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Infektiologie

Kommt die Pest zurück?

Die Lungenpest breitet sich in Madagaskar aus

Eigentlich wie in jedem Jahr haben uns im September wieder die Nachrichten erreicht, dass in Madagaskar die Pest ausgebrochen ist. Madagaskar gehört neben Peru und der Demokratischen Republik Kongo laut Angaben der WHO zu den Haupt-Endemiegebieten der Pest (Abb. 1). Was allerdings diesmal ungewöhnlich ist: Die Nachrichten kamen früher als üblich, Städte sind stärker betroffen als die ländlichen Regionen, und es sind dieses Mal sehr viele Fälle von Lungenpest aufgetreten, die besonders ansteckend ist. Deshalb sind bereits mehr als 100 Menschen verstorben, und auch die Zahl der Infizierten ist mit mehr als 1100 zu Beginn der Regenzeit ungewöhnlich hoch. Muss man jetzt von einer besonderen Bedrohung durch die Pest ausgehen? | Von Ilse Zündorf und Theo Dingermann

Die Pest ist eine der ältesten bekannten Krankheiten, die bereits im alttestamentarischen 1. Buch Samuel in Form der Verwüstung beschrieben wird, die etwa 1320 bis 1000 v. Chr. über die Philister kam, nachdem sie den Israeliten die Bundeslade gestohlen hatten. Der derzeitige Ausbruch zeigt, dass diese uralte Krankheit noch immer nicht ausgerottet ist. Ganz im Gegenteil: Die Pest ist nach wie vor in einigen Ländern der Welt endemisch und führt regelmäßig zu mehr oder weniger heftigen Ausbrüchen.

Abb. 1: Weltweite Verbreitung der Pest [Stand: März 2016, Quelle: WHO]

Allgemein wird von drei großen Pest-Pandemien gesprochen, die die Welt im Laufe der Zeit heimgesucht haben. Die erste war die sogenannte Justitianische Pest, die 541 erstmals in Ägypten beschrieben wurde und sich zwei Jahre lang im Mittelmeerraum austobte. Ihr fielen vermutlich ca. 100 Millionen Menschen zum Opfer. Im 14. Jahrhundert kostete der „Schwarze Tod“ als zweite Pandemie in Europa über 25 Millionen Menschenleben und trat in den folgenden Jahrhunderten immer wieder sporadisch in den größeren Städten wie Genua, Mailand, Lyon und Venedig auf. Die dritte Pest-Pandemie breitete sich ab 1855 von der chinesischen Provinz Yunnan zunächst nach Hongkong und Kanton aus, bevor die Krankheit 1898 Bombay erreichte und nachfolgend über 13 Millionen Indern den Tod brachte. Über die Handelswege wanderte die Krankheit auch auf die übrigen Kontinente.

Der Krankheitserreger

Während der letzten großen Pandemie gelang es dem schweizerisch-französischen Arzt Alexandre Yersin 1894 in Hongkong, ein stäbchenförmiges, gramnegatives, fakultativ anaerobes, unbewegliches Bakterium als Auslöser der Pest zu identifizieren; außerdem stellte er einen kausalen Zusammenhang zwischen der Erkrankung beim Menschen und dem Rattensterben her.

Wenige Jahre nach Yersin entdeckten 1897 unabhängig voneinander Masanori Ogata und Paul-Louis Simon, dass Flöhe bei der Übertragung der Krankheit eine entscheidende Rolle spielen. Damit war der hauptsächliche Infektionsweg aufgeklärt: Normalerweise finden sich Pest-Bakterien in Flöhen, die Nagetiere besiedeln. Wildnager erkranken nicht an der Pest, allerdings können sich darin die Bakterien sehr gut vermehren. Durch engen Kontakt mit Menschen und deren Flöhen können auch diese Organismen infiziert werden (Abb. 2).

