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Pandemie Spezial

(Un)Redlich gegen Corona

Manche Vitalstoffe können Immunfunktionen unterstützen, aber antiviral wirken sie nicht

In der Corona-Pandemie wächst besonders bei älteren Menschen die Sorge um die Gesundheit und das Bedürfnis, sich aktiv zu schützen – jenseits von Masken, Hygiene- und Abstandsregeln. Dieses Bedürfnis nutzen schwarze Schafe aus und suggerieren etwa für Nahrungsergänzungsmittel „Anti-Corona-­Wirkungen“. Unredliche Aussagen geradezurücken, ist auch Aufgabe der Apotheken. Ihnen bietet sich die Chance zu einer Beratung über sinnvolle Produkte, etwa Vitalstoffpräparate, die gerade bei den Älteren Immunfunktionen unterstützen – ohne falsche Versprechen. | Von Ralf Schlenger

„Es gibt bestimmte Getränke und Vitamine, die du zu dir nehmen kannst, um jeden viralen und bakteriellen Eindringling abzuwehren, einschließlich des neuartigen Coronavirus!“ Wer vom Fach ist, dem bleibt das Lachen im Halse stecken angesichts solcher Behauptungen. Aber was durchschaut der Laie, der im Internet, in sozialen Medien unterwegs ist, und wovon lässt er sich locken? Auch in manchem „Gesundheitshaus“ und bei „Ernährungsberatern“ finden sich derzeit irreführende bis illegale Anti-Corona-Aussagen beispielsweise für Nahrungsergänzungsmittel ganz unterschiedlicher Zusammensetzung (s. Kasten „Einige Produkte bzw. Pflanzen, bei denen eine Wirkung gegen Coronaviren suggeriert wird“) [1]. Dabei ist es nach deutschem und EU-Recht unrechtmäßig, wenn Anbieter Nahrungsergänzungsmittel mit „Schutz vor Viren“ oder „hilft gegen Corona“ bewerben (s. Kasten „Health Claims“). Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat inzwischen mehrfach klargestellt, dass solche Aussagen für Nahrungsergänzungsmittel verboten sind [2, 2a]. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit als nachgeordnete Behörde hat inzwischen die Betreiber verschiedener Plattformen und Internet-Marktplätze (wie Ebay, Amazon, Alibaba, Hood, Rakuten) aufgefordert, verstärkt auf Angebote von „Corona-Nahrungsergänzungsmitteln“ zu achten und diese nicht mehr zum Verkauf anzubieten. Vergleichbare Warnungen sprach in Amerika die Federal Drug Administration aus [3]. Es gebe keine wissenschaftliche Evidenz für eine vorbeugende oder heilende Wirkung „alternativer“ Mittel bei COVID-19, schreibt das amerikanische National Institute of Health.

Einige Produkte bzw. Pflanzen, bei denen eine Wirkung gegen Coronaviren suggeriert wird

  • MMS (Miracle Mineral Supplement, Chlorbleiche – ­gefährlich!)
  • DTX-Drink (1 l gesalzenes Quellwasser für 97,20 Euro)
  • Aloe vera
  • Cannabidiol (CBD)
  • Colostrum
  • Chili
  • Grüntee (bzw. Epigallocatechinagallat, EGCG)
  • Rhodiola (Rosenwurz)
  • Artemisia annua (bzw. Artemisin)
  • Zistrose
  • Propolis
  • Vitalpilze
  • Holunder
  • Schwarze Johannisbeere (Blattknospen)
  • Ingwer
  • Kurkuma
  • Zimt
  • Apfelessig

Quelle: mod. nach Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen [1]

Das Muster ist immer gleich

Mangels Wirkungsbelegen werden gerne Assoziationen mit „Erkältung – Influenza – Coronaviren“ verfolgt. Sobald ein Mittel irgendwo den Hauch eines Effektes gezeigt hat, wird er generalisiert und unzulässigerweise auf das neue Coronavirus SARS-CoV-2 übertragen: „XY kann als unterstützende Maßnahme gegen humane Coronaviren angewendet werden“. „Wie Influenza wird auch COVID-19 von RNA-Viren verursacht. Und die lässt XY sprichwörtlich gegen die Wand laufen.“ „XY ist der einzige Cistus-Extrakt, der bislang gegen Corona-Viren erfolgreich getestet wurde“. Bei diesen Beispielen werden Verbraucher in die Irre geführt, denen nicht klar ist, dass man sieben unterschiedlich pathogene Coronaviren auseinanderhalten muss. Die vier saisonalen Typen, die bei uns seit Langem endemisch sind (Subtypen: NL63, OC43, 229E, HKU1), verursachen 5 bis 30% aller akuten respiratorischen Erkrankungen. Auf diese bekannten Viren (oder auch auf Rhino- und Influenzaviren) beziehen sich manche Untersuchungen zu traditionellen Arzneimitteln und Medizinprodukten, mitnichten auf die neueren Coronaviren MERS-CoV, SARS-CoV(-1) und SARS-CoV-2.

Health Claims

Was dürfen Nahrungsergänzungsmittel (nicht) versprechen?

