Management

Das gekonnte „Briefing“

Was Sie beim Kauf von Kreativleistungen beachten sollten

Zunehmend kaufen auch Apothekeninhaber kreative Leistungen von Externen ein: von Webdesignern, von Werbeagenturen, von Grafikateliers oder von Textern. Nicht immer entsprechen die von diesen Geschäftspartnern erbrachten Ergebnisse auch den Erwartungen. „Das habe ich mir aber ganz anders vorgestellt“ ist leider ein häufiges Fazit von Auftraggebern nach der Präsentation. Ein Grund dafür kann im Briefing liegen. Von C. Tromm

Sofern der Apothekeninhaber nicht Scharlatanen aufgesessen ist, gibt es zwei Ursachen für unbefriedigende kreative Leistungen: Entweder hat der Auftrag­nehmer/die Agentur an der Auf­gabenstellung vorbeigearbeitet oder aber, und das ist der häufigere Fall, der Inhalt der gestellten Aufgabe, das sogenannte Briefing, reichte nicht aus.

Die Folgen sind in beiden Fällen gleich: Frust auf beiden Seiten, Zeitverlust und dies häufig kombiniert mit einem zusätzlichen Kostenaufwand. Das lässt sich ver­meiden – durch ein durchdachtes und diskutiertes Briefing.

Foto: aleksey kashin – stock.adobe.com
Rahmenbedingungen festlegen Muss-Bestandteile wie z. B. Pflichtangaben, Logos oder eine „Hausfarbe“ gehören zu den Dingen, die in einem Briefing für Werbeagenturen o. ä. angegeben werden müssen. Zudem sollte daraus ersichtlich sein, wie groß die „Spielräume für die Gestaltung“ sind.

Ein Briefing ist …

Kreative Leistungen, die von professionellen Dienstleistern erarbeitet werden, haben ihren Ausgangspunkt im Briefing, in der Aufgabenstellung des Auftraggebers. Ein solches Kunden-Briefing ist

  • eine ausführliche Instruktion, eine genaue Anweisung,
  • die einen Dritten in die Lage versetzt, ein gewünschtes Ergebnis zu erbringen, und
  • diesem Dritten dabei Spielräume in der Ergebnisgestaltung gibt.

Wichtig

Der Aspekt, dem Kreativen und damit dem Auftragnehmer Spielräume in der Ergebnis­gestaltung einzuräumen, ist der wesentliche Unterschied zwischen einem „Briefing“ und einem „Auftrag“.

Ein Briefing ist grundsätzlich für all solche Aufgaben nötig, die kreative Umsetzungen von (Werbe-)Botschaften erfragen, wie beispielsweise der künftige Online-Auftritt der Apotheke, die Entwicklung einer Kundenzeit-schrift, das Konzept für Direct-Mail-Aktionen oder die Gestaltung einer Anzeige. Die Neuauflage des Apotheken-Briefbogens dagegen, bei dem sich lediglich eine Bankverbindung ändert, ist ein Auftrag, der keines Briefings bedarf. Denn eine solche Aufgabenstellung lässt keine Spielräume in der Ergebnisgestaltung zu.

Die Inhalte eines Briefings

Ein brauchbares Briefing enthält neben der eigentlichen Aufgabenstellung in jedem Fall Antworten auf die Frage: Bei wem will ich was in welcher Zeit erreichen? Für den/die Kreativen muss demnach zweierlei deutlich werden:

1. Welche Zielgruppe(n) soll(en) angesprochen werden?

Nennen Sie Merkmale, wie Altersgruppe, Geschlecht, Bestands- oder Wunschkunden, bestimmte Indikations- oder Interessens­gruppen (Mütter von Kleinkindern, Sportler, Kosmetikinteressierte …).

2. Welche kommunikativen Ziele oder welche Werbeziele wollen Sie erreichen?

Dazu zählen beispielsweise die Klickrate auf einen Button, Rückläufe aus einem Mailing, verkaufte Einheiten im Rahmen einer Aktion oder die Teilnehmerzahl an einem Wettbewerb.

