Aus den Ländern

25 Jahre Kontinuität und Veränderung

Apothekerverband Brandenburg feiert Jubiläum

WERDER (ks) | Am 25. September 1990 fanden sich 14 Apothekerinnen und Apotheker zusammen, um den Apothekerverband Brandenburg (AVB) zu gründen. Exakt 25 Jahre später feierte der AVB dieses Ereignis mit Mitgliedern und Gästen in Werder am Schwielowsee und verknüpfte dies gleich mit seiner Mitgliederversammlung.
Foto: AVB/Baumgart

Der AVB-Vorstand (v. l.): Olaf Behrendt, Tina Koch, Hans-Joachim Nitzsche, Dr. Andrea Lorenz, Antje Brüssow, Karen Setz, Frank Fürstenberg.

Die Verbandsvorsitzende Dr. Andrea Lorenz zählte vor 25 Jahren selbst zu den Gründerinnen des AVB, dem in den ersten zehn Jahren der heutige Ehrenvorsitzende Dr. Hans Dobbert vorstand. Viel hat sich verändert im zurückliegenden Vierteljahrhundert – Lorenz warf einen Blick zurück: Während es im ersten Jahrzehnt vor allem darum ging, Strukturen zu schaffen, galt es später, diese zu bewahren, für Kontinuität zu sorgen und sich zugleich den Veränderungen zu stellen. Letztere brachte vor allem das GKV-Modernisierungsgesetz im Jahr 2004, mit dem u.  a. der eingeschränkte Mehrbesitz und der Arzneimittelversandhandel zugelassen und die OTC-Preise freigegeben wurden. Dies hat die Apothekenlandschaft nachhaltig geprägt. Heute fordern die Apotheken vor allem die Dynamisierung des Fixhonorars – hier seien die Verbände auf Landesebene besonders aufgerufen, aktiv zu werden, betonte Lorenz. „Nur mit dem Druck der Länder lässt sich auf Bundesebene etwas bewegen“, ist sie überzeugt. Denn die Länder stünden stets näher an der Seite der Leistungserbringer. Und so hat die Vorsitzende in nächster Zeit einige Termine. Mit der Brandenburger Gesundheitsministerin Diana Golze (Die Linke) steht am 14. Oktober ein Treffen an, ebenso sind Gespräche mit Vertretern der Landtagsfraktionen von CDU und ­Linke geplant.

Foto: AVB/Baumgart

Dr. Andrea Lorenz (li.) und Almuth Hartwig-Tiedt.

Landesregierung schätzt ­Apotheken als Arbeitgeber

Zum Jubiläum überbrachte Almuth Hartwig-Tiedt (Die Linke), Staatssekretärin im Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg, dem AVB ihre Grüße. Auch sie blickte zurück auf die Zeit des Umbruchs vor 25 Jahren – seitdem hätten die Apotheker ihren Platz als Heilberufler, aber auch als Kaufleute im Gesundheitswesen gefunden. Wichtig sei die persönliche Beratung der Patienten – diese dürfe nicht ersetzt werden durch die reine Belieferung über das Internet. Ausdrücklich begrüßte die Staatssekretärin das Strategiepapier „Apotheke 2030“ der Apotheker. Dies sei ein „fundierter Beitrag zur Zukunftsdiskussion“.

Zudem schätzt die Staatssekretärin die Apotheken als Arbeitgeber mit ­flexiblen Arbeitszeiten – auch auf dem Lande. Und sie hat die Botschaft der Apotheker im Hinblick auf das Honorar offenbar verstanden: „Die beste Apotheke nützt nichts, wenn sie nicht wirtschaftlich betrieben werden kann.“ In Brandenburg ist das Problem deutlich: Ärzte fehlen ebenso wie der Nachwuchs in den Apotheken. Dabei böten Apotheken Berufe mit Perspektive. Es sei ihr daher auch ein außerordentliches Anliegen, Brandenburgs einzige PTA-Schule in Eisen­hüttenstadt zu erhalten und die Finanzierung sicherzustellen.

Nicht überzeugt ist Hartwig-Tiedt allerdings davon, in Brandenburg einen eigenen Studiengang Pharmazie einzurichten, für den vor allem die Landesapothekerkammer massiv wirbt. Sie verwies auf den ABDA-Präsidenten Friedemann Schmidt, der in Greifswald studiert hat und heute in Sachsen seine Apotheke betreibt. „Da müssen Sie noch ein bisschen was tun, um mich zu überzeugen“, so Hartwig-Tiedt. Aber sie versprach, für Gespräche offen zu sein.