Anders als Arzneimittel zur Prävention, Linderung oder Therapie von Erkrankungen sind Nahrungsergänzungsmittel (NEM) rechtlich Lebensmittel und nur dazu bestimmt, dem Körper zusätzlich Vitamine, Mineralstoffe und andere Stoffe zuzuführen, um die normale Ernährung zu ergänzen. Eine arzneiliche Wirkung dürfen sie nicht entfalten.

Zulässig ist nach der seit 2007 geltenden „Health-Claims-Verordnung“ (Verordnung über Gesundheitsbehauptungen, (EG) Nr. 1924/2006) ausschließlich die Verwendung bestimmter gesundheitsbezogener Aussagen, die zuvor als wissenschaftlich belegt bewertet wurden. Eine erste Prüfung nimmt auf Antrag eines Herstellers das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) vor. Die abschließende, für den europäischen Wirtschaftsraum gültige Prüfung ist Aufgabe der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority, EFSA). Für eine positive Bewertung von beantragten gesundheitsbezogenen Aussagen zu Nahrungsergänzungsmitteln durch die EFSA sind mindestens kontrollierte Interventionsstudien an Menschen (Evidenz 2a) und eine Erklärung des Wirkmechanismus erforderlich. Studien an Tieren oder an Zellkulturen im Reagenzglas reichen nicht aus. Studien sollten sich zudem auf das Produkt beziehen, nicht auf einzelne Inhaltsstoffe.

In Bezug auf NEM und die Corona-Pandemie stellt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) fest: Wissenschaftliche Studien, die eine Wirksamkeit von bestimmten Stoffen in Nahrungsergänzungsmitteln gegenüber dem aktuellen Coronavirus belegen, liegen nicht vor. Die Verwendung von krankheits- oder gesundheits­bezogenen Aussagen bezüglich des Virus ist daher grundsätzlich verboten [4]. Dies gilt auch für alle irreführenden Aussagen.

„Antivirale“ traditionelle Arzneimittel?

Irreführende Aussagen zu „Schutz vor Corona“ finden sich aber nicht nur bei NEM, sondern auch im werblichen Umfeld von apothekenüblichen Medizinprodukten und traditionellen Arzneimitteln. „Corona-Virus: die Zistrose (Cistus incanus) könnte helfen“: Unter dieser Überschrift auf einer Wildnispädagogik-Website über die Wirksamkeit der Zistrose bei Influenza und auch explizit bei COVID-19 spekuliert. Die in dem Extrakt Cistus 052® enthaltenen Polyphenole sollen durch einen „bis zu drei Stunden haltbaren Schutzfilm“ auf der Mund- und Rachenschleimhaut Viren und Bakterien einhüllen, die gebunden und geschluckt würden [5]. Auch andere Webseiten und Blogs legen für die Zistrose eine Wirksamkeit bei COVID-19 nahe. Ähnliche Aufmerksamkeit erfuhr der „Virenkiller“ schon bei der – glimpflich verlaufenen – Influenza-H1N1-Pandemie 2009/10, der „Schweinegrippe“. Was ist dran? ­Zitiert werden damals wie heute wenige, identische Quellen: Zellkultur- und Tierexperimente zeigten eine nichtpharmakologische Wechselwirkung von Viren mit Cistusextrakt-­Bestandteilen, die die Zellen „maskieren“ und so eine Infektion blockieren können [6]. In einer prospektiven, randomisierten Studie bei 160 Patienten mit akuten Infektionen der oberen Atemwege linderte ein definierter Extrakt die Symptome besser als Placebo, auch in der kleinen Subgruppe von Influenzavirus-infizierten Teilnehmern [7]. In einer Beobachtungsstudie lutschten 277 Patienten mit oberen Atemwegsinfekten eine Woche lang sechsmal täglich zwei Lutschtabletten mit Cistus®-Extrakt oder gurgelten und schluckten mehrmals täglich grünen Tee. Berichtet wird eine doppelt so starke Symptomverbesserung durch Cystus® als durch grünen Tee. Prof. Dr. Stephan Ludwig, Leiter des Institutes für Molekulare Virologie an der Universität Münster, beschrieb den Extrakt schon zur Zeit der Schweinegrippe als vielversprechende Option für die antivirale Behandlung saisonaler und neu auftretender Grippeviren; er eigne sich wegen des geringen Nebenwirkungsrisikos und fehlender Resistenzbildung auch für eine gezielte Prophylaxe im akuten Expositionsfall [8]. Der Extrakt entfaltet seine Wirksamkeit bei mehrmals täglichem Lutschen, nicht peroral. Die Inaktivierung von Viren im Rachenbereich, so sie funktioniert, wäre sehr günstig, weil die höchste Konzentration von SARS-CoV-2 im Rachenabstrich schon bei Symptombeginn festzustellen ist, wenn der Patient hochinfektiös ist [9]. Aktuell ist die Nachfrage nach Cystus® und Cystus 052® sehr hoch [10]. Cystus Pandalis® Lutschtabletten werden als traditionelles pflanzliches Arzneimittel vermarktet, das ausschließlich aufgrund langjähriger Anwendung für die Linderung von Schleimhautreizungen im Mund- und Rachenraum registriert ist. Cystus 052® Bio Halspastillen enthalten denselben Extrakt und werden als Nahrungsergänzungsmittel vermarktet.

