Altersvorsorge

Die Rentenversicherung und das Recht

Die Deutsche Rentenversicherung ignoriert bei der Befreiung von Apothekern die Rechtsprechung

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Von Martin W. Wesch | Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Rechtsstaat, gem. Art. 20 Abs. 1 und 3, 28 Abs. 1 Satz 1 GG. Alle staatliche Gewalt ist an Recht und Gesetz gebunden. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Sie ist damit Teil der öffentlichen Gewalt. Deshalb ist auch die DRV an Gesetz und Recht gebunden. Die Bindung an das Recht beinhaltet die Anwendung der Gesetze, wie sie von der Rechtsprechung vorgegeben wird [1]. Gleichwohl lässt die DRV in ihrer Praxis, Apothekern und Ärzten, die in der pharmazeutischen Industrie beschäftigt sind, die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht zu versagen, die Rechtsprechung in entscheidenden Punkten außer Acht.

Zu der Befreiung von Ärzten und Apothekern von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht gibt es eine als gefestigt anzunehmende und nicht sonderlich umstrittene höchstrichterliche Rechtsprechung [2]. (Untersucht werden nachfolgend die möglichen Auswirkungen der Rechtsprechung für Apotheker; die Rechtsprechung ist auf beide Berufsgruppen jeweils übertragbar, vgl. BVerwG, Urteil vom 30.01.1996 [3], das sich in einem Apotheker betreffenden Urteil auf die Rechtsprechung zu Ärzten bezieht [4].) Nach Urteilen des Bundessozialgerichts 2012 und des Bundesverwaltungsgerichts 1996 sind die Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer und in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung Voraussetzungen für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht [5]. Dies ist anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen zu prüfen [6]. Den berufsständischen Kammern, welche über die Pflichtmitgliedschaft entscheiden, kommt insoweit eine Einschätzungsprärogative zu (so auch das BVerwG im Urteil vom 30.01.1996, [7]). Kammermitglieder sind grundsätzlich alle Apothekerinnen und Apotheker, die bestellt und approbiert sind oder eine Erlaubnis zur Ausübung des Apothekerberufs besitzen und im jeweiligen Bundesland ihren Beruf ausüben (vgl. beispielsweise § 3 Abs. 1 der Hauptsatzung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg oder § 2 Abs. 1 Satz 1 der Hauptsatzung der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz).

Berufsspezifische Beschäftigung nötig

Bei der Berufsausübung muss es sich um eine „berufsspezifische“ [8] bzw. „berufsgruppenspezifische“ [9] Beschäftigung als Apotheker handeln. Die Berufsbezeichnung als Apotheker oder seine Person als solche ist dafür nicht entscheidend, sondern die konkret ausgeübte Tätigkeit, für die die Befreiung begehrt wird [10]. Bei der Berufsausübung muss die Anwendung oder Mitverwendung von berufsspezifischem Wissen der Tätigkeit ihr „Gepräge“ geben [11]. Apotheker in der pharmazeutischen Industrie müssen aufgrund ihrer bloßen Berufsbezeichnung oder einer Tätigkeit, die auch ein Nichtapotheker ausüben kann, z. B. als Pharmaberater nach § 75 AMG, Medizinjournalist oder sachkundige Person nach § 14 AMG, keine Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung bezahlen, wie das BSG 2012 entschied und damit eine Entscheidung des Landesozialgerichts Baden-Württemberg aus dem Vorjahr aufhob [12].

