Pandemie Spezial

Corona-Ticker

Neuigkeiten zu SARS-CoV-2 in Kürze

Die Corona-Pandemie hält die Welt seit Monaten in Atem. Nach wie vor wird an Therapieoptionen, Impfstoffen und Eigenschaften von SARS-CoV-2 geforscht. Daraus ergeben sich täglich neue Publikationen.

Die wichtigsten Erkenntnisse und Mitteilungen über SARS-CoV-2 haben wir im Folgenden zusammengefasst.

Grafiken: GEMINI – stock.adobe.com

Tröpfchen oder Aerosole?

Die Diskussion über den Übertragungsweg von SARS-CoV-2 ist immer noch im vollen Gange: Einige Studienautoren plädieren für eine Übertragung über Aerosole, andere hingegen kommen zu dem Ergebnis, dass Tröpfchen die entscheidende Rolle spielen. Eine Publikation auf dem Preprint-Server MedRxiv liefert jetzt neue Erkenntnisse. In einem Krankenhaus in Florida wurden zwei COVID-19-Patienten behandelt. Bei einem wurde ein Nasenabstrich positiv auf SARS-CoV-2 getestet und er hatte zum Zeitpunkt der Messung eine akute Atemwegsinfektion. Die Forscher hatten in dem Zimmer der beiden Patienten auf je einer Seite ein Luftaustausch-Gerät installiert und aus diesem dreimal im Abstand von drei Stunden Luftproben entnommen. Die Forscher konnten sowohl in dem zwei Meter als auch in dem 4,8 Meter entfernten Gerät Luftproben mit lebensfähigen SARS-CoV-2-Viren nachweisen. Dabei war das Genom der identifizierten Viren identisch zu dem Genom der in dem Nasenabstrich nachgewiesenen SARS-CoV-2-Viren. Die Forscher schließen daraus, dass COVID-19-Patienten mit respiratorischer Manifestation Aerosole mit lebensfähigen Viren ausstoßen und diese die Quelle für weitere Übertragungen darstellen [Lednicky JA et al. Med­Rxiv preprint2020, doi:10.1101/2020.08.03.20167395].

Infektionsrisiko in Zügen

Öffentliche Verkehrsmittel wie Züge gelten nach wie vor als relevante Übertragungsorte für SARS-CoV-2. In einer jetzt veröffentlichten Publikation wurde überprüft, wie hoch das Risiko für chinesische Zugfahrgäste war, sich während einer Fahrt mit dem Coronavirus zu infizieren. Insgesamt wurden 2334 nachweislich mit SARS-CoV-2 infizierte Fahrgäste in die Studie einbezogen, die innerhalb der Reisezeit mehr oder weniger nahe in Kontakt mit 72.093 weiteren Fahrgästen standen. Diese waren entweder drei Reihen vor oder hinter beziehungsweise fünf Plätze seitlich von den Infizierten gesessen. Dabei konnte festgestellt werden, dass 1,5% der Reisenden, die in der gleichen Reihe gesessen hatten, sich infiziert hatten. Saßen die Passagiere weiter entfernt, so waren es nur noch 0,14%, die sich mit SARS-CoV-2 infizierten. Am größten war das Risiko, wenn ein Fahrgast direkt neben einer infizierten Person reiste (3,5%). Neben der Entfernung zum Infizierten spielte aber auch die gemeinsame Reisezeit eine entscheidende Rolle bei der Übertragung: So stieg das Risiko, sich ebenfalls zu infizieren, pro Stunde um 0,15% an, saß man direkt neben einem Infizierten sogar um 1,3%. Einschränkend lässt sich sagen, dass nicht nachvollzogen werden kann, ob die Infektionen der Mitreisenden wirklich in der Bahn oder an einem anderen Ort erfolgt sind. Nichtsdestotrotz empfehlen die Autoren in den öffentlichen Verkehrsmitteln einen weitmöglichsten Sitzabstand zu wählen und persönliche Hygienemaßnahmen einzuhalten [Hu M et al. Clinical Infectious Diseases 2020. https://doi.org/10.1093/cid/ciaa1057].

Plazenta-Zellen als neues Therapie-Konzept

Neben herkömmlichen Wirkstoffen werden auch neuartige Therapie-Konzepte auf der Suche nach einer geeigneten Therapieoption gegen COVID-19 untersucht. Das Paul-Ehrlich-Institut hat hierfür eine Phase-II-Studie von PLX-Zellen zur Behandlung von schwer erkrankten COVID-19-­Patienten freigegeben. Bei PLX-Zellen handelt es sich laut dem Hersteller Pluristem Therapeutics Inc. um expandierte Plazentazellen, die natürliche T-Zellen und M2-Makrophagen des Immunsystems induzieren und so dessen Überreaktion bei schwer erkrankten COVID-19-Patienten verhindern oder umkehren sollen. In Tierversuchen konnten zuvor Lungenhypertonie, Lungenfibrose, akute Nierenverletzungen und Magen-Darm-Schäden, die auch als Komplikationen von COVID-19 gelten, wirksam behandelt werden. Als primärer Wirksamkeitsendpunkt zählt die Zahl der beatmungsfreien Tage während der ersten 28 Tage nach Therapiebeginn. An Tag 60 und in der 26. und 52. Woche nach Behandlungsbeginn erfolgen weitere Checks der Patienten, um die Sicherheit der Zelltherapie bestimmen zu können. Neben den 40 deutschen Patienten werden aktuell 140 schwer erkrankte COVID-19-Patienten mit PLX-Zellen in den USA behandelt [Pressemitteilung der Pluristem Therapeutics Inc, 12. August 2020].