Auch Frank Michalak, Vorstand der AOK Nordost und derzeit zudem kommissarischer Geschäftsführender Vorstand des AOK-Bundesverbandes, überbrachte ein Grußwort. Wie zuvor schon AVB-Chefin Lorenz betonte auch er die gute Zusammenarbeit seiner Kasse mit den Apotheken in Brandenburg. Wichtige Grundlage hierfür seien gute Verträge der Partner, die Win-win-Effekte zeigen – und die gebe es im Bundesland. Ein Beispiel ist etwa der Vertrag zur Impfstoffversorgung. Denn während in den meisten Regionen der Republik die Impfstoffversorgung ausgeschrieben wird, setzen die Kassen im Aktionsradius der AOK Nordost weiterhin auf eine Vereinbarung mit den Apothekern. Diese sichert den Apotheken feste Preise für die Grippeimpfstoffe.

Schmidt: Plädoyer für die Freiberuflichkeit

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt war nicht zuletzt in seiner Position als stellvertretender Vor­sitzender des Bundesverbandes der Freien Berufe als Gastredner geladen. Sein Thema: „Der freie Heilberuf im sich wandelnden Gesundheitsmarkt“. Schmidt beleuchtete den Freien Beruf von verschiedenen Seiten und historisch, er stellte staatlich organisierte Gesundheitssysteme eher marktwirtschaftlichen gegenüber. Während etwa in der DDR der Staat den Ärzten die Therapiemöglichkeiten vorgab, ist in den USA bzw. in privaten Krankenversicherungssystemen zunächst einmal alles möglich – Zahlungsbereitschaft vorausgesetzt. Bei uns gehe es heute um einen Mittelweg, bei dem Gemeinwohl und Einzelwohl abzuwägen sind. In unserem Gesundheitssystem gibt der Staat zwar den Rahmen vor, aber er lasse den Akteuren viel Handlungsspielraum. Der Staat beaufsichtigt nicht alles – und hier kommt die Freiberuflichkeit ins Spiel, so Schmidt. So ist den Apothekern die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung übertragen. „Wir handeln im Auftrag und im Interesse des Staates“, erklärte Schmidt, Apotheker seien also Staatsdiener, aber keine Beamten. Genauso seien sie aber auch Interessenvertreter des Einzelnen. Beide Aufgaben müssten Apotheken fachlich wie auch wirtschaftlich unabhängig gewährleisten. Eigene ökonomische Erwägungen müssten bei Entscheidungen immer wieder bewusst ausgeblendet werden.

Ordnungspolitisch sah Schmidt momentan wenig Grund zur Klage, die Politik unterstütze die Freiberuflichkeit. Aber es gehe eben auch um Wirtschaftlichkeit für die Apotheke. „In dieser Hinsicht werden wir gerade auf die Probe gestellt“, so Schmidt mit Blick auf das Zerren ums Honorar. Wenn das so bleibe, sei das freiberufliche Modell gefährdet – denn niemand werde sich auf die vielen Verpflichtungen des Freien Berufs einlassen, wenn die Gegenleistung nicht stimmt. Die genannten Extrem-Alternativen seien jedoch keine Lösung. Und so müsse die Freiberuflichkeit immer wieder neu gelebt, verteidigt und erklärt werden – eine gewaltige Heraus­forderung. Doch für diese sieht Schmidt die Apothekerschaft ­gerüstet.

Big Data im Gesundheitswesen

Als weitere Gastrednerin befasste sich Claudia Korf, ABDA-Geschäftsführerin Wirtschaft, Soziales und Verträge, mit dem Thema Big Data im Gesundheitswesen. Derzeit werde ein gewaltiges Datenvolumen angesammelt – mit dem Ziel der Nutzbarmachung aller erreichbaren Daten und maximalen Erkenntnisgewinns. Dabei wachse auch zusammen, was nicht zusammengehört, erklärte Korf. Erst nach einem Analyseprozess und der Anwendung von Algorithmen kann man die Daten tatsächlich gebrauchen. Und selbst, wenn dann Korrelationen und Datenmuster festgestellt werden: Diese ersetzen noch nicht die Urteilskraft. „Der Weg von den Daten zu Wissen ist steinig“, betonte Korf.

Klar ist: Big Data ist nicht nur ein ­Hype. Die zunehmende Digitalisierung zieht sich durch alle Bereiche und stellt auch die Heilberufler vor besondere Herausforderungen. Was geschieht mit den persönlichen Daten, zumal den ganz intimen Gesundheitsdaten? Es gibt zwar rechtliche Vorgaben – aber letztlich weiß keiner ganz genau, wo all seine Daten gespeichert sind. Selbst anonymisierte Daten können heute schnell deanonymisiert werden. Eine neue europäische Datenschutzgrundverordnung soll helfen – wie es funktioniert, muss sich weisen.