Diese etwas ungewöhnliche Lebensweise des Bakteriums erfordert eine besondere Anpassung an den jeweiligen Wirt – allein schon wegen der unterschiedlichen Körpertemperaturen, die beim Floh 26 °C, beim Menschen dagegen 37 °C und bei der Ratte 37 bis 39,5 °C betragen.

Grafik: I. Zündorf
Abb. 2: Übertragungswege von Yersinia pestis. Der natürliche Lebensraum des Bakteriums sind Nager und deren Flöhe in der freien Wildbahn, beispielsweise im Wald. Mit dem engeren Zusammenrücken von Wald und Zivilisation wechseln infizierte Flöhe auch auf domestizierte Nager über. Versehentlich können dann auch Menschen einen Biss eines infizierten Flohs abbekommen.

Außerhalb eines Säugetier-Wirts können Yersinia-Bakterien je nach Milieu relativ lange überleben. Die Überlebenszeitspanne beträgt in Wasser und feuchten Lebensmitteln einige Wochen. In infizierten Flöhen existieren die Bakterien bis zu zwei Monate, auf Kleidung und im Boden bis zu sechs Monate. Mehrere Jahre können die Bakterien bei Lagerung um 0 °C aushalten. Nicht zuletzt diese relative Robustheit des Pathogens und die Gefährlichkeit der Lungenpest machten Y. pestis auch als effiziente Biowaffe interessant. Während des 2. Weltkriegs führte die Japanische Armee Biowaffen-Tests durch und setzte Bomben mit Pest-infizierten Flöhen gegen China ein. Später testeten verschiedene Regierungen vor allem den direkten Einsatz von Pest-Bakterien in Aerosolen, bis 1975 die Biowaffenkonvention in Kraft trat und derartige Entwicklungen verbot.

Yersinia pestis ist mit der Ausnahme von Ozeanien weltweit verbreitet und kann durch die Infektion verschiedener Nagetiere praktisch nicht ausgerottet werden, weshalb es auch immer wieder zu Ausbrüchen der Krankheit kommt. Die Weltgesundheitsorganisation hat in den Jahren 2010 bis 2015 weltweit 3248 Erkrankungen registriert, von denen 584 einen tödlichen Ausgang genommen haben. Der Klimawandel, der in einigen Regionen für höhere Temperaturen im Frühjahr und feuchtere Sommermonate sorgt, kann die Verbreitung der Bakterien und ihrer Zwischenwirte noch weiter fördern.

Die Infektion

Nach einem Biss eines infizierten Flohs gelangen Yersinia-Bakterien im Säugetier in eine wesentlich wärmere Umgebung, was die prokaryontische Genexpression völlig verändert. Als fakultativ intrazelluläres Bakterium kann Y. pestis in Makrophagen persistieren und sich auch dort vermehren. Über die Immunzellen gelangen die Bakterien in den nächstgelegenen Lymphknoten, wo sie mittlerweile geschützt durch die neu exprimierten Pathogenitätsfaktoren auch gut extrazellulär persistieren und den Angriffen der Immunzellen sowie des Komplementsystems widerstehen können.

Nach einer Inkubationszeit von zwei bis sechs Tagen ist der befallene Lymphknoten stark angeschwollen und bildet die bis zu Ei-große Beule, die das charakteristische Bild der Beulenpest darstellt. Die Beulenpest ist weltweit mit ca. 90% der Fälle die häufigste Form und hat eine Mortalitätsrate von 5 bis 15%; unbehandelt versterben jedoch 50 bis 60% der Patienten. Kann die Erkrankung nicht erfolgreich behandelt werden, entwickelt sich in ca. 25% der Infektionen eine klinisch manifeste Sepsis, in ca. 5 bis 9% eine sekundäre Lungenpest und in bis zu 10% eine Meningitis. Wurden die Bakterien über Aerosole übertragen, kommt es nach einer sehr kurzen Inkubationszeit von nur ein bis drei Tagen zu hohem Fieber, Abgeschlagenheit und Husten mit blutig-eitrigem Auswurf. Ohne Therapie verläuft die Lungenpest – ähnlich wie die Pestseptikämie – zu nahezu 100% tödlich. Neben der Infektion über Flohbisse ist auch eine direkte Mensch-zu-Mensch-Übertragung der Yersinien nach einer Kontamination mit Körperflüssigkeiten möglich. Bei Lungenpest-Patienten erfolgt jedoch auch eine Ansteckung über eine Tröpfcheninfektion. In Madagaskar ist genau das mit einem hoch-kontagiösen Patienten passiert, der Ende August kurz vor seinem Tod eine mehrstündige Überlandfahrt in einem vollbesetzten Minibus unternahm und dabei seine Mitreisenden ansteckte.