Die Befreiung ist nach dem Wortlaut von § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI allerdings auf die „jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit“ beschränkt, selbst wenn ursprüngliche und nachfolgende Erwerbstätigkeiten ähnlich sein mögen [13]. In § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI ist von „derselben“ Beschäftigung die Rede. Dafür muss eine „Identität“ der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit, die während der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht verrichtet wurde – einerseits –, mit der aktuellen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit – andererseits – vorliegen [14]. Das ist z. B. nicht der Fall, wenn der Betroffene zu einem anderen Arbeitgeber wechselt [15] und ein anderes Arbeitsverhältnis, eine andere Beschäftigung im Raum steht [16], wenn die Zulassung aufgegeben wurde [17], oder wenn sich die Tätigkeit wesentlich ändert. (Die DRV schreibt dazu: „Als neu aufgenommen in diesem Sinne ist sowohl jede wesentliche Änderung im Tätigkeitsfeld bei dem bisherigen Arbeitgeber, die z. B. durch eine Änderung des Arbeitsvertrages zum Ausdruck gebracht wird, als auch jeder Arbeitgeberwechsel zu verstehen“ [18].)

Rechtspraxis durch die DRV

Die DRV lehnt trotz bestehender Pflichtmitgliedschaften und ungeachtet dieser Rechtsprechung hartnäckig Befreiungsanträge von Apothekern der pharmazeutischen Industrie ab mit der Begründung, eine befreiungsfähige Beschäftigung sei nur zu bejahen, wenn die Tätigkeit „objektiv zwingend“ die Approbation als Apotheker voraussetzt und sie gleichzeitig dem typischen, durch die Hochschulausbildung und den entsprechenden Hochschulabschluss geprägten Berufsbild und Tätigkeitsbereich des Apothekers entspricht. Kann die Tätigkeit auch von Angehörigen anderer Berufsgruppen wahrgenommen werden, ist dem Antragsteller die Befreiung zu versagen. Die DRV beruft sich dabei auf die Rechtsprechung „praktisch aller Landessozialgerichte“.

Die Landessozialgerichte hätten auch darauf hingewiesen, dass nicht entscheidend sei, „ob nach den Kammergesetzen bzw. Satzungen der Versorgungseinrichtungen eine Tätigkeit noch eine Pflichtmitgliedschaft begründen kann“. (Die DRV bezieht sich auf die Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 23.01.2009 [19], LSG Rheinland-Pfalz vom 05.05.2010 [20] und Hessisches LSG vom 29.03.2007 [21].) Im Widerspruch dazu bezieht sich die DRV an anderer Stelle auf die Entscheidungen des BSG vom 03.04.2014 [22] zu Syndikusanwälten, wonach zur Befreiung nur Tätigkeiten berechtigen, für deren Ausübung gesetzlich eine Mitgliedschaft in einer Apothekerkammer und in einem Versorgungswerk für Apotheker vorgeschrieben ist. Die Approbation als Apotheker werde aber „unabhängig von einer bestimmten Tätigkeit im Wesentlichen personenbezogen erteilt“. Deshalb komme es auf die Rechtsauffassung der berufsständischen Kammern nicht an.

Die Auffassung (welche die DRV zum Teil den Apothekerkammern zuschreibt, zum Teil den Antragstellern), berufsspezifisch sei jede Tätigkeit, bei der ärztliche Fachkenntnisse vorausgesetzt, eingesetzt oder mitverwendet werden oder werden können, trifft nach Ansicht der DRV nicht zu. Anders lautende Rechtsprechung sei nicht übertragbar, weil in diesen Verfahren nicht über dieselbe berufsspezifische Beschäftigung entschieden worden sei, wie in dem gerade abgelehnten Fall.

Beurteilung dieser Rechtspraxis durch die Gerichte

Approbation nicht „objektiv unabdingbare“ Zugangsvoraussetzung: Das LSG Baden-Württemberg hat seine abweichende Rechtsprechung inzwischen – das BSG zitierend – aufgegeben und einen approbierten Arzt von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Der Umstand, dass die Tätigkeit als Pharmaberater im Sinne des § 75 AMG keine ärztliche Approbation erfordere, stehe einer Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 Satz 1 SGB VI jedenfalls nicht entgegen [23].

