACE-Hemmer und Calciumantagonisten. Auch hier sind synergistische Effekte belegt, das Nebenwirkungsprofil ist sehr günstig. Je nach Ausgangsmedikation in der Zweierkombination kann dann also der Calciumantagonist oder das Diuretikum für die Dreifachkombination hinzugefügt werden. Alle drei Wirkstoffklassen senken den Blutdruck über verschiedene Mechanismen und wirken dadurch additiv oder synergistisch. Vorteil der Dreifachkombination ist auch, dass die Wirkstoffe nicht maximal dosiert werden müssen, sondern eine mittlere Dosis möglich ist und Nebenwirkungen dadurch seltener werden. Häufig treten Nebenwirkungen nämlich nur auf, weil ein Medikament sehr hoch dosiert ist. Dann sollte man das Medikament zunächst nicht komplett absetzen, weil sonst eine ganze Substanzklasse verloren geht. Besser ist der Versuch einer Dosisreduktion.

DAZ: Halten Sie fixe Kombinationen auch bei drei Antihypertensiva für sinnvoll?

Hoyer: In der Initialphase zur Dosisfindung und Prüfung der Effektivität von Antihypertensiva wird man nicht mit fixen Dreifachkombinationen arbeiten wollen. Sobald der Patient aber eine stabile Therapiephase mit drei Medikamenten erreicht hat, geht es darum die Behandlung möglichst einfach zu gestalten. Dabei sind fixe Kombinationen sehr hilfreich, da sie die Compliance enorm verbessern können. Und die Compliance ist das Hauptproblem der langfristigen Hypertonietherapie, gerade bei gut eingestellten Patienten, die keinerlei Beschwerden mehr haben.

DAZ: Sind auch Betablocker Kandidaten für die Kombinationstherapie?

Hoyer: Betablocker haben als Antihypertensiva ihren Stellenwert bei Hypertonikern mit kardialen Vorerkrankungen, etwa einer Herzinsuffizienz oder einer assoziierten diastolischen Funktionsschwäche. Unerlässlich sind Betablocker auch bei Patienten mit einer koronaren Herzkrankheit. Unter diesen speziellen Voraussetzungen sind sie auch für die Ersttherapie indiziert. Als Kombinationspartner steht an erster Stelle das Diuretikum – das ist der alte Goldstandard, da er nachweislich die Hypertonie senken und Folgeerkrankungen vorbeugen kann. Als dritter im Bunde kann ein ACE-Hemmer kombiniert werden, da auch er bei Herzinsuffizienz indiziert ist und sich positiv auf das Remodeling auswirkt. Bei einem solchen Behandlungsregime mit ACE-Hemmer, Diuretikum und Betablocker könnte wohl auch an eine Dreier-Fixkombination gedacht werden. Diese ist aber zur Zeit nicht gebräuchlich, so dass in der Regel die Fixkombination ACE-Hemmer und Diuretikum mit dem Monopräparat Betablocker kombiniert wird.

DAZ: Herr Professor Hoyer, wir danken Ihnen für das Gespräch!

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