Bei all diesen Gefahren: Big Data bietet auch neue Chancen für Patienten, Leistungserbringer und Krankenkassen. Neue Formen der Kommunikation, Kooperation und Rechnungslegung werden möglich. Und vielleicht dauert es gar nicht mehr so lange, bis der Patient in der Apotheke seine ganz individuelle Tablette aus dem 3-Drucker bekommt. Damit, so Korf, käme der Apotheker sogar zurück zu seinen Wurzeln, Arzneimittel in der Apotheke herzustellen.

Risiken und Chancen der Selbstständigkeit

Weiterhin stand im Jubiläums­programm des AVB ein Vortrag von Dr. Rainer Hess, dem früheren Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses und derzeitigen Vorsitzenden der Schiedsstelle für Streitigkeiten zwischen GKV-Spitzenverband und Deutschem Apothekerverband über den Rahmenvertrag. Hess befasste sich mit Haftungsrisiken von Apotheken infolge von Rabattverträgen und der Substitutionsausschlussliste (siehe hierzu DAZ Nr. 40, 2015, S. 15).

Daniel Zehnich von der ApoBank referierte über aktuelle Entwick­lungen im Apothekenmarkt und die Chancen der Niederlassung. Seine Botschaft: Es gibt keinen Anlass, die Selbstständigkeit zu scheuen – zumal nicht in Brandenburg. Seine Erfahrung zeige: Die meisten Befürchtungen von Existenzgründern bewahrheiten sich später nicht.

Last but not least stand ein Vortrag von Prof. Dr. Theo Dingermann auf dem Programm: Er beleuchtete das Problem des Alkoholmissbrauchs am Beispiel der Sängerin Amy Wine­house, die im Alter von 27 Jahren an einer Alkoholvergiftung starb.

AVB-Mitgliederversammlung

Neben dem Jubiläumsprogramm fand am 26. September zudem die Mitgliederversammlung des AVB statt. Die Verbandsvorsitzende Andrea Lorenz warf einen Blick auf das, was in den letzten Monaten politisch erreicht wurde – und was nicht. Positiv sei die Fixierung des Kassenabschlags, die den Apotheken Planungssicherheit gebe. Lorenz betonte: Den Rabatt einfach abzuschaffen gehe nicht, er sei historisch als Großkundenrabatt gewachsen. Immerhin zahlten die Kassen schnell und pünktlich – im Wirtschaftsleben wahrlich keine Selbstverständlichkeit. Es gebe allerdings einige politische Ziele, die die Apotheker noch nicht erreicht haben: insbesondere die Dynamisierung des Fixhonorars, die Erhöhung der BtM-Gebühren und ein Zuschlag für Rezepturen. Ersteres sei nach wie vor die Hauptforderung der Apotheker: „Es muss uns gelingen mit den beiden beteiligten Bundesministerien einen Modus zu finden, der die Apotheker nicht dauerhaft von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung abschneidet“, so Lorenz. Auch dass Apotheker beim Präventionsgesetz noch nicht berücksichtigt sind und beim E-Health-Gesetz nur teilweise, sei ein Dämpfer. Doch Lorenz bleibt zuversichtlich, dass beim E-Health-Gesetz noch etwas geschehen kann und letztlich sowohl Ärzte also auch Apotheker Verfasser des Medikationsplans sein können.

Lorenz berichtete ferner von einem Pilot-Projekt zum Medikationsmanagement, das im Landkreis Oberspreewald/Lausitz in Planung ist. Der AVB arbeite hier mit der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg einschließlich angestellter Agnes-Schwestern, der AOK Nordost und der Barmer GEK zusammen. Seit vielen Monaten gehe es um die vertragliche Gestaltung – man sei fast fertig, nur die Einigung über die Honorierung stehe noch an.

Erfreut sieht Lorenz auch der Beteiligung der brandenburgischen Apotheken am Hilfsmittelportal OVP entgegen. Rund 50 Prozent der Apotheken hätten die Nutzungsvereinbarung bereits unterzeichnet. Nun wartet man auf die Zugangsdaten, noch in diesem Jahr soll der Anschluss gelingen.

Nicht zuletzt ging die Verbandschefin auf die zurückliegenden Querelen mit der Apothekerkammer Brandenburg zum Apothekerhaus ein. Hier steht eine Erweiterung an, die im vergangen Jahr für heftige Diskussionen und dicke Luft zwischen beiden Organisationen sorgte. Mittlerweile habe man aber konstruktive Gespräche geführt. |

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