Erkältungssprays gegen Corona?

Wo Pastillen einen Schutzfilm im Rachen ausbreiten, soll Algovir® das gleiche Werk auf der Nasenschleimhaut vollbringen: „Carragelose® … bildet eine physikalische Barriere auf der Nasenschleimhaut, in der sich respiratorische Viren – darunter auch humane Coronaviren – verfangen“ [11]. Klinische Studien wurden bei insgesamt 459 Patienten mit Erkältung durchgeführt, die teils eine geringere Symptomatik bei frühzeitiger Anwendung des Sprays zeigten [12]. Das Erkältungsspray Viruprotect® ist hingegen mehrmals täglich in den Mundraum zu sprühen. Hier soll das proteinspaltende Enzym Trypsin Viren die Vermehrungsbasis entziehen. Hierzu liegt nur eine kleine placebokontrollierte Studie vor, bei der sich ein leicht positiver Effekt zeigte, allerdings bei Testpersonen, die mit dem Rhinovirus 16 infiziert worden waren, nicht mit Coronaviren [13]. Der Hersteller bewarb das Medizinprodukt als „Schutzschild gegen Erkältungsviren“, die Webseite (www.stada.de/viruprotect) war am 28. April 2020 nicht mehr erreichbar.

Bei älteren Menschen das Immunsystem anregen

Wo keine spezifisch antiviralen Mittel zur Verfügung stehen, ist zumindest der Erhalt oder die Unterstützung der normalen Immunfunktion ein lohnendes präventives Ziel. Das gilt besonders für ältere Menschen. Mit dem Alter lassen vor allem Funktionen der spezifischen Immunabwehr nach (Immunseneszenz) [14]. Etwa ab 50 bis 60 Jahren wächst stetig das Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19 [15]. Unter den zahlreichen Stoffen mit Bedeutung für ein funktionierendes Immunsystem besteht bei älteren Menschen häufig eine Unterversorgung bei den fettlöslichen Vitaminen A und D.

Vitamin A (Retinol), früher als „antiinfektiöses Vitamin“ bezeichnet, ist ein Wachstumsfaktor für B-Lymphozyten, deren Fähigkeit zur Adaptation an neue Erreger (Hypermutation) im Alter nachlässt [15]. Auch bei Gesunden kommt es nach Vitamin-A-Supplementierung zu einem Anstieg bei ­T-Zellen und einer höheren Aktivität der natürlichen Killerzellen. Dass bei einer Vitamin-A-Unterversorgung respiratorische Infekte zunehmen, erklärt sich auch aus der Bedeutung des Retinols für den Aufbau und die Barrierefunktion der Atemwegsschleimhäute. Retinolwerte im Blut sinken rapide zu Beginn einer Infektion [16]. Der Vitamin-A-Status liegt in Deutschland laut der Nationalen Verzehrsstudie II im Durchschnitt über den Referenzwerten [17]. Eine Supplementierung kann aber erwogen werden bei Risikogruppen, allen voran ältere Menschen, Veganer mit zusätzlicher Belastung wie Infekten, Raucher und Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen. Ein niedriger Vitamin-A-Status korreliert mit dem Schweregrad von Asthma und COPD. Risikolos sind oral 3000 IE/Tag (= 0,9 mg Retinol) bis zur Normalisierung der Plasmawerte. Provitamin A (Betacarotin, 6 mg entspricht 1 mg Retinol) kann präformiertes Vitamin A ersetzen, sollte aber hochdosiert nicht bei Rauchern empfohlen werden.

Vitamin D (Cholecalciferol) ist wichtig für die Regulation des erworbenen wie angeborenen Immunsystems. Vitamin D3 fördert die Differenzierung von Monozyten und Makrophagen und deren Funktionalität, kontrolliert die Zytokinbildung bei Entzündungen und die Bildung antimikrobieller Peptide. Anders als bei Vitamin A ist eine Unterversorgung in allen Bevölkerungsgruppen weit verbreitet. Nur 9% der Frauen und 18% der Männer erreichen die empfohlene tägliche Vitamin-D-Zufuhr (bei fehlender Sonnenexposition) von 20 µg/Tag [18]. Risikogruppen sind neben Schwangeren wiederum alte Menschen, insbesondere bei eingeschränkter Immobilität und Sonnenexposition, weiterhin dunkle Hautfarbe und Verschleierung (wozu man auch das Tragen von Mund-Nasenmasken rechnen könnte). Prof. Dr. Konrad Biesalski leitet aus der Vielzahl existierender klinischer Studien ab, dass eine Vitamin-D-Supplementierung zur Prävention von Atemwegsinfekten eine sinnvolle Maßnahme ist. Eine neue Metaanalyse mit über 11.000 ausgewerteten Teilnehmern zeigte, dass das Risiko für akute Atemwegsinfekte durch Vitamin-D-Supplemente generell sank, und zwar umso stärker, je schlechter der Ausgangs-Vitamin-D-Status. Bei Teilnehmern mit adäquater Versorgung lag die Risiko-Odds Ratio bei 0,75, bei Serumkonzentrationen des 25-Hydroxy-Vitamin-D unterhalb 25 nmol/l erreichte sie 0,30. Auch wichtig: Dies galt nur für die tägliche oder wöchentliche Einnahme des Vitamins, nicht für Bolusgaben. Nebenwirkungen der Supplementation wurden nicht ausgemacht.