Pathogenitätsfaktoren

Für seine ungewöhnliche Lebensweise braucht Y. pestis neben seiner genomischen DNA insgesamt drei verschiedene zusätzliche DNA-Moleküle. Dass sich das Bakterium überhaupt in Flöhen aufhalten und vermehren kann, verdankt es dem Plasmid pMT1 (= pFra), auf dem das Enzym Phospholipase D (= Yersinia murines Toxin, Ymt) codiert ist. Dieses Enzym schützt das Bakterium davor, im Mitteldarm des Flohs verdaut zu werden. Zusammen mit Oberflächenprote­inen, die von einem Genort des bakteriellen Chromosoms codiert werden, sorgt die Phospholipase D dafür, dass zusätzlich zum Mitteldarm auch der Vormagen des Flohs besiedelt werden kann. Durch die Oberflächenproteine verkleben die Bakterien und blockieren den Verdauungstrakt des Flohs, was ihn wiederum zu einer verstärkten Nahrungssuche drängt. Bei jedem Biss würgt der Floh einige Bakterien aus dem Vormagen aus, die dann in den Körper des Säugetiers – sei es Nager oder Mensch – gelangen. Die Bezeichnung „Yersinia murines Toxin“ erhielt die Phospholipase D aus der Beobachtung, dass das Protein bei Mäusen und Ratten als eine Art Betablocker wirkt und zu einem extremen Blutdruckabfall führt. Allerdings findet die Expression temperaturabhängig hauptsächlich im Floh und kaum noch bei 37 °C Körpertemperatur im Säugetier statt.

Auf dem Plasmid pMT1 ist außerdem das Gen für das Kapsel-Antigen Fraktion 1 (CaF1) lokalisiert. Dieses Protein wird erst bei 37 °C Umgebungstemperatur auf der Bakterienoberfläche exponiert, bildet dort ein fibrilläres, gelartiges Polymer aus und wirkt als Schutzfaktor, der eine Adhäsion an Makrophagen und damit auch die Phagozytose durch die Fresszellen verhindert.

Ein zweites, für die Pathogenität extrem wichtiges Plasmid ist pYV (= pCD1), das die Gene für das Typ-III-Sekretionssystem (T3SS) trägt. Auch diese Proteine werden temperaturabhängig nur im Warmblüter-Wirt exprimiert. Zunächst bilden über 20 Proteine einen sehr aufwändigen Komplex, der sich sowohl durch die Cytoplasmamembran als auch durch die Murein-Schicht und durch die äußere Membran des Bakteriums erstreckt. Zusätzlich bildet sich eine nadelförmige Struktur zur Injektion von Virulenzfaktoren in die Zielzelle. Sobald dieser Proteinkomplex T3SA (Typ-III-Sekretionsapparat) fertiggestellt ist und in Kontakt mit einer eukaryontischen Zelle des Wirts kommt, werden die äußeren Yersinia-Proteine (Yersinia outer proteins, Yop) exprimiert und durch den T3SA-Komplex in die Zielzelle injiziert. Dort interagieren diese Exotoxine mit den Wirtszellproteinen auf verschiedene Weise: Das Aktin-Zytoskelett wird destabilisiert, die Zytokinproduktion inhibiert und die Apoptose der phagozytierenden Zellen induziert.