Die Behauptung der DRV, ihre Rechtsauffassung entspreche der „Rechtsprechung praktisch aller Landessozialgerichte“, trifft nicht zu: Die DRV kann für sich nur zwei Landessozialgerichte mit älteren Entscheidungen anführen – nicht mehr das LSG Baden-Württemberg [24], das vom BSG aufgehoben wurde [25] – das LSG Berlin-Brandenburg [26] und das LSG Rheinland-Pfalz [27], während drei Entscheidungen dagegenstehen: die Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 20.01.2015 [28], des Hessischen LSG [29] und des LSG Hamburg [30], vor allem aber die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [31], welcher die DRV insoweit keine Beachtung schenkt.

Das SG München hielt die von der Beklagten weiter vertretene Rechtsauffassung für „verfehlt [...], dass die Approbation zwingende Voraussetzung für die Tätigkeit in dem Sinne sein müsse, dass diese nur mit Approbation ausgeführt werden könne bzw. dürfe“ [32]. Dies würde, so das SG München weiter, „das befreiungsfähige Tätigkeitsprofil eines Apothekers letztlich auf die Tätigkeit in einer öffentlichen oder Krankenhausapotheke verengen, was weder mit § 2 Abs. 2 Bundesapothekerordnung – BApO – noch mit der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) in Einklang zu bringen ist.“ Das SG München trat auch der Bezugnahme der DRV auf die Judikatur der Landessozialgerichte entgegen: „Sofern die Beklagte meint, sich hierbei auf die Judikatur der Landessozialgerichtsbarkeit, die zum Tätigkeitsprofil der Pharmaberater ergangen ist, stützen zu können, überzeugt auch dies nicht. (...) Die zitierte Rechtsprechung der Landessozialgerichtsbarkeit ist daher nur unter dem Gesichtspunkt mit der Rechtsprechung des BSG in Einklang zu bringen, dass die zu beurteilende Tätigkeit zum Kernbereich des apothekerlichen Berufsbilds gehören muss. Dies wiederum ist anhand der einschlägigen kammerrechtlichen Vorschriften, insbesondere unter Beachtung der Berufsordnungen des jeweiligen verkörperten Berufs, zu beurteilen“ [33].

In einer weiteren Entscheidung [34] stellte das Sozialgericht München klar, ob ein Rentenversicherungsträger den Einsatz von geringer qualifiziertem Personal für möglich hält, bleibe genauso irrelevant wie in der vergleichbaren Fallgruppe der Befreiung von Rechtsanwälten bei nichtanwaltlichen Arbeitgebern die Hypothese des Rentenversicherungsträgers über die Ersetzbarkeit eines Anwalts durch einen Betriebswirt oder Fachhochschulabsolventen. Den Einsatz von Ärzten und Tierärzten in hochspezifischen Arbeitsbereichen für notwendig zu erklären, müsse den entsprechenden Institutionen vorbehalten bleiben. Es könne nicht angehen, Humanmedizinern mit dem Hinweis auf ihre Ersetzbarkeit durch Tiermediziner und die Tiermediziner mit dem Hinweis auf ihre Ersetzbarkeit durch Humanmediziner von der Befreiung auszuschließen.

In Rheinland-Pfalz wurde die höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG bereits Gesetz: Seit dem 01.01.2015 gilt dort eine Neufassung des Heilberufsgesetzes vom 19.12.2014 (HeilBG), wonach die Ausübung des Berufs (u. a. als Apotheker) „jede Tätigkeit [umfasst], bei der berufsgruppenspezifische Fachkenntnisse angewendet oder verwendet werden“ (§ 1 Abs. 2 HeilBG). Danach kommt es für die Berufsaus-übung nicht darauf an, ob eine Tätigkeit „objektiv unabdingbar“ allein durch einen Apotheker ausgeübt werden kann.

