Arzneimittel und Therapie

Malariamittel auch gegen Krebs

Möglicherweise neue Indikation für Furamidin-Analoga

Viele Erkrankungen gehen mit einem veränderten Genprofil beziehungsweise einer erhöhten Transkriptionsaktivität der pathologisch veränderten Zellen einher. Entwicklungen in der Suche neuer Therapieoptionen etablierten bisher Antisense-RNA oder synthetische Oligonucleotide, durch deren Einsatz die Aktivität oder Expression eines Gens gezielt abgeschwächt oder verhindert werden kann. Amerikanische Forscher zeigten nun, dass auch Furamidin-verwandte Moleküle gezielt genmodulierende Eigenschaften besitzen.

Das heterozyklische Diamidin Furamidin besitzt hohe Wirksamkeit gegen eine Vielzahl parasitärer Erreger und wurde bisher zur Behandlung von Infektionskrankheiten wie der Pneumocystis-carinii-Pneumonie (PCP), der afrikanischen Schlafkrankheit sowie der Malaria entwickelt. Der Wirkmechanismus dieser Substanz ist bisher schlecht verstanden. Eine der Hypothesen stützt sich auf die Interaktion mit der DNA beziehungsweise mit den DNA-assoziierten Enzymen. Forscher der Washington State University fanden nun heraus, dass minimale strukturelle Veränderungen des Furamidins zu einer Inhibition spezieller Transkriptionsfaktoren führen.

Transkriptionsfaktoren galten als „undruggable“

Transkriptionsfaktoren selbst sind Strukturen, welche modulierend an die DNA binden und somit die Genexpression sowie Biosynthese wichtiger zellulärer Proteine regulieren. Transkriptionsfaktoren sind daher attraktive Targets für die Entwicklung therapeutisch wirksamer Arzneistoffe. Jedoch hat sich die Entwicklung solcher Mittel bisher als äußerst schwierig erwiesen. Die Forscher gaben daher zu, dass solche Transkriptionsfaktoren lange als „undruggable“ galten. Die „Druggability“ gibt an, inwiefern ein körpereigenes Strukturmolekül spezifisch durch Bindung eines potenziellen Arzneistoffes in seiner Aktivität beeinflusst werden kann. Niedermolekulare chemische Verbindungen zu entwickeln, welche spezifisch einzelne bestimmte Transkriptionsfaktoren inhibieren, war in der Vergangenheit dementsprechend äußerst anspruchsvoll.

Umso überraschter zeigten sich die Wissenschaftler um Gregory Poon daher, dass relativ simple und geringe Veränderungen in der Struktur des Furamidins zu potenziell inhibierender Aktivität gegenüber PU.1 führten, einem Transkriptionsfaktor, welcher eine zentrale Rolle in der Entwicklung und Pathologie einer Vielzahl menschlicher Erkrankungen wie Leukämie, Multiple Sklerose sowie Diabetes spielt. PU.1 gehört zu der Familie der ETS (E26 Transformations-spezifischenkriptio)-Transkriptionfaktoren, welche an der Progression eines breiten Spektrums von Krebserkrankungen beteiligt sind. In ihrer Arbeit zeigen die Forscher, dass unterschiedliche Furamidin-Analoga mit hoher Affinität die DNA-Bindungsdomäne von PU.1 blockieren und somit die Bindung des Transkriptionsfaktors hemmen [1]. Dadurch wirken diese relativ einfachen Moleküle ähnlich wie Sequenz-spezifische Polyamid-Oligonucleotid-Liganden, welche ebenfalls durch ihre individuelle Nucleotid-Sequenz die Aktivität einzelner Transkriptionsfaktoren blockieren können.

Vorteil langjährige Erfahrung

Der große Vorteil dieser Furamidin-Analoga besteht in ihrem breiten und langjährigen klinischen Einsatz am Menschen und entsprechenden Erfahrungswerten für Unbedenklichkeit und Wirksamkeit. Der zukünftige Fokus der Forschergruppe liegt demnach in der näheren Charakterisierung der Substanzen bezüglich des Wirkmechanismus und einer möglichen Optimierung der Spezifität, um unerwünschte Genmodulationen zu unterdrücken.

Da die beschriebenen Befunde erst aus präklinischen In-vitro-Versuchen entstammen, wird noch einige Zeit vergehen, bis mit ersten Resultaten aus klinischen Studien zu rechnen ist. 

Apotheker André Said

 

Quelle:

Munde M, et al.: Structure-dependent inhibition of the ETS-family transcription factor PU.1 by novel heterocyclic diamidines. Nucleic Acids Research. 2013 doi: 10.1093/nar/gkt955.

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