Arzneimittel und Therapie

Wie Retinoidsäure das Wachstum von Nervenzellen fördert

Wissenschaftler des Hertie-Instituts für klinische Hirnforschung (HIH) am Universitätsklinikum Tübingen haben einen bisher unbekannten molekularen Mechanismus aufgeklärt, der an der Wirkung der Retinoidsäure bei Verletzungen des zentralen Nervensystems (ZNS) beteiligt ist.
Foto: Wikipedia/Emw
Retinoic acid receptor beta Tübinger Forscher zeigen, dass das durch Retinoidsäure ausgelöste Wachstum von Nervenzellen durch die Bindung des Wirkstoffs an einen Rezeptor (retinoic acid receptor beta, RARβ) erfolgt. RARβ kann die Auswirkung eines wachstumshemmenden Moleküls wie zum Beispiel Lingo-1 nach einer Rückenmarkverletzung unterdrücken.

Nach einer Schädigung des Zentralen Nervensystems (ZNS), zum Beispiel durch eine Verletzung des Gehirns, des Rückenmarks oder durch einen Schlaganfall, entsteht im Gehirn oder Rückenmark eine für Nervenzellen regenerationsfeindliche Umgebung. Daran beteiligt sind Narbenbildung oder andere Signale, die sich auf die Nervenzellen wachstumshemmend auswirken. Außerdem fehlt den adulten Nervenzellen des ZNS – genetisch bedingt – die Fähigkeit nachzuwachsen. Jedoch gibt es Wirkstoffe wie die Retinoidsäure, die bei Verletzungen des zentralen Nervensystems eingesetzt werden und das Wachstum von ZNS-Nervenzellen in dieser regenerationsfeindlichen Umgebung anstoßen können.

Tübinger Forscher zeigen nun, dass das durch Retinoidsäure ausgelöste Wachstum von Nervenzellen durch die Bindung des Wirkstoffs an einen Rezeptor (retinoic acid receptor beta, RARβ) erfolgt. RARβ kann die Auswirkung eines wachstumshemmenden Moleküls wie zum Beispiel Lingo-1 nach einer Rückenmarkverletzung direkt unterdrücken. Dieser Vorgang ist von entscheidender Bedeutung für die Überwindung von Signalen, die nach ZNS-Schädigungen wachstumshemmend wirken. Die Entdeckung trägt möglicherweise zu einer verbesserten Anwendung von Retinoidsäure in Kombination mit anderen klinisch verfügbaren Arzneimitteln bei der Behandlung von ZNS-Schädigungen bei.


Quelle

Puttagunta, R.; et al.: J. Cell. Biol. 2011; 193(7): 1147 – 56; Online-Publikation doi: 10.1083/jcb.201102066.


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DAZ 2011, Nr. 30, S. 36

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