Arzneimittel und Therapie

Erhöhtes Risiko für Melanome

Zur Behandlung von rheumatoider Arthritis werden neben nicht-biologischen Wirkstoffen auch vermehrt Hemmstoffe des Tumornekrosefaktors (TNF) eingesetzt. Eine schwedische prospektive Kohortenstudie mit Patienten mit rheumatoider Arthritis weist auf ein erhöhtes relatives Risiko für invasive Melanome für diese Patienten hin, die mit TNF-Inhibitoren behandelt wurden.

Die Aktivierung des Immunsystems ist ein Schlüsselfaktor der körpereigenen Tumor-abwehrenden Mechanismen. Zustände einer geschwächten Immunabwehr wie sie bei Aids oder nach Organtransplantation vorliegen, wurden bereits in einigen Studien als Risikofaktoren für Melanome identifiziert. Auch rheumatoide Arthritiden an sich, Behandlung mit nicht-biologischen Arzneimitteln oder beides werden mit der Unterdrückung der Tumorabwehr in Zusammenhang gebracht und könnten somit theoretisch das Risiko für Melanome erhöhen. In den späten 1990er Jahren wurden Inhibitoren gegen den Tumornekrosefaktor in die Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA) eingeführt und sind inzwischen eine der Hauptstützen der medikamentösen RA-Therapie. Wenn auch einige Studien zeigten, dass TNF-Inhibitoren das Krebsrisiko nicht erhöhen, blieb die Furcht, dass das Melanom-Risiko erhöht werden könne, zumal sich experimentelle Studien gezeigt hatten, dass TNF eine wichtige Rolle bei der Größenregulation von Melanomen spielt.

Die jetzt publizierte Kohortenstudie wertete die Daten von Patienten mit rheumatoider Arthritis aus, die zwischen 2001 und 2010 in einem schwedischen Register erfasst worden waren. Verglichen wurden drei Gruppen: 10.878 der Patienten waren mit einem der fünf in Schweden zugelassenen TNF-Blockern (Adalimumab, Certolizumab Pegol, Etanercept, Golimumab oder Infliximab) behandelt worden, 42.198 mit nicht-biologischen Behandlungsoptionen. Dritte Vergleichsgruppe war eine gemischte Population der allgemeinen Bevölkerung. Als erster Endpunkt wurde das Auftreten von invasiven Melanomen bei Patienten definiert, die vorher noch keine Tumore gehabt hatten. Drei sekundäre Endpunkte wurden zusätzlich erfasst: In-situ-Melanome (bei Patienten ohne vorherige Krebsgeschichte), invasive oder In-situ-Melanome bei Patienten mit vorheriger Krebsgeschichte sowie invasive maligne Erkrankungen jedweder Art. Beim Vergleich der RA-Patienten, die mit nicht-biologischen Arzneimitteln behandelt worden waren, und der Vergleichsgruppe ohne rheumatoide Arthritis zeigte sich kein signifikanter Unterschied im Hinblick auf das Auftreten von invasiven Melanomen und auch kein Unterschied im Hinblick auf einen der anderen Endpunkte. Bei den RA-Patienten, die mit TNF-Blockern behandelt worden waren, traten in 38 Fällen invasive Melanome auf. Im Vergleich zu den RA-Patienten, die nicht mit biologischen Arzneimitteln behandelt worden waren, entsprach das einer signifikanten Risikoerhöhung für invasive Melanome. Das entspricht 20 zusätzlichen Fällen pro 100.000 Personenjahren.

Aussagekraft und Grenzen dieser Studie

In dieser Studie zeigte sich eine 50%ige Erhöhung des relativen Risikos für invasive Melanome für die RA-Patienten, die mit TNF-Inhibitoren behandelt worden waren. Das Risiko für das Auftreten von In-situ-Melanomen oder anderen Tumoren war aber im Vergleich zu den RA-Patienten, die mit nicht-biologischen Arzneimitteln behandelt wurden, oder der Vergleichsgruppe ohne rheumatoide Arthritis nicht erhöht. Laut Bewertung der Autoren könnte das aber auch andere Gründe gehabt haben, wie nicht ausreichende Power der In-situ-Melanom-Gruppe. Leider fehlten in dieser Studie Daten über die jeweiligen persönlichen Risikofaktoren für Melanome, wie z. B. das Auftreten von Muttermalen. Denn bekannt ist, dass auch bei Patienten mit dysplastischen oder multiplen Muttermalen das Risiko für Melanome deutlich erhöht ist. Bisher gilt dieses Kriterium nicht als Kontraindikation für den Einsatz von TNF-Inhibitoren. Nach Ansicht der Autoren ist es auch fraglich, ob man bei dem deutlichen Benefit der TNF-Blocker für Patienten mit rheumatoider Arthritis nicht den geringen Anstieg von Melanomen in Kauf nehmen sollte. Auf jeden Fall sollte der Einsatz von TNF-Blockern besonders bei Patienten mit erhöhtem Melanomrisiko wie Melanom-Vorerkrankungen differenziert abgewogen werden. Auch sollten die Patienten unter TNF-Blocker-Therapie genau dermatologisch beobachtet werden.


Quelle

Raaschou P et al. Rheumatoid arthritis, anti-tumour necrosis factor therapy, and risk of malignant melanoma: nationwide population based prospective cohort study from Sweden. BMJ 2013; 346: f1939.


Apothekerin Dr. Annette Junker

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