Hintergrund

Alles reguliert im Alpenland

Das Apothekenwesen in Österreich

Österreich gehört in Europa zu den Ländern mit einem stärker regulierten Apothekenmarkt. Niederlassungsbeschränkungen und das Verbot des kompletten Fremd- sowie des Mehrbesitzes prägen das Bild. Trotzdem kämpft auch der österreichische „Apotheker in seiner Apotheke“ in den letzten Jahren mit schwindenden Einkünften. Und nun haben die Drogerie- und Supermärkte überdies einen begehrlichen Blick auf den OTC-Sektor geworfen. | Von Helga Blasius

Nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) ist nahezu die komplette österreichische Bevölkerung (rund 8,5 Millionen) von einer Pflicht-Krankenversicherung erfasst. Sie wird finanziert durch eine Mischung aus einkommensabhängigen Sozialversicherungsbeiträgen, steuerfinanzierten öffentlichen Geldern und privaten Zuzahlungen. Daneben gibt es private Zusatzversicherungen. Die Bürger können sich ihre Krankenkasse nicht aussuchen. Die Zuordnung ist vom jeweiligen Arbeitgeber und dessen Standort abhängig. In jedem der neun Bundesländer gibt es eine Gebietskrankenkasse (GKK), außerdem sechs Betriebskrankenkassen (BKK) sowie weitere Versicherungsanstalten der gewerblichen Wirtschaft (SVA), für die Bauern (SVB) und für öffentliche Bedienstete (BVA).

Foto: BilderBox

Im aktuellen europaweiten Vergleich der Gesundheitssysteme (Euro Health Consumer Index 2015) liegt Österreich auf dem zwölften Platz (Deutschland: Rang 7). Um die dauerhafte Finanzierung des Systems sicherzustellen, wurde im Jahr 2013 eine Gesundheitsreform beschlossen. In Zukunft sollen sich die Akteure im Gesundheitswesen, vor allem der stationäre und der ambulante Sektor, besser untereinander abstimmen und kostspielige Parallelstrukturen abbauen. Dabei sollen die Primärversorgung gestärkt und der ausgeprägte österreichische Krankenhaussektor entlastet werden. Ein zentrales Ziel ist die Umsetzung von eHealth-Konzepten (insbesondere der elektronischen Gesundheitsakte ELGA und der eMedikation). Hierzu wurde bereits im Jahr 2005 eine elektronische Krankenversicherungskarte (e-card) eingeführt. ELGA ist Ende 2015 in Wien und der Steiermark erfolgreich gestartet. Die eMedikation soll in diesem Jahr schrittweise erprobt werden.

Zu den maßgeblichen Behörden und Institutionen des Gesundheits-und Apothekenwesens siehe Tab. 1.

Tab. 1: Internetadressen zum Gesundheits-und Apothekenwesen in Österreich
Bundesministerium für Gesundheit
Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES)
Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG)/AGES Medizinmarktaufsicht
Gesundheit Österreich/Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen
Hauptverband der öster­reichischen Sozialversicherungsträger (HVB)
Österreichische Apothekerkammer
Österreichischer Apothekerverband
(Interessenvertretung der selbständigen Apotheker)
Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs
Österreichischer Generikaverband (OeGV)
Self-Care-Verband
(inklusive Selbstmedikation) (IGEPHA)
Gesundheitsportal Österreichs
Erstattungskodex und monatlichen Änderungen
Arzneispezialitätenregister

Gesundheitskosten und Arzneimittelausgaben

Die gesamten Gesundheitsausgaben in Österreich beliefen sich im Jahr 2014 laut Statistik Austria auf 36,3 Milliarden Euro. Der Arzneimittel-Anteil liegt nach einer vergleichenden Erhebung der OECD mit einem Wert von 12,1 Prozent im unteren Drittel der untersuchten Staaten (zum Vergleich: Deutschland 14,1%, Schweiz 11,0%, Frankreich 15,1%, Niederlande 7,7%). Bezogen auf die Ausgaben der Krankenversicherungsträger für Arzneimittel, die über öffentliche Apotheken abgegeben werden, ergibt sich ein Wert von 13,3 Prozent (2,17 Milliarden Euro) (ohne Mehrwertsteuer und ärztliche Hausapotheken, unter Abzug der Rezeptgebühr). Der Arzneimittelverbrauch je Einwohner ist nach einer im Jahr 2015 vom Institut für Pharmaökonomische Forschung (IPF) erstellten Studie vergleichsweise niedrig.