Vitamin C (Ascorbinsäure) wird als Mittel bei Atemwegsinfektionen genannt, seit es in den 1930er-Jahren isoliert wurde. Ascorbinsäure ist ein wasserlösliches Antioxidans und wichtig für Hydroxylierungsreaktionen, Carnithin- und Kollagensynthese. Vitamin C wirkt gemeinsam mit den Vitaminen A, D und Zink auf das Immunsystem, weshalb eine isolierte Betrachtung nur begrenzt sinnvoll ist. Die empfohlene Zufuhr von Vitamin C liegt laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) für Männer bei 110 mg/Tag, für Frauen bei 95 mg/Tag, was im Median in Deutschland deutlich übertroffen wird. Die Wirksamkeit einer regelmäßigen Einnahme von 200 mg/Tag Vitamin C zur Vorbeugung und Behandlung grippaler Infekte untersuchten Cochrane-Autoren zuletzt im Jahr 2013. Einbezogen waren insgesamt 67 randomisierte placebokontrollierte Studien [19]. Die regelmäßige prophylaktische Einnahme von Vitamin C hatte keine Wirkung auf die Inzidenz von Erkältungen in der normalen Bevölkerung. Sie reduzierte aber die Dauer und Schwere auftretender Erkältungssymptome. Die Dauer verkürzte sich bei Erwachsenen um 8% (ein halber Tag), bei Kindern um 14% (ein Tag). Bei Studienteilnehmern, die kurze Zeit extremer körperlicher Belastung ausgesetzt wurden, darunter Marathonläufer und Skifahrer, halbierte Vitamin C das Erkältungsrisiko. In den (wenigen) therapeutischen Studien waren die Effekte weniger einheitlich. Eine große Studie mit Erwachsenen berichtete einen Nutzen der Behandlungsdosis von 8000 mg Vitamin C beim Einsetzen der Symptome. Die Gabe hoher Dosen sollte aber über den Tag verteilt erfolgen (oberhalb 200 mg nimmt die Resorptionsquote ab) und der Darmverträglichkeit angepasst werden (weicher Stuhl) [16]. Angesichts der hohen Therapiesicherheit und der geringen Kosten erscheint eine infektionsprophylaktische Gabe von Vitamin C unterm Strich als gut vertretbar. Im Februar 2020 wurde im chinesischen Wuhan eine Studie gestartet, die die Wirkung von Infusionen mit hochdosiertem Vitamin C bei schwer erkrankten COVID-19-Patienten untersucht. Erste Ergebnisse sind nicht vor Ende 2020 zu erwarten.

Zink ist eine regulatorische Komponente von weit über 100 Enzymen und fördert im Immunsystem u. a. die Transformation von Thymuszellen in aktive T-Zellen. Die empfohlene Zufuhr von 10 bzw. 7 mg/Tag (Männer/Frauen) wird im Median bei einem Drittel der Männer unterschritten. Bei über 65-Jährigen Männern sind es 44%, bei Frauen dieser Altersgruppe 27%. Zur Wirksamkeit von Zink bei Erkältungskrankheiten ist die Studienlage sehr heterogen [27]. Nach einem systematischen Review von 2012 mit verschiedenen Anwendungsformen und Dosierungen kann die Einnahme von Zinkpräparaten bei Erwachsenen die Krankheitsdauer um 2,6 Tage verkürzen, nicht aber bei Kindern. Bei akuter Erkältung im Frühstadium erscheint die Empfehlung von hochdosierten Lutschtabletten (> 75 mg/Tag) über wenige Tage vertretbar.

Probiotika. Das Schleimhaut-assoziierte Lymphgewebe (Gut Associated Lymphoid Tissue, GALT) des Darms spielt für die Immunabwehr ein wichtige Rolle. Bakterien der Mikrobiota wirken immunmodulierend und können in dieser Funktion von geeigneten Probiotika unterstützt werden. Übersichtsarbeiten wie der Cochrane-Review von 2015 zeigen positive Ergebnisse bei Anwendung von Lactobacillus-, Streptococcus- und Bifido-Kulturen, jedoch bewerten die Autoren die Qualität der eingeschlossenen Arbeiten als niedrig. Die prophylaktische Probiotika-Einnahme verringerte die Anzahl von Teilnehmern mit akuten Infektionen der oberen Atemwege um etwa 47% und reduzierte die Symptomdauer um knapp zwei Tage. Antibiotika wurden seltener benötigt [21].