Das dritte Plasmid, pPst (= pPCP1, = pPla), kommt üblicherweise in mehreren Kopien im Bakterium vor und trägt das Gen für den Plasminogen-Aktivator Pla. Diese Protease aktiviert Plasminogen im Säugerwirt, wodurch Fibrin-Polymere geschnitten werden. Pla bindet außerdem an extrazelluläre Matrixproteine wie Laminin und führt zur Inaktivierung der Komplementfaktoren des angeborenen Immunsystems. Insgesamt erleichtert die Protease die Verbreitung von Y. pestis im Gewebe und trägt erheblich zur Virulenz des Bakteriums bei.

Zusätzlich zu Pla befinden sich auf der Oberfläche von Y. pestis noch weitere Proteine, wie z. B. Ail, die eine wichtige Rolle bei der ersten Adhäsion an Wirtszellen spielen: Interessanterweise können Pestbakterien aktiv in Makrophagen oder Epithelzellen eindringen, dort unbehelligt existieren und sich auf ihr Leben außerhalb von Zellen vorbereiten.

Prophylaxe

Ein recht effizienter Weg, um die Pest in Schach zu halten, ist die Kontrolle der Population der Zwischenwirte. Wo sich Ratten und ihre Flöhe munter tummeln können, muss auch früher oder später damit gerechnet werden, dass die Pest ausbricht; zumal Y. pestis weltweit verbreitet ist. In den oft sehr einfachen Behausungen der madagassischen Landbevölkerung ist das mitunter sehr schwierig. Denn entsprechende Mittel zur gleichzeitigen Dezimierung der Ratten und Flöhe stehen meist nicht zur Verfügung. So war es naheliegend, die Entwicklung von Antiseren zur Behandlung von Infizierten und die Entwicklung eines Impfstoffs zum Schutz vor der Krankheit in Angriff zu nehmen.

Bereits kurz nach der ersten Identifizierung der Pest-Bakterien hatte Alexandre Yersin Beulen-Material ans Pasteur-Institut nach Paris geschickt, wo Albert Calmette und Amedee Borrel begannen, Tiere für die Gewinnung von Antiserum zu infizieren. 1896 konnten die ersten Patienten mit einem Antiserum aus Pferd behandelt und auch geheilt werden. Allerdings war das Antiserum nur dann effektiv, wenn die Tiere tatsächlich mit lebenden Bakterien immunisiert wurden. Durch Hitze inaktivierte Yersinien brachten hingegen nicht den erwünschten Erfolg.

Nur ein Jahr nach der Anwendung des Antiserums entwickelte Waldemar Haffkine einen Impfstoff aus hitzeinaktivierten Bakterien, der bei Indern zu einer reduzierten Inzidenz und Mortalität der Pest führte. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden in Osteuropa, in der früheren Sowjetunion, Madagaskar, Indonesien und Vietnam die lebend-attenuierten Yersinia-Stämme EV76, EV NIIEG und Tjiwide verimpft. Wegen der recht starken Nebenwirkungen und der Unsicherheit des Impfschutzes ging die Anwendung dieser Vakzine in den 1960er-Jahren deutlich zurück. Danach wurden über gezielte Muta­genese andere attenuierte Yersinia-Stämme entwickelt. Allerdings schaffte es keiner dieser Impfstämme in klinische Studien. Alternativ lässt sich ein genetisch modifiziertes Salmonella-Bakterium, das einige Yersinia-Gene exprimiert, als Lebendvakzine einsetzen.