Arzneimittelpreise

Zuständig für die Festlegung der Arzneimittelpreise im Rahmen der Erstattung ist in Österreich die Preiskommission des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG). Der Fabrikabgabepreis (FAP) des Herstellers kann grundsätzlich frei festgelegt werden. Aus dem Durchschnitts-FAP des jeweiligen Präparates in den EU-Ländern ermittelt die Preiskommission dann den Maximalpreis für die Erstattung. Die Umsatzsteuer auf Arzneimittel liegt in Österreich bei 10 Prozent.

Die Großhandelsaufschläge sind in der Verordnung des BMG über die Höchstaufschläge im Arzneimittelgroßhandel ge­regelt und die Apothekenspannen in der Österreichischen Arzneitaxe.

Seit dem Jahr 2004 gibt es unterschiedliche Apothekenspannen für begünstigte Bezieher (Krankenkassen; mit denen die Median-Apotheke etwa 70 Prozent des Gesamtumsatzes tätigt) und für Privatpatienten. Apotheken, deren Krankenkassenumsatz über dem Median-Krankenkassenumsatz aller österreichischen Apotheken liegt, müssen für die darüber liegenden Umsätze (mit begünstigten Beziehern) einen Sondernachlass in der Höhe von 2,5 Prozent gewähren. Produkte mit einer niedrigen Spanne (Einkaufpreis > 200 Euro) sind hiervon ausgenommen. Einen Überblick über die Unter- und Obergrenzen der degressiven Handelsspannen der Apotheken und des Großhandels gibt Tab. 2. Die durchschnittliche Apothekenspanne ist nach Angaben der österreichischen Apothekerkammer in den letzten zehn Jahren von 19,98 Prozent auf 15,67 Prozent im Jahr 2015 gesunken (- 21,6%).

Tab. 2: Apotheken-und Großhandelsspannen in Österreich
Großhandel
Untergrenze
Obergrenze
Darüber
EKO
FAP bis 6,06 €: 13,4%
FAP 184,23 bis 339,14 €: 6,5%
23,74 €
Andere Arzneimittel
FAP bis 6,06 €: 14,9%
FAP 184,23 bis 339,14 €: 8,30%
30,52 €
Apotheke
Untergrenze
Obergrenze
Darüber
Begünstigte Bezieher (Krankenkassen)*
EK bis 10,00 €: 27,0%
EK 350,01 bis 357,07: 5,7 bis 3,8%
3,8%
Privatkunden
EK bis 7,29 €: 35,5%
EK 363,31 bis 371,37: 13,0 bis 11,1%
11,1%

* Beträge ohne 2,5 Prozent Sondernachlass. EKO: Erstattungskodex, FAP: Fabrikabgabepreis, EK: Apothekeneinkaufspreis

Tab. 3 zeigt einen Vergleich der Durchschnitts-Packungspreise, -Apotheken- und Großhandelsspannen im Erstattungsbereich in ausgewählten Nachbarländern. Sowohl bezüglich des durchschnittlichen Abgabepreises als auch hinsichtlich der Marge bewegt sich Österreich im europäischen Mittelfeld.

Tab. 3: Aufgliederung der Arzneimittelpreise auf die Vertriebsstufen in ausgewählten Nachbarländern
Durchschnittlicher
Gesamtpreis
Fabrikabgabe-
preis (FAP)
Großhandels-
spanne
Apothekenspanne
(% des Gesamtpreises)
Mehrwert-
steuer
Deutschland
33,60
18,00
1,30
8,90 (26,5)
5,40
Schweiz
26,05
19,60
1,20
4,60 (17,7)
0,60
Österreich
17,57
12,30
1,00
2,60 (14,8)
1,60
Niederlande
12,15
8,40
0,60
2,40 (20,0)
0,70
Frankreich
9,67
7,20
0,50
1,80 (18,7)
0,20
Polen
6,46
4,80
0,40
0,80 (12,4)
0,50

* Angaben in Euro, Gesamtpreis nicht gerundet, andere Angaben auf eine Dezimalstelle

Quelle: Nach „Daten und Fakten 2016“ der Österreichischen Apothekerkammer auf Basis einer Studie des Instituts für Pharmakoökonomische Forschung (IPF) 2015

Erstattungsregeln

Der Erstattungskodex (EKO) des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger umfasst derzeit 7217 Produkte, die von den Krankenkassen, teilweise unter bestimmten Voraussetzungen, bezahlt werden. Er ist in drei Bereiche (Boxen) mit folgenden Charakteristika unterteilt (Zahlenangaben jeweils für den 01.02.2016):

  • grüne Box (5830 Präparate): frei verschreibbar,
  • gelbe Box: Medikamente mit einem wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für die Patienten, die aus medizinischen und/oder gesundheitsökonomischen Gründen nicht in den grünen Bereich aufgenommen wurden,
  • hellgelb (RE2: 475 Präparate): nachträgliche Kontrolle beim verschreibenden Arzt,
  • dunkelgelb (RE1: 775 Präparate): vorherige Bewilligung durch einen Krankenkassen-Chefarzt,
  • rote Box (137 Präparate): wie RE1.