Auf einen Blick

  • Nahrungsergänzungsmittel sind nicht zur Prävention, Linderung oder Therapie von Erkrankungen gedacht. Die Verwendung von krankheits- oder gesundheitsbezogenen Aussagen, z. B. bezüglich des Coronavirus, ist grundsätzlich verboten. Dies gilt auch für alle irreführenden Aussagen.
  • Wissenschaftliche Studien, die eine Wirksamkeit von bestimmten Stoffen in Nahrungsergänzungsmitteln gegenüber dem aktuellen Coronavirus belegen, liegen nicht vor.
  • Auch bei manchen (traditionellen) Arzneimitteln und Medizinprodukten wird eine mögliche Wirksamkeit bei Erkältungen als Wirkung gegen „Corona“ verallgemeinert.
  • Mit dem Altern nehmen Funktionen der Immunabwehr ab. Für ein optimal funktionierendes Immunsystem gewinnt die Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen an Bedeutung.
  • Eine herausragende Rolle für Immunfunktionen bei alten Menschen und weiteren Risikogruppen spielen Vitamin A und Vitamin D. Unterversorgung bei Älteren ist bei Vitamin D eher die Regel als die Ausnahme.
  • Gaben bekannter immunrelevanter Vitalstoffe wie Vitamin C, Zink und auch von Probiotika zur Vorbeugung viraler Infekte erscheinen vertretbar.

Pflanzliche Inhaltsstoffe. Das Inhalieren, Einreiben oder Baden mit ätherischen Ölen kann angeblich Erkältungen und Grippe vorbeugen. Eine schleimhautbefeuchtende und hyperämisierende Wirkung könnte die (lokale) Immunabwehr unterstützen, spezifisch antivirale Effekt sind indes fraglich: Ätherische Öle wirken (nach Prof. Heinz Schilcher) in niedrigen Konzentrationen durch Einlagerung in Zellmembranen und beeinflussen dort Carriersysteme, Enzyme, Ionenkanäle oder Rezeptoren [22]. Da solche Strukturen bei Viren fehlen, kann dies allenfalls eine antimikrobielle Wirksamkeit erklären. Dennoch können in Laborversuchen z. B. Melissen- oder Lorbeeröl Erkältungsviren inaktivieren. Das ätherische Lorbeeröl (Laurus nobilis) zeigte in vitro sogar eine Wirkung gegen SARS-CoV (nicht: SARS-CoV-2) bei einer 50%-inhibitorischen Konzentration von 0,012% [23].

Zur peroralen Wirksamkeit ätherischer Öle bei Erkältungen fand das Department für evidenzbasierte Medizin und Evaluation (www.donau-uni.ac.at/ebm) der Donau-Universität Krems eine einzige randomisierte kontrollierte Studie: Ein Extrakt von Thymian, Oregano und Salbei in Olivenöl konnte bei nachgewiesener viraler Infektion die Erkältungsdauer bei manchen Patienten reduzieren. Das Ergebnis erreichte keine Signifikanz. Sekundär besserten sich Entzündungsparameter [24]. Ein Cochrane-Review zu Echinacea-Präparaten krankt, wie viele Vergleiche von Phytotherapeutika, an der mangelnden Vergleichbarkeit der eingesetzten Pflanzenteile und Extraktionsarten. Es ergaben sich Hinweise, dass alkoholische wie auch Presssaftextrakte aus überirdischen Pflanzenteilen von Echinacea purpurea in der Behandlung von erwachsenen Erkältungspatienten einen positiven Effekt haben könnten, doch ist auch hier die Evidenz schwach.

Bei verschiedenen weiteren Fertigpräparaten werden herstellerseits antivirale und immunstärkende Effekte reklamiert, etwa für Imupret® [25]. Auch ein Kombinationspräparat aus Sonnenhut, Lebensbaum und Färberhülse (Esberitox®) soll virale Atemwegsinfekte um zwei bis drei Tage verkürzen und die Symptome rasch lindern. Dies wird aus älteren herstellergesponserten, doppelblinden Studien abgeleitet [26]. Es versteht sich von selbst, dass auch bekannt immunrelevante Vitalstoffe und Präparate nicht mit Wirkversprechen in Bezug auf COVID-19 zu versehen sind. |
 

Literatur

[1] Coronavirus: Was können Nahrungsergänzungsmittel? Informationen der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V., Stand: 21. April 2020, www.verbraucherzentrale.nrw/wissen/lebensmittel/auswaehlen-zubereiten-aufbewahren/coronavirus-was-koennen-nahrungsergaenzungsmittel-45640

[2] Coronavirus: Bundesernährungsministerium warnt vor Nahrungsergänzungsmitteln mit irreführenden Angaben. Pressemitteilung Nr. 51 vom 20. März 2020 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), www.bmel.de

[2a] Einheitlichkeit statt Flickenteppich: Höchstgehalte für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln europäisch festlegen. Pressemitteilung Nr. 67 vom 20. April 2020 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), www.bmel.de)

[3] Beware of Fraudulent Coronavirus Tests, Vaccines and Treatments. Informationen der Food and Drug Administration (FDA), 29. April 2020, www.fda.gov/consumers/consumer-updates/beware-fraudulent-coronavirus-tests-vaccines-and-treatments