Therapie

Im Fall einer Infektion mit Pest-Bakterien muss möglichst umgehend eine Antibiose begonnen werden, durchaus auch bevor eine mikrobiologische Bestätigung vorliegt. Unbehandelt ist die Beulenpest bei über 50% der Patienten tödlich, die Lungenpest und die Pestseptikämie zu nahezu 100%. Unterschieden wird bei den Empfehlungen zwischen einer Prä- und Periexpositionsprophylaxe, einer Postexpositionsprophylaxe und der eigentlichen Therapie Erkrankter (Tab. 1, 2). Mittel der Wahl für die Therapie war lange Zeit täglich 2 g Streptomycin, das für zehn Tage intramuskulär verabreicht wurde. Da Streptomycin bakteriolytisch wirkt, besteht dabei jedoch die Gefahr eines Endotoxin-Schocks. Dem lässt sich vorbeugen, indem drei Tage, nachdem die Körpertemperatur sich wieder normalisiert hat, auf ein anderes Antibiotikum – meistens Tetracyclin – umgestellt wird. Im Falle einer Pest-Meningitis sollte Chloramphenicol eingesetzt werden. Zu beachten ist, dass Penicilline, Cephalosporine und Makrolide bei einer Pest-Infektion nur eine eingeschränkte Wirksamkeit besitzen.

In Madagaskar ist allerdings die Versorgung der Bevölkerung mit Antibiotika nicht einfach. Die WHO hat bereits auf den dortigen Pest-Ausbruch reagiert und 1,2 Millionen Dosen versendet, die jedoch erst den Weg zu den Betroffenen finden müssen – bei einer derart kurzen Inkubationszeit für die Lungenpest ist das eine ziemliche Herausforderung.

Erschwert wird die Therapie dadurch, dass in Madagaskar mittlerweile bereits drei Yersinia-pestis-Stämme isoliert und charakterisiert wurden, die gegen eine Reihe der eingesetzten Antibiotika wie Streptomycin, Chloramphenicol und Tetracyclin resistent sind. Diese Bakterien hatten während ihres Aufenthalts im Darm der Flöhe Plasmide mit den entsprechenden Resistenzgenen von anderen Bakterienarten über einen horizontalen Gentransfer aufgenommen. Die hohe genetische Variabilität der Bakterien kann auch zu Veränderungen in der Ausstattung mit Pathogenitätsfaktoren führen, was wiederum die Infektiosität und den Krankheitsverlauf der Pest beeinflussen kann.

Tab. 1: Therapieempfehlung für die Prä- und Periexpositionsprophylaxe (für sieben Tage) bzw. Postexpositionsprophylaxe bei Entwicklung von Symptomen (für zehn Tage)
Wirkstoff
Dosis
Intervall
Tagesdosis
Doxycyclin 
  • Erwachsene 
  • Kinder > 8 Jahre, > 45 kg > 8 Jahre, < 45 kg 
100 mg p. o. 
100 mg p. o.
2,2 mg/kg p. o.
12 Stunden 
12 Stunden
12 Stunden
200 mg 
200 mg
Tetracyclin 
  • Erwachsene 
  • Kinder > 8 Jahre < 50 kg 
500 mg p. o. 
p. o.
6 Stunden  
6 Stunden
2 g 
25 bis 35 mg/kg
Ciprofloxacin 
  • Erwachsene 
  • Kinder 
Cave: nicht Mittel der ersten Wahl,da Therapieversagen bekannt ist
500 mg p. o. 
10 bis 15 mg/kg p. o.
12 Stunden
12 Stunden
1 g 
< 1 g!
Ofloxacin
400 mg p. o.
12 Stunden
800 mg
Trimethoprim + Sulfamethoxazol 
  • Erwachsene und Kinder
Trimethoprim-Dosis 
40 mg/kg p. o.
12 Stunden
1,6 bis 3,2 g
Tab. 2: Empfehlung für die Therapie von Pest-Kranken (für zehn Tage)
Medikament
Dosis
Intervall
Tagesdosis

Streptomycin 

  • Erwachsene 
  • Kinder
1 g i. m. 
15 mg/kg i. m.
12 Stunden 
12 Stunden
2 g 
30 mg/kg

