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Beratung

Schutz vor Schaden

Wie die Hautbarriere gestärkt werden kann

Wenn die Haut trocken ist und juckt, wenn sich Schuppen und Entzündungen bilden, wenn Risse und Rötungen auftreten, dann sind dies Hinweise darauf, dass die Barrierefunktion der Haut geschädigt ist. Was können die Ursachen hierfür sein, welche Möglichkeiten gibt es, die Barriere wiederherzustellen, und was sollte man dem Kunden raten, der seine Haut verbessern möchte? | Von Stefan Oetzel

Jede Apothekerin, jeder Apotheker hat schon mit Kunden zu tun gehabt, bei denen die Hautbarriere geschädigt ist. Die Symptome können die Betroffenen in ihrer Lebensqualität stark beeinträchtigen. Außerdem besteht ein erhöhtes Risiko, dass Schadstoffe, Krankheitserreger und/oder Allergene über die geschädigte Hautbarriere in den Körper eindringen und so aus der lokalen Hautreaktion eine Belastung des gesamten Organismus wird. Daher ist es nicht nur aus optischen, sondern auch aus medizinischen Gründen wichtig, die Funktionsfähigkeit der Hautbarriere durch geeignete pflegende und therapeutische Maßnahmen zu erhalten bzw. wiederherzustellen.

Die Hautbarriere – mehrfach gesichert und stabilisiert

Die menschliche Haut ist grundsätzlich in drei Schichten aufgebaut, die ‒ von außen nach innen ‒ als Oberhaut (Epidermis), Lederhaut (Dermis oder Corium) und Unterhaut (Subcutis) bezeichnet werden (Abb. 1). Die Epidermis besteht hauptsächlich aus hornbildenden Zellen (Keratinozyten) und erneuert sich ständig. Die oberste Schicht der Epidermis, die als Hornzellschicht oder Stratum corneum bezeichnet wird, bildet die Hautbarriere [1]. Diese ist wie eine Ziegelsteinmauer aufgebaut. Dabei stellen die aus den Keratinozyten entstandenen abgeflachten und kernlosen Hornzellen (Korneozyten) die Ziegelsteine des Mauerwerks dar, die durch einen „Mörtel“ aus epidermalen Lipiden (z. B. Ceramide, Fettsäuren, Cholesterol) zusammengehalten werden [1]. Dieses „Ziegelstein-Mörtel-Modell“ erklärt jedoch nicht abschließend, warum die Hornzellschicht so widerstandsfähig gegen mechanischen Stress und inneren Gewebedruck ist [2]. Durch elektronenmikroskopische Untersuchungen konn­te gezeigt werden, dass für die Funktion und Stabilität des Stratum corneum weitere Faktoren eine wichtige Rolle spielen (Abb. 1). Hierzu gehören [1–3]:

Abb. 1: Aufbau und Funktionen der Hautbarriere. Das Stratum corneum bildet die oberste Schicht der Epidermis und setzt sich aus Korneozyten zusammen, die von Filaggrin und epidermalen Lipiden umgeben sind. Stabilität und Funktionalität der Hautbarriere werden durch verschiedene Strukturen gewährleistet. Die Hautbarriere schützt den Organismus vor äußeren mechanischen, physikalischen, chemischen und mikrobiologischen Einflüssen sowie vor Feuchtigkeitsverlust (nach [3]).
  • Doppelschichtstrukturen (Bilayer) aus Lipiden des Stratum corneum. Über diese Bilayer können Wirkstoffe in und durch die Hornzellschicht diffundieren.
  • hakenähnliche Nano-Strukturen der Korneozyten. Diese tragen zur mechanischen Stabilität bei.
  • punktförmige molekulare Verbindungsstellen von Zelle zu Zelle (Korneodesmosomen). Diese nietenähnlichen Strukturen werden in den lebenden Hautschichten gebildet und dienen dazu, den Zellgewebeverband aufrechtzuerhalten.
  • Schlussleisten (Tight Junctions) am Übergang von der lebenden zur toten Hautschicht. Diese bilden eine Barrierestruktur, die möglicherweise als molekularer Filter für große Moleküle sowie als Strukturelement zur Polarisierung der Zellen dient.
  • Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Hautbarriere ist das Protein Filaggrin, das mit Keratinfilamenten zu dichten Bündeln aggregiert, so als starre Proteinstruktur die Hornzellen umgibt und dadurch die Gesamtstruktur stabilisiert.

