Rückenschmerzen

Das tut dem Rücken gut

Selbst aktiv gegen Schmerzen werden

Von Ines Winterhagen | Fast jeder Mensch hat mindestens einmal im Leben akute Rückenschmerzen. Eine unbedachte Bewegung, etwas zu Schweres gehoben, einen kalten Windzug abbekommen und der Schmerz ist da. Ob steifer Hals, verspannter Nacken, dumpfes Ziehen im Kreuz, Hexenschuss oder starke Schmerzen: hier ist kompetente Hilfe gefragt – nicht nur durch den Arzt, sondern auch durch den Apotheker. Welche Medikamente sind bei den typischen Beschwerden geeignet, welche Behandlungen im Rahmen der Selbstmedikation haben sich bewährt und wie können sich die Betroffenen selbst helfen?

Rückenschmerz bedeutet nicht nur eine starke Einschränkung der Lebensqualität der Betroffenen durch Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen, sondern hat sich mittlerweile auch zu einem der größten und teuersten Gesundheitsprobleme Deutschlands ausgewachsen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes entstanden durch Kreuzschmerzen im Jahr 2008 Kosten in Höhe von rund 9 Milliarden Euro. Die Volkskrankheit Nr. 1 ist seit Jahren Spitzenreiter in den Statistiken der Anlässe für Arbeitsunfähigkeit und medizinische Rehabilitation.

Das Symptom Rückenschmerz ist meist keine eigenständige Krankheit, sondern Ausdruck einer Störung im Zusammenspiel der Muskeln, Bänder, Gelenke und Knochen. Je nach Beschwerdebild lassen sich drei Gruppen von Schmerzen unterscheiden. Neben radikulären, das heißt von den Nervenwurzeln ausgehenden Rückenschmerzen wie eine Ischiasattacke, werden nicht-spezifische von spezifischen Kreuzschmerzen abgegrenzt. Bei dem weitaus häufigsten nicht-spezifischen Kreuzschmerz ist der Grund für die Beschwerden nicht eindeutig erkennbar. Lesen Sie dazu den Beitrag „Wenn der Rücken schmerzt – Nicht immer nur ein physisches Problem“. Ein spezifischer Kreuzschmerz hingegen ist auf eine konkrete Ursache zurückzuführen wie einen Bandscheibenvorfall, einen Knochenbruch, eine Infektion oder einen Tumor.

Viele Symptome – noch mehr Ursachen

Am weitesten verbreitet sind Beschwerden an der Lendenwirbelsäule. Rund zwei Drittel aller Rückengeplagten haben Schmerzen in diesem Bereich (Hexenschuss, Lumbago, low back pain), der von allen Abschnitten der Wirbelsäule am stärksten belastet wird. Die Kreuzschmerzen können bis in die Leistenregion oder über den hinteren Bereich der Oberschenkel bis ins Gesäß bzw. bis in die Zehen ziehen. Häufig findet sich kein Zusammenhang zwischen Verschleißerscheinungen oder der Beschädigung einer Bandscheibe und den Schmerzen des Patienten. So gibt es Menschen, die trotz massiver Abnutzungszeichen der Wirbelsäule und der Bandscheiben keine Schmerzen haben, während andere bei leichten oder gar keinen Veränderungen sehr starke Schmerzen empfinden.

Rückenschmerzen in Zahlen

  • 85% der deutschen Bevölkerung haben im Laufe ihres Lebens mindestens einmal Rückenschmerzen.
  • Rückenschmerzen zählen auch bei Kindern und Jugendlichen zu den häufigen Beschwerden. Befragt nach Rücken-/Kreuzschmerzen gaben 24% der Mädchen und 19% der Jungen im Alter von 11 bis 17 Jahren „fast jede Woche“ an.
  • 2009 war in der allgemeinärztlichen Praxis der Rückenschmerz nach Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen die dritthäufigst gestellte Diagnose (16%).
  • Rückenschmerzen sind einer der häufigsten Gründe für Arbeitsunfähigkeitstage.
  • Bei Frühberentungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit stehen Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems 2010 an zweiter Stelle nach psychischen und Verhaltensstörungen.

