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INTERPHARM 2014 - Schmerz
Mit Placebo gegen Schmerzen
Neue Chancen für die Therapie
Zur Erklärung von Placeboeffekten werden verschiedene Modelle herangezogen: die klassische Konditionierung, das soziale Lernmodell sowie die Erwartungstheorie. Am Zustandekommen der Placebowirkung sind kortikale, subkortikale und spinale Strukturen beteiligt, auf neurobiologischer Ebene spielt die Ausschüttung von Endorphinen eine wesentliche Rolle. Für die klinische Nutzung eines Placeboeffekts sind zwei Fragen entscheidend. Erstens: Sind die Ergebnisse aus der Placeboforschung auch auf Patienten übertragbar? Zweitens: Kann der Placeboeffekt absichtlich erzeugt werden? Die erste Frage konnte mithilfe von Akupunktur-Studien (Verum-Akupunktur vs. Schein-Akupunktur vs. konservative Therapie) bejaht werden, die zweite durch einen Vergleich zwischen empathischer versus limitierter (keine menschliche Zuwendung während der Medikamentenapplikation) Behandlung. Das Fazit: eine Placebotherapie wirkt und kann durch empathisches Vorgehen verstärkt werden.
Erfahrungen konditionieren
Erfahrungen, die ein Patient mit einer bestimmten Therapie gemacht hat, werden gespeichert und teilweise auf die weiteren Behandlungen übertragen. Klinger erläuterte dies an einem Beispiel: Bei gesunden Probanden wurden an verschiedenen Stellen der Haut unterschiedlich stark ausgeprägte Schmerzreize erzeugt und eine Salbe aufgetragen. Einen Tag später wurde statt der Salbe ein Schmerzpflaster appliziert, und der Schmerzreiz wurde um 30% verringert. Wer zuvor aufgrund eines hohen Schmerzreizes schlechte Erfahrungen mit der Salbe gemacht hatte, konnte auch unter der Therapie mit dem Pflaster weniger Schmerzlinderung feststellen, obwohl der Schmerzreiz verringert war. Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen betrug 15 Punkte auf einer 100 Punkte umfassenden visuellen Analog-Skala. Da Lernvorgänge und Konditionierungen bei der Schmerzwahrnehmung eine Rolle spielen, sollten Therapieversagen vermieden werden, da sie den Patienten negativ konditionieren.
„Open medication“ - psychologische Strategien gegen Schmerz
Zur optimalen Nutzung der pharmakologischen und psychologischen Wirkungen eines Medikaments sollte dieses im Rahmen einer „open medication“ gegeben werden. Hierunter versteht man die offene, erklärende Applikation eines Medikaments. Mit der „hidden medication“, bei der der Patient keine Erklärungen erhält, kann der additive Effekt eines Placebos nicht genutzt werden. Klinger wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass mit einem bloßen Bereitstellen der Medikation (in Dosette oder „Pillendose“) kein additiver Effekt erzielt werden kann, da die erklärende, empathische Komponente entfällt. Bei der „open medication“ sind folgende Grundsätze zu beachten:
- Erläuterungen zur Wirkweise von Arzneistoffen und Placebos,
- positive Aspekte der Schmerztherapie hervorheben, aber nicht überbewerten,
- realistische Einschätzung erwünschter und unerwünschter Wirkungen,
- der Patient sollte über negative Erfahrungen einer fehlgeschlagenen Schmerztherapie berichten,
- der Patient sollte seine Aufmerksamkeit auf Geruch, Geschmack, Gefühl und Aussehen der Medikation richten,
- Einnahme der Medikamente in angenehmer Umgebung und entspannter Atmosphäre,
- positive Therapieaspekte hervorheben.
Herzlichen Glückwunsch!
Vielen herzlichen Dank, dass Sie so zahlreich die Bewertungsbögen auf der Interpharm Berlin 2014 ausgefüllt haben! Aus allen abgegebenen Bögen haben wir unter Ausschluss des Rechtsweges zehn Gewinner für das Buch „Evidenzbasierte Selbstmedikation“ gezogen:
Judith Böhm, Jena
Philipp Koch, Braunschweig
Markus Schlosser, Köln
Katrin Augenstein, Remchingen
Helene Baumung, Lohmar
Thomas Höringklee, Coswig
Annemarie Müller, Rüdnitz
Petra-Michaela Markus, Hamburg
Gudrun Likus, Hamburg
Carmen Ohren, Grenzach-Wyhlen
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