Die Hornzellschicht ist von einem natürlichen Säureschutzmantel überzogen, der von Talg- und Schweißdrüsen gebildet wird und aus einem Wasser-Fett-Film besteht. Dessen Schutzfunktion vor pathogenen Keimen beruht dabei vermutlich nicht nur auf dem leicht sauren pH-Wert von etwa 4 bis 6,5, sondern ist auch Folge des Zusammenspiels mehrerer Sekrete. Die bilden eine chemische Barriere und verhindern so das Wachstum nichtresidenter Mikroorganismen, während die Hautflora an dieses Biotop angepasst ist [4, 5].

Schutz vor äußeren Einflüssen und Feuchtigkeitsverlust

Die Hautbarriere bildet die Grenzfläche zur Umwelt. Einerseits schützt sie den Organismus vor physikalischer und mechanischer Belastung (Hitze, Kälte, UV-Strahlen, Stöße, Scherkräfte) sowie davor, dass Allergene, Chemikalien oder Mikroorganismen in den Körper eindringen (Barriere von außen nach innen). Andererseits verringert sie den Wasserverlust durch die Haut (Barriere von innen nach außen) [1]. Hauptfunktionen sind demnach die Barrierefunktion vor schädigenden äußeren Einflüssen sowie die Regulation des kutanen Wasserhaushaltes.

Ist die Hautbarriere geschädigt, kann dies über den sogenannten TEWL-Wert ermittelt werden [1]. Er beschreibt den transepidermalen Wasserverlust (TEWL) und gilt als Marker für die Funktionsfähigkeit der Hautbarriere. Zur Messung wird eine Sonde mit Feuchtigkeits- und Temperatursensoren auf die Haut aufgesetzt, mit deren Hilfe sich die von der Hautoberfläche verdunstende Wasserdampfmasse pro Fläche und Zeit bestimmen lässt. Ist der Wert erhöht, dann deutet dies darauf hin, dass die Integrität der Hautbarriere gestört ist und die Feuchtigkeit somit nicht mehr richtig gespeichert werden kann.

Störung der Hautbarriere durch Neurodermitis

Die kutane Schutzfunktion kann aus unterschiedlichen Gründen beeinträchtigt sein. So wird die Haut durch die Verwendung aggressiver Hautreinigungsprodukte oder Kosmetika, häufiges bzw. heißes Waschen sowie ungünstige Umweltbedingungen (trockene Luft, klimatisierte Räume, übermäßige UV-Bestrahlung) stark beansprucht. Bei Menschen, die berufsbedingt oft intensiven Hautkontakt mit Wasser haben, ist das Risiko ebenfalls erhöht. Gefährdet sind auch Patienten mit bestimmten inneren Erkrankungen wie z. B. Diabetiker, die als Folge einer Neuropathie ein diabetisches Fußsyndrom mit massiv geschädigter Hautbarriere aufweisen können.

Häufig gehen auch bestimmte Hauterkrankungen mit einer funktionsgestörten Hautbarriere einher. Hierzu gehören z. B. Psoriasis, irritative Kontaktdermatitis oder auch atopische Dermatitis (atopisches Ekzem oder Neurodermitis). Dies ist eine chronische, schubförmig verlaufende Hauterkrankung, die durch trockene Haut, Juckreiz und Hautentzündungen gekennzeichnet ist, wobei verschiedene Hautstellen betroffen sein können. Die Erkrankung beginnt meist schon im Säuglingsalter. Die Häufigkeit ist in den letzten drei Jahrzehnten erheblich angestiegen und beträgt heute 15% bis 30% bei Kindern und Jugendlichen sowie 2% bis 10% bei Erwachsenen [1].