Quelle: Rückenschmerzen. Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Heft 53. Robert Koch-Institut (Hrsg), Berlin (2012).

Die Mehrzahl der Rückenschmerzen sind nicht das Symptom einer schweren Erkrankung, sondern vielmehr Reaktionen auf die moderne Lebensweise. Die meisten Menschen werden immer unbeweglicher, verbringen ihren Tag vorwiegend im Sitzen, im Auto, vor dem Computer oder Fernseher. Körperliche Aktivitäten finden vor allem in der Freizeit statt oder gar nicht. Bewegungsmangel gilt als eine der Hauptursachen für Rückenschmerzen. Doch auch andere Faktoren wie Haltungsfehler, nicht ergonomische Sitzmöbel, falsch betriebener Sport, ungesunde Ernährung, Adipositas oder fehlende Muskelkraft wirken auf die Krankheitsentstehung. Ein häufiger Grund ist auch eine starke psychische Anspannung. Sorgen, Streit, Ängste und Selbstzweifel, Konflikte am Arbeitsplatz und Dauerstress führen leicht zu Verkrampfungen und ungünstigen Körperhaltungen. Doch oft löst erst das Zusammenwirken mehrerer Ursachen die Beschwerden aus. Klimatische Einflüsse wie Nässe, Kälte, Zugluft sowie Klimaanlagen können die Entstehung akuter Schmerzzustände im Rücken zusätzlich begünstigen. In den meisten Fällen werden Kreuzschmerzen von Verspannungen der Rückenmuskulatur verursacht und begleitet. Ist der Schmerz einmal da, werden oft vermeintlich schonende, aber unnatürliche Haltungen eingenommen, die wiederum andere Muskelgruppen strapazieren und die Beschwerden verstärken. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule wird teilweise erheblich eingeschränkt. Nachfolgend verstärken sich erneut die Muskelfehlbelastungen sowie die Schmerzproblematik. Das Ganze mündet schließlich in einen Teufelskreis.

Teufelskreis bei akuten Rückenschmerzen Ein Dauerschmerz fördert Muskelverspannungen und Fehlstellungen und kann das psychische Befinden beeinflussen.

Akut oder chronisch?

Anhand des zeitlichen Verlaufs der Schmerzsymptomatik wird weiterhin zwischen akutem, subakutem und chronischem Kreuzschmerz unterschieden. Ein akuter Kreuzschmerz dauert weniger als sechs Wochen an. Besteht er darüber hinaus, wird er als subakut bezeichnet. Dauern die Symptome insgesamt mehr als zwölf Wochen, ist von chronischem Kreuzschmerz die Rede. Treten Schmerzepisoden nach einer symptomfreien Phase von mindestens sechs Monaten wieder auf, werden sie als „rezidivierend“ bezeichnet.

Abgrenzung Selbstmedikation – Arztbesuch

Etwa 85% aller Rückenbeschwerden sind unkompliziert und verschwinden von selbst wieder.

Spezifische Rückenschmerzen müssen hingegen von qualifizierten Ärzten behandelt werden, da sie meist eine ernstzunehmende Ursache haben. Derartige behandlungsbedürftige Fälle machen sich fast immer durch typische Begleitsymptome und Vorerkrankungen mit alarmierendem Charakter bemerkbar, die dringenden Handlungsbedarf signalisieren. Diese Warnhinweise werden auch als red flags bezeichnet. Dazu gehören:

  • schlechtes Allgemeinbefinden,
  • Fieber,
  • Lähmungserscheinungen und Taubheitsgefühle,
  • bewegungsunabhängige Schmerzen,
  • Hinweise auf entzündliche-rheumatische Erkrankung,
  • Osteoporose,
  • Immun- oder Krebserkrankung,
  • vorangegangener Unfall wie ein heftiger Sturz,
  • Alter des Betroffenen < 20 Jahre,
  • mehr als drei Tage konstant anhaltende oder zunehmende starke Schmerzen trotz Selbsthilfe.

