Wirtschaft

So geht’s den deutschen Apotheken

Neuer Apothekenklima-Index der ABDA zeigt verhaltenen Optimismus

MÜNCHEN (diz) | Kleine Apotheken schauen weit pessimistischer in die Zukunft als die ­größeren. Insgesamt erwarten aber rund 72 Prozent der selbstständigen Apotheker Deutschlands für die nächsten zwei bis drei Jahre eine unveränderte oder sogar etwas bessere wirtschaftliche Situation für ihren Betrieb. Das geht aus dem Apothekenklima-Index 2016 hervor, den erstmals TNS Infratest im Auftrag der ABDA bundesweit unter 500 Apothekeninhabern erhoben hat. Die ABDA stellte die Ergebnisse in der Auftakt-Pressekonferenz zum Deutschen Apothekertag vor.

Die statistisch repräsentative Untersuchung zeige, so ABDA-Präsident Friedemann Schmidt, dass die Mehrheit der selbstständigen Apotheker trotz Nachwuchsmangel und Bürokratieverdruss verhalten positiv in die Zukunft schaue. Aber: „Stabile Rahmenbedingungen und Planungssicherheit sind die zentralen Anliegen des Berufsstands. Sie sind gerade für kleine Apotheken besonders wichtig, die oft wenig betriebswirtschaftliche Spielräume haben und kritisch in die Zukunft sehen. Kleine Apotheken sichern auf dem Dorf, aber auch in städtischen Wohngebieten einen Großteil der Versorgung und tragen Gemeinwohlpflichten. Das verlangt politische Berücksichtigung“, forderte Schmidt.

Mehr Personaleinstellungen geplant

Erfreulicherweise hat die Zahl der neu erteilten Approbationen kontinuierlich zugenommen und liegt derzeit bei knapp 2100 pro Jahr. Laut Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer, wird diese Zahl noch weiter steigen. Eine gute Voraussetzung für Einstellungen, die, so geht aus dem Index weiter hervor, rund die Hälfte aller Apothekeninhaber in den nächsten zwei bis drei Jahren plant, wobei jüngere Apothekeninhaber und große Apotheken gerne noch mehr Mitarbeiter einstellen würden. Allerdings rechnen 27 Prozent aller Apotheken eher damit, keinen Bewerber für einen neu geschaffenen Apotheker-Arbeitsplatz zu bekommen. Besonders kritisch wird die Nachwuchssituation auf dem Land gesehen. Zwei von fünf Inhabern in kleinen Ortschaften bis 5000 Einwohnern rechnen damit, keine Bewerber zu finden. Für Andreas Kiefer ist das nicht akzeptabel. Gerade in Zukunft brauche man nicht nur in der Stadt, sondern auch auf dem Land gut ausgebildete und hochmotivierte Apotheker.

Foto: AZ/diz
Vorstellung des Apothekenklima-Index Hauptaufreger für Apotheken bleiben laut Index u. a. die überbordende Bürokratie und die Retaxationen. Und: Kleine Apotheken sind pessimistischer beim Blick in die Zukunft als größere. (Im Bild (v. l.): ABDA-Pressesprecher Dr. Reiner Kern, ABDA-Präsident Friedemann Schmidt, DAV-Vorsitzender Fritz Becker, BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer, ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz)

Personal zu entlassen, daran denkt die Mehrheit der Apotheken (90 Prozent) derzeit nicht. Allenfalls knapp 17 Prozent der kleineren Apotheken mit weniger als 1 Mio. Euro Umsatz plant, pharmazeutisches Personal zu entlassen.

Dagegen plant jede fünfte Apotheke, Arbeitsplätze zwischen Voll- und Teilzeit umzuwandeln, wobei etwa ein Viertel der umsatzstarken Apotheken (über 2,5 Mio. Euro Umsatz) eher in Richtung Vollzeit-Arbeitsplätze geht.