Auch für die Aufnahme eines Generikums in den Erstattungskodex gibt es genaue Regelungen. Das erste wirkstoffgleiche Nachfolgeprodukt wird dann als wirtschaftlich erachtet, wenn der Preis um mindestens 48,0 Prozent unter dem Preis des im grünen Bereich angeführten Originalproduktes liegt. Für weitere Generika muss der niedrigste Preis sukzessive immer weiter unterschritten werden. Für im grünen Bereich angeführte Originalprodukte muss der Preis spätestens drei Monate nach der Aufnahme des ersten wirkstoffgleichen Nachfolgeproduktes um mindestens 30,0 Prozent gesenkt werden. Kommen weitere Nachahmer hinzu, so werden zusätzliche Preisabsenkungen fällig. Der Generikaanteil am Erstattungsmarkt lag in Österreich im Jahr 2013 bei ca. 50 Prozent (46% nach Wert). Er steigt ständig.

Die Rezeptgebühr pro abgegebene Packung liegt für 2016 bei 5,70 Euro. Im Jahr 2014 summierte sich der Selbstbehalt der Patienten für Arzneimittel auf 381 Millionen Euro, das entspricht fast 12 Prozent der Krankenkassenausgaben für Arzneimittel. Bei Vorliegen sozialer Schutzbedürftigkeit und hohem Medikamentenbedarf bei geringem Einkommen werden die Versicherten von der Rezeptgebühr befreit.

Tab. 4: Wichtige österreichische Gesetze zum Gesundheits- und Apothekenwesen
Gesetz/Verordnung
Jahr der Verabschiedung
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG)
1956
Gesundheitsreformgesetz
2013
Gesundheitstelematikgesetz (ELGA-Gesetz)
2012
Arzneimittelgesetz (AMG)
1983
Preisgesetz (u. a. für Arzneimittel), Höchstaufschläge (Spannen) durch Verordnungen
1992
Apothekengesetz
1984
Apothekenbetriebsordnung (ABO)
2005
Abgrenzungsverordnung (Definition der Vertriebswege Apotheke und Drogerie)
2004
Fernabsatz-VO
2015

Jede dritte Apotheke in der Verlustzone

Im letzten Jahr belief sich der Krankenkassenumsatz der österreichischen Apotheken auf 2,6 Milliarden Euro (rund 70% des Gesamtumsatzes) und der Privatumsatz auf etwas mehr als 1,2 Milliarden Euro. Der Umsatz der Median-Apotheke lag bei rund 2,8 Milliarden Euro, wovon 1,9 Milliarden auf den Umsatz mit den Kassen und 0,9 Milliarden Euro auf den Privatumsatz entfielen. Es wird vermehrt über eine schlechte Wirtschaftslage geklagt.

Nach Angaben des Apothekerverbandes haben sich die Ausgaben der Krankenkassen für Medikamente in den letzten zehn Jahren fast um die Hälfte erhöht. Die Apotheken konnten davon jedoch nicht profitieren, denn die jährlich sinkenden Spannen auf die verschriebenen Arzneimittel ließen die Erträge schmelzen. Unter dem Strich blieb im Jahr 2015 nur ein Bruchteil in Höhe von 2,61 Prozent eines Kassenmedikamentes bei der Apotheke hängen.

Vor fünf Jahren hat nach Angaben des österreichischen Apothekerverbandes jede vierte der rund 1370 öffentlichen Apotheken in Österreich rote Zahlen geschrieben, heute soll bereits jede dritte im Minus sein. Das sind in Summe 400 Unternehmen.

Der Apothekerverband reklamiert nun finanzielle Erleichterungen durch die öffentliche Hand und will hierzu vordringlich bei den Notdiensten ansetzen. Jede Nacht haben in Österreich 280 Apotheken Bereitschaftsdienst. Das sind im Jahr 100.000 Bereitschaftsdienste mit 1,8 Millionen Kundenkontakten. Dieser Service kostet 33 Millionen Euro, wovon die Apotheken mit 30 Millionen den Löwenanteil schultern, rechnet der Verband vor. Nun will er konkret 15 Millionen Euro als Unterstützung.