Um das Risiko für eine Chronifizierung möglichst frühzeitig zu erkennen, bedient man sich sogenannter yellow flags. Dazu zählen psychosoziale und somatische Risikofaktoren wie

  • Depressivität,
  • arbeitsbezogener Stress,
  • Ängste,
  • Hoffnungslosigkeit

Fallen solche yellow flags auf, kann dann gegebenenfalls eine spezifischen Behandlung begonnen werden. Dadurch lassen sich langwierige, komplizierte und kostenintensive Krankheitsverläufe oft vermeiden. Nur etwa jeder zehnte Patient mit Kreuzschmerz entwickelt im Verlauf chronische Beschwerden.

Ganzheitliches Denken in der Therapie ist gefragt

Moderne Behandlungsansätze beseitigen nicht nur akute Schmerzen, sie basieren auf der ganzheitlichen Erfassung des Wirbelsäulenproblems und stützen sich hauptsächlich auf drei Säulen:

  • körperliche Bewegung,
  • medizinische Aufklärung und Beratung sowie
  • medikamentöse Therapie.

Hier steht der kurzfristige Einsatz von Schmerzmitteln im Vordergrund, der helfen soll, im Alltag möglichst aktiv zu bleiben. Dazu gibt die Nationale Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz eine Reihe von Therapieempfehlungen.

Patientenaufklärung und Beratung

Ganz entscheidend ist es für die von Rückenschmerz Geplagten umfassend informiert zu sein über ihre Erkrankung und den richtigen Umgang damit. Je mehr sie über ihre Beschwerden, deren Ursachen und Behandlungsformen wissen, desto besser können sie auch selbst Einfluss auf den Heilungsprozess nehmen und ihre Lebensqualität verbessern. Schwerpunkt der Aufklärung ist die Tatsache, dass körperliche Bewegung keine Schäden verursacht, sondern eine Linderung der Beschwerden fördert. Neben dem behandelnden Arzt ist die Apotheke der richtige Ansprechpartner. Halten Sie Informationsbroschüren und Patientenratgeber für Ihre Kunden bereit sowie Kontaktadressen von Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen.

Bewegung ist die beste Therapie

Die früher häufig empfohlene strenge Schonung bei akuten Rückenschmerzen gilt nicht mehr. Alle Maßnahmen, die die Betroffenen in eine passive Rolle treiben, wie Bettruhe oder Schonung, sind für eine Genesung eher hinderlich. Ziel ist es, sich schnellstmöglich wieder normal zu bewegen. Bewegungstherapie (auch Krankengymnastik) sollte bei akuten Kreuzschmerzen nicht verordnet werden, da sie nicht wirksamer ist als die alltägliche körperliche Aktivität des Patienten. Bei erhöhtem Chronifizierungsrisiko sowie zur Stressbewältigung können Entspannungsverfahren, v.a. progressive Muskelrelaxation nach Jacobsen, angeboten werden. Diese Methode bewirkt durch die bewusste An- und Entspannung bestimmter Muskelgruppen einen Entspannungszustand im gesamten Körper. Muskelverspannungen werden gelöst und Schmerzen gelindert. Massagen und Akupunktur sind beim akuten Kreuzschmerz nicht zu empfehlen, da keine aktuellen Studien vorliegen bzw. die Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist. Eine Rückenschule, die theoretische und praktische Kenntnisse zu Bewegungsabläufen für einen gesunden Rücken und rückengerechtes Verhalten im Alltag vermittelt, hat sich bei länger anhaltendem oder wiederkehrendem nicht-spezifischem Kreuzschmerz bewährt.

