Arzneimittel und Therapie

Teratogenität von Statinen fraglich

Risikobewertung in der Schwangerschaft nicht abgeschlossen

Statine sind die am häufigsten eingesetzten Arzneimittel bei einer Hyperlipidämie. Aufgrund der in Tierversuchen beobachteten Teratogenität sind sie in der Schwangerschaft absolut kontraindiziert. In einer Kohortenstudie wurde nun anhand einer Datenbank untersucht, inwiefern Fehlbildungen durch die Einnahme von Statinen im ersten Trimenon entstehen. Ein zunächst signifikanter Zusammenhang verschwand bei der Berücksichtigung weiterer Einflussfaktoren.

In Tierversuchen im Rahmen von Zulassungsstudien waren hoch dosierte Statine teratogen. Außerdem bestehen Bedenken gegen die Anwendung von Statinen in der Schwangerschaft, da diese als HMG-CoA-Reduktase-Inhibitoren in die Cholesterol-Biosynthese eingreifen und somit Einfluss auf die Entwicklung des Fötus nehmen könnten. Daher sind Statine seit ihrer Erstzulassung in der Schwangerschaft kontraindiziert.

Daten zur Anwendung von Statinen in der Schwangerschaft sind aus diesem Grund kaum vorhanden, und die bisherige Studienlage ist widersprüchlich. Allerdings haben immer mehr Frauen im gebärfähigen Alter Risikofaktoren wie Übergewicht und Hypercholesterolämie. Da ungefähr die Hälfte aller Frauen in den USA ungeplant schwanger wird, ist die Sicherheit von Statinen bei der Anwendung im gebärfähigen Alter von Bedeutung. Zumal Statine aufgrund von pleiotropen Effekten möglicherweise zur Prävention einer Präeklampsie infrage kommen.

In einer epidemiologischen Studie wurde nun der Einfluss einer Statin-Einnahme während des ersten Trimesters auf das Risiko angeborener Fehlbildungen untersucht. Hierfür wurden 886.996 Schwangerschaften einer amerikanischen Versichertendatenbank ausgewertet.

Von diesen erhielten 1152 Frauen während des ersten Trimesters eine Statin-Verordnung. Im Vergleich zu den Schwangeren, die kein Statin erhielten, waren die Frauen mit Statin-Gabe älter und hatten mehr Komorbiditäten – vor allem häufiger Diabetes.

Insgesamt traten bei 73 (6,3%) Schwangerschaften mit Statin-Einnahme und bei 31.416 (3,6%) Schwangerschaften ohne Statin angeborene Fehlbildungen beim Säugling auf. Das relative Risiko für Fehlbildungen war unter Statinen somit scheinbar signifikant erhöht (relatives Risiko: 1,79; 95%-Konfidenzintervall: 1,43 bis 2,23). Nachdem in einer adjustierten Analyse Einflussfaktoren wie beispielsweise Diabetes, Übergewicht und Rauchen berücksichtigt wurden, war der Einfluss der Statine nicht mehr signifikant (relatives Risiko: 1,04; 95%-Konfidenzintervall: 0,79 bis 1,37). Zudem war keine Risiko­erhöhung für eine bestimmte Fehl­bildung feststellbar.

Statine in der ­Schwangerschaft

Das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie embryotox weist auf die nur wenigen dokumentierten Schwangerschaftsverläufe unter Statin-Einnahme hin, die für eine endgültige Risikobewertung nicht ausreichen.

Statine sollten in der Schwangerschaft nicht verordnet werden, da in der ­Regel keine Nachteile für die Mutter durch eine Unterbrechung der Therapie für den Zeitraum der Schwangerschaft zu erwarten sind. Erscheint eine Therapie mit Statinen in der Schwangerschaft als unumgänglich, so sollte nach Empfehlung von embryotox Simvastatin gewählt werden, das am besten untersucht ist. In der Stillzeit sollten Lipidsenker nicht verwendet werden, da ihre Unbedenklichkeit nicht erwiesen ist.

Quelle: www.embryotox.de

Schwächen der Datenbankanalyse

Die Ergebnisse der Datenbankanalyse lassen vermuten, dass Statine keine bedeutenden Teratogene sind. Eine nicht sichergestellte Kontrazeption könnte somit kein Grund mehr sein, einer Frau mit Hyperlipidämie ein notwendiges Statin vorzuenthalten. Die absolute Kontraindikation, welche für Statine in der Schwangerschaft bislang gilt, wäre anhand dieser Ergebnisse ebenfalls zu überdenken.

Einschränkend ist hinzuzufügen, dass es sich um eine Datenbankanalyse handelte, sodass möglicherweise nicht alle Einflussfaktoren berücksichtigt werden konnten. Weiterhin traten lediglich bei 73 Schwangerschaften unter Statin-Einnahme angeborene Fehlbildungen auf. Die Häufung einer bestimmten Fehlbildung durch eine Statin-Einnahme lässt sich somit nicht mit Sicherheit ausschließen. |

Quelle

Bateman BT et al Statins and congenital malformations: cohort study. BMJ 2015;350:h1035 doi: 10.1136/bmj.h103

Apothekerin Karin Schmiedel

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.