Arzneimittel und Therapie

Nach Palbociclib folgt Ribociclib

Neuer CDK4/6-Inhibitor bremst ebenfalls Progression des metastasierten Mammakarzinoms

Beim metastasierten Mammakarzinom gibt es keine Heilung. Therapeutisches Ziel ist die Langzeitremission. Mit CDK4/6-Inhibitoren, wie Palbociclib (Ibrance®) und dem neu zugelassenen Ribociclib (Kisqali®) als Kombinationspartner von Aromatasehemmern, lässt sich die Progression reduzieren; mit einem progressionsfreien Überleben von 25,3 gegenüber 16,0 Monaten, wie die MONALEESA-II-Studie für Ribociclib zeigte.

Bis zu einem Drittel der Brustkrebspatientinnen im Frühstadium entwickelt im weiteren Verlauf eine fortgeschrittene Erkrankung. Bei fünf bis zehn Prozent ist der Brustkrebs bereits zum Zeitpunkt der Erstdiagnose fernmetastasiert. Eine Heilung ist zum jetzigen Zeitpunkt dann nicht mehr möglich. Möglich aber ist eine Verzögerung des Krankheitsprozesses, erläuterte Professor Dr. Wolfgang Janni, auf der Launch-Pressekonferenz zu Ribociclib. Janni ist ärztlicher Direktor an der Universitätsfrauenklinik in Ulm.

Das Ziel sei, eine Langzeitremission zu erreichen und die Zeit bis zur Progression bestmöglich zu verlängern. Goldstandard in der Erstlinientherapie des postmenopausalen metastasierten HR-positiven/HER2-negativen Mammakarzinoms war bislang die systemische antihormonelle Therapie mit einem Aromatase-Inhibitor. „Die Mehrheit der Patienten erleidet jedoch mit der Zeit ein Fortschreiten der Erkrankung“, so Janni.

Abb. 1: Wirkmechanismus von Palbo- und Ribociclib. Beim Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinomkommt es nach der Bindung von Estrogen an den Estrogen-Rezeptor (ER) zur Dimerisierung. Über den Estrogen-Rezeptor-Komplex gelangen Signale für das Wachstum in den Zellkern, so dass dort die Transkription von Genen gesteuert wird. Im Zellzyklus regulieren die Cyclin-abhängigen Kinasen CDK4 und CDK6 den Übergang von der Wachstumsphase 1 (G1) in die Synthese-Phase (S). Die Regulierung erfolgt über den Phosphorylierungsstatus des Tumorsuppressors RB (Retinoblastom-Protein) und Transkriptionsfaktoren der E2F-­Familie. Durch die Hemmung von CDK4/6 verringern Palbociclib und Ribociclib die Zellproliferation.

Neue Kombinationsmöglichkeit

Mit der Entwicklung von CDK4/6-Inhibitoren als Kombinationspartner von Aromatase-Hemmern ist das Portfolio für die Erstlinientherapie des metastasierten Brustkrebs bei postmenopausalen Frauen um eine Wirkstoffklasse reicher geworden, mit günstigen Effekten auf die Langzeitremission (Abb. 1). Nach Palbociclib wurde Ende August diesen Jahres der CDK4/6-Inhibitor Ribociclib (Abb. 2) für die Therapie des HR-positiven, HER2-negativen lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Mammakarzinoms als ini­tiale endokrin-basierte Therapie in Kombination mit einem Aromatasehemmer für den europäischen Markt zugelassen.

Abb. 2: Ribociclib

Die Zulassung von Ribociclib basiert auf den Daten der MONALEESA-II-Studie: Danach senkt die Kombination aus Letrozol plus Ribociclib das Risiko für eine Krankheitsprogression um 44% gegenüber der alleinigen Letrozol-Therapie. Die Zulassung für Ribociclib lässt allerdings freie Wahl mit Blick auf den Aromatasehemmer. Es kann auch mit Anastrozol oder Exemestan kombiniert werden. Damit ist der Weg geebnet von der antihormonellen zur endokrin-basierten Therapie des metastasierten Mammakarzinoms.

Die Kombination ist überlegen

An der MONALEESA-II-Studie nahmen 668 postmenopausale Frauen mit einem HR-positiven/HER2-negativen lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Mammakarzinom teil, die zuvor keine systemische Therapie für ihren fortgeschrittenen Brustkrebs erhalten hatten. Sie wurden entweder mit Letrozol allein oder in Kombination mit Ribociclib behandelt.