Zudem muss ein Briefing Infor­mationen über die wesentlichen Rahmenbedingungen enthalten, nämlich das Budget und den Zeitraum. Dazu zwei ergänzende Tipps:

  • Nennen Sie nicht das tatsäch­liche Budget, das Sie für Ihr Projekt vorgesehen haben, sondern halten Sie eine Reserve von ca. fünf Prozent des geplanten Kostenrahmens zurück. Diese werden vielleicht noch benötigt.
  • Nennen Sie auch nicht die tatsächliche Deadline für ein Projekt, sondern planen Sie einen Zeitpuffer von ca. zwei Wochen ein für Korrekturphasen oder ungeplante Verzögerungen.

Sind begleitende Maßnahmen im Umfeld einer Aufgabenstellung zu berücksichtigen, wie geplante Vorträge, Messaktionen etc., gehören auch die in das Briefing.

Die wichtigsten Vorüberlegungen

Der Aspekt, dass den Kreativen „Spielräume für die Gestaltung“ gegeben werden, ist für die Formulierung der Aufgabenstellung besonders wichtig. Hierbei müssen Sie als Auftraggeber sehr genau unterscheiden zwischen

  • vorgegebenen = geschlossenen Ergebnisbestandteilen und
  • nicht vorgegebenen = offenen Ergebnisbestandteilen.

Die geschlossenen Bestandteile sind Muss-Bestandteile, die offenen und damit frei gestaltbaren Bestandteile sind Kann-Bestandteile des gestalterischen Ergebnisses. In der exakten Formulierung Ihrer Ergebniserwartungen und in der jeweils angemessenen Abwägung der vorgegebenen und der nicht vorgegebenen Ergebnisteile liegt die hohe Kunst des Briefens.

Wichtig

Jedes Element, das nicht präzise vorgegeben ist, gibt kreativen Spielraum für diejenigen, die den Gestaltungsauftrag ausführen.

Als Auftraggeber sollten Sie also so sorgfältig wie möglich im Vorhinein festlegen, welche Ergebnisbestandteile Sie definitiv erwarten und bei welchen Ergebnisbestandteilen Sie einen begrenzten oder sogar totalen kreativen Freiraum gewähren.

Wichtig

Je mehr offene Ergebnis­bestandteile in einem Briefing enthalten sind, desto mehr Kreativität wird „gekauft“. Genau das macht das Briefing zu einem Steuerungselement für das Maß der gewünschten Kreativität.

Muss-Bestandteile einer Gestaltung können das Logo Ihrer Apotheke sein, Ihre Hausfarben oder definierte Schrifttypen. Auch technische Anforderungen zählen zu den Muss-Bestandteilen, wie responsives Design der Website oder das Einfügen einer Suchbox. Zu den Muss-Bestandteilen gehören aber durchaus auch Ihre dezidierten Wünsche („Das Menü auf der Website bitte links senkrecht“) und Meinungen („Unser Logo gehört im Flyer nach rechts unten”).

Wenn Sie wirklich neue kreative Ansätze erwarten, ist es ratsam, mit einem sehr offenen Briefing zu arbeiten und damit einen großen kreativen Spielraum zu schaffen. Andererseits führen offene Briefings auch dazu, dass Ideen entstehen, die anschließend Korrekturen und erneute Kreativphasen erfordern.

Es muss Ihnen als Briefendem also bewusst sein, dass offene Briefings nicht nur zu positiven, sondern auch zu negativen Überraschungen führen können, und dass ausreichend Zeit für Revisionen und neue Ansätze zur Verfügung stehen sollte.

Wichtig

Ein offenes Briefing eignet sich weder für Schnellschüsse noch für Entwicklungen, bei denen Sie Wert auf die Kontinuität von existierenden Kommunikationsmaßnahmen legen.