Schmerzfrei durch den Tag –... mit oralen Analgetika

Die medikamentöse Therapie wirkt symptomatisch. Sie soll im akuten Stadium die nicht-medikamentösen Maßnahmen unterstützen, damit die Betroffenen frühzeitig ihre üblichen Aktivitäten wieder aufnehmen. Zur Therapie bei Kreuzschmerzen stehen in der Selbstmedikation aus der Gruppe der nicht-opioiden Analgetika Paracetamol und nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Naproxen und Diclofenac zur Verfügung. Studienergebnisse deuten darauf hin, dass Paracetamol beim akuten Kreuzschmerz ebenso wirksam ist wie die NSAR. Bei leichtem bis mäßigem akutem nicht-spezifischem Kreuzschmerz kann daher die Behandlung zunächst mit Paracetamol in einer maximalen Tagesdosis von 3 g vorgenommen werden. (Aufgrund der Gefahr der Paracetamol-Intoxikation wurde die Dosierungsempfehlung entgegen der Angaben in der Fachinformation auf maximal 3 g/Tag reduziert.) NSAR sind in begrenzter Dosierung einzusetzen. Evidenz liegt vor für bis zu 1,2 g Ibuprofen, 100 mg Diclofenac oder 750 mg Naproxen täglich. Bei unzureichender Wirkung kann die Dosis unter Beachtung möglicher Nebenwirkungen auf bis 2,4 g Ibuprofen, 150 mg Diclofenac oder 1,25 g Naproxen erhöht werden. Insgesamt sind NSAR nur in der niedrigsten wirksamen Dosis und so kurz wie möglich anzuwenden. Liegen Risikofaktoren wie Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts vor, kann vorbeugend ein Protonenpumpenhemmer (Omeprazol, Pantoprazol) gegeben werden. Wichtig zu wissen ist, dass orale nicht-steroidale Antirheumatika meist allgemein für die Therapie von Schmerzen des Muskel- und Skelettsystems zugelassen sind, selten jedoch ausdrücklich auch für die Behandlung von nicht-spezifischem Kreuzschmerz, so dass z.B. bei Diclofenac eine Diskrepanz zwischen den Erfahrungen in der Anwendung und der Zulassung besteht. Zu beachten ist generell das erhebliche Nebenwirkungs- und Interaktionspotenzial. Vor allem bei älteren Patienten können bei längerer Einnahme von NSAR gastrointestinale und renale Nebenwirkungen auftreten.

… mit pflanzlichen Schmerzmitteln

Extrakte aus der Weidenrinde oder der Teufelskralle wirken schmerzlindernd und entzündungshemmend. Sie sind zugelassen als Ergänzung für die Schmerztherapie bei degenerativen und rheumatischen Erkrankungen des Bewegungsapparates. Zur Wirksamkeit von Phytotherapeutika bei nicht-spezifischem Kreuzschmerz liegen mehrere klinische Studien vor. Aufgrund der Ergebnisse eines Cochrane-Reviews können durch die tägliche Dosis von 50 bis 100 mg Trockenextrakt aus Teufelskralle bzw. 120 bis 240 mg Trockenextrakt aus Weidenrinde im Vergleich zu Placebo größere Kurzzeiteffekte in Bezug auf Schmerzreduktion bzw. Schmerzfreiheit bei Exazerbationen von chronischem nichtspezifischem Kreuzschmerz erzielt werden. Im Review waren ebenfalls zwei Studien eingeschlossen, welche dieselbe Effektivität von 60 mg Teufelskralle bzw. 240 mg Weidenrinde wie 12,5 mg Rofecoxib bei Personen mit chronischem nicht-spezifischem Kreuzschmerz zeigten. Diese Studien werden aber aufgrund deutlicher methodischer Mängel von der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) nicht als Wirksamkeitsbeleg angesehen. Die Nationale Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz empfiehlt daher keine Anwendung von Phytotherapeutika bei akuten und chronischen nichtspezifischen Kreuzschmerzen. Eine Übersicht über die zur Verfügung stehenden Phytopharmaka zeigt Tabelle 1.

