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Ernährung aktuell
Sonnenschutz "von innen" – mit Tomaten und Schokolade?
UV-Bestrahlung erhöht nicht nur das Hautkrebs-Risiko, sie beschleunigt auch die Hautalterung, unter anderem durch die Destruktion von Kollagen- und Elastinfasern. Frühzeitige Faltenbildung und ein trockenes, "pergamentartiges" Aussehen der lichtexponierten Areale sind die unerwünschten Folgen. Seit bekannt ist, dass sich verschiedene Pflanzen und Algen (z. B. die grüne Meeresalge Dunaliella salina) durch Carotinoide vor intensiver Sonneneinstrahlung schützen, hofft man, mit diesen Substanzen auch beim Menschen das "Photo-Aging" verzögern zu können. Zahlreiche Untersuchungen konnten inzwischen zeigen, dass sich durch eine orale Anwendung von Carotinoiden und weiteren Substanzen auch beim Menschen gewissen Lichtschutz-Effekte erzielen lassen. Aufgrund der geringen Probandenzahlen ist die Aussagekraft der Studien jedoch begrenzt.
"Tomatenpastenstudie"
Eine an der Universität Düsseldorf in Kooperation mit der Universität Witten/Herdecke durchgeführte Untersuchung, die so genannte "Tomatenpastenstudie", hatte beispielsweise untersucht, ob das Carotinoid Lycopin, der rote Farbstoff der Tomate, einen photoprotektiven Effekt besitzt.
Die zehnwöchige Studie schloss 20 Probanden ein, denen aufgetragen wurde, eine kleine Dose Tomatenmark (40 g) in ihre tägliche Ernährung einzubauen, z. B. in Form von Suppe, Pizzaaufstrich oder Nudelsoße. Die Teilnehmer der Placebogruppe reicherten stattdessen ihre Speisen mit 10 g Olivenöl pro Tag an. Nach zehn Wochen Studiendauer kam es bei den Teilnehmern der "Tomatenmark-Gruppe" zu einem Anstieg der Lycopin-Konzentrationen im Serum um etwa 95%. Bei einer anschließenden Exposition mit UV-Strahlung zeigte sich bei den Tomaten-Konsumenten eine um 32 Prozent niedrigere Erythem-Rate. Ähnliche Ergebnisse wurden mit Kapseln mit Lycopinextrakt, mit synthetischem Lycopin oder mit Saft der "Lycopin-Karotte", einer Lycopin-reichen Züchtung, erzielt.
Bitterschokolade als Sonnenschutz?
Auch bei Anwendung von Flavanol-Derivaten wie Katechin und Epikatechin, die z. B. in Rotwein, Tee und Bitterschokolade vorkommen, wurden photoprotektive Effekte beobachtet. An den Universitäten Düsseldorf und Witten/Herdecke war zu dieser Thematik über zwölf Wochen eine zweiarmige doppelblinde randomisierte Studie mit 24 Frauen zwischen 18 und 65 Jahren durchgeführt worden. Zwölf Probandinnen nahmen täglich einen Flavanol-reichen Kakaotrunk zu sich (Flavanolgehalt 326 mg/d, darunter Epikatechin 61 mg/d, Katechin 20 mg/d). In der Vergleichsgruppe lag der Gesamt-Flavanolgehalt dagegen nur bei 27 mg pro Tag (Epikatechin 6,6 mg/d, Katechin 1,6 mg/d). Nach Bestrahlung ausgewählter Hautareale mit der 1,25-fachen minimalen Erythemdosis (MED) untersuchte man die Hautreaktionen sowie verschiedene hautphysiologische Parameter wie Hautoberflächenstruktur und Barrierefunktion.
Nach sechs bzw. zwölf Wochen zeigte sich bei den Probandinnen, die einen Flavanol-reichen Kakaotrunk zu sich genommen hatten, eine signifikante Abnahme der UV-induzierten Erytheme um 15 bzw. 25 Prozent, während in der Vergleichsgruppe keine Veränderungen beobachtet wurden.
Zusätzlich führte die Aufnahme eines Kakaogetränks mit hohem Flavanolgehalt nach zwölf Wochen zu einer Erhöhung der Durchblutung der oberen Hautschichten, einer Zunahme der Hautdicke um rund zwölf Prozent (von 1,11 ± 0,11 mm auf 1,24 ± 0,13 mm) und einer Verminderung des transepidermalen Wasserverlustes (TEWL) um rund 28 Prozent (Abnahme von 8,7 ± 3,7 g/m²h auf 6,3 ± 2,2 g/m²h). Hautrauigkeit und -schuppigkeit nahmen signifikant ab.
Transepidermaler Wasserverlust (TEWL)Der TEWL (transepidermal water loss) ist ein Maß für die passive Diffusion von Wasser aus den oberen Hautschichten. Er dient auch zur Abschätzung der Barrierefunktion der Haut; bereits leichte Hautschädigungen können zu einer Abnahme des TEWL führen. TEWL-Bestimmungen werden häufig bei der Prüfung von Kosmetika durchgeführt. Gemessen wird mit einem Tewameter®, die Angabe erfolgt in Gramm Wasserverlust pro Quadratmeter pro Stunde (g/m²h). |
Auf Sonnencreme nicht verzichten
Ulrike Heinrich, Witten/Herdecke – eine der Studienautorinnen – betont, dass diese Ergebnisse keinesfalls dazu verleiten dürften, auf topische Sonnenschutzmittel zu verzichten: "Bei der oralen Photoprotektion handelt es sich immer um einen Basisschutz, keinesfalls um Sonnenschutz-Ersatz".
Wichtig für die Wirksamkeit sei auch eine hohe Bioverfügbarkeit. Bei den Carotinoiden wisse man schon seit langem, dass sie aus gekochtem Gemüse deutlich besser bioverfügbar sind als aus rohen Tomaten oder Karotten. Wer kein Gemüse mag, könne auf eine breite Palette von Nahrungsergänzungsmitteln in Form von Kapseln oder Drinks zurückgreifen. Nach bisherigen Erkenntnissen sei eine temporäre Supplementierung mit 20 bis 25 mg Carotinoiden pro Tag über einen Zeitraum von acht bis zwölf Wochen sinnvoll, empfahl Heinrich. Die Anwendung von Nahrungsergänzungsmitteln dürfe jedoch kein Ausgleich für eine ungesunde Ernährung sein.
Quellen: Prof. Dr. Ulrike Heinrich: Vortrag auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Dermopharmazie e. V., Berlin, 22. März 2010 Heinrich U, et al.: J. Nutr. 2006; 136 (6):1565-1569
Autorin
Apothekerin Dr. Claudia Bruhn
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