Eine „enorm hohe Nachfrage“, so Kiefer, sei nach PTA-Arbeitsplätzen zu erwarten. So gehen über 60 Prozent der Inhaber größerer Apotheken davon aus, dass sich zwei bis vier PTAs bewerben würden, wenn sie in den nächsten zwei bis drei Jahren einen Arbeitsplatz neu schaffen würden.

Die wirtschaftliche Situation? Kommt drauf an

Das steuerliche Betriebsergebnis liegt derzeit im Durchschnitt bei 136.000 Euro. Über die Hälfte der Befragten erwartet aber, so Fritz Becker, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands (DAV), dass sich die Branche in den nächsten zwei bis drei Jahren etwas oder deutlich schlechter ent­wickelt. Mit Blick auf die eigene Apotheke geben die Befragten allerdings eine bessere Prognose ab. Rund 72 Prozent der Apothekeninhaber erwarten für die eigene Apotheke eine unveränderte oder sogar ­bessere Situation. Nur in kleinen Orten sehen rund 41 Prozent der Apotheker ihre eigene Lage „etwas“ oder „deutlich“ schlechter.

Was die Investitionen betrifft, so beabsichtigen mehr als die Hälfte der Apotheken (57,9 Prozent) in den Umbau der Räume oder in eine Verbesserung der EDV zu investieren. Wenig Investitionslust dagegen ist bei den kleinen Apotheken zu vernehmen: Mehr als zwei Drittel planen hier nichts.

Die größten Ärgernisse

Der Apothekenklima-Index fragte auch nach den Stressfaktoren und Motivatoren. Wie nicht anders zu erwarten, gehören der bürokratische Aufwand (81%), die Retaxationen (72,6%), eine unzureichende Honorierung (71,5%) und der Aufwand bei der Hilfsmittelversorgung (62%) zu den größten Ärgernissen im Berufsalltag. Schlechte Stimmung bereiten zudem die Umsetzung der Rabattverträge, Lieferengpässe sowie Nachwuchs- oder Personalprobleme.

Foto: AZ/diz
Wie Bilder entstehen Bei Friedemann Schmidt, Dr. Andreas Kiefer und Fritz Becker geht der Blick nach oben.

Freude und Motivation schöpfen die Apotheker dagegen vor allem aus der Beratung und dem persönlichen Kontakt zu den Patienten, aus ihrer Freiberuflichkeit, der Zusammenarbeit mit dem Team und dem wirtschaftlichen Erfolg.

Um ein konkretes Beispiel zu haben, ließ die ABDA danach fragen, ob die Aufhebung der Verschreibungspflicht bei der „Pille danach“ ein richtiger Schritt gewesen sei. Knapp zwei Drittel der Apotheken begrüßten die Rezeptfreiheit wegen des eigenen Kompetenzgewinns. Kleinere Apotheken allerdings empfinden die Handlungsempfehlungen zur „Pille danach“ als aufwendig und eher als Stress.

Was folgt für die Gesundheitspolitik daraus?

Stabile bzw. bessere Rahmenbedingungen – das würden sich rund 75 Prozent aller Befragten wünschen, außerdem Planungssicherheit, einen Bürokratieabbau und eine verstärkte Nachwuchsgewinnung.

Als Konsequenz aus der Umfrage legte die ABDA zum Apothekertag einen Leitantrag vor, der die Ergebnisse des Apothekenklima-Index berücksichtigt. Darin wird der Gesetzgeber aufgefordert, „die freiberuflich erbrachte qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung in Deutschland durch ordnungspolitische, ökonomische und fachliche Planungssicherheit zu fördern“. Der Berufsstand brauche im Gegenzug für die ihm auferlegten Verpflichtungen verlässliche Rahmenbedingungen, so ABDA-Präsident Schmidt. Man werde daher das laufende Gesetzgebungsverfahren zum Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz aktiv begleiten und die zentralen Forderungen auch in den Bundestagswahlkampf und in die Regierungsbildungsphase 2017 einbringen. |

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