[4] Nahrungsergänzungsmittel (NEM) – mit Bezug zur Corona-Situation. Informationen des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), www.bvl.bund.de/DE/Arbeitsbereiche/01_Lebensmittel/03_Verbraucher/17_FAQ/FAQ_NEM-Corona/FAQ_NEM-Corona_node.html

[5] Corona-Virus: die Zistrose (Cistus incanus) könnte helfen. Informationen der Wildnisschule „Wir – Kinder der Erde“, www.kinder-der-erde.de/blog/corona-virus-die-kretische-zistrose-cistus-incanus-hilft

[6] Ludwig S. Z Phytother 2012;33(1):14-18, DOI: 10.1055/s-0031-128604

[7] Kalus U et al. Cistus incanus (Cystus 052) for treating patients with infection of the upper respiratory tract. A prospective, randomised, placebo-controlled clinical study. Antiviral Res 2009;84:267–271

[8] Cystus 052: seriöse Option zur Influenza-Prophylaxe? DAZ 2009;28:

[9] Prof. Dr. Christian Drosten, Berlin in www.tagesspiegel.de/wissen/warum-covid-19-ansteckender-ist-als-sars-enorme-mengen-virus-im-oberen-rachenbereich/25588526.html, Abruf am 28. April 2020

[10] Aktuelle Mitteilungen rund um die Urheimische Medizin. www.pandalis.de/de/aktuell/, Abruf am 27. April 2020

[11] Coronaviren – so beugen Sie vor. www.algovir.de/coronavirus/, Informationen der Hermes Arzneimittel GmbH Abruf am 27. April 2020

[12] Eccles R. Efficacy and safety of an antiviral Iota-Carrageenan nasal spray: a randomized, double-blind, placebo-controlled exploratory study in volunteers with early symptoms of the common cold. Respir Res. 2010;11:108, doi: 10.1186/1465-9921-11-108

[13] Viruprotect: Ein Erkältungsspray gegen Viren? Informationen von Medizin-Transparent.at, www.medizin-transparent.at/erkaeltungsspray, Abruf am 28. April 2020

[14] Nikolich-Žugich J. The twilight of immunity: emerging concepts in aging of the immune system. Nature Immunology 2017,19:10–19, sci-hub.tw/10.1038/s41590-017-0006-x, Abruf am 26. April 2020

[15] SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), Informationen des Robert Koch-Instituts, Stand: 28. April 2020, www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html#doc13776792bodyText1, Abruf am 28. April 2020

[16] Biesalski HK. Vitamine, Spurenelemente und Minerale. Indikation, Diagnostik, Therapie. Thieme Verlag, 2. aktualisierte und erweiterte Auflage 2019

[17] Nationale Verzehrsstudie II. Max Rubner-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel (BELV), Hrsg., Karlsruhe, 2008, www.mri.bund.de

[18] Martineau AR et al. Vitamin D supplementation to prevent acute respiratory infections: individual participant data meta-analysis. Health Technol Assess 2019;23.2

[19] Hemilä H, Chalker E. Vitamin C for preventing and treating the common cold. Cochrane Database of Systematic Reviews 2013;1:Art. No.: CD000980

[20] https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT04264533

[21] Qiukui Hao, Bi Rong Dong, Taixiang Wu. Probiotics for preventing acute upper respiratory tract infections. Cochrane Systematic Review – Intervention Version 2015, https://doi.org/10.1002/14651858.CD006895.pub3

[22] Schilcher H, Kammerer S, Wegener T. Leitfaden Phytotherapie. Elsevier 3. Auflage 2007

[23] Reichling J et al. Essential Oils of Aromatic Plants with Antibacterial, Antifungal, Antiviral, and Cytotoxic Properties – an Overview. Forschende Komplementärmedizin 2009;16:79-90

[24] Duijker G et al. Journal of Ethnopharmacology 2015;163;157-166

[25] Imupret® N. Informationen der Bionorica SE, www.bionorica.de/de/produkte/atemwege/imupret-n.html, Abruf am 30. April 2020

[26] Das pflanzliche Arzneimittel Esberitox Compact 5-fach konzentriert gegen die Erkältung. Informationen der Schaper & Brümmer GmbH & Co. KG, www.schaper-bruemmer.de/produkte/esberitox.html, Abruf am 30. April 2020

[27] Werner S. Mit Zink gegen Erkältung: Wie das essenzielle Spurenelement das Immunsystem beeinflusst. DAZ 2020;3:34

Autor

Ralf Schlenger ist Apotheker und arbeitet als freier Autor und Medizinjournalist in München.

3 Kommentare

Kommentar Pandalis

von Ralf Schlenger am 20.05.2020 um 17:02 Uhr

Sehr geehrter Herr dos Santos,
ich nehme Ihre Stellungnahme i.A. der Fa. Pandalis zur Kenntnis. Was zunächst leider auffällt, ist Ihr unfreundlicher und sarkastischer Grundton, den ich - als gegenüber ihrer Firma bisher völlig unvoreingenommener freier Autor – als, sagen wir, unangebracht empfinde.