Rekonvaleszenten-Plasma hilft vor allem in der Frühphase

Bereits früh zu Beginn der Pandemie wurde versucht, schwer erkrankte COVID-19-Patienten mittels Rekonvaleszenten-Plasma zu behandeln. Erste Ergebnisse über die Erfolgsrate dieser Therapieform liegen nun vor: In einer jetzt im „American Journal of Patho­logy“ publizierten Studie wurden in Houston 316 schwer erkrankte COVID-19-Patienten untersucht. Von diesen wurden 136 mit Rekonvaleszenten-Plasma behandelt und anschließend mit den übrigen Probanden in einer Propensity-Score-Analyse unter anderem auf die Faktoren Alter, Geschlecht, BMI, Grunderkrankungen und mechanische Beatmung gematcht. Es konnte festgestellt werden, dass die Plasma-Therapie signifikant (p = 0,047) das Sterberisiko der behandelten Patienten gesenkt hat. Insbesondere Patienten, die das Plasma innerhalb von 72 Stunden nach Krankenhausaufnahme erhalten hatten, profitierten von der Therapie. Am erfolgreichsten war die Therapie, wenn das Rekonvaleszenten-Plasma einen hohen Antikörper-Titer von mehr als 1:1350 aufwies [Salazar E et al. American Journal of Pathology 2020, doi:10.1016/j.ajpath.2020.08.001].

Schutz der Schwächsten

Pflegeheimbewohner machen mit 40% den größten Anteil der an COVID-19-Verstorbenen in den USA aus. Hier breitete sich der Virus in den vergangenen Monaten besonders schnell aus und führte zu einer immensen Sterblichkeit. Umso wichtiger ist es, diese Bevölkerungsgruppe besonders zu schützen. Der Hersteller Eli Lilly startet zusammen mit AbCellera jetzt die erste Phase-III-Studie des monoklonalen Antikörpers LY-CoV555 in Pflegeheimen. Dieser richtet sich gegen das Spike-Protein von SARS-CoV-2 und soll so das Anhaften des Virus und damit den Eintritt in die menschliche Zelle unterbinden. In der Studie soll geprüft werden, ob eine Einzeldosis LY-CoV555 das Risiko, sich mit SARS-CoV-2 innerhalb der ersten vier Wochen nach der Injektion zu infizieren, senken kann und ob Komplikationen einer COVID-19-Erkrankung innerhalb der ersten acht Wochen verhindert werden können. In die Studie einbezogen werden 2400 Pflegeheim­bewohner und Pfleger. Wirksamkeitsdaten aus den bisherigen beiden Studienphasen liegen bisher nicht vor, jedoch wurde der Wirkstoff von allen Probanden gut vertragen [Pressemitteilung Eli Lilly, 03. August 2020].

Gefährliche Mitbewohner

Wo stecken sich die meisten Leute mit SARS-CoV-2 an? Dieser Frage ist ein chinesisches Forscherteam nachgegangen, und hat 391 COVID-19-Erkrankte und deren 3410 Kontakte analysiert. 127 hatten sich ebenfalls mit dem Coronavirus infiziert. Dabei konnte festgestellt werden, dass die meisten Übertragungen im eigenen Haushalt stattfanden (10,3%). Hingegen übertrug sich der Virus nur in 1% der Fälle bei Kontakten in Einrichtungen des Gesundheitssystems und nur zu 0,1% in öffentlichen Verkehrsmitteln. Je schwerer eine Person an COVID-19 erkrankt war, umso höher war die Wahrscheinlichkeit, andere ebenfalls mit SARS-CoV-2 zu infizieren. Die stärkste Infektiosität (13,6%) ging von Personen mit Auswurf aus (verglichen 3% Personen ohne Auswurf) [Luo L et al. Annals of Internal Medicin 2020, doi:10.7326/M20-2671].

Wie SARS-CoV-2 den Geruch schwinden lässt

Riechstörungen gehören zu den am häufigsten genannten frühen Symptomen von COVID-19-Patienten. Bisher wurde angenommen, dass die Ursache ein Zugrundegehen der Riechzellen durch die Infektion ist. Gegen diese These spricht jedoch die schnelle Regeneration des Riechempfindens der COVID-19-Patienten: So konnten die meisten bereits nach einigen Wochen wieder normal riechen, die Regeneration von Riechepithelzellen benötigt jedoch normalerweise einige Monate. Daher haben amerikanische Forscher verstärkt diesen Punkt unter die Lupe genommen. Sie analysierten mittels Einzelzell-RNA-Sequenzierung, in welchen Zellen die beiden Proteine ACE2 und TMPRSS2 gehäuft exprimiert werden. Dabei konnten sie feststellen, dass die beiden Proteine, die SARS-CoV-2 zur Aufnahme in die menschlichen Zellen dienen, nicht in den Riechzellen, dafür aber in den Stützzellen gebildet werden. Diese dienen vorwiegend der Nährfunktion der Riechzellen. Diese Hypothese ließ sich auch im Mausmodell bestätigen: Hier inaktivierten die Forscher mittels des Thyreostatikums Thiamazol die Riechzellen der Mäuse und beobachteten anschließend, in welchen Zellen ACE2 und TMPRSS2 gebildet wird. Es bestätigten sich die Ergebnisse der vorherigen Analyse: Beide Proteine wurden in den Stützzellen, nicht aber in den Sinneszellen gebildet [Brann DH et al. Science Advances 2020. doi: 10.1126/sciadv.abc5801]. |

 

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