Die Vorgänge bei der Entstehung und Entwicklung einer atopischen Dermatitis sind sehr komplex und bislang nicht vollständig geklärt. Vermutlich spielen jedoch eine genetische Prädisposition, aber auch exogene Auslöser eine wichtige Rolle. Die atopische Dermatitis ist eine Erkrankung des Immunsystems, bei der sich die Abwehrreaktion gegen harmlose Fremdstoffe richtet, die irrtümlich als gefährlich eingestuft werden. Dabei werden unter anderem IgE-Antikörper produziert, die eine Sensibilisierung gegenüber Allergenen wie Hausstaubmilben, bestimmten Nahrungsmitteln (Eier, Milcheiweiß), Pollen oder Tierallergenen vermitteln können [1]. Für die immunologischen Vorgänge werden zwei verschiedene Theorien diskutiert: Der ersten Hypothese zufolge ist der primäre Defekt im Immunsystem angesiedelt. In der Folge kommt es zu einer übermäßigen IgE-Sensibilisierung, zu Entzündungsreaktionen und zu sekundären Funktionsstörungen der Hautbarriere. Demgegenüber geht die zweite Hypothese davon aus, dass sich der primäre Defekt in der Hautbarriere befindet, der dann über erhöhte Allergen- und Pathogen-Exposition zur sekundären überschießenden IgE-Sensibilisierung und damit zu Entzündungen führt [1].

Bei Patienten, die an einer atopischen Dermatitis erkrankt sind, ist die Funktion der Hautbarriere an den Hautstellen gestört, die sichtbare Schädigungen aufweisen, aber auch in den Bereichen, die keine solche Läsionen zeigen. Als mögliche Ursachen für die beeinträchtigte Barrierefunktion wurden verschiedene Faktoren untersucht. Hierzu gehören z. B. eine gestörte Zusammensetzung der Lipide, eine veränderte Expression der Proteine im Bereich der Hornhaut sowie ein Ungleichgewicht in den epidermalen Strukturproteinen. In der Folge dringen vermehrt Chemikalien und Allergene in die Haut ein (Beeinträchtigung der Barriere von außen nach innen). Es kommt aber auch zu einem erhöhten Flüssigkeitsverlust durch die Haut (Beeinträchtigung der Barriere von innen nach außen) [1].

Atopische Dermatitis und Kontaktallergien ­hängen zusammen

Auch eine Kontaktallergie (allergisches Kontaktekzem) kann zur Schädigung der Hautbarriere führen. Die Entwicklung einer solchen Störung verläuft in zwei Schritten. Zunächst findet eine Sensibilisierung gegenüber einem potenziellen Allergen statt. Gerät dieser Stoff danach in direkten Kontakt mit der Haut, wird er vom Immunsystem erkannt. Dies setzt Botenstoffe frei, die zu Entzündungsreak­tionen des umliegenden Gewebes führen. Kontaktekzeme werden den Allergien vom Spättyp zugeordnet, da zwischen dem Allergenkontakt und dem Auftreten der Symptome typischerweise mindestens 24 Stunden liegen.

Bei Patienten mit atopischer Dermatitis können potenzielle Allergene wie Metalle (z. B. Nickel in Schmuck), Duftstoffe oder Konservierungsstoffe vermehrt durch die geschädigte Hautbarriere in den Organismus eindringen. Man könnte vermuten, dass dadurch zwangsläufig auch das Risiko für eine Kontaktsensibilisierung und damit für eine Allergie wächst. Die Beziehung zwischen der Hauterkrankung und der Entwicklung einer Allergie ist jedoch komplex und hängt von verschiedenen immunologischen Reaktionen und dem jeweiligen Zustand der Hautbarriere ab [1].

