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- DAZ 27/2015
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Arzneimittel und Therapie
Medikationsanalyse hilft, Medikationsmanagement ist besser
Erste Ergebnisse der interprofessionellen WestGem-Studie vorgestellt
Die WestGem-Studie ist im Oktober 2012 gestartet und sollte zeigen, dass eine erweiterte Medikationsanalyse und ein Medikationsmanagement im Rahmen einer interprofessionellen Zusammenarbeit von Ärzten, Apothekern sowie Pflege- und Wohnberatern die medizinische Versorgung älterer Menschen verbessern können. Die Studie wurde im Oktober 2012 mit Fördermitteln der Europäischen Union und des Landes Nordrhein-Westfalen in den Modellregionen Ahlen und Steinfurt gestartet. Es handelt sich um eine Cluster-randomisierte prospektive kontrollierte Studie (s. Kasten).
Die WestGem-Studie
Anzahl der Studienteilnehmer (ohne Abbrecher): 142 Patienten (59/40/43 je Kohorte)
Studienzentren: 12 Hausarzt-Praxen
Studiendauer: Im Rahmen einer kontrollierten, randomisierten Studie wurden die Effekte des professionsübergreifenden klinischen Medikationsmanagements für die Dauer von 12 Monaten projektbegleitend beobachtet.
Einschlusskriterien:
- Patient ist 65 Jahre oder älter
- Patient hat in den letzten drei Quartalen jeweils einmal den behandelnden Arzt aufgesucht
- Patient leidet an mindestens drei chronischen Erkrankungen aus zwei verschiedenen Organsystemen. Eine Erkrankung muss dabei das kardiovaskuläre System betreffen.
- Langzeiteinnahme von mindestens fünf systemischen Arzneimitteln
- Patient gibt sein Einverständnis zur Teilnahme
Endpunkte:
- primärer Endpunkt: Veränderung der Angemessenheit der Arzneimitteltherapie, gemessen mithilfe des Medication Appropriateness Index (MAI-Score)
- sekundäre Endpunkte: Arzneimittel-bezogene Probleme (ABPs)/LDL-Cholesterol/ Compliance/Adhärenz
- weitere Auswertungen: Interventionsakzeptanz/ Anzahl der Krankenhausaufenthalte
Die Koordinierungsgruppe
Koordiniert wurde und wird das Projekt von einer wissenschaftlichen Konzeptgruppe, bestehend aus Prof. Juliane Köberlein-Neu und Corinna Schaffert, beide Bergische Universität Wuppertal, Prof. Hugo Mennemann, Fachhochschule Münster, Isabel Waltering, PharmD, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, und Olaf Rose, PharmD, Elefanten-Apotheke, Steinfurt; wissenschaftlich begleitet wird die Studie durch das Institut für medizinische Statistik, Informatik und Epidemiologie (IMSIE) an der Universität zu Köln und das Bergische Kompetenzzentrum für Gesundheitsmanagement und Public Health (BKG) der Bergischen Universität Wuppertal.
Die Projektteilnehmer
Zu den Projektteilnehmern zählen der Verein Alter und Soziales e.V. Ahlen, die Pflege und Wohnberatung Steinfurt, das Ärztenetz medicoos, Steinfurt, sowie acht niedergelassene Ärzte der Stadt Ahlen. Für den pharmazeutischen Part zeichnet sich ein Team von Apothekern um Olaf Rose, PharmD, und Isabel Waltering, PharmD, verantwortlich.