Ungeachtet dessen, versuche ich sachlich zu antworten und beschränke mich dabei auf einige Kernpunkte.
Sie zitieren „unsere Fachinformation vom Januar 2020“: Unter Fachinformation verstehen Apotheker ein amtliches von der der zuständigen Behörde genehmigtes Dokument, z.B. aufrufbar unter fachinfo.de oder gelbe-liste.de. Für das registrierte traditionelle Arzneimittel Cystus Pandalis Lutschtabletten gepresst (https://www.gelbe-liste.de/produkte/Cystus-Pandalis-Lutschtabletten-gepresst_1030525/fachinformation) finden sich die üblichen Angaben mit Lücken bei präklinischen Daten zur Sicherheit (die präklinischen Daten sind unvollständig, die Untersuchungen an Tieren sind unzureichend in Bezug auf Reproduktionstoxikologie und Karzinogenität). Den von Ihnen zitierten Passus mit den Hinweisen auf Corona-Studien von 2014/15 sucht man dort vergeblich, wie auch Ihr Angebot an das Robert Koch-Institut (RKI), den Extrakt gegen das neue Coronavirus zu testen.
In dem, was Sie als „Fachinformation“ ausgeben, heißt es „Schon 2014/15 haben wir den Extrakt aber vorsorglich gegen Viren aus derselben Familie erfolgreich getestet“. Der Hinweis ist wissenschaftlich wertlos und ohne Publikation rein werblich. Wenn es belastbare Ergebnisse gibt, wo sind sie veröffentlicht? Wären sie auffindbar gewesen, hätte ich sie in meiner neutralen Beschreibung der - eher schwachen - Studienlage zu Cystus 52 einbezogen.
Sie schreiben explizit, Sie hätten ihren Cistus-Extrakt „dem Robert Koch-Institut (RKI) am 23.01.2020 kostenlos zur weiteren Prüfung angeboten.“ Ich habe beim RKI nachgefragt. Die Presseprecherin antwortete heute, am 20. Mai, von einer solchen Anfrage sei ihr nichts bekannt und betonte: „Das RKI hat keine Therapie-Expertise und auch keine [entsprechenden] Aufgaben und könnte das gar nicht prüfen.“ Das sollte ein pharmazeutischer Unternehmer eigentlich wissen.
Aus dem bisher Gesagten wird klar, dass ich nicht, wie Sie behaupten, aus Ihrer „Fachinformation“ falsch zitiert habe. Ich habe überhaupt nicht daraus zitiert. Falls Sie den Satz meinen: „XY ist der einzige Cistus-Extrakt, der bislang gegen Coronaviren erfolgreich getestet wurde“, entstammt dieser einer naturheilkundlich orientiertem Website, die Ihre „Fachinformationen“ freundlicherweise fast wörtlich übernommen hat, und damit eben dieses werbliche Umfeld mitgestaltet, das Laien in die Irre führen kann. Wobei der Einfluss der Fa. Pandalis auf solche fragwürdigen Aussagen der Internetanbieter unklar ist.
Der Artikel vom 18.3.2020 (https://www.gesundheit.com/gesundheit/alternative-heilweisen/1/hilft-cystus-052-gegen-das-corona-virus) titelt „Hilft Cystus® 052 gegen das Corona-Virus?“ Was, bitte, wird der Leser assoziieren, „in Zeiten pandemischer Panik“, wie Sie es selbst nennen? Etwa harmlose Erkältungsviren? Wenn Ihnen wirklich an „Transparenz statt Irreführung“ gelegen ist, schlage ich vor, Sie distanzieren sich auf Ihrer Webseite von Aussagen anderer Internetplattformen, die Ihren Extrakt mit einer Wirkung gegen SARS-CoV-2 assoziieren!

Denn Ihre Zuversicht, Laien würden zwischen verschiedenen Coronaviren unterscheiden, ist wirklich äußerst optimistisch. Ich habe in meinem Artikel beschrieben ( „Das Muster immer gleich“), wie mangels Wirkungsbelegen Assoziationen mit „Erkältung – Influenza – Coronaviren“ (versteckt) gelegt und (miss)braucht werden, um Surfer auf eine Internetseite zu locken und/oder Interesse für Produkte auszulösen, die weder vor einer Infektion mit dem neuen Coronavirus schützen noch einen Einfluss auf den COVID-19-Verlauf haben (damit ist nicht nur Cystus gemeint). Auch Ihnen sollte bewusst sein, dass in Corona-Zeiten selbst für vollkommen absurde Versprechen (Beispiele siehe Tabelle im Artikel) ein Markt besteht, und ängstliche und/oder Informationen wenig zugängliche Menschen nach jedem Strohhalm greifen. Diese Angst wird leider dreist ausgenutzt.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf L. Schlenger
Apotheker, München

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AW: Kommentar Pandalis

von Pascal dos Santos am 25.05.2020 um 17:56 Uhr

Sehr geehrter Herr Schlenger,

wir stimmen Ihnen zu: Es handelt sich bei unserem Text nicht um eine „Fachinformation“ im Sinne des AMG, sondern um eine Information für Fachkreise im allgemeinen Sinne.