So konnte in mehreren Untersuchungen ein positiver Zusammenhang zwischen atopischer Dermatitis und einer Kontaktsensibilisierung gezeigt werden. Hierfür gibt es verschiedene Erklärungsan­sätze, die in epidemiologischen und klinischen Studien untersucht wurden. So ist atopische Haut durch einen Mangel an dem Histidin-reichen Protein Filaggrin gekennzeichnet, was wiederum Nickel stark binden kann. Bei diesen Patienten können somit Nickelallergene leichter durch die Haut in den Körper eindringen [1]. Dies wird auch in Studien bestätigt, die zeigen, dass Patienten mit einer Funktionsverlustmutation im Filaggrin-Gen häufiger eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Unverträglichkeit gegenüber Nickel aufweisen als Patienten ohne diese Mutation [1, 6, 7]. Eine weitere Erklärung für die Assoziation zwischen Neurodermitis und Kontaktallergie bietet die Behandlung der atopischen Haut. Hierzu werden oftmals Feuchtigkeitscremes und topische Wirkstoffe wie Corticosteroide oder Calcineurin-Inhibitoren eingesetzt, um die Hauttrockenheit und die Entzündung zu lindern. Damit ist die Haut vermehrt diesen als potenzielle Kontaktallergene wirkenden Inhaltsstoffen ausgesetzt, was wiederum eine Sensibilisierung gegenüber den entsprechenden Substanzen fördern könnte [1].

Es gibt aber auch experimentelle Studien, die eine inverse Beziehung zwischen der Ausprägung der atopischen Dermatitis und dem Ausmaß der Kontaktsensibilisierung zeigen [1]. So reagierten Patienten mit geringgradiger atopischer Dermatitis zu 100% auf das starke Allergen Dinitrochlor­benzol, während bei Patienten mit mittlerem und hohem Schweregrad nur in 95% bzw. in 33% der Fälle eine allergische Reaktion nachweisbar war [8]. Eine mögliche Erklärung hierfür sind die wechselseitig antagonistischen Einflüsse der T-Helferzellen vom Typ 1, die bei Kontaktsensibilisierung aktiviert werden, und vom Typ 2, die bei atopischer Dermatitis vorherrschend sind. Je stärker die Typ-2-Helferzellen bei Patienten mit atopischer Dermatitis aktiviert werden, desto mehr würden demnach die Reaktionen der Typ-1-Helferzellen unterdrückt und es wäre eine höhere Allergenkonzentration für eine Kontaktsensibilisierung notwendig [1]. Man könnte auch sagen, dass bei schweren Formen von atopischer Dermatitis das Immunsystem „abgelenkt“ ist und somit weniger stark auf Kontaktallergene reagiert.

Hautbarriere mit geeigneten Produkten „reparieren“

Primäres Ziel bei einer gestörten Funktion der Hautbarriere ist es, diese schnell wiederherzustellen, um weitere Entzündungen und Ekzeme sowie sonstige allergische Reaktionen zu vermeiden. Hierfür werden basistherapeutische Produkte zur Pflege empfindlicher und allergischer Haut angeboten, die speziell dafür entwickelt wurden, um den Fett- und Feuchtigkeitsmangel auszugleichen sowie die Barrierefunktion wiederherzustellen bzw. zu verbessern (Tab. 1) [9].

Tab. 1: Pflegelinien bzw. Pflegeprodukte für empfindliche Haut (Auswahl)
Produkt(linie)
Hersteller
ausgewählte Inhaltsstoffe
A-Derma Rheacalm
Pierre Fabre
Rhealba® (Extrakt aus Junghaferpflanzen)
Allergika sensitive duo
Allergika Pharma
Squalan, Glycerin, Ceramide, Bisabolol
Allpremed hydro
Neubourg Skin Care
Nachtkerzennöl, Urea
Avène Xeracalm
Pierre Fabre
Avène Thermalwasser, Lysat aus Aquaphilus dolomiae (I-modulia®), ­Lipidkomplex Cer-Omega
Bedan
Klosterfrau
Hyperforin, Panthenol, Allantoin
Bioderma Atoderm
Naos Deutschland
Zuckergrundlage, Braunalge, Vitamin B3
Cetaphil Restoraderm
Galderma
Ceramide, Filaggrin, Glycerin
Dermaplant
Schwabe
Urtinktur von Cardiospermum halicacabum
Dermasence BarrioPro
P&M Cosmetics
Pflanzenextrakte, Allantoin, Bisabolol
Dermastabil
Dr. Theiss
Ectoin, Allantoin und Glycerin
Eucerin AtopiControl
Beiersdorf
Licochalcone A, Ceramide
Imlan Pur
Amryt
Betulin, Jojobaöl
La Roche-Posay Toleriane
L’Oréal
Glycerin, Squalan
Linola
Dr. August Wolff
ungesättigte Fettsäuren
Neuroderm
InfectoPharm
Ceramide, Glycerin
Physiogel Calming Relief
GlaxoSmithKline
Olivenöl, Glycerin