Das Studiendesign
An der Studie nahmen Patienten aus zwölf Hausarztpraxen teil, die randomisiert drei Gruppen zugeordnet wurden. Insgesamt liegen nun Daten von 142 Patienten für die Auswertung vor (s. a. Kasten WestGem-Studie). Der zur Bestimmung des primären Zielparameters eingesetzte MAI-Score kann auch generell als Basis für die Durchführung einer Medikationsanalyse genutzt werden (s. Kasten MAI-Score). Um alle Teilnehmer in den Genuss von Interventionen kommen zu lassen, wurde ein Stepped-Wedge-Design gewählt, das bedeutet: Zunächst werden die Interventionen in Gruppe 1 durchgeführt, gefolgt in zeitlichem Abstand von Gruppe 2 und Gruppe 3. Die Gruppen 2 und 3 dienten dabei während der Interventions-freien Zeit als Kontrollen.
MAI-Score
Die Fragen
1. Gibt es eine Indikation für das Medikament?
2. Ist das Medikament wirksam in der Indikation und für den Patienten?
3. Stimmt die Dosierung?
4. Sind die Einnahmevorschriften korrekt?
5. Ist die Handhabung praktikabel?
6. Gibt es Medikamenten-Interaktionen?
7. Gibt es Interaktionen mit anderen Krankheiten/Zuständen?
8. Gibt es Doppelverordnungen?
9. Ist die Therapiedauer angemessen?
10. Gibt es kostengünstigere Alternativen?
Die Wichtung
1 (gut), 2 (teilweise), 3 (schlecht), entfällt
Das Vorgehen
Die Apothekerinnen und Apotheker erhielten die Daten für ihr klinisches Medikationsmanagement in anonymisierter Form von den niedergelassenen Ärzten, ergänzt um Informationen der Pflege- und Wohnberatung. Sie hatten keinen direkten Kontakt zum Patienten. Dieser anonyme Weg wurde gewählt, um langfristige Wettbewerbsvorteile für eine Apotheke auszuschließen. Die Pharmazeuten haben ihre Empfehlungen zur Pharmakotherapie im Rahmen einer SOAP-Note abgegeben. Im Einzelnen wurde ein Befund mit folgenden Inhalten erstellt:
- Abweichungen zwischen Arztvorgabe und Patientenumsetzung,
- Interaktionen,
- Anmerkungen zur Leitlinien-gerechten Therapie der einzelnen Indikationen sowie eine Abwägung der Sinnhaftigkeit,
- Therapie der Patientenziele und Hauptbeschwerden,
- Prüfung unter anderem auf PIM (potenziell inadäquate Medikationen), Indikationen ohne Therapie, Therapie ohne Indikation, Doppelverordnungen, Kontraindikationen, Einnahmezeitpunkte und Nebenwirkungen, ergänzt um den Vorschlag eines neuen Medikationsplans mit abgesetzten, angesetzten und unveränderten Medikamenten,
- Monitoringvorschläge und
- Abschätzung des Sturzrisikos.
MAI-Score verbessert, ABPs reduziert
Die Auswertung zeigt, dass sich der MAI-Score umso mehr reduzierte und damit verbesserte, je häufiger eine Intervention erfolgte (Abb. 1). Für Rose wurde damit wohl zum ersten Mal zumindest in Deutschland gezeigt, dass ein Medikationsmanagement mehr bringt als eine Medikationsanalyse. Die Arzneimittel-bezogenen Probleme wurden nach dem PCNE-System Version 6.2. klassifiziert. Auch hier zeigt sich eine Abnahme in Abhängigkeit von der Interventionshäufigkeit (Abb. 2). Die Ergebnisse waren statistisch hoch signifikant.
LDL-Cholesterol gesenkt
Bei 28 Patienten lagen LDL-Cholesterol-Werte vor Beginn der Studie und zum Studienende vor. Sie konnten im Schnitt von 162 mg/dl auf 99,6 mg/dl und damit um 62,4 mg gesenkt werden. Ein beachtlicher Wert vor dem Hintergrund, dass mit einer Senkung von 39 mg/dl kardiovaskuläre Ereignisse um 22% pro Jahr reduziert werden können. |
Lesen Sie hierzu auch das Interview „Expertisen bündeln, Handlungsfeld bereichern“ in der Rubrik „Arzneimittel und Therapie“.
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