Pflichtmitgliedschaften: Im Hinblick auf die Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer widerspricht die DRV, wenn sie sich auf anders lautende Rechtsprechung der Landessozialgerichte beruft, der „Auffassung“ des BSG vom 31.10.2012, nachdem anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen zu prüfen ist, ob ein Apotheker wegen dieser Beschäftigung Pflichtmitglied einer Versorgungseinrichtung und einer berufsständischen Kammer ist. Den berufsständischen Kammern, welche über die Pflichtmitgliedschaft entscheiden, kommt dabei eine „Einschätzungsprärogative“ zu. Die Pflichtmitgliedschaft in den berufsständischen Kammern ist also Voraussetzung für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht – und entgegen der Behauptung der DRV – nicht davon unabhängig.

Die Approbation als Apotheker wird nicht „unabhängig von einer bestimmten Tätigkeit im Wesentlichen personenbezogen erteilt“. Vielmehr ist nach den Satzungen der Landesapothekerkammern Kammermitglied, wer als Apotheker in dem jeweiligen Bundesland seinen Beruf ausübt. Das entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung, nach der für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht die Person oder die Berufsbezeichnung als Arzt oder Apotheker entscheidend ist, sondern die konkret ausgeübte Tätigkeit.

Die von der DRV zitierte Rechtsprechung des BSG vom 03.04.2014 zu Syndikusanwälten [35] ist für die Befreiung von Apothekern nicht relevant. Das BSG – das für die Urteile zu Syndikusanwälten in der Literatur übrigens einhellig kritisiert wurde („verfehlte [...] BSG-Judikatur“ [36]; „Selten haben Urteile der höchsten Fachgerichtsbarkeit so viel Widerspruch provoziert“ [37]) und die jetzt sogar der Gesetzgeber korrigieren muss [38] – meinte, wegen der Anstellung in einem Industrieunternehmen seien Syndikusanwälte nicht zu befreien, sondern allenfalls für eine Tätigkeit, die sie selbstständig neben der Tätigkeit im Anstellungsverhältnis ausübten. Dagegen stünde die vom Rechtsanwalt geforderte Unabhängigkeit, gem. § 1 BRAO. Eine entsprechende Vorschrift gibt es für Apotheker aber nicht. Sie müssen standesrechtlich nicht unabhängig sein. Dementsprechend kann aus der Rechtsprechung zu Syndikusanwälten nicht auf Apotheker geschlossen werden.

Berufsspezifische Beschäftigung: Nach der Rechtsprechung des BSG ist für die berufsspezifische Tätigkeit entscheidend, ob die Anwendung oder Mitverwendung von berufsspezifischem Wissen der Tätigkeit ihr „Gepräge“ gibt. Die konkrete Tätigkeit muss also auf berufsspezifischem Wissen aufbauen (BSG a.a.O.: Ärztlichem Wissen). Diese „Auffassung“ trifft jedoch nach der Ansicht der DRV nicht zu. Die DRV widerspricht dem BSG und setzt ihre eigene Rechtsauffassung trotzig dagegen. Dieses Vorgehen hält das Sozialgericht München mit Recht für „verfehlt“.

Fehlerhafte Rechtsanwendung durch die DRV

Die Rechtsauffassung der DRV, wonach die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht eine Tätigkeit voraussetze, welche „objektiv unabdingbar“ die Approbation als Apotheker erfordere, ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung und nach der Gesetzgebung nicht haltbar. Ihre Auslegung von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI stellt eine Rechtsverletzung dar (i. S. von §§ 160 Abs. 2 Nr. 2, 162 SGG). Ein Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist (§ 546 ZPO). Das ist hier der Fall. Die DRV verkennt die Voraussetzungen der Befreiung von der Versicherungspflicht, wie sie von der Rechtsprechung entwickelt worden sind und wendet die Rechtsnorm von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht richtig an.

