Gesundheitspolitik

Kommentar: Europa stiftet Nutzen

Christine Ahlheim

Als leidgeprüfter Apotheker neigt man dazu, reflexartig alles, was von den Europäischen Institutionen in Sachen Gesundheit kommt, erst einmal sehr kritisch zu betrachten. Doch beim nun von der EU- Kommission vorgelegten Verordnungsentwurf für eine gemeinsame Nutzenbewertung neuer Arzneimittel und Medizinprodukte scheint es sich um einen echten Fortschritt zu handeln auf einem Gebiet, auf dem es sinnvoll ist, Kompetenzen an Europa abzugeben.

Vorgesehen ist, dass zukünftig Nutzenbewertungsexperten aus den Mitgliedstaaten in einer ­Koordinierungsgruppe gemeinsam darüber befinden, ob ein Arzneimittel einen Zusatznutzen gegenüber der Standardtherapie aufweist oder nicht. Dies würde Prozesse vereinfachen und mehr Transparenz schaffen. Im Fokus ist dabei der klinische Nutzen von Arzneimitteln, dagegen sollen ökonomische, ethische und soziale Aspekte sowie Preisgestaltung und Erstattungsfragen nach wie vor in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen.

Die Krankenkassen schäumen, weil ihr Einfluss auf die Erstattung, den sie bislang über den G-BA ausüben konnten, deutlich beschnitten wird. Dagegen können sich all jene freuen, denen die Machtfülle der Kassen schon seit Langem ein Dorn im Auge ist.

Doch trotz dieser Vorteile muss man wachsam bleiben. Zwar sind, siehe oben, Fragen der Arzneimittelpreise und der Erstattung ausdrücklich ausgenommen. Aber das sollte Fachöffentlichkeit und Politik nicht davon abhalten, mögliche künftige Versuche der Kommission, hier ihren Einfluss auszuweiten, sofort zu enttarnen und mit aller Macht gegenzusteuern.

Christine Ahlheim, Chefredakteurin der AZ

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