Prisma

TNF-α-Blockade gegen Adipositas

Entzündungsprozesse zerstören die Geschmacksknospen

cae | Labormäuse, die ein sehr fetthaltiges Futter erhalten, werden nicht nur in kurzer Zeit adipös, sondern büßen auch großenteils ihre Geschmacksknospen auf der Zunge ein. Ursache hierfür sind Entzündungsprozesse, denn die gentechnische Entfernung des Entzündungsmediators TNF-α bei adipösen Mäusen stoppte den Zerstörungsprozess ihrer Geschmacksknospen.

TNF-α-Blockade gegen Adipositas


Adipöse Menschen genießen ihre Nahrung eher quantitativ als qualitativ, weil sie die fünf Grundgeschmacksrichtungen nicht mehr gut wahrnehmen können – so lautet eine Theorie. Die Adipositas trägt zum Geschmacksverlust bei – ein Teufelskreis.

Foto: pictworks – stock.adobe.com

Geschmackszellen besitzen aufgrund ihrer Lokalisation in der Schleimhaut eine sehr kurze Lebensdauer von etwa zehn Tagen. Sie werden ständig durch Stammzellen in der Zunge ersetzt, die sich mithilfe des G-Protein-gekoppelten Rezeptors Lgr5 (Leucine-rich repeat-containing G-protein coupled receptor 5) und des Transkriptions­faktors Sox-2 zu funktionsfähigen Geschmackszellen entwickeln. Allerdings gibt es einige Störfaktoren dieser Zelldifferenzierung. Dazu gehören vor allem Entzündungsprozesse. Wenn sie kurzfristig auftreten, werden sie in der Regel durch Lipopolysaccharide (LPS) induziert. Darüber hinaus verkürzen LPS die ohnehin kurze Lebensdauer von Geschmackszellen und beeinträchtigen somit auf zwei Wegen den Geschmackssinn.

Von noch größerer Bedeutung für den Verlust von Geschmacksknospen sind chronische Entzündungsprozesse, die sehr niederschwellig ablaufen. Sie sind auch bei adipösen Menschen nachweisbar aufgrund der höheren Konzentrationen der inflammatorischen Zytokine TNF-α, Interleukin 6 (IL-6) und der CC-Chemokinligand 2 (CCL-2).

In einem achtwöchigen Fütterungs­versuch mit sehr fettreicher Nahrung nahmen Labormäuse um ein Drittel zu, während sie ein Viertel ihrer Geschmacksknospen verloren. Gentechnisch veränderte Mäuse, die kein TNF-α synthetisieren können, wurden zwar ebenfalls adipös, die Anzahl ihrer Geschmacksknospen blieb jedoch konstant. Der Verdacht, dass TNF-α hier der „Übeltäter“ ist, zeigte ein Experiment mit normalgewichtigen Mäusen, denen TNF-α injiziert wurde: Auch sie büßten viele Geschmacksknospen ein.

Nun liegt die These nahe, dass adipöse Menschen ihre Nahrung genussvoller und zugleich in geringeren Mengen zu sich nehmen, wenn ihre erhöhten TNF-α-Spiegel durch eine blockierende Substanz normalisiert werden. Die Erhärtung dieser These durch einschlägige Studien dürfte jedoch noch viele Jahre in Anspruch nehmen. |

Quelle

Kaufman A et al. Inflammation arising from obesity reduces taste bud abundance and in­hibits renewal. PLoS Biol; Epub 20.3.2018

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