Die durchdachte Aufgabenstellung

Die Aufgabenstellung in einem Briefing umfasst drei Themen:

1. Definition der Kommuni­kationsmittel

Jedes zu gestaltende Kommunikationsmittel wird um Formatvorgaben ergänzt: der Umfang der Broschüre, das Format der Anzeige, die Menüpunkte der Website. Fallweise können Sie weitere Hinweise geben, z. B. das Maximalgewicht eines mehrteiligen Mailings, um definierte Portogrenzen nicht zu überschreiten, oder dass die Umschlagseiten der Broschüre eine andere Papierstärke erhalten als die Innenseiten.

2. Beschreibung des gewünschten Kommunikationsstils

Wünsche eines Auftraggebers an den Kommunikationsstil sind eine Quelle für Missverständnisse. Begriffe wie „modern“ oder „konservativ“ sind in der Vorstellungswelt eines Mittfünfzigers sehr wahrscheinlich anders besetzt als im Kopf eines jungen Kreativen. So gilt es, für den gewünschten Stil der Kommunikation möglichst eindeutige, wenig interpretierbare Adjektive zu finden. Hilfreich können bereits vorhandene Medien aus Ihrer Apotheke sein oder Beispiele aus anderen Branchen, die Ihnen gut gefallen.

3. Beschreibung der verbind­lichen Gestaltungselemente.

Verbindliche Gestaltungselemente sind Muss-Bestandteile des Briefings und dürfen vom Auftragnehmer nicht ignoriert werden. Zu ihnen zählen beispielsweise Pflichtangaben oder Vorgaben durch Ihr Corporate Design. Wenn Sie die Menge der Farben begrenzen wollen oder die Nutzung bestimmter Bildelemente wünschen, zählen diese Vorgaben ebenfalls zu den verbindlichen Gestaltungselementen.

Die richtige Vorgehensweise

Auch die Vorgehensweise ist ein Aspekt, der für das professionelle Briefen wichtig ist. Dazu diese drei Empfehlungen:

1. Führen Sie ein ausführliches Briefinggespräch

Wann immer ein Briefing größeren kreativen Spielraum gibt, sollten Sie mit dem/den Kreativen ein ausführliches Vorgespräch führen. Gut, wenn dabei Fragen gestellt, Inhalte mit Ihnen diskutiert oder sogar ergänzt werden. So stellen Sie sicher, dass die Aufgaben­stellung umfassend und in dem von Ihnen gewünschten Sinne verstanden wird.

2. Verfassen Sie das Briefing schriftlich

Ein Briefing ist nicht nur eine Aufgabenstellung, es ist auch ein verbindlicher Auftrag. Daher sollte es spätestens nach dem Briefinggespräch schriftlich verfasst werden. Zwei gute Gründe sprechen dafür: Zum einen er­fordert es, dass Sie sich selbst gründlich mit der Aufgabenstellung beschäftigen, zum anderen dient ­Ihnen dieses Papier später als ­objektive Messlatte, die bei der Präsentation der Ergebnisse an die Kreativleistung angelegt werden kann.

3. Legen Sie Abstimmungsschritte fest

Häufig ist die Deadline, zu der ein Projekt abgeschlossen sein soll, der einzige Termin, der zwischen dem Kunden und dem Auftragnehmer vereinbart wird. Um trotz eines ausführlichen Briefings unangenehmen Über­raschungen auf beiden Seiten vorzubeugen („So hatte ich das aber nicht gemeint/verstanden“), sollten Sie gemeinsam Abstimmungsschritte vereinbaren.

Für die Wahl der richtigen Zeitpunkte gibt es einen ebenso einfachen wie einleuchtenden Grundsatz: Ein Abstimmungs­gespräch sollte grundsätzlich dann erfolgen,

  • wenn es alternative Möglich­keiten für das weitere Vorgehen gibt

und/oder

  • wenn über erhebliche Teile des Budgets verfügt werden muss.

Ein Zeitplan mit diesen Abstimmungsterminen kann entweder von Ihnen in das Briefing aufgenommen werden oder der Auftragnehmer wird zu Projektbeginn darum gebeten.