Niederlassungsbeschränkungen

Der Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke bedarf in Österreich der behördlichen Bewilligung („Konzession“). Die Rechtsform einer Personengesellschaft ist möglich, aber in diesem Fall muss der Konzessionsinhaber (verantwortlicher Apotheker) eine Beteiligung am gesamten Apothekenunternehmen von mehr als der Hälfte haben. Hinzu kommen bedarfsorientierte Bedingungen für die Erteilung einer neuen Konzession. So muss ein Arzt seinen Berufssitz in der Gemeinde haben. Außerdem muss die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte und der Betriebsstätte der nächstgelegenen Apotheke mindestens 500 m betragen. Auch darf sich die Zahl der Personen, die von einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken weiterhin versorgt werden, infolge der Neuerrichtung nicht verringern und unter 5500 rutschen. Diese Personenanzahl darf in bestimmten Fällen ausnahmsweise unterschritten werden. Auch das Vorhandensein einer ärztlichen Hausapotheke kann unter bestimmten Voraussetzungen ein Hinderungsgrund für eine Neugründung sein.

Apotheker- und PKA-Ausbildung

Pharmazie kann in Österreich an den Universitäten Wien, Graz und Innsbruck studiert werden. Bis zum Wintersemester 2015/2016 verlief das Studium als Diplomstudium. Nun wird auf Bachelor, Master, PhD umgestellt. Im Wintersemester gab es in Österreich rund 4700 Pharmaziestudenten, im Studienjahr 2014/2015 245 Absolventen. Nach Abschluss des Studiums der Pharmazie folgt ein Jahr Berufspraxis in einer Apotheke (Aspirantenjahr).

Außerdem wurden in österreichischen Apotheken im Jahr 2015 rund 1200 Lehrlinge für den PKA-Beruf ausgebildet. Nach Auskunft des Apothekerverbandes zählen die Apotheken zu den Top-Lehrlingsausbildern. Der PKA-Beruf soll bei den Mädchen bereits der sechst-beliebteste Lehrberuf sein.

Apothekenzahlen

In Österreich gibt es 1340 öffentliche Apotheken (Stand: Ende 2015), die alle privatwirtschaftlich als unabhängige Betriebe von einem Apotheker geführt werden. Hinzu kommen 28 Filialapotheken, wobei jede öffentliche Apotheke maximal eine Filialapotheke betreiben darf. Insgesamt haben in den letzten zehn Jahren 157 öffentliche Apotheken neu eröffnet. Den größten Zuwachs gab es mit 75 Neueröffnungen in kleineren Orten, die bisher ohne Apotheke waren. Rund 95 Prozent der Österreicher erreichen die nächste Apotheke innerhalb von zehn Minuten. An der ambulanten Arzneimittelversorgung sind außerdem rund 870 Hausapotheken-führende (selbstdispensierende) Ärzte beteiligt.

In öffentlichen Apotheken arbeiteten im Jahr 2014 insgesamt rund 16.000 Personen (Tab. 5). Die Anzahl der in Apotheken Beschäftigten (inkl. der Apothekenleiter) steigt stetig an. In den letzten zehn Jahren haben die österreichischen Apotheken rund 2960 neue Arbeitsplätze geschaffen. Durchschnittlich sind etwa vier Apotheker in einer Apotheke tätig. Jede zweite Abgabestelle wird von einer Frau geführt. Fast 80 Prozent der Beschäftigten arbeiten in Teilzeit.

Tab. 5: Kennzahlen zur Beschäftigung in österreichischen Apotheken (Frauenanteil an der jeweiligen Gruppe in % in Klammern)
Art der Beschäftigung
Anzahl der Personen
Apotheker
5647 (78,8)
  • selbstständig
1432 (54,4)
  • angestellt
4215 (87,1)
Sonstiges Apothekenpersonal
10467 (93,7)
  • pharmazeutisch-kaufmännische ­Angestellte (PKA), Lehrlinge
6689
  • sonstige Angestellte und Hilfspersonal
3778
Gesamtzahl 2014
16.114 (88,5)

Medikationsmanagement, Apothekenruf und Apo-App

Die fachliche Beratung zu Arzneimitteln zählt auch in österreichischen Apotheken zu den Kernkompetenzen. Medikationsmanagement steht ebenfalls hoch im Kurs. Im Rahmen der Kammerfortbildung sollen bereits rund 1000 Apotheker eine Zusatzausbildung im Medikationsmanagement absolviert haben.