Das Duo reduzierte in einer ersten Interimsanalyse das Risiko für eine Krankheitsprogression signifikant gegenüber einer Letrozol-Monotherapie um 44%. Drei Viertel (76%) der Patientinnen mit messbarer Erkrankung zeigten schon nach acht Wochen ein klinisches Ansprechen mit einem Rückgang der Tumorgröße (Letrozol-Monotherapie: 67%). Eine Folgeanalyse bestätigte die Daten mit einem überlegenen medianen progressionsfreien Überleben (25,3 Monate versus 16,0 Monate; p = 9,63 × 10-8). Das ist laut Janni statistisch signifikant und klinisch relevant: „Im Mittel haben Sie unter der Therapie zwei Jahre Ruhe. Es kommt zu keinem Fortschreiten der Erkrankung.“ Ähnliche Ergebnisse wurden in der PALOMA-II-Studie für den CDK4/6-Inhibitor Palbociclib erreicht (15 Monate versus 25 Monate).

Verlängertes Gesamtüberleben?

Eine erste Zwischenanalyse bezüglich des Gesamtüberlebens zeigte einen positiven numerischen Trend: Es lag unter Letrozol im Median bei 33 Monaten, unter der Kombination war es noch nicht erreicht. Das ist statistisch nicht signifikant (p = 0,059). Die Studie wird aber mit weiteren vorab spezifizierten Analysen, mit Blick auf das Gesamtüberleben fortgeführt.

Subgruppenanalysen zeigen eine vergleichbare Wirksamkeit, unter anderem auch beim De-novo-metastasierten Mammakarzinom, bei viszeralen Metastasen und unabhängig vom Alter der Patientin. Der reflexartige Griff zur Chemotherapie ist angesichts der Wirksamkeit laut Janni der falsche Automatismus, auch bei Älteren.

Hämato- und hepatotoxisch

Der Blick auf die Nebenwirkungen zeigt vor allem eine hämatotoxische und hepatotoxische Problematik. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse vom Grad 3/4 (schwerste Ausprägung), die bei ≥ 2% der Patienten auftraten und unter Ribociclib plus Letrozol im Vergleich zur Letrozol-Mono­therapie häufiger vorkamen, waren Neutropenie, Leukopenie, abnormaler Leberfunktionstest und Lymphopenie, sowie Hypophosphatämie, Erbrechen, Übelkeit, Fatigue und Rückenschmerzen.

Janni betonte, dass febrile Neutropenien sehr selten sind und keine schweren Infektionen auftreten. Während der Therapie sollte die Leberfunktion überwacht werden. Auch die Kardiotoxizität muss im Auge behalten werden. Eine Behandlung sollte nur begonnen werden, wenn die QTcF-Werte unter 450 ms liegen. Detailliertere Informationen finden sich in der Fachinformation.

Lebensqualität

Die Nebenwirkungen führen nicht zu einer weiteren Einschränkung der Lebensqualität. Ein wichtiger Punkt. Denn gerade in der palliativen Situation müssen Wirkung und Nebenwirkung gut abgewogen werden, anders als bei einer adjuvanten Therapie mit potenziell kurativem Potenzial.

Durch den Einsatz von CDK4/6-Inhibitoren kann eine nebenwirkungsträchtige Chemotherapie hinausgezögert werden – mit einem Plus an Lebensqualität. Um besser zu verstehen, welche Patientinnen von der Kombinatinstherapie profitieren können, läuft in Deutschland derzeit die offene Phase-IIIb-Studie RIBECCA (RIBociclib for the trEatment of advanCed breastCAncer), in der Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit der Ribociclib/Letrozol-Kombinationstherapie bei postmenopausalen, aber auch bei prämenopausalen Frauen erhoben werden.

Drei Wochen Therapie, eine Woche Pause

Ribociclib steht in Form von 200-mg-Tabletten zur Verfügung. Sie werden einmal täglich oral und unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen. Die empfohlene Anfangsdosis beträgt 600 mg/d, sprich täglich drei Filmtabletten zu je 200 mg. Sie werden über einen Zeitraum von drei Wochen zusammen mit einem Aromatasehemmer angewendet, gefolgt von einer siebentägigen Ribociclib-Therapiepause. Die Aromatasehemmer-Behandlung wird kontinuierlich fortgesetzt. Die 200-mg‑Konzentration pro RibociclibTablette erlaubt bei einer notwendigen Dosis-Reduktion eine einfache Senkung der Tablettenzahl. |

Quelle

Novartis Oncology. Wandel in der Therapie des fortgeschrittenen Mammakarzinoms – Kisqali® als neue Erstlinientherapie zeigt überlegene und schnelle Wirksamkeit gegenüber Vergleichstherapie. Launch-Pressekonferenz 13. September 2017, München

Apothekerin Dr. Beate Fessler

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