Wer zahlt bei Abweichungen?

Spätestens bei der Präsentation von kreativen Leistungen zahlt sich die Qualität eines Briefings aus. Je klarer und eindeutiger im Briefing Muss-Bestandteile beschrieben wurden und je prä­ziser der kreative Spielraum erkennbar war, umso eher eignet sich das Briefing nun als Maßstab für die Leistung des Gestalters.

Wurden der Kreativität im ­Briefing keine engen Grenzen ­gesetzt, dann weiß – und erwartet – ein Auftraggeber, dass auch Überraschendes präsentiert werden wird.

Völlig anders verhält es sich bei formalen und inhalt­lichen Ab­weichungen von Muss-Bestand­teilen des Briefings. Revisionsschritte sind meist unvermeidlich. Schnell stellt sich die Frage, wer der Beteiligten den Aufwand tragen muss. Die Lösung ist einfach:

Wichtig

Derjenige, der vom Briefing abgewichen ist, muss auch die Kosten für (unvorhersehbare) Revisionsschritte tragen. Das kann sowohl den Auftragnehmer als auch den Auftraggeber treffen.

Vom kreativen Dienstleister verursachte Abweichungen

Zur Erinnerung: Zu den Muss-Bestandteilen eines Briefings zählen auch fest gefügte, subjektive Meinungen des Auftraggebers.

Wenn Sie vorgegeben haben, dass das Apothekenlogo im Flyer rechts unten platziert werden muss und das als Muss-Bestandteil im Briefing enthalten ist, dann ist jede Alternative zu Gestaltungen, in denen sich das Logo an anderer Stelle befindet, eine Abweichung vom Briefing – und damit das Risiko des Dienstleisters. Es bleibt Gestaltern unbenommen, Alter­nativen zu der geforderten Platzierung des Logos zu entwickeln, aber vor dieser Kür muss zunächst einmal die Pflicht erledigt werden.

Oder aber: Das Briefing nennt als Muss-Bestandteil für eine Anzeige das Format 1/1 Seite in DIN-A4-Größe. Dann sollte das Layout genau in dieser Größe präsentiert werden. Ein überdimensioniertes Layout ist zwar viel wirksamer, aber es ist auch irreführend und eine deutliche Abweichung vom Briefing.

Ob ein falsch platziertes Logo (außer in der Kürversion) oder ein Layout im falschen Format: Der Auftragnehmer muss revidieren und das so lange, bis das Ergebnis dem Briefing entspricht. Und: Er trägt den Aufwand für diese Revisionsschritte.

Der Auftraggeber präzisiert das Briefing

Es geschieht nicht selten, dass ein Auftraggeber während des Gestaltungsprozesses den/die Kreativen mit einem zusätzlichen Muss-Bestandteil überrascht, den er zunächst vergessen hatte. Damit präzisiert er nachträglich das Briefing. Eine solche Präzisierung ist oft sehr aufwendig für den Auftragnehmer, denn nun muss er revidieren, obwohl er briefinggetreu gearbeitet hat.

Bei Präzisierungen dieser Art kann man darüber streiten, wer den Aufwand für die Revisionen trägt. In einer eingespielten Auftraggeber/Auftragnehmersituation einigen sich beide Parteien in diesem Fall schnell und problemlos über die finanziellen Folgen. In frischen Partnerschaften wird der Dienstleister einen solchen Revisionsschritt in der Regel zähneknirschend hinnehmen.

Der Auftraggeber ändert das Briefing

Anders stellt sich die Situation bei Änderungen oder Erweiterungen des Briefings durch den Auftraggeber dar. Beispielsweise, wenn er immer wieder neue Ideen entwickelt, die Gestaltungselemente, Formate, Farben, Schriften usw. betreffen. In diesen Fällen muss der Auftraggeber den an­fallenden Aufwand für den/die Revisionsschritt(e) tragen. |

Cornelia Tromm, Kommunikations­beraterin, -trainerin und -coach, www.cornelia-tromm.de

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