Daneben werden in den Offizinen Gesundheitschecks wie Blutdruck-, Blutzucker- oder Cholesterin-Messungen angeboten. Weitere regionale oder bundesweite Schwerpunktaktionen gab es zu Venen-, Allergie-, Muskelkraft- und COPD-Messungen. Hinzu kommen Impfaktionen zu FSME, Hepatitis, Pneumokokken oder Meningokokken.

Unter dem Apothekenruf 1455 erhält jeder Anrufer zum Ortstarif rund um die Uhr Auskunft über die nächstgelegene dienstbereite Apotheke. Außerdem werden pharmazeutische Fragen direkt von einem Apotheker beantwortet. Im Jahr 2015 haben 70.000 Personen den Apothekenruf in Anspruch genommen.

Darüber hinaus bietet die kostenlose Apo-App ein reichhaltiges Spektrum an Informationen. Sie fungiert auch als elektronischer Impfpass. Mit mehr als 400.000 Downloads ist die Apo-App laut Apothekerkammer die beliebteste App in der Kategorie Medizin/Gesundheit in Österreich (www.apoapp.co.at).

Versandhandel und Drogeriemärkte

Seit dem 25. Juni 2015 dürfen auch österreichische (real existierende) öffentliche Apotheken rezeptfreie Humanarzneimittel im Wege des Versandhandels verkaufen. Bislang stößt die neue Vertriebs-Option aber auf wenig Interesse. Mit Stand Februar 2016 waren 24 österreichische öffentliche Apotheken in der Liste der registrierten und geprüften Versandapotheken eingetragen. Die Umsätze mit dem Fernabsatz von OTC-Präparaten seien insgesamt gering, ließ die Kammer Mitte Februar 2016 verlauten. Das Versandhandelsverbot für rezeptpflichtige Humanarzneimittel gilt weiterhin für alle in- und ausländischen Anbieter.

Kürzlich hat sich für die Apotheker in der Alpenrepublik noch eine weitere „Baustelle“ aufgetan. Die Drogeriemarktkette dm will rezeptfreie Medikamente verkaufen und ist deswegen Ende Februar mit einem Individualantrag beim Verfassungsgerichtshof vorstellig geworden. Dies berichteten österreichische Medien. Dass Drogerien keine rezeptfreien Medikamente verkaufen dürfen, sei verfassungswidrig. Der Apothekervorbehalt verstoße gegen den Gleichheitssatz, argumentiert die Drogeriekette. Nun wird eine Gesetzesprüfung angeregt. Der angepeilte Markt wird mit knapp 300 Millionen Euro beziffert. Von diesem Kuchen möchte sich dm ein Drittel abschneiden. Dem Vernehmen nach sind nun auch andere große österreichische Handelsunternehmen auf den Zug aufgesprungen, und zwar mit dem analogen Argument: keine Ungleichbehandlung mit den Drogisten.

Zusammenfassung

Das österreichische Apothekenwesen mutet für die deutschen Pharmazeuten recht vertraut an. Hier hat noch der „Apotheker in seiner Apotheke“ das Sagen, Ketten sind außen vor und Niederlassungsbeschränkungen halten die Konkurrenz unter Dach und Fach. Trotzdem steht auch in der Alpenrepublik nicht alles zum Besten. Aufgrund der schwindenden Umsätze mit den Kassen ist nach Angaben des Apothekerverbandes bereits ein Drittel der öffentlichen Apotheken in die Verlustzone gerutscht. Nun wollen die Drogisten und Supermärkte auch noch ein Stück vom OTC-Kuchen abhaben. |

Literatur

Bundesministerium für Gesundheit. Das österreichische Gesundheitssystem. Zahlen - Daten – Fakten. Aktualisierte Auflage 2013

Euro health Consumer Index 2015. www.healthpowerhouse.com.

Gesundheit Österreich GmbH. Das österreichische Gesundheitswesen im internationalen Vergleich. 4. Ausgabe. August 2015.

IGEPHA. Jahresbericht 2014.

Österreichische Apothekerkammer. Apotheke in Zahlen 2016. www.apotheker.or.at

Pharmig. Daten & Fakten 2015. Arzneimittel und Gesundheitswesen in Österreich. www.pharmig.at

Autorin

Dr. Helga Blasius

ist Fachapothekerin für Arzneimittelinformation, Dipl.-Übersetzerin (Japanisch, Koreanisch) und regelmäßige Autorin in der DAZ.

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