Die Grundlage solcher Lotionen, Cremes oder Salben bildet ein Gemisch aus Fett und Wasser. Damit diese Bestandteile eine Verbindung in Form einer Emulsion eingehen können, werden als Hilfsstoffe Emulgatoren zugesetzt [9]. Zudem können Wirkstoffe enthalten sein, um die pflegenden und schützenden Eigenschaften zu verbessern. Hierzu gehören z. B. infektions- und entzündungshemmende Zusätze, Vita­mine, Feuchthaltefaktoren oder Lichtschutzkomponenten [9]. Schließlich kommen Hilfsstoffe zum Einsatz, die sich auf Konsistenz, Farbe, Duft und Haltbarkeit des Hautpflege­produkts auswirken. Das Wirkprofil des Pflegeprodukts wird unter anderem durch den Fettanteil bestimmt [9]. So sind zur Pflege sehr trockener Haut Emulsionen mit hohem Fettgehalt besonders gut geeignet, da sie einen leichten Fettfilm auf der Haut bilden und dadurch verhindern, dass zu viel Flüssigkeit nach außen abgegeben wird. Reine Fettsalben sollten jedoch nicht verwendet werden, vor allem wenn die Haut zu Ekzemen neigt, da diese den Wärme­austausch über die Haut beeinträchtigen und so das Risiko einer Entzündung fördern. Auch die Art des eingesetzten Fetts entscheidet darüber, wie die Emulsion wirkt. Dabei sind natürliche Fette bzw. Öle wie Sheabutter oder Mandelöl in ihrer Struktur den Fetten der Haut sehr ähnlich und können daher gut aufgenommen werden [9]. Neben den verwendeten Pflegeprodukten beeinflusst auch die Hautreinigung die Funktionsfähigkeit der Hautbarriere [9]. Die Reinigungssubstanzen enthalten in der Regel Tenside, die Fett- und Schmutzpartikel lösen, gleichzeitig aber auch die Haut entfetten. Wie stark ein Hautreinigungsmittel die Haut angreift, hängt davon ab, welche waschaktiven Substanzen in welcher Konzentration enthalten sind und welchen pH-Wert das Produkt aufweist. So eignen sich Seifen oder flüssige Reinigungsmittel (Syndets) am besten zum Schutz empfindlicher Haut, wenn sie pH-neutral sind, also einen pH-Wert zwischen 4 und 6,5 auf­weisen, der dem pH-Wert des Säureschutzmantels bei gesunder Haut entspricht [9]. Es werden auch Reinigungsprodukte mit Zusatzstoffen und Fettkomponenten angeboten, durch die eine Rückfettung der Haut erreicht werden soll [9].

Leitlinie empfiehlt Stufentherapie bei atopischer Dermatitis

Zur Behandlung der atopischen Dermatitis empfiehlt die AWMF-Leitlinie, eine an die klinische Ausprägung individuell angepasste Stufentherapie durchzuführen (Abb. 2) [10]. Als Basis wird dabei in allen Stufen die trockene Haut mit topischen Pflegeprodukten behandelt, die in ihrer Zusammensetzung auf den jeweiligen Hautzustand abgestimmt sind. So sollten Produkte auf einer fetten Salbengrundlage bei sehr trockener Haut und hydratisierende Öl-in-Wasser-Emulsionen bei weniger trockener Haut eingesetzt werden. Schließlich wird eine angemessene Hautreinigung als Bestandteil der Basistherapie empfohlen [10].