Das Hauptproblem Ihres Artikels haben Sie benannt: Sie zitieren nicht direkt uns, sondern Dritte. Dabei lassen Sie es aber so wirken, als wären wir verantwortlich, indem Sie ausschließlich und ausführlich unsere Produkte im Zusammenhang unredlicher Geschäftemacherei mit der Zistrose besprechen. Ein klarer Hinweis Ihrerseits, daß unsere Originalaussagen nicht irreführend sind, hätte uns schon genügt. Wir selbst haben auf den Mangel an Covid-19-Studien hingewiesen.

Einen anonymisierten Screenshot der RKI-Antwort vom 31. Januar 2020 finden Sie direkt bei unserer Information für Fachkreise (oben rechts). Gerne leiten wir Ihnen die Antwort auch an Ihre persönliche E-Mail-Adresse weiter, so daß Sie Kontakt mit der richtigen Person herstellen können, sofern Sie eine Überprüfung für notwendig halten.

Letztlich möge sich jeder selbst ein Bild davon machen, ob wir Menschen in die Irre führen oder nicht:
https://www.pandalis.de/de/fachkreise/neuigkeiten-fuer-fachkreise/detail/artikel/das-ist-die-kroenung-coronavirus-in-deutschland/

Mit freundlichen Grüßen

i. A. Pascal dos Santos
(Apotheker)


Dr. Pandalis Urheimische® Medizin
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Am Teuto 14, 33829 Borgholzhausen
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Transparente Kommunikation statt Irreführung

von Pascal dos Santos am 19.05.2020 um 14:10 Uhr

Sehr geehrter Herr Schlenger,
sehr geehrte Damen und Herren der Redaktion,

Ihre Auseinandersetzung mit Cystus 052® haben wir erwartet, und wir freuen uns über jede Aufklärung in Zeiten pandemischer Panik. Aber wenn Sie uns schon zitieren, dann bitte richtig. Anders als Sie es darstellen, führen wir niemanden in die Irre und deuten auch nichts an. Unsere Fachinformation vom Januar 2020 lautet:

„Das neuartige Coronavirus 2019-nCoV wurde erst Anfang dieses Monats identifiziert. So gab es noch keine Möglichkeit für klinische Studien zur Wirksamkeit des Cystus 052®-Extrakts gegen das Virus. Schon 2014/15 haben wir den Extrakt aber vorsorglich gegen Viren aus derselben Familie erfolgreich getestet. Nach unseren Kenntnissen ist Cystus 052® der einzige Cistus-Extrakt, der gegen Coronaviren erfolgreich getestet wurde. Daher haben wir ihn dem Robert Koch-Institut (RKI) am 23.01.2020 kostenlos zur weiteren Prüfung angeboten.“

Transparenter kann der Mangel an aktuellen Studien gar nicht kommuniziert werden. Wenn Sie hingegen nur eine kleine Teilaussage unserer Fachinformation aufgreifen und dadurch ihren Sinn entstellen, führen Sie selbst Ihre Leser in die Irre.

Ihr Hinweis, dass Laien nicht zwischen verschiedenen Coronaviren unterscheiden, ist ebenfalls irreführend. Durchschnittlich verständigen Verbrauchern ist durch unsere eindeutige Unterscheidung zurückliegender Untersuchungen mit anderen Coronaviren und aktuell fehlender Untersuchungen mit dem neuen Virus unmittelbar klar, dass SARS-CoV-2 nur eines von mehreren Coronaviren ist. Apotheker und andere Fachkreise, an die unsere Fachinformation gerichtet ist, wissen dies ohnehin.

Irreführend ist zudem Ihre Abhandlung von Cystus 052® unter einer Überschrift, die „Vitalstoffen“ jegliche antivirale Aktivität abspricht. Die Unschärfe des Begriffs „Vitalstoffe“ und die Quelle „Verbraucherzentrale“ mögen das erklären, aber nicht entschuldigen (haben Sie keine besseren Quellen?). Sie referieren selbst ausführlich eine Auswahl an Studien, die Wirkmechanismus und antivirale Eigenschaften von Cystus 052® belegen. Das Helmholtz Zentrum München führt aktuell wieder eine entsprechende Untersuchung durch.

Wenn Sie Apotheker und Verbraucher vor unseriösen Zistrosenprodukten schützen möchten, könnten Sie einen Artikel der Novel-Food-Verordnung widmen und darstellen, wie auch namhafte Hersteller (Salus, Weltecke etc.) seit mehr als zwei Jahren gegen geltendes Recht verstoßen, indem sie ahnungslose Apotheker zu Verkäufern unzulässiger Teeprodukte machen. Cistus x incanus L. Pandalis ist die einzige Zistrosenvarietät, die in der EU als Lebensmitteltee gehandelt werden darf. Die Unionsliste mit zugelassenem Novel-Food finden Sie hier: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:02017R2470-20190825&from=EN.

Wir helfen gerne bei der Recherche, sagen Sie nur Bescheid.


Mit freundlichen Grüßen

i.A. Pascal dos Santos
(Apotheker)



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