Zugelassen für akute und subakute rheumatische Erkrankungen und Neuralgien ist auch ein pflanzliches Arzneimittel mit Frischpflanzenextrakt aus Esche, Pappel und Goldrute. Die Dosierung liegt hier bei drei- bis viermal täglich 20 bis 30 Tropfen. Als Nebenwirkungen können wie auch bei den anderen genannten Phytopharmaka in seltenen Fällen Magen- und Darmbeschwerden sowie Überempfindlichkeitsreaktionen auftreten.

… mit Präparaten zur äußeren Anwendung

Laut Leitlinie sollten äußerlich anwendbare Medikamente bei nicht-spezifischen Kreuzschmerzen nicht eingesetzt werden, weil es keinen sicheren Beleg für die Wirksamkeit gibt. Doch viele Menschen mit Kreuzschmerzen empfinden die äußere Anwendung von Schmerzmitteln als sehr angenehm und sprechen subjektiv gut auf eine topische Therapie an. Das Einmassieren fördert die Durchblutung und das Wohlbefinden der Patienten. Auf diese lokale Massagewirkung führt auch die AkdÄ den Effekt von Externa mit Salicylsäurederivaten, hyperämisierenden Stoffen (z.B. Öl mit Arnika, Rosmarin) und ätherischen Ölen (z.B. Pfefferminze) zurück (Tab. 2). Für topisch applizierbare NSAR liegen keine hinreichenden Wirksamkeitshinweise zur Behandlung von Kreuzschmerz vor. Sie sind überwiegend zugelassen für die Behandlung entzündlicher Erkrankungen und akuter Verletzungen des Bewegungsapparates. Über die Möglichkeiten der symptomatischen Behandlung akuter Schmerz- und Entzündungszustände mit topischen Darreichungsformen nicht-steroidaler Antirheumatika lesen Sie ausführlich im Beitrag „Unter die Haut. Wie kommen topische NSAR im schmerzenden Gewebe an?“.

Ein Beinwellwurzel-Fluidextrakt (siehe Tabelle 2) ist neben weiteren Indikationen auch speziell zugelassen für die Behandlung akuter Myalgien im Bereich des Rückens. Eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte, multizentrische Studie hat gezeigt, dass unter der Anwendung des Beinwellwurzel-Fluidextrakts die Schmerzintensität entscheidend abnahm, und die Patienten somit bei den alltäglichen Bewegungsabläufen weniger eingeschränkt waren. Dieses pflanzliche Externum kann im Gegensatz zu topischen NSAR mit oralen NSAR kombiniert werden, ohne dass sich deren Nebenwirkungen potenzieren. Weitere topische Präparate mit Beinwellwurzel-Fluidextrakt, Methylnicotinat, Capsaicin bzw. Cayennepfefferdickextrakt, Nonivamid oder Nicoboxil zeigt Tabelle 2. Diese Präparate wirken durchblutungsfördernd und hautreizend. Bei empfindlicher Haut empfiehlt es sich, beim Auftragen einen Einmalhandschuh zu tragen. Ansonsten müssen nach dem Einreiben unbedingt gründlich die Hände gewaschen werden, der Kontakt mit Schleimhäuten und Augen ist zu vermeiden. Zudem können Produkte mit durchblutungsfördernden Inhaltsstoffen für eine Entspannung der Muskulatur sorgen (z.B. Dr. Hauschka Pflegeöl® Birke Arnika oder Weleda Arnika Massageöl®) Nicht zuletzt kann auch mit Bädern, die Benzylnicotinat enthalten, die periphere Durchblutung gesteigert werden (z.B. Pernionin® Thermo Bad, Rubriment Essenz® Bad). Als Nebenwirkungen aller Externa können lokale Hautreaktionen wie z.B. Hautrötungen, Brennen, Pruritus, Erythem oder ein Hautausschlag mit Pustel- oder Quaddelbildung auftreten. Gelegentlich kommt es zu Überempfindlichkeitsreaktionen bzw. lokalen allergischen Reaktionen.