Abb. 2: Stufentherapie bei Neurodermitis. In Stufe 2 und 3 kann erwogen werden, zusätzlich antipruriginöse und antiseptische Wirkstoffe anzuwenden. In Stufe 3 werden in der Regel topische Glucocorticosteroide als First-Line-Therapie verordnet, bei Unverträglichkeit bzw. Nichtwirksamkeit und an besonderen Lokalisationen (Gesicht, intertriginöse Hautareale, Genitalbereich, Capillitium bei Säuglingen) werden topische Calcineurin-Inhibitoren eingesetzt. Eine UV-Therapie ist häufig ab Stufe 2 unter Berücksichtigung der Altersbeschränkung (nicht im Kindesalter) indiziert. Cave: keine Kombination mit Ciclosporin A und topischen Calcineurin-Inhibitoren [10].

Ist die atopische Dermatitis weiter fortgeschritten, haben sich Ekzeme gebildet und ist die Hautbarriere somit stärker geschädigt, dann sollten laut Leitlinie ‒ zusätzlich zur Basistherapie ‒ topische Glucocorticosteroide bzw. topische Calcineurin-Inhibitoren eingesetzt werden. Bei schweren persistierenden Ekzemen können zudem systemische immunmodu­lierende Therapien, z. B. mit Ciclosporin A, erforderlich sein [10]. Eine weitere ergänzende Behandlungsmöglichkeit bei Patienten im Erwachsenenalter bietet die Phototherapie mittels UV-A- oder UV-B-Bestrahlung [10].

Was kann dem Patienten geraten werden?

Je nach Ausdehnung, Lokalisation und Zustand der geschädigten Hautstellen sollte die Haut täglich mit entsprechenden Pflegeprodukten eingecremt werden (s. Kasten: „Was ist bei der Wahl der Basispflege-Produkte zu beachten?“). Dadurch werden der Haut Fett und Feuchtigkeit zugeführt, die Hautbarriere kann sich regenerieren bzw. stabilisieren und die Symptome verbessern sich nach und nach. Akut nässende Ekzeme können z. B. im Rahmen einer Neurodermitis wirksam durch Präparate mit hohem Wassergehalt behandelt werden, zwischen den Schüben benötigt die Haut lipophilere Produkte [11].

Was ist bei der Wahl der Basispflege-Produkte zu beachten?

  • Das Pflegeprodukt sollte nach dem aktuellen Haut­zustand und der Körperregion ausgewählt werden. So empfiehlt sich z. B. eine Salbe mit hohem Fettanteil in Phasen sehr starker Hauttrockenheit. Bei weniger trockener Haut ist eine feuchtigkeitsbindende Öl-in-Wasser-Emulsion zur Basispflege geeignet [12].
  • Pflegeprodukte für empfindliche und trockene Haut sollten nur wenige, dafür aber hochwertige Inhaltsstoffe enthalten [9]. Dies kann z. B. anhand der Verpackung überprüft werden, da gemäß der Kosmetikverordnung dort die Inhaltsstoffe in der Reihenfolge ihrer Konzentration aufgelistet sein müssen [9].
  • Produkte mit Feuchthaltefaktoren wie Harnstoff und Glycerin können eingesetzt werden, um die Feuchtigkeit in den oberen ausgetrockneten Hautschichten zu binden [11].
  • Zusätzlich enthaltene (pflanzliche) Wirkstoffe können den Juckreiz lindern (z. B. Polidocanol, natürliche Gerbstoffe), die Wundheilung fördern (z. B. Aloe barbadensis) sowie Entzündungen und Infektionen hemmen (z. B. Zinkoxid, Färberwaid, Johanniskraut) [11].
  • Die Pflegeprodukte sollten keine allergenen Duft-, Konservierungs-, Farb- und sonstigen Inhaltsstoffe enthalten. Wenn nicht ganz auf Konservierungsmittel verzichtet werden kann, sollten diese nur in möglichst geringen Mengen vorhanden sein [9].
  • An Babypflegeprodukte werden besonders hohe Anforderungen hinsichtlich der Inhaltsstoffe gestellt. Daher eignen sich diese auch für empfindliche Haut von Erwachsenen [9].
  • Es sollten Produkte ausgewählt werden, die dermatologisch geprüft wurden und von Fachleuten als besonders verträglich bewertet werden [9].