Die DRV kann die unrichtige Rechtsanwendung nicht mit Besonderheiten im Sachverhalt rechtfertigen. Sie meint, die nach den Grundsatzurteilen des BSG einheitliche Rechtsanwendung durch die Gerichte – und den Gesetzgeber – mit dem Argument außer Acht lassen zu können, deren Entscheidungsgründe seien nicht übertragbar, weil in den angeführten Verfahren nicht über dieselbe berufsspezifische Beschäftigung entschieden worden war. Die Rechtsanwendung der Befreiungsvoraussetzungen, d. h. die „Übertragung der Entscheidungsgründe“, ist indes ohne weiteres möglich, wenn, wie bei Musterverfahren, die vorliegende Rechtssache gegenüber den rechtskräftig entschiedenen Verfahren keine wesentlichen Besonderheiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (gem. § 114a Abs. 2 Satz 1 SGG). Beide Voraussetzungen liegen bei den abgelehnten Befreiungen vor: Wie in den bereits entschiedenen Verfahren geht es um die Befreiung einer berufsspezifische Tätigkeit eines Apothekers (oder Arztes) in der pharmazeutischen Industrie. Der Sachverhalt ist meist klar. In welcher Form diese pharmazeutische Tätigkeit im Einzelnen ausgeübt wird, stellt keine wesentliche Besonderheit tatsächlicher Art dar. Deshalb kann die Rechtsanwendung genauso erfolgen wie in den rechtskräftig entschiedenen Fällen.

Nicht zuletzt verweigert die DRV den Antragstellern, ihre berufsspezifische Beschäftigung überhaupt zu beurteilen, weil diese a priori nicht „zwingend“ oder „objektiv unabdingbar“ die Approbation als Apotheker erforderten. Diese Vorgehensweise rügte das SG München [39]: „Die gebotene Kenntnisnahme vom Vorbringen der Klägerin und die Würdigung des besonderen Charakters ihrer Tätigkeit hätte bereits im Verwaltungsverfahren zu der Rechtsfolge geführt, die nun das Gericht aussprechen muss: Die Beklagte hat die begehrte Befreiung von der Versicherungspflicht auszusprechen“. Mit anderen Worten: Hätte die DRV die berufsspezifische Beschäftigung anhand der Kriterien geprüft, die von der Rechtsprechung dafür entwickelt worden sind, wäre das Klageverfahren nicht notwendig gewesen. Hielte sie sich an das (richterrechtlich entwickelte) Recht, müssten die Gerichte die Rechtspraxis der DRV nicht korrigieren. Den Gerichten und den betroffenen Antragstellern blieben aufwändige Verfahren erspart. Doppelzahlungen in die Rentenversicherung müssten nicht rückabgewickelt werden. Man möchte der DRV zurufen: „Quousque tandem …“ |

Quellen:

[1] Grzeszick in Maunz/Düring, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 20 Vl Rn. 65 m.w.N.

[2] BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 12 R 3/11 R, B 12 R 5/10 R und B 12 R 8/10 R.]

[3] BVerwG, Urteil vom 30.01.1996, NJW 1997, 814 [815]

[4] BVerwG, Urteil vom 25.11.1971, NJW 1972, 350; SG Mannheim vom 03.01.2006 – S 8 R 2469/04.

[5] BSG, Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R, Rn. 34; BSG, Urteil vom 31.10.2012 B 12 R 8/10 R, Rn. 25.

[6] BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 12 R 3/11 R, Rn. 34

[7] BVerwG im Urteil vom 30.01.1996 NJW 1997, 814 [815]

[8] SG Gießen, Urteil vom 16.10.2012 - S 19 R 435/10; BSG, Urteil vom 22.10.1998 - B 5/4 RA 80/97 R.

[9] Hessisches LSG, Urteile vom 17.11.2011 - L 8 KR 77/11 B ER, Rn. 34, und vom 29.10.2009 – L 8 KR 189/08; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 01.03.2011 – L 11 R 4872/09, Rn. 74 und 76.