Den Schmerzen einheizen

Schmerzhafte Muskelverspannungen lassen sich mithilfe von Wärme spürbar lockern. Die Wärme beruhigt und entkrampft die Muskelfasern, fördert die Durchblutung und lindert die Schmerzen. Zur Wärmetherapie gehören Wärmflaschen, Körnerkissen, Heizdecken oder Dampfbäder. Das Problem bei diesen Wärmeanwendungen ist jedoch, dass die Betroffenen sich währenddessen nicht aktiv bewegen können. Doch gerade die Kombination von Wärmebehandlung und Bewegung wirkt sich günstig auf die Rückenbeschwerden aus. Als Alternativen bieten sich Wärmepflaster oder -umschläge an. Studien haben ergeben, dass deren kontinuierlicher Einsatz bei akutem oder subakutem Kreuzschmerz zu kurzfristigen Verbesserungen bei Schmerz und Funktionsfähigkeit beiträgt. Die lokale Applikation von Capsaicin als Pflaster oder Creme (siehe Tab. 2) führt zu einer Reizung, die sich symptomatisch durch Erwärmung, Rötung und Brennen der Haut äußert. Dieses kann auf einen neurogenen Entzündungsprozess zurückgeführt werden und ist teilweise durch die Freisetzung des Neurotransmitters Substanz P bedingt. In einer nachfolgenden zweiten Phase der Capsaicin-Wirkung treten antinozizeptive Effekte und eine Desensibilisierung gegenüber Schmerz und Brennen auf. Bei der Abgabe der Wärmepflaster ist es wichtig, dem Kunden Anwendungshinweise mit auf den Weg zu geben. Maximal sollte ein Pflaster pro Tag angewendet werden und vier bis zwölf Stunden auf der Haut bleiben. Vor der Anwendung eines neuen Pflasters müssen mindestens zwölf Stunden vergehen! Das Pflaster darf nur auf trockene Haut geklebt werden, der Kontakt mit Schleimhäuten und Augen ist zu vermeiden. Vor der Anwendung wird das Abdeckpapier abgezogen und das Pflaster mit der klebenden Seite auf die unverletzte Haut direkt über dem Schmerzgebiet aufgebracht. Nach dem Kontakt mit dem Pflaster sollten die Hände gründlich mit Seife gewaschen werden. Ein Wärmepflaster darf nicht gleichzeitig mit anderen topischen Arzneimitteln am gleichen Applikationsort angewendet werden. Auch zusätzliche Wärmeanwendung sollte vermieden werden. Die Behandlung muss beendet werden, wenn ein zu starkes Wärmeempfinden auftritt. Bei entzündlichen Erkrankungen, empfindlicher oder geschädigter Haut oder Wunden darf kein Pflaster appliziert werden. Als Nebenwirkung können in seltenen Fällen Überempfindlichkeitsreaktionen in Form von Quaddeln, Bläschen und Juckreiz auftreten. Eine weitere Möglichkeit, der Haut Wärme zuzuführen sind Wärmeumschläge, die aus Wärmezellen mit Eisenpulver aufgebaut sind (ThermaCare®). Die luftdichte Verpackung darf erst unmittelbar vor Anwendung geöffnet werden. Durch den Sauerstoff oxidiert das Eisenpulver und erzeugt Wärme. Der Umschlag wird mit der dunklen Seite der Wärmezellen auf die Haut gelegt, direkt über die schmerzende Körperstelle, und mit einem dehnbaren Klettverschluss auf der Vorderseite des Körpers geschlossen. Nach ca. 30 Minuten Erwärmungszeit wird die therapeutische Temperatur von 40 °C erreicht und für den Rest der vorgeschriebenen Behandlungsdauer konstant gehalten. Die Rückenumschläge erzeugen Wärme für acht Stunden, die Wärmepads für den Schulter- und Nackenbereich für zwölf Stunden, sie enthalten mehr Eisenpulver. In Studien erzielte ThermaCare® bei muskulären Rückenschmerzen eine deutlich bessere Schmerzlinderung als Placebo und gängige rezeptfreie Analgetika (Ibuprofen 1200 mg pro Tag, Paracetamol 4000 mg pro Tag). Der Wärmeumschlag bewirkt sowohl eine Erhöhung der Haut- als auch der Muskeltemperatur, ohne gleichzeitig ein unangenehmes Hitzegefühl hervorzurufen. Im Vergleich dazu erhöhten Capsaicin-haltige Wärmepflaster nur die Temperatur an der Hautoberfläche und führten zu keiner ansteigenden Muskelwärme, vermittelten stattdessen aber ein starkes Hitzegefühl beim Patienten. Auch ein auf blauem LED-Licht basierendes Gerät (Philips BlueTouch®) soll zur Linderung von Rückenschmerzen beitragen. 40 blaue LEDs applizieren hier Licht auf die Haut, das nicht nur Wärme erzeugt und die Durchblutung erhöht, es soll auch antientzündliche Eigenschaften haben.