Bei akut entzündlichen Ekzemen, vor allem wenn diese erstmalig auftreten und mit sehr starkem Juckreiz einhergehen, sollte der Patient an einen Arzt verwiesen werden; eine Selbstmedikation ist hier nicht angezeigt. Auch wenn es Hinweise auf mögliche Allergien gibt, sollte der Patient den Arzt aufsuchen, so dass dieser eine differenzierte Diagnose durchführen und gegebenenfalls eine entsprechende Therapie einleiten kann. Dies ist auch deswegen wichtig, weil so einer Ausweitung in Richtung allergisches Asthma bzw. allergische Rhinitis vorgebeugt werden kann [11]. |

Literatur

[1] Engebretsen KA, Thyssen JP. Barrierefunktion der Haut und Allergene. KKD 2017;5:7-13

[2] Neubert RHH, Wepf R. Das Stratum corneum. Struktur und Morphologie einer hoch effizienten Barriere. Medicos 2008;4:21-28

[3] Proksch E, Brandner JM, Jensen J-M. The skin: an indispensable barrier. Exp Dermatol 2008;17:1063-1072

[4] Die Haut – ein ganz besonderes Organ. Deutsche Haut- und Allergiehilfe e. V.; www.dha-allergien.de/haut.html, Abruf 22. März 2019

[5] Säureschutzmantel. Informationen des DocCheck-Flexikon; https://flexikon.doccheck.com/de/Säureschutzmantel, Abruf 22. März 2019

[6] Novak N, Baurecht H, Schäfer T, Rodriguez E, Wagenpfeil S, Klopp N, Heinrich J, Behrendt H, Ring J, Wichmann E, Illig T, Weidinger S. Loss-of-function mutations in the filaggrin gene and allergic contact sensitization to nickel. J Invest Dermatol 2008;128:1430-1435

[7] Thyssen JP, Johansen JD, Linneberg A, Menné T, Nielsen NH, Meld­gaard M, Szecsi PB, Stender S, Carlsen BC. The association between null mutations in the filaggrin gene and contact sensitization to nickel and other chemicals in the general population. Br J Dermatol 2010;162:1278–1285

[8] Uehara M, Sawai T. A longitudinal study of contact sensitivity in patients with atopic dermatitis. Arch Dermatol 1989;125:366–368

[9] Pflege trockener und empfindlicher Haut. Deutsche Haut- und Allergiehilfe e. V.; www.dha-allergien.de/produkte.html, Abruf 22. März 2019

[10] Neurodermitis (atopisches Ekzem; atopische Dermatitis). S2k-Leitlinie, AWMF-Registernummer: 013-027; Stand: März 2015, abgelaufen, www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/013-027l_S2k_Neurodermitis_2016-06-verlaengert.pdf

[11] Pflegel J. Selbstmedikation_plus: Beratungsleitfaden 2017. http://cms.springertransportmedia.de/fm/5414/Selbstmedikation-plus-Beratungsleitfaden-2017.pdf, Abruf 25. März 2019, . Sonderpublikation Apotheke + Marketing 03/2017, PTA Magazin 10/2017

[12] Basistherapie. Deutsche Haut- und Allergiehilfe e. V., www.dha-neurodermitis.de/therapie/basistherapie.html, Abruf 22. März 2019

Autor

Stefan Oetzel hat Biologie (Diplom) an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken sowie an der Eberhard Karls Universität in Tübingen studiert. Im Anschluss absolvierte er eine Weiterbildung zum Fachzeitschriftenredakteur beim Ernst Klett Verlag in Stuttgart. Seit 1998 arbeitet er als freiberuflicher Medizinjournalist.

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