Gentamycin 

  • Erwachsene 
5 mg/kg i. v. einmalig oder 2 mg/kg initial i. v. , dann 1,7 mg/kg i. v. /i. m. 
8 Stunden 
5 mg/kg 
  • Kinder
2,5 mg/kg i. m. oder i. v.
8 Stunden
7,5 mg/kg
Doxycyclin 
  • Erwachsen 
200 mg i. v. einmalig oder
100 mg i. v.
oder 100 mg p. o. 
12 Stunden
12 Stunden 
200 mg
200 mg
200 mg 
  • Kinder
> 8 Jahre > 45 kg 
> 8 Jahre < 45 kg
100 mg oral 
2,2 mg/kg p. o.
12 Stunden 
12 Stunden
200 mg
Tetracyclin 
  • Erwachsene 
  • Kinder < 50 kg
500 mg p. o. 
p. o.
6 Stunden 
6 Stunden
2 g 
25 bis 35 mg/kg
Ciprofloxacin 
  • Erwachsene 
400 mg i. v.
dann 600 mg p. o. 
12 Stunden
12 Stunden 
800 mg
1200 mg
  • Kinder
10 bis 15 mg/kg i. v.
dann 10 bis 15 mg/kg p. o.
12 Stunden
12 Stunden
< 1 g !
Ofloxacin
400 mg i. v.
12 Stunden
800 mg
Chloramphenicol-Succinat (bei Meningitis)
25 mg/kg initial i. v. dann 12,5 mg/kg i. v.
Blutspiegelkontrolle 5 bis 20 μg/ml !
6 Stunden
50 mg/kg < 30 g

Fazit

Die Pest ist eine an und für sich ubiquitäre Bedrohung, die allerdings in den Köpfen der europäischen Bevölkerung nicht wirklich präsent ist. Wie schnell eine derartige Ignoranz sich zu einem dramatischen Problem ausweiten kann, sah man vor wenigen Jahren an der Ebola-Epidemie in Westafrika. Auf Madagaskar ist das große Problem, dass die Insel zu den ärmsten Ländern der Welt gehört, so dass die rechtzeitige Versorgung mit den entsprechenden Antibiotika und auch die frühzeitige Einhaltung der Informationskette nicht sicher gewährleistet ist. Die sich derzeit auf Madagaskar tummelnden Yersinien müssen unbedingt schnell umfangreich genetisch analysiert werden, damit sie hinsichtlich der Antibiotika-Sensibilität, aber auch hinsichtlich ihrer Pathogenitätsfaktoren charakterisiert werden können. Nur so gelingt eine effiziente Bekämpfung der Pest. Für Reisende besteht derzeit nach Angaben der WHO und des Auswärtigen Amts keine erhöhte Gefahr. Dennoch sollten sich Touristen Gedanken darüber machen, wie und wo sie sich im Land aufhalten. Das Robert Koch-Institut schließt in seinem aktuellen Epidemiologischen Bulletin 41/2017 nicht aus, dass auch hierzulande reiseassoziierte Fälle einer Lungenpest auftreten können, und weist medizinisches Personal darauf hin, bei Symptomen wie plötzlich auftretendem Fieber/Schüttelfrost mit entweder schmerzhaften und entzündeten Lymphknoten (Beulenpest) oder mit Dyspnoe mit Husten und/oder blutigem Auswurf (Lungenpest) bei Reiserückkehrern sofort das Gesundheitsamt und ein Kompetenzzentrum des Ständigen Arbeitskreises der Kompetenz- und Behandlungszentren für hochkontagiöse und lebensbedrohliche Erkrankungen (STAKOB) zu informieren (www.rki.de/­stakob). |

Literatur

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Autoren

Prof. Dr. Theo Dingermann ist Senior­professor am Institut für Pharmazeu­tische Biologie an der Goethe-Univer­sität Frankfurt.

Dr. Ilse Zündorf ist dort als akademische Oberrätin tätig.

Institut für Pharmazeutische Biologie, Biozentrum, Max-von-Laue-Straße 9, 60438 Frankfurt/Main

autor@deutsche-apotheker-zeitung.de

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