Sanfte Hilfe für den Rücken: Homöopathie

Zu komplementären Behandlungsmethoden äußert sich die ärztliche Leitlinie nicht. Dennoch sind diese für manche Erkrankte eine Bereicherung und können daher die schulmedizinische Therapie ergänzen. In der Apotheke bietet sich vor allem die begleitende Abgabe homöopathischer Mittel an.

  • Aesculus D6 bei dumpfen Schmerzen im Kreuzbein, die häufig in der Schwangerschaft, aber auch zusammen mit venöser Belastung auftreten,
  • Bryonia D6 bei stechenden Schmerzen, die sich durch jede Bewegung verschlimmern
  • Nux vomica D6 für schmerzhafte Verspannungen im Rücken-, Nacken- und Schulterbereich durch zu viel Arbeit und Stress
  • Rhus toxicodendron D12 bei reißenden Schmerzen mit Steifigkeit nach Überanstrengung bzw. nach Kälte oder Durchnässen

Äußerlich können zudem unterstützend Rhus-Rheuma Gel® DHU, Aconit Schmerzöl® (Wala) oder Hypericum Öl® (Weleda) angewendet werden.

Prävention – den Kreuzschmerzen zuvorkommen

Grundpfeiler zur Vorbeugung von Kreuzschmerzen ist die regelmäßige und möglichst vielseitige körperliche Bewegung! Spezielle Übungen für die Rumpfmuskulatur und rückenfreundlicher Ausdauersport wie Laufen, Schwimmen oder Radfahren helfen Beschwerden und chronischen Schmerzen vorzubeugen. Darüber hinaus macht es Sinn, ergonomische Vorgaben am Arbeitsplatz umzusetzen. Dazu gehören nicht nur eine optimale Schreibtischhöhe, sondern auch ein gutes Betriebsklima sowie die Förderung der Arbeitsplatzzufriedenheit. Bei einer Fehl- und Überbelastung der Wirbelsäule spielt oft auch die Ernährung eine wichtige Rolle. Sehr leicht nachvollziehbar ist der Zusammenhang beim Übergewicht: Jedes Kilo zu viel belastet rein mechanisch Wirbelkörper, Bandscheiben, Wirbelgelenke, Bänder und Muskeln. Bei der Beratung von Rückenschmerzgeplagten in der Apotheke ist es also nicht nur mit der reinen Abgabe von Schmerzmitteln getan. Hier heißt es als Apotheker rundum aktiv zu werden und den Betroffenen zusätzliche Tipps und sinnvolle Ratschläge an die Hand zu geben. 

Quelle

Nationale VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz – Langfassung. Version 4. 2010, zuletzt verändert: August 2013.

Patientenleitlinie Rücken- und Kreuzschmerzen (Lumbalgie). Medizinisches Wissensnetzwerk evidence.de der Universität Witten/Herdecke.

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Apothekerin Ines Winterhagen

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