[10] BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 12 R 3/11 R, Rn. 18 und 34; BSG, Urteil vom 22.10.1998 – B 5/4 RA 80/97 R; Hessisches LSG, Beschluss v. 17.11.2011 – L 8 KR 77/11 ER, Rn. 15; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 08.10.2010 – L 4 KR 5196/08, Rn. 24; SG Gießen, Urteil vom 16.10.2012 - S 19 R 435/10.

[11] BSG, Urteil vom 10.03.2011 – B 3 KS 2/10 R, Rn. 16: Ärztliches Wissen, VG Karlsruhe Urteil vom 28.02.2008 – 9 K 79/07, Tz. 22, m.V.a. BVerwG, Urteil vom 30.01.1996, NJW 1997, 814 [816]; LSG

[12] BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 12 R 3/11 R, Rn. 18, 34 f., LSG Baden-Württemberg vom 01.03.2011 – L 11 R 4872/09, SG Mainz, Urteil vom 20.12.2013 - S 10 R 369/11 – S. 12 letzter Abs.; Wesch MW. Rentenversicherung. DAZ 2013 Nr. 34, S. 26, Wesch MW. Gesetzliche Rentenversicherungspflicht für Apotheker in der pharmazeutischen Industrie? Pharm. Ind. 2012, S. 1271.

[13] BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 12 R 3/11 R, Rn. 17 m. w. N.

[14] BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 12 R 5/10 R, Rn. 20 ff.

[15] BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 12 R 5/10 R, Rn. 23 und 37

[16] BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 12 R 3/11 R, Rn. 19 a. E.

[17] BSG, Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 8/10 R, Rn. 19 und 20.

[18] DRV: „Beschäftigungsaufnahme nach dem 31.10.2012“, Abs. 1, unter: http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/de/Inhalt/5_Services/05_fachinformationen/01_aktuelles_aus_der_rechtsprechung/bsg_aenderungen_im_befreiungsrecht_der_rv.html (letzter Zugriff: 23.10.2015).

[19] LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.01.2009 – L 4 R 738/06

[20] LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.05.2010 – L 4 168/09

[21] Hessisches LSG, Urteil vom 29.03.2007 – L 1 KR 344/04

[22] BSG, Urteil vom 03.04.2014 - B 5 RE 13/14 R, B 5 RE 9/14 R und B 5 RE 3/14 R.

[23] LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.01.2015 - L 11 R 1710/13 ZVW – S. 4 letzter Abs.

[24] LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 01.03.2011 - L 11 R 4872/09.

[25] BSG, Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R.

[26] LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.08.2011 – L 3 R 142/09.

[27] LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.05.2010 - L 4 R 168/09.

[28] LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.01.2015, L 11 R 1710/13 ZVW.

[29] Hessisches LSG, Urteil vom 06.02.2014 - L 1 KR 8/13.

[30] LSG Hamburg, Urteil vom 25.02.2010 – L 1 KR 42/08.

[31] BSG, Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R.

[32] SG München, Urteil vom 05.02.2015 - S 15 R 928/14, S. 8.

[33) SG München, Urteil vom 05.02.2015 - S 15 R 928/14, S. 8.

[34] SG München vom 08.08.2013 – S 30 R 2848/11.

[35] BSG, Urteil vom 03.04.2014 - B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R und B 5 RE 13/14 R.

[36] Kleine-Cosack, AnwBl 2/2015, S. 115 (S. 121)

[37] Hellwig, AnwBl 1/2015, S. 2; Thüsing/Fütterer, AnwBl 1/2015, S. 13; Singer, BRAK-Mitteilungen 6/2014, 282.

[38] Wesch, Pharm. Ind. 2015, S. 1342

[39] SG München, Urteil vom 08.08.2013 - S 30 R 2848/11.

Autor

Rechtsanwalt Dr. Martin Wesch, Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht

E-Mail: autor@deutsche-apotheker-zeitung.de

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